Gesetzestext

 

(1)1Die Verwaltung des Nachlasses steht den Erben gemeinschaftlich zu. 2Jeder Miterbe ist den anderen gegenüber verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich sind; die zur Erhaltung notwendigen Maßregeln kann jeder Miterbe ohne Mitwirkung der anderen treffen.

(2)1Die Vorschriften der §§ 743, 745, 746, 748 finden Anwendung. 2Die Teilung der Früchte erfolgt erst bei der Auseinandersetzung. 3Ist die Auseinandersetzung auf längere Zeit als ein Jahr ausgeschlossen, so kann jeder Miterbe am Schluss jedes Jahres die Teilung des Reinertrags verlangen.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Verwaltung des Nachlasses durch die Erbengemeinschaft stellt eines der großen praktischen Probleme im Recht der Erbengemeinschaft dar. § 2038 BGB ist eine von lediglich sieben Vorschriften, mit denen die Verwaltung der Erbengemeinschaft geregelt wird. Abs. 2 verweist ergänzend auf die entsprechende Anwendung ausgewählter Vorschriften der Bruchteilsgemeinschaft. Es ergeben sich häufig weitreichende Streitigkeiten zwischen Miterben, die entweder durch passive und widerspenstige Miterben oder durch allzu aktive und rücksichtslos handelnde Miterben hervorgerufen werden. Verstärkt wird die Problematik durch gesetzliche Regelungen, die eine Abwägung im Einzelfall verlangen und pauschale Lösungsansätze ausschließen. Generelle Aussagen lassen sich daher selbst dann nur mit Einschränkungen vornehmen, wenn vergleichbare höchstrichterliche Entscheidungen vorliegen: Eine abweichende Beurteilung des konkreten Falles wird dadurch nicht ausgeschlossen.

 

Rz. 2

Das Gesetz unterscheidet drei Arten der Verwaltung:

1. Außerordentliche Verwaltung gem. Abs. 1 S. 1 (siehe hierzu Rdn 4 ff.)
2. Ordnungsgemäße Verwaltung gem. Abs. 1 S. 2 Hs. 1 (siehe hierzu Rdn 11 ff.)
3. Notwendige Verwaltung gem. Abs. 1 S. 2 Hs. 2 (siehe hierzu Rdn 23 ff.)
 

Rz. 3

Es ist also zunächst zu prüfen, ob eine Handlung überhaupt eine Verwaltungsmaßnahme darstellt. Erst danach ist zu unterscheiden, welcher Art die Verwaltung war und ob die Miterben einvernehmlich oder mehrheitlich hierüber zu beschließen haben und wie sie hierdurch verpflichtet werden. Der Aufbau des § 2038 BGB enthält insoweit abgestufte Anforderungen. Ausgangspunkt ist der Fall der außerordentlichen Verwaltung, die Erben müssen einstimmig handeln (Abs. 1 S. 1). In Fällen der ordnungsgemäßen Verwaltung genügt ein Mehrheitsbeschluss (Abs. 1 S. 2 Hs. 1) und in Fällen der notwendigen Verwaltung kann ein Miterbe alleine handeln (Abs. 1 S. 2 Hs. 2). Während § 2038 BGB die Verwaltungsbefugnis regelt, ist die Verfügungsbefugnis in §§ 2033, 2040 BGB geregelt. Die Rechtsprechung durchbricht diese Trennung, so dass auch Verfügungen Verwaltungsmaßnahmen sein können (siehe hierzu Rdn 69).

B. Tatbestand

I. Abs. 1 S. 1 (außerordentliche Verwaltung)

 

Rz. 4

Die Regelung in Abs. 1 S. 1 ist im Wesentlichen deckungsgleich mit § 744 Abs. 1 BGB.

1. Verwaltung

 

Rz. 5

Der Begriff der "Verwaltung" ist weit und umfassend zu verstehen: Er umfasst alle tatsächlichen und rechtlichen Maßnahmen, die zur Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung sowie zur Gewinnung der Nutzungen und Bestreitung laufender Verbindlichkeiten des Nachlasses erforderlich oder geeignet sind.[1] Der BGH hat in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2005[2] den Verwaltungsbegriff dahingehend erweitert, dass grundsätzlich auch Verfügungen über Nachlassgegenstände Maßnahme der Verwaltung sein können (siehe zur Frage, ob eine Verfügung eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung sein kann, Rdn 69).

 

Rz. 6

Im Rahmen von Abs. 1 S. 1 ist die außerordentliche Verwaltung gemeint. Die ordentliche Verwaltung wird von Abs. 1 S. 2 Hs. 1 erfasst (siehe hierzu Rdn 11 ff.). Außerordentliche Verwaltung bezeichnet Maßnahmen, die für den Nachlass eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung haben.[3] Siehe für Beispiele der außerordentlichen Verwaltung und zur Abgrenzung zur ordentlichen Verwaltung Rdn 14 ff. I.R.d. außerordentlichen Verwaltung ist Einstimmigkeit der Miterben erforderlich (siehe hierzu Rdn 10). § 2038 BGB unterscheidet nicht danach, ob eine Maßnahme auch außerhalb der Erbengemeinschaft oder lediglich im Innenverhältnis wirkt. "Verwaltung" umfasst daher sowohl die interne Beschlussfassung (also Maßnahmen im Innenverhältnis) als auch bspw. Rechtsgeschäfte mit Dritten (also Maßnahmen im Außenverhältnis).

[1] BGH, Urt. v. 28.9.2005 – IV ZR 82/04, juris; Staudinger/Löhnig, § 2038 Rn 6.
[3] Krug/Rudolf/Kroiß/Bittler, Erbrecht, § 12 Rn 24.

2. Nachlass

 

Rz. 7

Siehe hierzu § 2032 Rdn 3.

3. Erben

 

Rz. 8

In bestimmten Fällen können Erben von der Verwaltung ausgeschlossen sein bzw. können ausgeschlossen werden:[4]

Auflage zu bestimmtem Verwaltungshandeln oder die Verwaltung bestimmten Erben bzw. Dritten zu übertragen, § 1940 BGB
Erblasserbestimmung (Verwaltungsvollstreckung), § 2209 BGB
Insolvenzverwaltung, § 80 InsO
Miterbenregelung, entweder durch Mehrheitsbeschluss[5] oder – erst recht – einverständlich (Übertragung der Verwaltung auf einen Miterben o.Ä.)
Nachlassinsolvenzverfahren, § 80 Abs. 1 InsO
Nachlassver...

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