Gesetzestext

 

(1)1Jeder Miterbe kann über seinen Anteil an dem Nachlass verfügen. 2Der Vertrag, durch den ein Miterbe über seinen Anteil verfügt, bedarf der notariellen Beurkundung.

(2)Über seinen Anteil an den einzelnen Nachlassgegenständen kann ein Miterbe nicht verfügen.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft über den Verkauf eines Erbteils wird durch die §§ 2371 ff. BGB geregelt. § 2033 BGB regelt demgegenüber das Verfügungsrecht der Miterben über den ererbten Nachlass. Anders als bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (dort § 719 Abs. 1 BGB) und der ehelichen Gütergemeinschaft (dort § 1419 Abs. 1 BGB) kann bei der Miterbengemeinschaft aufgrund § 2033 BGB jeder Miterbe über seinen Anteil am Nachlass verfügen. Die Bindung des Anteils zum gesamthänderisch gebundenen Eigenvermögen des Miterbens wird so aufgehoben. Der Miterbe wird dadurch in die Lage versetzt, seinen Anteil zu veräußern oder auch als Kreditsicherheit zu belasten. Dies ist vor allen Dingen in Fällen der aufgeschobenen oder ausgeschlossenen Auseinandersetzung (§ 2044 BGB) nützlich oder wenn ein Miterbe die Auseinandersetzung verweigert.[1] Die Vorschrift ist zwingend und durch den Erblasser nicht abdingbar.[2] Die Veräußerung kann auch nicht von der Zustimmung durch einen Testamentsvollstrecker abhängig gemacht werden.[3] Ein rechtsgeschäftliches Verfügungsverbot der Miterben ist gem. § 137 S. 1 BGB dinglich unwirksam. Die (lediglich schuldrechtliche) Verpflichtung, über den Erbteil nicht zu verfügen, ist hingegen wirksam, § 137 S. 2 BGB. Eine gleichwohl vorgenommene Verfügung wird bei Verstoß gegen diese schuldrechtliche Verpflichtung jedoch nicht unwirksam (Abstraktionsprinzip), sondern begründet ggf. Schadensersatzansprüche. Der Erblasser kann jedoch einen Miterben auflösend bedingt bis zur Vornahme einer Verfügung über den Erbteil als Erben einsetzen und so die Verfügung für den Erben "unattraktiv" machen.[4] Das Verfügungsverbot in Abs. 2 an einzelnen Nachlassgegenständen wird ergänzt durch die Vorschrift des § 2040 BGB, wonach die Erben gemeinschaftlich über einen Nachlassgegenstand verfügen können (siehe § 2040 Rdn 1 ff.).

[1] MüKo/Gergen, § 2033 Rn 1.
[2] OLG Düsseldorf FamRZ 1997, 769, 770.
[3] RG JW 1915, 245, 246; LG Essen Rpfleger 1960, 58.
[4] Lange/Kuchinke, § 42 II 2c.

B. Tatbestand

I. Jeder Miterbe

 

Rz. 2

"Miterbe" ist auch der lediglich bedingt oder befristet als Miterbe Berufene, egal ob aufgrund gesetzlicher oder testamentarischer Erbfolge. Die Höhe der Beteiligung am Nachlass ist unerheblich, so dass auch die Beteiligung mit einem geringen Bruchteil gleiche Rechte gewährt. Der Nachlasspfleger für einen unbekannten Miterben ist nicht Miterbe i.S.v. § 2033 BGB und darf daher nicht über den Erbanteil verfügen.[5]

[5] LG Aachen Rpfleger 1991, 314.

II. Anteil

 

Rz. 3

Der Anteil am Nachlass wird bestimmt durch die Erbquote, mit der ein Miterbe am Nachlass (zum Begriff "Nachlass" siehe § 2032 Rdn 3) beteiligt ist. Über diesen Anteil kann der Miterbe verfügen, so lange auch nur noch ein einziger Nachlassgegenstand vorhanden und die Erbengemeinschaft noch nicht auseinandergesetzt ist.[6] Als Minus zur Verfügung über den gesamten Anteil kann der Erbe auch über einen Bruchteil seines Miterbenanteils verfügen.[7] Einzelne Gegenstände oder Rechte können nicht von der Verfügung ausgenommen werden.[8]

[6] BGH NJW 1969, 92.
[7] BayObLG NJW-RR 1991, 1030, 1031; BGH NJW 1963, 1610, LS 1 u. S. 1611.
[8] Lange/Kuchinke, § 44 II 3 Fn 79.

III. An dem Nachlass

 

Rz. 4

Siehe hierzu § 2032 Rdn 3.

IV. Verfügen

 

Rz. 5

Verfügung ist ein Rechtsgeschäft, das unmittelbar darauf gerichtet ist, auf das Recht am Miterbenanteil einzuwirken, es also entweder auf einen Dritten zu übertragen, mit einem Recht zu belasten, das Recht aufzuheben oder es sonstwie in seinem Inhalt zu verändern.[9] Unter Verfügung i.S.v. § 2033 Abs. 1 BGB ist mithin nur das dingliche Rechtsgeschäft, nicht die (bloße) schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung zu verstehen, da jene noch nicht unmittelbar auf das Recht am Miterbenanteil einwirkt. Auch die Zwangsvollstreckung gem. §§ 857, 859 Abs. 2 ZPO ist Verfügung i.S.v. § 2033 BGB, so dass der Nachlassanteil, nicht hingegen der Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen gepfändet werden kann[10] (zur Zwangsvollstreckung im Einzelnen siehe Rdn 16 ff). Der Vor-Miterbe darf über seinen Erbteil insgesamt verfügen, die Rechte des Nach-Miterben werden hierdurch nicht beeinträchtigt.[11] Sowohl der Nach-Miterbe als auch der Allein-Nacherbe können zwischen Erbfall und Nacherbfall über ihr Anwartschaftsrecht analog § 2033 Abs. 1 BGB verfügen.[12] Bei Verzicht auf das Nacherbenrecht zugunsten des Vorerben ist § 2033 Abs. 1 BGB daher ebenfalls analog anwendbar, da auch darin eine Verfügung liegt.[13]

[10] BGH NJW 1967, 200, 201; BGH NJW 1969, 1347, 1348.
[11] Rißmann/Schulte, Die Erbengemeinschaft, § 5 Rn 12 (Vor- und Nacherben in der Erbengemeinschaft); Staudinger/Löhnig, § 2033 Rn 9; NK-BGB/Ann, § 2033 Rn 8.
[12] MüKo/Gergen, § 2033 Rn 6.
[13] MüKo/Gergen, § 2033 Rn 6.

V. Notarielle Beurkundung

 

Rz. 6

Die Verfügung über einen Erbteil muss ge...

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