Gesetzestext

 

(1)Der Testamentsvollstrecker hat dem Erben unverzüglich nach der Annahme des Amts ein Verzeichnis der seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstände und der bekannten Nachlassverbindlichkeiten mitzuteilen und ihm die zur Aufnahme des Inventars sonst erforderliche Beihilfe zu leisten.

(2)Das Verzeichnis ist mit der Angabe des Tages der Aufnahme zu versehen und von dem Testamentsvollstrecker zu unterzeichnen; der Testamentsvollstrecker hat auf Verlangen die Unterzeichnung öffentlich beglaubigen zu lassen.

(3)Der Erbe kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des Verzeichnisses zugezogen wird.

(4)Der Testamentsvollstrecker ist berechtigt und auf Verlangen des Erben verpflichtet, das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufnehmen zu lassen.

(5)Die Kosten der Aufnahme und der Beglaubigung fallen dem Nachlass zur Last.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Das Nachlassverzeichnis des Testamentsvollstreckers ist eines der wichtigsten Kontrollmittel des Erben. § 2215 BGB konstatiert eine Mitteilungspflicht des Testamentsvollstreckers gegenüber dem Erben. Es hat somit Beweisfunktion, was sich alles im Nachlass befindet. Der Erbe ist für die Geltendmachung bestimmter Rechte wie Rechnungslegung nach §§ 666, 2218 BGB oder die Herausgabe des Nachlasses nach §§ 2218, 667 BGB auf ein Nachlassverzeichnis angewiesen. Insofern kann grundsätzlich jede Verzögerung bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses die Interessen der Erben beeinträchtigen.

B. Tatbestand

I. Zeitpunkt der Erstellung (Abs. 1)

 

Rz. 2

Die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses durch den Testamentsvollstrecker hat unverzüglich, mithin ohne schuldhaftes Zögern i.S.d. § 121 Abs. 1 BGB, zu erfolgen. Der Testamentsvollstrecker darf also nicht abwarten, bis ihm das Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt wird. Kommt es aber bei der Erfassung der Vermögenswerte zu erheblichen Schwierigkeiten, kann sich die Frist angemessen verlängern. Allerdings muss der Testamentsvollstrecker alle Anstrengungen unternehmen, um dem Erben so schnell wie möglich das Nachlassverzeichnis vorzulegen.[1] Die Mitteilung eines Nachlassverzeichnisses hat zudem nach der Annahme des Amts zum Testamentsvollstrecker unaufgefordert zu erfolgen. Hat der Testamentsvollstrecker sein Amt gekündigt und noch kein Verzeichnis erstellt, so braucht er nicht nachträglich ein Nachlassverzeichnis vorzulegen. Kommt der Erbe, insbesondere aber der Vermächtnisnehmer, durch das Nichterstellen eines Nachlassverzeichnisses allerdings zu Schaden (der schwer zu beweisen ist), muss der zur Unzeit kündigende Testamentsvollstrecker aber mit Haftungsansprüchen der Erben gem. § 2219 BGB rechnen.

 

Rz. 3

Nach dem Wortlaut besteht die Verpflichtung zur Übermittlung eines Nachlassverzeichnisses nur gegenüber dem Erben. Ein Nacherbe hat den Anspruch nach Eintritt des Erbfalls. Ebenso ein Pfändungspfandgläubiger des Erbteils, wie gegenüber dem Nießbrauchsberechtigten an einem Erbteil oder an einer Erbschaft (vgl. §§ 1035, 1068 BGB). Ein Nachfolge-Testamentsvollstrecker hat ein Nachlassverzeichnis nur dann zu erstellen, wenn dieses von seinem Vorgänger noch nicht erstellt wurde.[2] Weitere Dritte, wie bspw. Pflichtteilsberechtigte, Vermächtnisnehmer oder Auflagenbegünstigte, sollen die Übermittlung eines Nachlassverzeichnisses nicht verlangen können. Dem kann nicht gefolgt werden. Richtigerweise kann sich aus der Haftungsvorschrift des § 2219 BGB die mittelbare Verpflichtung ergeben, dem Vermächtnisnehmer oder auch Wertauflagenbegünstigten ein Nachlassverzeichnis im Einzelfall vorzulegen.[3]

 

Rz. 4

Wegen § 2220 BGB kann der Erblasser den Testamentsvollstrecker von seiner Verpflichtung der Übermittlung des Nachlassverzeichnisses nicht befreien. Hingegen kann der Erbe seinerseits auf ein Nachlassverzeichnis verzichten. Ein solcher Verzicht kann auch konkludent erfolgen, wobei jedoch allein vom Zeitablauf her nicht von einem Verzicht ausgegangen werden kann. Vielmehr müssen weitere Umstandsmomente hinzukommen.

[1] BayObLG ZEV 1997, 381.
[2] BeckOK BGB/Lange, § 2215 Rn 3.
[3] So auch Bengel/Reimann/Klumpp, § 3 Rn 36.

II. Inhalt des Nachlassverzeichnisses (Abs. 1 und 2)

 

Rz. 5

Nach Abs. 1 erstreckt sich die Pflicht nur auf die der Testamentsvollstreckung unterliegenden Nachlassgegenstände. Ist als Ersatzlösung bei Testamentsvollstreckung über einzelkaufmännische Unternehmen die Treuhandlösung gewählt worden, bei der der Testamentsvollstrecker Inhaber des Geschäfts ist, jedoch für Rechnung des Erben, ist Abs. 1 analog anzuwenden. Zunächst sind alle Nachlassgegenstände und -rechte nebst -verbindlichkeiten, mithin alle Aktiva und Passiva, vollständig aufzulisten. Es gilt der Grundsatz der Vollständigkeit der Nachlasserfassung. Ist der Testamentsvollstrecker nicht sicher, ob weitere Gegenstände oder Rechte als Aktiva oder Passiva zugerechnet werden können, hat er zumindest einen Hinweis für die Erben zu erteilen. Eine genaue Beschreibung der Nachlassgegenstände ist nicht erforderlich, ebenso ist keine Wertangabe der Nachlassgegenstände zwingend. Sämtliche Gegenstände müssen anhand des Verzeichnisses individualisiert werden kö...

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