Rz. 1

Neben der Auskunftspflicht des Erbschaftsbesitzers nach § 2027 BGB und derjenigen des Hausgenossen nach § 2028 BGB ergeben sich sowohl aus erbrechtlichen Vorschriften als auch aus schuldrechtlichen Vorschriften und aus Richterrecht vielfältige Auskunftsansprüche im Erbrecht. Inhalt und Zweck dieser Auskunftsansprüche unterscheiden sich voneinander; die Ansprüche reichen von der schlichten Mitteilung von Tatsachen über Rechnungslegung, Rechenschaftslegung bis hin zur Wertermittlung von Nachlassgegenständen. Daher ist bei der Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs stets dessen spezieller Inhalt und Umfang zu beachten.

I. Übersicht über die wichtigsten Auskunftsansprüche des Erben

 

Rz. 2

 
Berechtigter Auskunftsanspruch Verpflichteter Vorschrift
Erbe/Miterbe Auskunft über Vorempfänge an Abkömmlinge Miterbe[1] als Abkömmling § 2057 BGB, e.V. nach § 260 Abs. 2 BGB
Erbe/Miterbe Auskunft über die von einzelnen Miterben geführten Geschäfte im Rahmen der regulären Verwaltung vor und nach dem Erbfall sowie der Notverwaltung Geschäftsführender Miterbe.[2] Besteht der Verdacht von Unregelmäßigkeiten der Verwaltung, ist keine Berufung des Verpflichteten darauf möglich, dass auf laufende Rechnungslegung stillschweigend verzichtet wurde.[3] §§ 666, 681, 2038 Abs. 1 Alt. 2 BGB, e.V. nach §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB
Erbe Auskunft über Bestand des Nachlasses und Verbleib der Nachlassgegenstände Erbschaftsbesitzer sowie Erbe des Erbschaftsbesitzers § 2027 Abs. 1 BGB, e.V. nach § 260 Abs. 2 BGB
Erbe Auskunft über Bestand des Nachlasses und Verbleib der Nachlassgegenstände Erwerber vom Erbschaftsbesitzer §§ 2027 Abs. 1, 2030 BGB, e.V. nach § 260 Abs. 2 BGB
Erbe Auskunft über Bestand des Nachlasses und Verbleib der Nachlassgegenstände Erbschaftsbesitzer § 2027 Abs. 2 BGB, e.V. nach § 260 Abs. 2 BGB
Erbe Auskunft über Bestand des Nachlasses und Verbleib der Nachlassgegenstände Inhaber eines unrichtigen Erbscheins § 2362 Abs. 2 BGB, e.V. nach § 260 Abs. 2 BGB
Erbe Auskunft über Verbleib der Nachlassgegenstände und erbrechtliche Geschäfte Hausgenosse § 2028 BGB
Erbe Auskunft über den Nachlassbestand sowie Benachrichtigung über wichtige Verwaltungsvorgänge sowie über Bestand des Nachlasses nebst Rechnungslegung Testamentsvollstrecker §§ 666, 2218 BGB, e.V. nach §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB
Erbe Auskunft über den Nachlassbestand Nachlassverwalter §§ 1890, 1915, 1975, 1988 BGB, e.V. nach § 260 Abs. 2 BGB
Erbe Auskunft über den Nachlassbestand Nachlasspfleger §§ 1890, 1915, 1960 BGB, e.V. nach § 260 Abs. 2 BGB
Erbe (endgültig) Auskunft über den Nachlassbestand Erben (vorläufig) §§ 666, 681, 1959 BGB
Erbe (tatsächlicher) Auskunft über den Nachlassbestand Scheinerbe §§ 2362 Abs. 2 BGB, e.V. nach § 260 Abs. 2 BGB
Erbe (pflichtteilsberechtigt) Auskunft über Schenkungen an Dritte Erbe/Beschenkter § 242 BGB
Erbe Auskunft über nach § 2316 BGB auszugleichende Vorempfänge Pflichtteilsberechtigter Abkömmling § 242 BGB
Erbe des Geschäftsherrn Anspruch auf Auskunft und Rechenschaftslegung Geschäftsführer des Erblassers § 666 BGB, e.V. nach §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB
Erbe des Geschäftsherrn Anspruch auf Auskunft und Rechenschaftslegung GoA-Geschäftsführer des Erblassers §§ 666, 681 BGB, e.V. nach §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB
Erbe/Miterbe Anspruch auf Auskunft und Rechenschaftslegung Miterbe als GoA-Geschäftsführer §§ 666, 681 BGB, e.V. nach §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB
[1] Ausführlich zur Auskunft nach § 666 BGB: Sarres, ZEV 2008, 512.
[2] OLG Düsseldorf ZEV 2016, 259; Sarres, ZEV 2008, 512.

II. Auskunftsanspruch des § 2027 BGB

 

Rz. 3

Der Erbschaftsbesitzer, der den Nachlass als Ganzes herausgeben muss, ist bereits nach § 2018 BGB i.V.m. § 260 BGB verpflichtet, dem Erben ein Bestandsverzeichnis aller besessenen Nachlassgegenstände vorzulegen. Er ist darüber hinaus verpflichtet, gegebenenfalls mit einer eidesstattlichen Versicherung zu bestätigen, dass er den Bestand des Nachlasses nach bestem Wissen so vollständig, wie es ihm möglich war, angegeben hat (§ 260 Abs. 2 BGB). Die Vorschrift des § 2027 BGB begründet eine darüber hinausgehende besondere Verpflichtung des Erbschaftsbesitzers, Auskunft über den Bestand des Nachlasses und den Verbleib der Erbschaftsgegenstände zu erteilen. Der Auskunftsanspruch des § 2027 BGB verjährt gem. § 197 Abs. 1 Nr. 1 BGB in 30 Jahren. Dies deshalb, weil er der Durchsetzung der Ansprüche nach § 2018 BGB dient. Der Erbschaftsbesitzer hat nach § 2027 BGB über den Bestand des Nachlasses, die erhaltenen Ersatzgegenstände (§ 2019 BGB), die gezogenen Nutzungen (§ 2020 BGB) und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände, die nicht mehr vorhanden oder nicht mehr aufzufinden sind, Auskunft zu erteilen.[4] Da auch diese Ansprüche der 30-jährigen Verjährung unterliegen, wäre es widersinnig, den Auskunftsanspruch des § 2027 einer kürzeren Verjährung zu unterwerfen. Für andere Auskunftsansprüche des Erben, die sich z.B. aus § 666 BGB oder § 242 BGB ergeben können, gilt diese Privilegierung nicht. Sie unterliegen der Regelverjährung. § 2027 BGB ermöglicht dem Erben somit, im Klageantrag seiner Hera...

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