Rz. 4

Die Regelung in Abs. 1 S. 1 ist im Wesentlichen deckungsgleich mit § 744 Abs. 1 BGB.

1. Verwaltung

 

Rz. 5

Der Begriff der "Verwaltung" ist weit und umfassend zu verstehen: Er umfasst alle tatsächlichen und rechtlichen Maßnahmen, die zur Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung sowie zur Gewinnung der Nutzungen und Bestreitung laufender Verbindlichkeiten des Nachlasses erforderlich oder geeignet sind.[1] Der BGH hat in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2005[2] den Verwaltungsbegriff dahingehend erweitert, dass grundsätzlich auch Verfügungen über Nachlassgegenstände Maßnahme der Verwaltung sein können (siehe zur Frage, ob eine Verfügung eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung sein kann, Rdn 69).

 

Rz. 6

Im Rahmen von Abs. 1 S. 1 ist die außerordentliche Verwaltung gemeint. Die ordentliche Verwaltung wird von Abs. 1 S. 2 Hs. 1 erfasst (siehe hierzu Rdn 11 ff.). Außerordentliche Verwaltung bezeichnet Maßnahmen, die für den Nachlass eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung haben.[3] Siehe für Beispiele der außerordentlichen Verwaltung und zur Abgrenzung zur ordentlichen Verwaltung Rdn 14 ff. I.R.d. außerordentlichen Verwaltung ist Einstimmigkeit der Miterben erforderlich (siehe hierzu Rdn 10). § 2038 BGB unterscheidet nicht danach, ob eine Maßnahme auch außerhalb der Erbengemeinschaft oder lediglich im Innenverhältnis wirkt. "Verwaltung" umfasst daher sowohl die interne Beschlussfassung (also Maßnahmen im Innenverhältnis) als auch bspw. Rechtsgeschäfte mit Dritten (also Maßnahmen im Außenverhältnis).

[1] BGH, Urt. v. 28.9.2005 – IV ZR 82/04, juris; Staudinger/Löhnig, § 2038 Rn 6.
[3] Krug/Rudolf/Kroiß/Bittler, Erbrecht, § 12 Rn 24.

2. Nachlass

 

Rz. 7

Siehe hierzu § 2032 Rdn 3.

3. Erben

 

Rz. 8

In bestimmten Fällen können Erben von der Verwaltung ausgeschlossen sein bzw. können ausgeschlossen werden:[4]

Auflage zu bestimmtem Verwaltungshandeln oder die Verwaltung bestimmten Erben bzw. Dritten zu übertragen, § 1940 BGB
Erblasserbestimmung (Verwaltungsvollstreckung), § 2209 BGB
Insolvenzverwaltung, § 80 InsO
Miterbenregelung, entweder durch Mehrheitsbeschluss[5] oder – erst recht – einverständlich (Übertragung der Verwaltung auf einen Miterben o.Ä.)
Nachlassinsolvenzverfahren, § 80 Abs. 1 InsO
Nachlassverwaltung, § 1984 Abs. 1 S. 1 BGB
Pfändung eines Erbteils (Verwaltung durch Pfändungsgläubiger)
Testamentsvollstreckung in Form der Abwicklungsvollstreckung (soweit die Anordnung reicht), § 2205 BGB
Verwaltungsvollstreckung, § 2209 BGB
 

Rz. 9

Die Verwaltung ist durch die Erben selbst vorzunehmen. Die Verwaltung durch einen außenstehenden (Fremd-)Verwalter ist nur dann erforderlich (und damit möglich), wenn die Miterben selbst nicht in der Lage oder nicht bereit sind, den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten.[6]

[4] MüKo/Gergen, § 2038 Rn 18 ff.
[5] BGH, Urt. v. 29.3.1971 – III ZR 255/68, LS 1, juris = BGHZ 56, 47, 51.

4. Gemeinschaftlich

 

Rz. 10

Nur wenn alle Miterben übereinstimmend handeln, liegt "gemeinschaftliches" Verwaltungshandeln i.S.v. Abs. 1 S. 1 vor. Im Innenverhältnis ist ein einstimmiger Beschluss der Erben erforderlich; im Außenverhältnis bedarf es einvernehmlichen Auftretens.[7] Nicht erforderlich ist es jedoch, dass alle Erben auch gleichzeitig handeln. Im Außenverhältnis genügt das Handeln eines Miterben mit Zustimmung der anderen, §§ 182 ff. BGB. Nehmen die übrigen Miterben Verwaltungshandlungen eines Miterben hin, so kann darin eine stillschweigende Bevollmächtigung liegen.[8] Hierbei müssen die Miterben jedoch erkennen können, dass die Verwaltungshandlungen des Miterben solche für den Nachlass und nicht für ihn selbst sind. Ein Verstoß gegen die Pflicht des gemeinschaftlichen Handelns führt zur Unwirksamkeit der Handlung im Innen- und Außenverhältnis: Bei internen Verwaltungshandlungen brauchen sich die nicht handelnden Erben nicht gebunden zu fühlen, da die Handlung für die Miterben untereinander ohne Bedeutung ist.[9] Bei externem Verwaltungshandeln richtet sich die Haftung des Miterben nach den §§ 177 ff. BGB, wenn der Erbe ohne die erforderliche Vollmacht sämtlicher Erben handelt.[10] Einseitige Rechtsgeschäfte sind daher nach § 180 BGB zu beurteilen. Die Pflicht zum gemeinschaftlichen Handeln gilt nur in Fällen der außerordentlichen Verwaltung.

[7] MüKo/Gergen, § 2038 Rn 24.
[8] BGH NJW 1959, 2114, 2115.
[9] Staudinger/Löhnig, § 2038 Rn 10.
[10] Staudinger/Werner (2010), § 2038 Rn 19.

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