Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortbestand eines Testaments nach Scheidung

 

Normenkette

BGB § 2077

 

Verfahrensgang

LG Coburg (Beschluss vom 02.04.1992; Aktenzeichen 2 T 25/92)

AG Coburg (Aktenzeichen VI 715/91)

 

Tenor

  • Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 gegen den Beschluß des Landgerichts Coburg vom 2. April 1992 wird zurückgewiesen.
  • Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 200.000 DM festgesetzt.
 

Tatbestand

I.

Der Erblasser ist 1991 im Alter von fast 65 Jahren kinderlos verstorben. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die einzigen Abkömmlinge zweier vorverstorbener Brüder seines Vaters. Sie kommen als alleinige gesetzliche Erben in Betracht. Die am 3.10.1985 geschlossene Ehe mit der Beteiligten zu 3 wurde durch rechtskräftiges Urteil vom 25.1.1989 geschieden.

Der Erblasser hatte am 2.8.1985 ein eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament errichtet, das folgenden Wortlaut hat:

Mein letzter Wille

Hiermit setze ich … meine Verlobte, Frau …

(Beteiligte zu 3), geb. am 18.1.1941 …

als Alleinerbin ein

Gestützt auf dieses Testament hat die Beteiligte zu 3 einen Erbschein beantragt, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Die Beteiligten zu 1 und 2 hingegen haben einen Erbschein als gesetzliche Erben je zur Hälfte beantragt.

Das Nachlaßgericht hat mit Beschluß vom 22.1.1992 die Erteilung des von den Beteiligten zu 1 und 2 beantragten Erbscheins angekündigt und den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 3 zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 1 und 2 seien gesetzliche Erben, denn das Testament vom 2.8.1985 sei durch die Scheidung der Ehe des Erblassers mit der Beteiligten zu 3 unwirksam geworden. Es sei nicht anzunehmen, daß der Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung gewollt habe, die Erbeinsetzung seiner damaligen Verlobten sollte auch im Fall eines Scheiterns der beabsichtigen Ehe Gültigkeit behalten.

Die gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 3 hat das Landgericht am 2.4.1992 zurückgewiesen und den “Gegenstandswert” auf 200.000 DM festgesetzt. Gegen diesen Beschluß richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3. Den Beteiligten zu 1 und 2 wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Sie haben sich nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.

  • Das Landgericht hat ausgeführt:

    Die Beschwerde könne keinen Erfolg haben. Gemäß § 2077 Abs. 1 BGB bestehe eine widerlegbare Vermutung dafür, daß die letztwillige Verfügung eines Erblassers zugunsten seines späteren Ehegatten unwirksam sei, wenn die Ehe vor seinem Tod aufgelöst worden ist. Für eine Widerlegung dieser Vermutung gemäß § 2077 Abs. 3 BGB trage der geschiedene Ehegatte die Feststellungslast. Die Beschwerdekammer trete den Feststellungen und rechtlichen Erwägungen des Nachlaßgerichts bei und nehme auf dessen Entscheidung Bezug. Es spreche vieles dafür, daß der Erblasser zugunsten der Beteiligten zu 3 testiert habe, um durch eine vorgezogene Sicherung seiner Verlobten angesichts des Altersunterschieds der Ehegatten einer künftigen Ehe Bestand zu verleihen. Dafür spreche auch die schriftliche Äußerung seiner letzten Lebensgefährtin, der er ebenfalls sein Haus versprochen habe. Daß das Verhältnis zwischen dem Erblasser und seiner geschiedenen Ehefrau gut gewesen sei, reiche nicht für die Annahme aus, der Erblasser habe im Jahr 1985 die Beteiligte zu 3 auch für den Fall einer späteren Scheidung als Erbin einsetzen wollen. Mit Recht habe daher das Nachlaßgericht den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 3 zurückgewiesen und den von den Beteiligten zu 1 und 2 beantragten Erbschein in Aussicht gestellt.

    Die Festsetzung des “Gegenstandswerts” beruhe auf § 3 ZPO. Auszugehen sei vom mutmaßlichen Wert des Nachlasses, abzüglich der vom “Nachlaßverwalter” zu begleichenden Kosten.

  • Die Beschwerdeentscheidung enthält keinen durchgreifenden Rechtsfehler (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG, § 550 ZPO).

    • Zutreffend geht das Landgericht davon aus, daß die Vorschrift des § 2077 Abs. 1 Satz 1 BGB auch dann Anwendung findet, wenn der Erblasser und die bedachte Person bei der Errichtung des Testaments miteinander verlobt waren und danach geheiratet haben (vgl. BGH FamRZ 1961, 364/366; MünchKomm-BGB/Leipold 2. Aufl. Rn. 6 u. 13, Staudinger/Otte BGB 12. Aufl. Rn. 6 u. 15, BGB-RGRK/Johannsen 12. Aufl. Rn. 1, jeweils zu § 2077). Für ihre Ansicht, die Vorschrift sei nur dann anwendbar, wenn das Testament “während bestehender Ehe” errichtet wird, kann sich die Rechtsbeschwerdeführerin nicht auf die Kommentierung von Leipold (aaO Rn. 6) berufen, denn dort ist gerade das Gegenteil ausgeführt. Ausreichend ist das Bestehen einer familienrechtlichen Bindung zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung (MünchKomm-BGB/Leipold aaO). Eine solche lag hier vor. Der Erblasser bezeichnet in seiner letztwilligen Verfügung die Beteiligte zu 3 ausdrücklich als seine Verlobte, die er etwa zwei Monate später geheiratet hat.
    • Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Landgericht in Übereinstimmung mit dem Nachla...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge