Gesetzestext

 

Hat der Vorerbe ein zur Erbschaft gehörendes Grundstück oder eingetragenes Schiff vermietet oder verpachtet, so findet, wenn das Miet- oder Pachtverhältnis bei dem Eintritt der Nacherbfolge noch besteht, die Vorschrift des § 1056 entsprechende Anwendung.

A. Bestandsschutz

 

Rz. 1

Die Vorschrift schützt in analoger Anwendung des mietrechtlichen Grundsatzes "Kauf bricht nicht Miete" den Mieter oder Pächter eines vom Vorerben überlassenen Grundstücks oder eingetragenen Schiffs vor Veränderungen des Miet- oder Pachtverhältnisses durch den Eigentümerwechsel kraft Eintritts des Nacherbfalls. Aus der Verweisung auf § 1056 BGB, der seinerseits auf §§ 566, 566a, 566b Abs. 1, 566c–566e, 567b BGB Bezug nimmt, folgt, dass der Nacherbe mit dem Nacherbfall in ein vom Vorerben abgeschlossenes Miet- und Pachtverhältnis eintritt. Die Vorschrift bezieht sich nur auf die genannten unbeweglichen Sachen, im Fall von Fahrnis bleibt es bei den allg. Regeln. Da der Nacherbe nicht Erbe des Vorerben ist, binden ihn die vom Vorerben eingegangenen Schuldverhältnisse nicht,[1] der Nacherbe kann daher bewegliche Sachen ab Eintritt des Nacherbfalls gem. § 985 BGB vom Mieter oder Pächter herausverlangen.[2] Diesem können ggf. Ersatzansprüche wegen Nichterfüllung des Vertrages gegen den Vorerben zustehen.[3] Für vom Erblasser noch selbst vermietete/verpachtete Grundstücke und Schiffe gilt § 2135 BGB nicht, hier rückt der Nacherbe bereits aufgrund seiner Erbenstellung in das Vertragsverhältnis ein, so dass es keines Verweises auf §§ 566 ff., 1056 BGB bedarf.[4] Ebenso wenig greift die Vorschrift im Fall eines (hier: langjährigen) Verleihungsvertrages über Wohn- und Geschäftsräume zwischen dem Vorerben und (hier: seinen eigenen) Erben.[5]

[1] Staudinger/Avenarius, § 2135 Rn 3.
[2] Staudinger/Avenarius, § 2135 Rn 14; Soergel/Harder-Wegmann, § 2135 Rn 1; MüKo/Grunsky, § 2135 Rn 1.
[3] Staudinger/Avenarius, § 2135 Rn 14; Soergel/Harder-Wegmann, § 2135 Rn 1; MüKo/Grunsky, § 2135 Rn 1.
[4] Staudinger/Avenarius, § 2135 Rn 3.
[5] BGH ZEV 2016, 267, 270 Tz 45.

B. Rechtsfolgen

 

Rz. 2

Entsprechend § 566 Abs. 1 BGB tritt der Nacherbe mit dem Nacherbfall automatisch in die vom Vorerben begründete Vermieter-/Verpächterstellung ein. Der Vorerbe haftet dem Mieter/Pächter jedoch wie ein selbstschuldnerischer Bürge, wenn der Nacherbe seine Pflichten nicht erfüllt, § 566 Abs. 2 S. 1 BGB. Von dieser Haftung kann sich der Vorerbe durch Anzeige des Eintritts des Nacherbfalls an den Mieter/Pächter befreien, § 566 Abs. 2 S. 2 BGB. Der Nacherbe tritt auch in die Rechte und Pflichten aus den vom Mieter/Pächter geleisteten Sicherheiten ein, und zwar unabhängig davon, ob er sie vom Vorerben empfangen hat. Der Vorerbe haftet jedoch subsidiär für die Rückgewährverpflichtung, § 566a BGB. Vorausverfügungen des Vorerben sowie Vereinbarungen mit dem Mieter/Pächter über den Miet-/Pachtzins und Aufrechnungen des Mieters/Pächters sind nur i.R.d. §§ 566b Abs. 1, 566c–566e BGB wirksam. Da § 1056 BGB nicht auf § 566b Abs. 2 BGB verweist, muss der Nacherbe Verfügungen des Vorerben über den Miet-/Pachtzins für eine spätere Zeit als den auf den Eintritt des Nacherbfalls folgenden Monat auch dann nicht gegen sich gelten lassen, wenn er sie zur Zeit des Eintritts der Nacherbfolge kennt. Ein mietvertraglicher Baukostenzuschuss oder bereits im Mietvertrag vereinbarte Vorauszahlungen über die genannte Grenze hinaus sind jedoch auch dem Nacherben gegenüber wirksam.[6]

 

Rz. 3

Bei einer Weiterveräußerung des vermieteten/verpachteten Grundstücks oder Schiffs oder im Fall des Eintritts einer weiteren Nacherbfolge gelten gem. § 567b BGB die Regelungen der §§ 566 Abs. 1, 566a, 566b Abs. 1, 566c–566e BGB entsprechend.

[6] Staudinger/Avenarius, § 2135 Rn 8; Soergel/Harder-Wegmann, § 2135 Rn 2.

C. Kündigung

 

Rz. 4

Entsprechend § 1056 Abs. 2 S. 1 BGB ist der Nacherbe berechtigt, das Miet- bzw. Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen, er ist also an vereinbarte Vertragslaufzeiten oder abweichende vertragliche Kündigungsfristen nicht gebunden.[7] Bei Wohnraum sind allerdings die Kündigungsbeschränkungen durch das soziale Mietrecht zu beachten (§§ 573 ff. BGB). Der Nacherbe braucht die Kündigung nicht sofort nach Eintritt der Nacherbfolge vorzunehmen, sondern kann sie – in den Grenzen der Verwirkung – auch später noch erklären.[8] Übergibt der Vorerbe dem Nacherben die Miet- bzw. Pachtsache bereits vor Eintritt des Nacherbfalls, entsteht das Kündigungsrecht des Nacherben entsprechend § 1056 Abs. 2 S. 2 BGB gleichwohl erst mit dem Nacherbfall. Der Mieter bzw. Pächter hat kein Kündigungsrecht. Er kann dem Nacherben entsprechend § 1056 Abs. 3 BGB eine angemessene Frist zur Erklärung über die Ausübung der Kündigung setzen, nach deren Ablauf die Kündigung ausgeschlossen ist.

 

Rz. 5

Hat der Mieter dem Vorerben einen abwohnbaren oder verlorenen Baukostenzuschuss gewährt, ist sein Kündigungsrecht in entsprechender Anwendung der §§ 57a57c ZVG beschränkt.[9] Das in § 57a ZVG vorgesehene Kündigungsrecht ist nach Sinn und Zweck dem des Na...

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