Gesetzestext

 

Der Erblasser kann einen Testamentsvollstrecker auch zu dem Zwecke ernennen, dass dieser bis zu dem Eintritt einer angeordneten Nacherbfolge die Rechte des Nacherben ausübt und dessen Pflichten erfüllt.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

§ 2222 BGB dient dem Schutz des Nacherben. Die Nacherbenvollstreckung umfasst nur die Ausübung der Rechte des Nacherben während der Dauer der Vorerbschaft. Durch § 2222 BGB soll der Vorerbe wirksam beaufsichtigt werden. Diese Art der Testamentsvollstreckung ist somit streng von der Testamentsvollstreckung abzugrenzen, die lediglich die Nacherbschaft im Rahmen einer Verwaltungs- oder Abwicklungsvollstreckung umfasst.[1] Die echte Nacherbentestamentsvollstreckung kann mit einer Abwicklungsvollstreckung, einer Testamentsvollstreckung nur für die Vorerbschaft und gleichzeitig dauernder Verwaltungsvollstreckung und Wahrnehmung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Vorerben sowie mit einer Testamentsvollstreckung für die Nacherbschaft und auch einer Verwaltungsvollstreckung, die erst mit dem Nacherbfall beginnt und den Nacherben belastet, kombiniert werden. Im Zweifel ist keine reine Nacherbentestamentsvollstreckung anzunehmen. Fehlt eine Ernennung zum Nacherbenvollstrecker, so kann die Gestattung, bei einer Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft mitzuwirken, auch kein Vertretungsrecht des Testamentsvollstreckers für den Nacherben bei der Durchführung der Auseinandersetzung begründen.[2]

[1] Vgl. Bengel/Reimann/Pauli, § 5 Rn 279.

B. Tatbestand

 

Rz. 2

Die Anordnung einer Nacherbentestamentsvollstreckung erfolgt im Rahmen einer Verfügung von Todes wegen durch den Erblasser. Die Nacherbentestamentsvollstreckung beginnt mit dem Eintritt der Vorerbfolge und endet spätestens mit dem Eintritt der Nacherbfolge gem. § 2139 BGB. Sind mehrere Vorerben vorhanden, so fällt die Nacherbfolge mit dem Tod des letzten Vorerben an. Die Beendigung kann auch zeitlich bestimmt werden. In der Praxis wird häufig auf die Volljährigkeit des Nacherben oder das Wiederaufleben bei bestimmten Ereignissen Rückgriff genommen. Der Testamentsvollstrecker selbst darf nicht den Zeitpunkt des Eintritts der Nacherbfolge bestimmen. Die Nacherbentestamentsvollstreckung beginnt wegen Gegenstandslosigkeit nicht, wenn der Vorerbe den Vorerbfall nicht erlebt.[3] Das Amt des Testamentsvollstreckers fällt erst weg, wenn alle Nacherbfolgen eingetreten oder durch Zeitablauf erloschen sind, wenn das Amt bis zum Eintritt sämtlicher Nacherbfolgen bestehen bleiben soll. Aufgrund der Problematik der Interessenkollision kann ein alleiniger Nacherbe nicht selbst Nacherbentestamentsvollstrecker sein. Ebenso scheidet der alleinige Vorerbe als Nacherbentestamentsvollstrecker aus.[4] Hingegen kann der Vor- oder Nacherbe Mitnacherbentestamentsvollstrecker sein. Ebenso kann ein gesetzlicher Vertreter vom Nacherben zum Nacherbenvollstrecker ernannt werden.[5] Der Nacherbenvollstrecker hat sämtliche Rechte und Pflichten, die dem Nacherben gegenüber dem Vorerben zustehen. Dies sind insbesondere:

Anspruch auf Hinterlegung von Wertpapieren gem. § 2116 BGB;
Herausgabe der Wertpapiere nur mit Zustimmung (§ 2116 BGB);
Zustimmung des Nacherbenvollstreckers über Verfügung umgeschriebener Inhaberpapiere gem. § 2117 BGB;
Eintragung eines Sperrvermerks im Schuldbuch gem. § 2118 BGB;
Einwilligungspflicht des Nacherben gem. § 2120 BGB;
Fordern eines Verzeichnisses der Erbschaftsgegenstände nebst Anwesenheitsrecht bei Aufnahme des Verzeichnisses sowie Forderung, das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufnehmen zu lassen gem. § 2121 BGB;
Feststellung des Zustands der Erbschaft durch Sachverständigen gem. § 2122 BGB;
Feststellung eines Wirtschaftsplans gem. § 2123 BGB;
Auskunftsrecht gem. § 2127 BGB;
Anspruch auf Sicherheitsleistung gem. § 2128 BGB;
Verlangen der Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen gem. § 2115 BGB, § 773 ZPO.
 

Rz. 3

Für die Erfüllung der Pflichten des Nacherben gegenüber dem Vorerben, wie z.B. aus § 2120 BGB, ist der Testamentsvollstrecker auch dem Vorerben verantwortlich.[6] Sämtliche erforderlichen Zustimmungen sind vom Nacherbenvollstrecker aus eigenem Recht zu erteilen. Ist der Nacherbe noch minderjährig, bedarf es daher keiner familiengerichtlichen Genehmigung.[7] Ein Zustimmungsverbot besteht zu unentgeltlichen Verfügungen des Vorerben. Der Nacherbenvollstrecker ist an § 2216 BGB und damit an die Grundsätze der ordnungsmäßigen Nachlassverwaltung gebunden. Grundsätzlich sind die Vorschriften der §§ 22032205 BGB für den Nacherbenvollstrecker unanwendbar.[8] Er kann somit nicht den Nachlass aufteilen oder bis dahin verwalten. Analog § 2217 BGB kann der Nacherbentestamentsvollstrecker Nachlassgegenstände sowohl aus der bloßen Testamentsvollstreckung als auch zusätzlich aus der Nacherbenbindung freigeben.[9] Jedoch kann er nicht über die Nacherbenanwartschaft selbst verfügen. Ein Verzicht auf einen Nacherbenvermerk ist aber wirksam.

[3] BayObLG NJW-RR 1995, 711.
[4] Stauding...

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