Gesetzestext

 

1Mit einem Vermächtnis kann der Erbe oder ein Vermächtnisnehmer beschwert werden. 2Soweit nicht der Erblasser ein anderes bestimmt hat, ist der Erbe beschwert.

A. Allgemeines/Normzweck

 

Rz. 1

Der Regelungsinhalt ist nur aus seiner geschichtlichen Entwicklung zu erklären.[1] Bei § 2147 BGB handelt es sich wie bei den meisten Bestimmungen zum Vermächtnis um eine sehr technische Regelung.[2] Es gibt wohl keinen Zweifel darüber, dass mit einem Vermächtnis nur derjenige beschwert werden kann, der von dem Erblasser unmittelbar und zu eigenem Recht Zuwendungen erhalten hat.[3] Als Beschwerte kommen daher nur Erben oder Vermächtnisnehmer in Betracht. In S. 2 wurde eine Auslegungsregelung festgehalten, nach der grundsätzlich der Erbe der Beschwerte ist.

[1] Vgl. Kipp/Coing, § 54 Abs. 1 S. 1.
[2] Vgl. hierzu MüKo/Rudy, Vor § 2147 Rn 15.
[3] Lange/Kuchinke, § 29 III 1 a.

B. Tatbestand

I. Beschwerter

1. Erbe

 

Rz. 2

Mit einem Vermächtnis kann der gesetzliche oder testamentarische sowie vertragsmäßige Erbe vorbehaltlich einer vertraglichen Bindung (§ 2289 Abs. 1 S. 1 BGB) beschwert werden. Der Ersatzerbe (§ 2096 BGB) oder der unter einer aufschiebenden Bedingung eingesetzte Erbe kommt daher zunächst als Beschwerter nicht in Betracht. Auch der Nacherbe kann nicht mit Vermächtnissen (oder Auflagen) beschwert werden, die er vor dem Eintritt seines Nacherbfalls erbringen müsste.[4] Bis zum Eintritt des Nacherbfalls ist er nicht Erbe. Dabei ist festzustellen, ob in diesen Fällen eine bedingte Nacherbeneinsetzung gewollt war oder der Erblasser einen unverbindlichen Wunsch äußerte. Hat der Erblasser im Falle der Vorerbschaft nicht bestimmt, dass der Vorerbe oder Nacherbe beschwert sein soll, ist die Erbschaft als solche beschwert. Leistet der Vorerbe, ist er zu einem Abzug nach § 2126 BGB berechtigt.[5]

 

Rz. 3

Der Erbe des Beschwerten (Erbeserbe) kann keine beschwerte Person sein. Er kann daher nicht mit einem Vermächtnis beschwert werden, sondern nur als Erbe eines Beschwerten haften.[6] Der Erbeserbe hat aber unter Umständen anstelle des Erben ein Vermächtnis zu erfüllen, das bis zum Tod des Beschwerten aufschiebend bedingt oder befristet (§ 2177 BGB) oder erst mit seinem Tod fällig wurde (§ 2181 BGB).[7] Hierbei handelt es sich dann um die Erfüllung einer Nachlassverbindlichkeit durch den Erbeserben.

 

Rz. 4

Übergibt der Eigentümer eines unter die Höfeordnung fallenden Hofes diesen an einen hoferbenberechtigten Abkömmling im Rahmen vorweggenommener Erbfolge, erlangt der Hofberechtigte eine Erbenstellung (§ 17 Abs. 1 HöfeO i.V.m. § 16 HöfeO). In entsprechender Anwendung von § 17 Abs. 2 HöfeO kann daher der Hoferbe grundsätzlich mit einem Vermächtnis (§ 12 Abs. 10 HöfeO) beschwert werden.[8] Es bleibt jedoch zu prüfen, inwieweit das Vermächtnis nach § 16 Abs. 1 HöfeO wirksam ist.[9]

[4] Palandt/Weidlich, § 2147 Rn 2; MüKo/Rudy, § 2147 Rn 2, Lange/Kuchinke, § 29 III 1 a, Fn 71.
[5] Vgl. MüKo/Rudy, § 2147 Rn 2.
[6] Staudinger/Otte, § 2147 Rn 4.
[7] RG WarnR 1919 Nr. 18.
[8] BGH. v. 6.6.1962 – V ZR 90/61, BGHZ 37, 192, 194; BGH. v. 6.3.1985 – IVa ZR 171/83, NJW-RR 1986, 164–165.
[9] Lüdtke-Handjery/v. Jeinsen, Höfeordnung, § 12 Rn 131, § 16 Rn 18, 42.

2. Vermächtnisnehmer

 

Rz. 5

Neben den Erben kann auch jeder Vermächtnisnehmer beschwert sein. Dabei ist es unerheblich, ob der Begünstigte aufgrund eines Testaments oder kraft Gesetzes (Voraus des Ehegatten, § 1932 BGB, und der Dreißigste, § 1969 BGB) Vermächtnisnehmer wurde. Es handelt sich insoweit um ein Untervermächtnis (§ 2186 BGB).[10] Die §§ 21862188 BGB und § 2191 BGB sehen für die Beschwerung des Vermächtnisnehmers besondere Regelungen vor: So folgt aus § 2186 BGB, dass der Vermächtnisnehmer zur Erfüllung des Untervermächtnisses erst dann verpflichtet ist, wenn er die Erfüllung des ihm zugewendeten Vermächtnisses verlangen kann.

[10] Staudinger/Otte, § 2147 Rn 2.

3. Versprechensempfänger

 

Rz. 6

Auch der durch ein formgerechtes Schenkungsversprechen von Todes wegen (§ 2301 Abs. 1 BGB) Beschwerte, kann mit einem Vermächtnis belastet werden.[11] Schließlich sind auf die Schenkung auf den Todesfall die Vorschriften über die Verfügungen von Todes wegen anzuwenden, was insoweit die Unterstellung der Schenkung unter das Vermächtnisrecht bedeutet.[12] Die Schenkung darf daher nicht bereits zu Lebzeiten des Erblassers vollzogen sein (§ 2301 Abs. 2 BGB), der Beschenkte muss den Schenker überleben und § 2289 Abs. 1 S. 2 BGB darf nicht entgegenstehen.[13]

 

Rz. 7

Hat der Schenker allerdings bereits die Schenkung durch Leistung des zuzuwendenden Gegenstandes vollzogen, § 2301 Abs. 2 BGB, erfolgte die Zuwendung aufgrund einer Verfügung unter Lebenden.[14] Eine Schenkung nach den §§ 516 ff. BGB kann jedoch nicht mit einem Vermächtnis beschwert werden.[15] Die Schenkung unter Lebenden kann allerdings mit einer Auflage nach § 525 BGB verbunden werden oder mit der Bedingung, an einen Dritten zu leisten; dabei muss die Auflage oder Bedingung bei der Schenkung unter Lebenden bereits Bestandteil des Schenkungsvertrages sein. Sie kann nicht wie bei der Zuwendung durch eine letztwillige Verfügung nachträglich und einseitig angeo...

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