Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwaltung des Nachlasses durch die Erben

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Miterbe kann eine Verwaltung des Nachlasses durch einen Fremdverwalter nur dann fordern, wenn die Miterben selbst nicht in der Lage oder nicht bereit sind, den Nachlaß ordnungsgemäß zu verwalten.

 

Normenkette

BGB § 2038 Abs. 1 S. 1, § 514

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 21. Mai 1981 teilweise aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 31. Juli 1980 wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des zweiten und dritten Rechtszuges haben die Klägerin 1/10 und die Beklagte 9/10 zu tragen.

 

Tatbestand

Die Parteien sind in ungeteilter Erbengemeinschaft Miterben nach der verstorbenen Witwe Helene Pa. Diese ist zu je einem Fünftel von ihren Töchtern Elisabeth Pe. (Klägerin), Helene Ko. (Beklagte), Maria P. und Hildegard Ti. sowie zu je einem Zehntel von ihren Enkelinnen Irene We. und Hannelore Schm. beerbt worden. Durch notariellen Vertrag vom 13. November 1938 hat die Miterbin Hildegard Ti. ihren Erbanteil auf die Beklagte übertragen. Im Januar 1977 schlossen die Miterbinnen Irene We., Hannelore Schm. sowie die Erbengemeinschaft nach Maria P., bestehend aus deren drei Kindern, einen notariellen Vertrag mit dem Kaufmann Heinrich Schu., in dem sie diesem ihre Erbanteile an dem Nachlaß verkauften und übertrugen. Daraufhin übten die Parteien ihr Vorkaufsrecht als Miterben aus und erwarben gemeinsam die zur Veräußerung stehenden Erbanteile.

In der Folgezeit kam es zwischen den Parteien zu Unstimmigkeiten, die ihren Grund in unterschiedlichen Auffassungen über die beiderseitigen Erbanteile und in den Abrechnungen der Beklagten über das zum Erbschaftsvermögen gehörende Wohn- und Geschäftshaus in He., Ba. hatten. Die Klägerin ist der Ansicht, daß sie mit zwei Fünfteln an dem Nachlaß beteiligt sei und ihr ein Zahlungsanspruch in Höhe von mindestens 16.695,10 DM gegen die Beklagte zustehe. Wegen der Streitigkeiten über die Richtigkeit der von der Beklagten erstellten Abrechnungen hat sie die der Beklagten erteilte Verwaltungsbefugnis gekündigt. In erster Instanz hat sie zuletzt neben der Zahlung von 16.695,10 DM Verurteilung der Beklagten zur Zustimmung zu der Übertragung der Verwaltung des Hauses Ba. straße ... in He. auf den Wohnungsverein "Sei." in He. sowie die Feststellung begehrt, daß sie zwei Fünftel der Erbanteile besitze.

Die Beklagte bestreitet, das Haus nicht ordnungsgemäß verwaltet zu haben. Sie ist der Ansicht, daß ihr wegen des zuvor von ihr erworbenen Erbanteils der Miterbin Ti. nach der Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Parteien ein Erbanteil von zwei Dritteln zustehe. Sie hat daher Abweisung der Klage und widerklagend die Feststellung begehrt, daß ihr ein Erbanteil von zwei Dritteln zustehe.

Durch Teilurteil vom 31. Juli 1980 hat das Landgericht unter Abweisung der Widerklage festgestellt, daß die Klägerin innerhalb der Erbengemeinschaft zwei Fünftel der Erbanteile und die Beklagte drei Fünftel besitze. Den Klageantrag auf Übertragung der Verwaltung des Hauses Ba. straße ... auf den Wohnungsverein "Se." hat es abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, soweit sie durch das Urteil beschwert waren.

Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und auf die Berufung der Klägerin die Beklagte zur Zustimmung zur Übertragung der Verwaltung des Hauses Ba. straße ... in He. auf den Wohnungsverein "Se." in Heg. verurteilt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage und die Feststellung begehrt, daß sie zu zwei Dritteln an dem Nachlaß beteiligt sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat nur teilweise Erfolg.

I.

Mit ihrer Berufung hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zustimmung zur Übertragung der Verwaltung des Hauses Ba. straße ... in He. auf den Wohnungsverein "Se." in He. begehrt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist dieser Antrag unbegründet. Dabei kommt es weder auf die Erbanteile der Parteien an, noch darauf, ob zwischen den Parteien eine Verwaltungsvereinbarung zustande gekommen ist und ob die Klägerin diese wirksam gekündigt hat. Nach § 2038 Abs. 1 Satz 1 BGB steht die Verwaltung des Nachlasses den Erben gemeinschaftlich zu. Der einzelne Miterbe ist zwar nach § 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB den anderen gegenüber verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich sind. Eine Verwaltung durch einen Fremdverwalter ist jedoch nur erforderlich, wenn die Miterben selbst nicht in der Lage oder nicht bereit sind, den Nachlaß ordnungsgemäß zu verwalten. Diese Voraussetzungen sind hier nicht dargetan. Die Verwaltung des Hauses kann ohne Schwierigkeiten dadurch geschehen, daß die Klägerin einen Bevollmächtigten bestellt, der unter Wahrnehmung ihrer Interessen zusammen mit der Beklagten das Haus verwaltet. Dazu kommt noch, daß selbst die Klägerin der Beklagten nicht vorwirft, das Haus bisher nicht ordentlich verwaltet zu haben. Ihr Vorwurf geht nur dahin, die von der Beklagten erteilten Abrechnungen seien nicht ordnungsgemäß. Sie bemängelt also nur die Rechnungslegung ihr gegenüber und behauptet nicht, daß die Beklagte bei den von ihr begangenen Fehlern in Benachteiligungsabsicht gehandelt habe. Es besteht daher kein Anlaß, durch Einsetzung eines Fremdverwalters die Beklagte von der Mitwirkung bei der Verwaltung des Nachlasses auszuschließen.

II.

Soweit die Parteien um die Höhe ihrer Beteiligung an dem Nachlaß streiten, mußte die Revision der Beklagten zurückgewiesen werden, weil das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, daß die Beklagte nur zu 3/5 und nicht zu 2/3 an dem Nachlaß beteiligt ist.

Da der Kaufmann Schu. nach der Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Parteien die von ihm erworbenen Erbanteile (2/5) ohne Bestimmung einer Quote auf die Parteien zur gesamten Hand übertragen hat, kommt es darauf an, in welchem Quotenverhältnis diese Anteile auf die Parteien übergegangen sind. Die Beklagte meint, weil sie schon vorher den 1/5-Anteil der Miterbin Ti. erworben habe und daher zu 2/5 an dem Nachlaß beteiligt gewesen sei, während der Anteil der Klägerin nur 1/5 betragen habe, müßten die von Schu. zunächst erworbenen und wegen der Ausübung des Vorkaufsrechts auf die Parteien übertragenen Erbanteile diesen im Verhältnis ihrer bei Ausübung des Vorkaufsrechts vorhanden gewesenen Beteiligung an dem Nachlaß zustehen. Sie habe daher von diesen Erbanteilen 2/3 und die Klägerin nur 1/3 erworben.

Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, die der in der Literatur fast einhellig vertretenen Ansicht entspricht (vgl. BGHZ 56, 115, 118 m.w.N.) und auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen wird, geht das Vorkaufsrecht des Miterben bei der Veräußerung seines Erbanteils nicht auf den Erwerber über. Entgegen der Ansicht der Revision kann von diesem Grundsatz auch dann keine Ausnahme gemacht werden, wenn es sich bei dem Erwerber um einen Miterben handelt. Denn dieser Umstand vermag nichts daran zu ändern, daß das Vorkaufsrecht nicht übertragbar ist (§ 514 BGB). Bei der Berechnung der infolge der Erbteilsübertragung durch Schu. den Parteien zustehenden Erbanteile muß daher außer Betracht bleiben, daß die Beklagte schon vorher den Erbanteil der Miterbin Ti. erworben hatte. Das Berufungsgericht ist daher alt Recht davon ausgegangen, daß hinsichtlich der quotenmäßigen Beteiligung der Parteien an den von Schu. übertragenen Erbanteilen nur ihre ursprünglichen Erbanteile von je 1/5 zu berücksichtigen sind. Daraus folgt, daß die von Schu. übertragenen Erbanteile von 2/5 im Innenverhältnis zwischen den Parteien jeweils zur Hälfte (= 1/5) jeder von ihnen zustehen und daher die Klägerin zu 2/5 an dem Nachlaß beteiligt ist, während die quotemäßige Beteiligung der Beklagten 3/5 beträgt, weil ihr neben ihres ursprünglichen Erbanteil von 1/5 noch der von der Miterbin Ti. erworbene Erbanteil in gleicher Höhe zusteht, der jedoch bei der quotenmäßigen Beteiligung hinsichtlich des Erwerbes der von Schu. auf die Parteien übertragenen Erbanteile unberücksichtigt bleiben mußte.

 

Unterschriften

Dr. Hoegen

Rottmüller

Richter am BGH Dehner kann wegen Urlaubs nicht unterschreiben

Dr. Hoegen

Dr. Schmidt-Kessel Rassow

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456165

NJW 1983, 2142

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