Rz. 80

Haben die Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet und wird die Ehe vor dem Tod eines der Ehegatten aufgelöst, so wird das errichtete gemeinschaftliche Testament nach den Vorschriften der §§ 2077 Abs. 2, 2268 Abs. 1 BGB unwirksam. Ist jedoch anzunehmen, dass das Testament auch für den Fall der Auflösung der Ehe errichtet worden ist, bleibt es gem. § 2268 Abs. 2 BGB wirksam. Zu diesem Ergebnis kann die einfache Auslegung oder auch die ergänzende Auslegung führen.[296] Wurde die Ehe aufgelöst oder ist der eingesetzte Ehegatte vorverstorben und hat der Erblasser danach erneut geheiratet, ohne eine neues Testament zu errichten, so kann im Wege ergänzender Auslegung nicht davon ausgegangen werden, dass das Testament auch als Einsetzung des neuen Ehegatten aufzufassen ist.[297] Dies gilt auch unabhängig davon, ob der eingesetzte Ehegatte nur als "Ehegatte" bezeichnet oder namentlich genannt wurde.[298]

Auch wenn sich der Erblasser später dahingehend äußert, der neue Ehegatte solle bedacht sein, ist dies ohne Belang.[299]

[296] BayObLG NJW-RR 1993, 12 = FamRZ 1993, 362; OLG Hamm OLGZ 1994, 326 = ZEV 1994, 367; Mayer, ZEV 1997, 280.
[297] MüKo/Leipold, § 2084 Rn 113; Muscheler, Erbrecht I, Rn 1879, 1907; a.A. MüKo/Leipold, § 2084 Rn 107, der sich nunmehr für eine ergänzende Auslegung ausspricht.
[298] MüKo/Leipold, § 2084 Rn 113.
[299] RGZ 134, 277, 281.

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