Rz. 4

Differenziert sind die Fälle zu betrachten, in denen der Miterbe seinerseits verstorben ist und seinen Miterbenanteil – zusammen mit seinem Eigenvermögen – weitervererbt hat. Es kommt hierbei darauf an, über welchen Gegenstand verfügt wird und ob eine weitere Erbengemeinschaft entstanden ist (vgl. zum Begriff auch § 2033 Rdn 2):

Der verstorbene Miterbe wird von einer Person beerbt und dieser Erbeserbe verkauft den gesamten Nachlass (nicht lediglich den weitervererbten Anteil an der Erbengemeinschaft des "ersten" Erbfalls) an einen Dritten (zum Begriff des Dritten siehe Rdn 8). Dies ist kein Fall des § 2034 BGB, denn die Miterben des "ersten" Erbfalls sind nicht Miterben im zweiten Erbfall; hier wurde der Miterbe von einem (Allein-)Erben beerbt. Da Verfügungsgegenstand der gesamte Nachlass des verstorbenen Miterben ist, wird nicht lediglich über den Anteil (siehe hierzu § 2033 Rdn 3) an der Erbengemeinschaft verfügt, sondern über den gesamten Nachlass des Miterben.

 

Rz. 5

Außenstehende können so gegen den Willen der Miterben in die Gemeinschaft eintreten. Gleichwohl führt dies nicht dazu, § 2034 BGB womöglich entsprechend anzuwenden – hierfür fehlt es an einer Regelungslücke. Denn § 2034 BGB soll gerade nicht jede irgendwie denkbare Möglichkeit des Eintritts Außenstehender in die Erbengemeinschaft verhindern. Der Wortlaut des § 2034 BGB grenzt die Anwendung ein (siehe hierzu Rdn 1 f.). Die Verfügung über den Nachlass des Miterben kann nicht in zwei getrennte Verfügungen aufgespalten werden, von denen eine den Miterbenanteil des "ersten" Erbfalls umfasst und die andere hingegen den übrigen Nachlass betrifft. Eine Aufspaltung der durch § 2033 BGB zugelassenen, einheitlich getroffenen Verfügung über einen Nachlass würde zu Unklarheiten und Verwicklungen führen, die mit dem sich aus dem Gesetz ergebenden klaren und eindeutigen Haftungsprinzip gem. § 2382 BGB nicht vereinbar sind.[9]

 

Rz. 6

Etwas anderes soll dann gelten, wenn der Nachlass des Miterben nur aus dem Anteil des ersten Erbfalls besteht. Dann soll ausgehend von dem beabsichtigten Erfolg des Rechtsgeschäfts ein Vorkaufsrecht entstehen.[10] Dies erscheint fraglich, da sich hier kaum lösbare Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben, wann wirklich – entgegen dem vertraglichen Wortlaut – lediglich ein Miterbenanteil übertragen wird. Außerdem stellt sich dann das weitere Problem, ob die etwaigen Miterben des zweiten Erbfalls (siehe hierzu die übernächste Fallkonstellation) gleichwohl ihrerseits ein Vorkaufsrecht haben und welche Miterben dann ihr Vorkaufsrecht vorrangig ausüben dürfen oder ob ein gemeinsamer Erwerb stattfindet (der BGH hat wohl nicht zuletzt aus diesen Gründen mit seinem Urt. v. 2.10.1974[11] das Urt. v. 14.10.1968[12] "ergänzt" und das vorangegangene Urt. ausdrücklich als "ganz auf den dort entschiedenen Einzelfall abgestellt" bezeichnet und erklärt, es dürfe "daher nicht auf anders gelagerte Fälle ausgedehnt werden").

Der verstorbene Miterbe wird von einer Person beerbt und dieser Erbeserbe verkauft lediglich den weitervererbten Anteil an der Erbengemeinschaft des "ersten" Erbfalls an einen Dritten (zum Begriff des Dritten siehe Rdn 8): Der Erbeserbe tritt gem. § 1922 BGB an die Stelle des Miterben. Da Verfügungsgegenstand nun lediglich der Miterbenanteil ist, greift § 2034 BGB zugunsten der übrigen Miterben ein.[13]
Der verstorbene Miterbe wird von mehreren Personen beerbt und einer der Miterben verkauft seinen Miterbenanteil von diesem "zweiten" Erbfall an einen Dritten (zum Begriff des Dritten siehe Rdn 8). Hier haben (ausschließlich) die Miterben des "zweiten" Erbfalls ein Vorkaufsrecht gem. § 2034 BGB.[14]
Wird der verstorbene Miterbe von mehreren Personen beerbt und will einer der Miterben seinen Miterbenanteil von dem "ersten" Erbfall an einen Dritten (zum Begriff des Dritten siehe Rdn 8) verkaufen, so ist § 2033 Abs. 2 BGB zu beachten. Die Verfügung über den Anteil an der Erbengemeinschaft des "ersten" Erbfalls ist unwirksam, da auch der Anteil an der Gemeinschaft des ersten Erbfalls zu den "Nachlassgegenständen" i.S.v. § 2033 Abs. 2 BGB gehört (siehe hierzu § 2033 Rdn 7). Im Übrigen entsteht hier jedoch ein Vorkaufsrecht gem. § 2034 BGB für die Miterben des ersten Erbfalls. Die Situation ist vergleichbar mit dem Verkauf durch einen Alleinerben (siehe oben die zweite Fallkonstellation).
[9] BGH NJW 1975, 445, 446.
[10] BGH NJW 1969, 92.
[11] IV ZR 183/73, NJW 1975, 445, 446.
[12] III ZR 73/66, NJW 1969, 92.
[14] Zu möglichen Ausnahmen bei Auslegung des Vertrages mit Blick auf den beabsichtigen Erfolg vgl. BGH NJW 1969, 92; zu Bedenken gegen dieses Urteil siehe oben a.E. der ersten Fallgruppe.

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