Gesetzestext

 

(1)Die Anfechtung der Annahme gilt als Ausschlagung, die Anfechtung der Ausschlagung gilt als Annahme.

(2)1Das Nachlassgericht soll die Anfechtung der Ausschlagung demjenigen mitteilen, welchem die Erbschaft infolge der Ausschlagung angefallen war. 2Die Vorschrift des § 1953 Abs. 3 Satz 2 findet Anwendung.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Mit § 1957 BGB weist das Gesetz gegenüber § 142 Abs. 1 BGB eine spezielle Norm auf, wonach die Anfechtung nach §§ 1954 ff. BGB nicht nur kassatorische, sondern auch gestaltende Bedeutung hat.[1] Dies soll Rechtsklarheit und Rechtssicherheit schaffen.[2]

[1] Soergel/Stein, § 1954 Rn 1 und § 1957 Rn 1.
[2] Jauernig/Stürner, § 1957 Rn 1; Soergel/Stein, § 1957 Rn 1.

B. Tatbestand

 

Rz. 2

Nach Abs. 1 stellt die Anfechtung der Annahme eine Ausschlagung und die Anfechtung der Ausschlagung eine Annahme dar. Mit dieser zwingenden und nicht anfechtbaren Rechtsfolge wird dem Erklärenden die Möglichkeit genommen, innerhalb der Ausschlagungsfrist nochmals gestaltend tätig zu werden.[3] Aufgrund dieser zwingenden Rechtsfolge bedarf auch die Anfechtung der Annahme ggf. einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung.[4] Bzgl. der Mitteilungsobliegenheiten des Nachlassgerichts nach Abs. 2 wird auf die Ausführungen zu § 1953 Abs. 3 BGB verwiesen (vgl. § 1953 Rdn 7 ff.).

[3] MüKo/Leipold, § 1957 Rn 1 für Fiktionswirkung; Staudinger/Otte, § 1957 Rn 1 für unwiderlegliche Vermutung; a.A. Lange/Kuchinke, § 8 VII 2 j.
[4] BayObLG FamRZ 1983, 834.

C. Sonderregelungen

I. Schadensersatzpflichten

 

Rz. 3

In der Rechtsfolge der Anfechtung ist besonders auf die Schadensersatzpflicht des Anfechtenden über den auch hier anwendbaren § 122 BGB hinzuweisen. Die Schadensersatzpflicht besteht gegenüber jedem, der auf die Wirksamkeit von Annahme oder Ausschlagung vertraut hat.[5] Als zu ersetzender Vertrauensschaden kommen etwa Prozesskosten eines Nachlassgläubigers aus einem Prozess gegen den die Annahme erklärt habenden Erben oder vergebliche Vollstreckungskosten in Betracht.[6]

[5] Staudinger/Otte, § 1957 Rn 4; Soergel/Stein, § 1957 Rn 2; a.A. MüKo/Leipold, § 1957 Rn 4 m. wenig überzeugendem Unmittelbarkeitserfordernis.
[6] Soergel/Stein, § 1957 Rn 2; MüKo/Leipold, § 1957 Rn 4 m.w.N.

II. Sonstiges

 

Rz. 4

§ 1957 BGB gilt auch für die Anfechtung der Annahme bzw. Ausschlagung der Nacherbschaft, selbst wenn der Nacherbfall noch nicht eingetreten ist (§ 2142 BGB) und für die Anfechtung der Fristversäumnis (§ 1956 BGB).[7] Im Fall der Anfechtung der Ausschlagung durch den Erben kann dieser gegen den ersatzweise berufenen Erben als Erbschaftsbesitzer nach §§ 2018 ff. BGB vorgehen, dessen Recht zum Besitz rückwirkend entfällt.[8]

[7] Erman/J. Schmidt, § 1957 Rn 1.
[8] Erman/J. Schmidt, § 1957 Rn 2; MüKo/Leipold, § 1957 Rn 2; Staudinger/Otte, § 1957 Rn 5; a.A. Soergel/Stein, § 1957 Rn 2, der jedoch zumindest § 2027 BGB für anwendbar hält.

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