Gesetzestext

 

Das Nachlassgericht kann den Testamentsvollstrecker auf Antrag eines der Beteiligten entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Der Testamentsvollstrecker kann gegen seinen Willen nach Maßgabe des § 2227 BGB entlassen werden. Eine Zustimmung zum Entlassungsantrag des Testamentsvollstreckers beim Nachlassgericht entspricht einer Kündigungserklärung nach § 2226 BGB. Es ist das schärfste Mittel, welches der Erbe zum Schutz gegen den Testamentsvollstrecker einsetzen kann. Der Erblasser kann dieses Recht grundsätzlich nicht einschränken. Auch wenn § 2227 BGB nicht in § 2220 BGB aufgeführt ist, so kann eine Bedingung zur Unterlassung von Entlassungsanträgen nach Maßgabe des § 138 BGB sittenwidrig sein.

B. Tatbestand

I. Entlassungsverfahren (Abs. 1)

1. Grundsätzliches

 

Rz. 2

Das Antragsverfahren wird durch formlosen Antrag beim Nachlassgericht eingeleitet. Bis zur Rechtskraft der Entscheidung kann der Entlassungsantrag jederzeit zurückgenommen werden.[1] Das Zivilgericht ist nicht zuständig. Die §§ 2212 und 2213 BGB sind nicht anwendbar. Ferner kann das Nachlassgericht nicht von Amts wegen tätig werden.[2] Die Zuständigkeit des Nachlassgerichts ergibt sich aus §§ 342, 343, 355 FamFG. Für eine Prüfung, ob ein Entlassungsgrund gem. § 2227 BGB vorliegt, ist im Verfahren auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses kein Raum.[3] Der Entlassungsantrag kann nach Abs. 1 von jedem Beteiligten gestellt werden, wobei der sog. materielle Beteiligtenbegriff gilt. Antragsberechtigt sind:

Erbe;
Miterbe, der seinen Erbteil nach § 2033 BGB veräußert oder verpfändet hat;
Vorerbe;
Nacherbe;
Vermächtnisnehmer;
Auflagenberechtigter (nicht aber der Auflagenbegünstigte);
Mitvollstrecker;[4]
bestimmungsberechtigter Dritter nach § 2198 BGB.
 

Rz. 3

Nach h.M.[5] gehört zu den Antragsberechtigten auch der Pflichtteilsberechtigte. Nach der gesetzgeberischen Vorstellung stellt nach Muscheler[6] das Antragsrecht des § 2227 BGB ein Surrogat für das dem Geschäftsherrn sonst bei der Fremdgeschäftsführung zustehende freie Widerrufsrecht dar. Der Pflichtteilsberechtigte ist deshalb nicht vom Begriff des "Geschäftsherrn" umfasst, da er nicht zu den Personen zähle, denen der Erblasser sein Vermögen zukommen lässt oder ein Recht auf Überwachung des Vollzugs der Drittzuwendung übertragen will. Daher kann er nicht die Entlassung des Testamentsvollstreckers, sondern nur die Nachlassverwaltung nach § 1981 BGB beantragen.

 

Rz. 4

Der vollstreckungsfreie Miterbe ist zur Antragstellung der Entlassung des Testamentsvollstreckers befugt, der sein Amt lediglich für einen mit der Testamentsvollstreckung beschwerten Miterben ausübt.[7] Ein wichtiger Grund kann sich in dieser Konstellation aber nur daraus ergeben, dass der Testamentsvollstrecker durch konkrete Pflichtwidrigkeiten bei der Verwaltung oder Auseinandersetzung des Nachlasses die Rechte des vollstreckungsfreien Miterben gefährdet. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Testamentsvollstrecker Verwaltungsmaßnahmen blockiert, unentgeltliche Verfügungen trifft etc.[8]

 

Rz. 5

Nicht antragsberechtigt sind:

Auflagenbegünstigter;[9]
Nachlassgläubiger;[10]
Eigengläubiger des Erben, die den Erbteil gepfändet haben;
Staatsanwaltschaft, Finanzämter, Grundbuchämter oder sonstige Behörden;[11]
der Testamentsvollstrecker, dessen Amt beendet ist (z.B. Vorgänger);[12]
Mitgesellschafter einer Gesellschaft oder Miteigentümer einer Sache.[13]
 

Rz. 6

Der Antrag kann hingegen nicht von einem Minderjährigen gestellt werden, da aufgrund der Kostenpflicht bei Unterliegen kein lediglich rechtlicher Vorteil i.S.d. § 107 BGB besteht. I.d.R. wird daher die Bestellung eines Ergänzungspflegers nach § 1913 BGB notwendig sein, insbesondere in den Fällen des § 1638 BGB oder wenn der gesetzliche Vertreter Testamentsvollstrecker ist gem. §§ 181, 1795 BGB.[14] Ist ein Zivilverfahren z.B. nach §§ 2225 oder 2226 BGB über das Fortbestehen der Testamentsvollstreckung anhängig, so kommt eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO in Frage.[15] Kündigt der Testamentsvollstrecker während des Entlassungsverfahrens, so erledigt sich die Hauptsache mit der Kostenfolge gem. §§ 80, 81 FamFG.[16] Hat der Testamentsvollstrecker das Amt angenommen, so ist im Verfahren auf Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses nicht zu prüfen, ob ein Grund vorliegt, den Testamentsvollstrecker nach § 2227 BGB zu entlassen.[17]

[1] RGZ 133, 128; Mayer/Bonefeld, Testamentsvollstreckung, § 13 Rn 45.
[2] Staudinger/Reimann, § 2227 Rn 21.
[4] Bengel/Reimann/Reimann/J. Klinger, § 7 Rn 29.
[5] MüKo/Zimmermann, § 2227 Rn 5; KG FamRZ 2005, 1595 m.w.N.
[6] ZErb 2009, 54.
[7] OLG Hamm ZErb 2009, 298, gegen eine Antragsbefugnis des Miterben zu Unrecht: OLG München ZEV 2006, 31 m. abl. Anm. Reimann, ZEV 2006, 32.
[8] So zu Recht Reimann, ZEV 2006, 32.
[9] Soergel/Damrau, § 2227 Rn 15.
[10] BGHZ 35, 296; MüKo/Zimmermann, § 2227 Rn 6.
[11] Palandt/Weidlich, § 2227 Rn 8; Soergel/Damr...

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