Gesetzestext

 

1Was auf Grund eines zum Nachlass gehörenden Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Nachlassgegenstands oder durch ein Rechtsgeschäft erworben wird, das sich auf den Nachlass bezieht, gehört zum Nachlass. 2Auf eine durch ein solches Rechtsgeschäft erworbene Forderung findet die Vorschrift des § 2019 Abs. 2 Anwendung.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die in § 2019 BGB für den Erbschaftsanspruch, in § 2041 BGB für die Erbengemeinschaft und § 2111 BGB für die Vor- und Nacherbfolge normierte dingliche Surrogation ist eine erbrechtliche Besonderheit. Sie führt im Fall des § 2041 BGB zu einer unmittelbaren Ersetzung der Nachlassgegenstände durch den Ersatzgegenstand und bewahrt nach der ratio legis die Miterben und Nachlassgläubiger vor einer Verringerung des Nachlassvermögens. Eine Mitwirkung der Erben ist nicht erforderlich. Der Ersatzgegenstand wird vielmehr ohne Zutun der Miterben Gegenstand des gesamthänderisch gebundenen Vermögens der Erbengemeinschaft. § 2041 BGB ist die einzige Möglichkeit, wie Miterben zur gesamten Hand für den Nachlass Eigentum – auch Grundeigentum – erwerben können.[1] Die Auswirkungen dieser Vorschrift werden in der Praxis häufig übersehen (siehe Rdn 18). Die unmittelbare Ersetzung hat den Zweck, die realen Werte des Vermögens der Erbengemeinschaft zu binden und im Interesse der Miterben und der Nachlassgläubiger über alle Wechsel der zu ihm gehörenden konkreten Bestandteile hinweg zusammenzuhalten und für den Zweck des Sondervermögens zu reservieren. Dieser Zweck wird dadurch erreicht, dass "die im Laufe der wirtschaftlichen Entwicklung des Sondervermögens eintretenden Änderungen im konkreten Bestand seiner Einzelteile unter bestimmten Voraussetzungen in den vom Gesetz geordneten Surrogationsfällen kraft Gesetzes auch zu einer entsprechenden rechtlichen (dinglichen) Zuordnung der Ersatzstücke (Surrogate) zu dem Sondervermögen und seinen Trägern führen".[2] Dahinter steht der Gedanke, dass der Wert des Sondervermögens und nicht seine konkrete Erscheinungsform das Ausschlaggebende ist. Wenn der Wert des Ganzen erhalten bleiben soll, muss daher jeder Umsatz einzelner Bestandteile des Vermögens und der darin liegende Abfluss realer Werte durch die rechtliche Neuzuordnung eben derjenigen konkreten Ersatzgegenstände zum Nachlass ausgeglichen werden, in die die abgeflossenen Werte eingegangen sind.[3]

[1] BGH, Urt. v. 30.6.2017 – V ZR 232/16, Rn 10, juris.

B. Tatbestand

I.S.  1

1. Was

 

Rz. 2

Die offene Formulierung des § 2041 BGB ("Was … erworben wird") legt bereits nahe, dass nicht lediglich verkörperte Gegenstände Surrogate i.S.v. § 2041 BGB sind. Wie sich aus S. 2 ergibt, gehören hierzu auch Forderungen (siehe auch Rdn 8). Um einen umfassenden Schutz der Miterben und Nachlassgläubiger zu gewährleisten, hat der BGH aber auch entschieden, dass ein nicht übertragbares Recht oder eine nicht übertragbare Rechtsstellung ebenfalls Erwerbsgegenstand einer Surrogation sein können. Seine gegenteilige Auffassung hat der BGH ausdrücklich aufgegeben (im Einzelnen siehe Rdn 7).

2. Alt. 1 (Rechtssurrogation): aufgrund eines zum Nachlass gehörenden Rechts

 

Rz. 3

Alt. 1 regelt den Surrogationserwerb für den Fall der Rechtssurrogation. Zum Begriff des Nachlasses siehe § 2032 Rdn 3. Der Begriff des "Rechts" ist weiter als der des Anspruchs i.S.v. § 194 BGB. Neben den unmittelbaren schuldrechtlichen und sachlichen Ansprüchen sind die Früchte i.S.v. § 99 Abs. 2 BGB ebenfalls mit umfasst (siehe § 2038 Rdn 34). Aber auch Rechte, die nicht gleichzeitig Ansprüche sind, fallen unter Alt. 1. Dies sind namentlich Gestaltungsrechte (wie Anfechtung, Kündigung, Rücktritt, Widerruf), absolute Rechte (wie Eigentum, Persönlichkeitsrecht und Urheberrecht) und das Recht zum Besitz (§ 986 BGB). Es ist gleichgültig, ob die ursprüngliche Rechtsposition dem Zivilrecht oder dem öffentlichen Recht entstammt.[4] Soweit es um einen Erwerb aufgrund eines rechtsgeschäftlich begründeten Anspruchs geht, kommt die Rechtssurrogation nur in Betracht, soweit das Rechtsgeschäft noch vom Erblasser selbst abgeschlossen worden ist und damit der bereits entstandene Anspruch in den Nachlass gefallen ist. Wird das Rechtsgeschäft hingegen erst von einem oder mehreren Miterben getätigt, können die Voraussetzungen der Beziehungssurrogation erfüllt sein.[5]

[4] Staudinger/Löhnig, § 2041 Rn 5.
[5] MüKo/Gergen, § 2041 Rn 7 sowie nachfolgend Rdn 5.

3. Alt. 2 (Ersatzsurrogation): als Ersatz für Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Nachlassgegenstandes

 

Rz. 4

Alt. 2 regelt den Surrogationserwerb für den Fall der Ersatzsurrogation. Hierunter fallen die Leistungen aufgrund von Schadensersatzansprüchen "für Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Nachlassgegenstandes" nach dem Erbfall (sonst Rechtssurrogation). Dies sind bspw. Ersatzansprüche gegen den Testamentsvollstrecker, wenn der Schaden in einer Verminderung des Nachlasswertes besteht.[6] Rührt der Schaden jedoch von Fehlern des Testamentsvollstreckers bei der Auseinandersetzung her, so handelt es sich um Ansprüche, die dem oder den betroffenen Miterben einzeln zustehen.[7] Verletzt ein Notar bei der Beurkundung eines Rechtsgeschäfts, das sich auf ...

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