Gesetzestext

 

(1)Die Anfechtung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.

(2)1Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt. 2Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210, 211 entsprechende Anwendung.

(3)Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit dem Erbfall 30 Jahre verstrichen sind.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Anfechtung ist ein Gestaltungsrecht. Dem Anfechtungsberechtigten ist es daher überlassen, ob die letztwillige Verfügung vernichtet werden soll oder weiterhin Gültigkeit hat. Dies führt zu einem Schwebezustand, der jedoch nicht unendlich ausgedehnt werden soll. Daher ist die Anfechtung befristet, um Rechtsklarheit zu schaffen.[1] Auf der anderen Seite soll dem Anfechtungsberechtigen ausreichend Zeit bleiben, um zu überlegen, ob er die Anfechtung erklärt oder nicht. Die Anfechtungsfrist beginnt daher nicht mit dem Erbfall, sondern mit der Kenntnis des Anfechtungsgrundes. Auch sind die Interessen der anderen Nachlassbeteiligten zu berücksichtigen. Die Zeit sollte daher nicht zu lang bemessen sein. Der Gesetzgeber hat aus diesem Grund festgelegt, dass die Anfechtungsfrist ein Jahr beträgt. Sowohl das Interesse des Anfechtenden als auch das Interesse der anderen Nachlassbeteiligten soll ausgewogen berücksichtigt werden.[2]

 

Rz. 2

Die Regelung des § 2082 BGB gilt für eine Anfechtung nach dem Erbfall. Sie ist auch für die Anfechtung von Verfügungen in einem Erbvertrag oder in einem gemeinschaftlichen Testament anzuwenden, sofern der Erblasser sein Anfechtungsrecht nicht bereits verloren hat.

 

Rz. 3

Die Frist für die Anfechtung eines Erbvertrages bzw. gemeinschaftlichen Testaments durch den Erblasser richtet sich nach § 2283 BGB. Auch auf die Anfechtung wegen Erbunwürdigkeit findet § 2082 BGB, und zwar über § 2340 Abs. 3 BGB, Anwendung. § 2082 BGB gilt ebenfalls für die Anfechtung wegen Vermächtnis- oder Pflichtteilsunwürdigkeit (§ 2345 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB).

[1] OLG Frankfurt MDR 1959, 393.
[2] Vgl. Kipp/Coing, § 24 V 4b.

B. Tatbestand

I. Dauer der Frist

 

Rz. 4

Die Anfechtungsfrist beträgt gem. Abs. 1 ein Jahr. Sie gilt im Gegensatz zu den allg. Vorschriften für alle Anfechtungsgründe, d.h. sowohl für die Anfechtung wegen Irrtums als auch wegen Drohung sowie für die Anfechtung wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten. Die Berechnung der Jahresfrist richtet sich nach den §§ 187, 188 BGB.

 

Rz. 5

Bei der Anfechtungsfrist handelt es sich um eine Ausschluss- und nicht um eine Verjährungsfrist. Dies bedeutet, dass nach deren Ablauf eine Anfechtung nicht mehr möglich ist. Das Anfechtungsrecht erlischt. Die Einhaltung der Frist ist daher von Amts wegen zu prüfen und nicht aufgrund einer Einrede des Anfechtungsgegners. Ist die Jahresfrist gem. § 2082 BGB abgelaufen, bleibt dem Berechtigten nur noch, sich auf die Anfechtbarkeitseinrede gem. § 2083 BGB zu berufen.

 

Rz. 6

Spätestens nach 30 Jahren seit Eintritt des Erbfalls (Abs. 3) ist das Anfechtungsrecht erloschen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Anfechtungsberechtigte Kenntnis vom Anfechtungsgrund hatte oder nicht. Nach so langer Zeit geht die Rechtssicherheit dem Interesse des Anfechtungsberechtigten vor.

II. Fristbeginn

1. Frühester Zeitpunkt

 

Rz. 7

Nach § 2080 BGB entsteht die Anfechtungsberechtigung erst mit dem Erbfall (anders bei der Selbstanfechtung durch den Erblasser nach § 2281 BGB). Frühestens ab Eintritt des Erbfalls kann daher die Frist zu laufen beginnen,[3] nicht hingegen vor dem Erbfall.[4] Erfolgt die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung innerhalb eines Jahres seit Eintritt des Erbfalls, ist die Frist in jedem Fall gewahrt, so dass für die Berechnung die Kenntnis vom Anfechtungsgrund ohne Bedeutung ist. Für den Fall, dass die Anfechtung nach Ablauf eines Jahres erfolgt, ist die Kenntnis vom Anfechtungsgrund für die Berechnung der Frist maßgeblich (zur "Kenntnis" siehe Rdn 10 ff.).

 

Rz. 8

Haben die Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet, so kann nach h.M. für die Anfechtung der Verfügungen des Längstlebenden durch einen Dritten die Frist frühestens mit dem Tod des Längstlebenden beginnen. Der Tod des Erstversterbenden ist unbeachtlich.[5] Geht es um die Enterbung im Falle des Todes des Erstversterbenden, beginnt die Frist mit dessen Tod. Wenn der Längstlebende sich wiederverheiratet und übersieht, dass er an die Schlusserbeneinsetzung gebunden ist, ist für den Beginn der Frist zur Anfechtung gem. § 2079 BGB der Zugang des Beschlusses des Nachlassgerichts maßgeblich, der das Testament im Sinne eines Ausschlusses des Pflichtteilsberechtigten von der Erbfolge auslegt, nicht hingegen die rechtskräftige Entscheidung.[6]

 

Rz. 9

Solange die Anfechtungsberechtigung gem. § 2080 BGB nicht besteht, kann die Anfechtungsfrist nicht beginnen. Dies bedeutet, dass der vorrangig zum Erben Berufene erst ausgeschlagen haben muss, damit die Frist zu laufen beginnt. Für das nicht aus einer Ehe stammende Kind beginnt die Frist nicht vor der Anerkennung der Vaterschaft bzw. deren gerichtlicher Feststellung. Zum Anfechtungsgrund zählen somit die Vora...

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