Gesetzestext

 

Der Erbe kann die Erbschaft annehmen oder ausschlagen, sobald der Erbfall eingetreten ist.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Norm des § 1946 BGB hat im Wesentlichen klarstellende Funktion; schon §§ 1942 f., 1944 Abs. 2 S. 1 BGB machen deutlich, dass Annahme und Ausschlagung erst nach dem Eintritt des Erbfalls erfolgen können. Eine Annahmeerklärung vor dem Erbfall ist wirkungslos, vor dem Erbfall kann lediglich im Wege des Erbverzichts gegenüber dem Erblasser (§ 2346 BGB) vorgegangen werden. Nach § 311b Abs. 5 BGB sind ferner schuldrechtliche Verträge zwischen den Erben vor Eintritt des Erbfalls möglich (vgl. § 1945 Rdn 1).

B. Tatbestand

 

Rz. 2

Eintritt des Erbfalls und Anfall der Erbschaft fallen regelmäßig zusammen, jedoch sind Konstellationen – etwa beim nasciturus, der Stiftung oder der Nacherbschaft – denkbar, bei denen diese Zeitpunkte auseinanderfallen können. § 1946 BGB verdeutlicht für die zeitliche Ausübung dabei Folgendes:

Annahme und Ausschlagung können nicht vor Eintritt des Erbfalls erfolgen, obwohl Dispositionen der Erben vor dem Erbfall in gewissen Grenzen möglich sind (z.B. nach § 311b Abs. 5 BGB,[1] ferner nach § 2346 BGB[2]), aber
Annahme und Ausschlagung vor Anfall der Erbschaft (§ 1942 Abs. 1 BGB) und damit vor Beginn der Ausschlagungsfrist (§ 1944 BGB) sind zulässig.[3]
[1] Vgl. hierzu Damrau, ZEV 1995, 425.
[2] Vgl. Erman/J. Schmidt, § 1946 Rn 3.
[3] MüKo/Leipold, § 1946 Rn 1 f.; zu einer möglichen Verpflichtung zur Ausschlagung vgl. Erman/J. Schmidt, § 1946 Rn 3.

C. Sonderregelungen

 

Rz. 3

In Bezug auf den nasciturus muss nach dem Rechtsgedanken des § 1923 Abs. 2 BGB anerkannt werden, dass dessen (zukünftige) gesetzliche Vertreter nach Eintritt des Erbfalls schon vor der Geburt die Ausschlagung mit Genehmigung des FamG (vgl. hierzu § 1945 BGB) erklären können.[4] Eine Annahme ist dagegen erst mit der Geburt des Kindes möglich, da aus Gründen der Rechtssicherheit erst dann feststeht, ob der nasciturus rechtsfähig wird und damit andere mögliche Erben von der Erbfolge ausschließen kann.[5]

 

Rz. 4

Für den Nacherben ist die Sondervorschrift des § 2142 BGB zu beachten. Der Nacherbe kann die Erbschaft nach dem Erbfall aber vor Eintritt des Nacherbfalls ausschlagen. Der Ersatzerbe (§ 2096 BGB) kann die Erbschaft bereits vor Wegfall des Ersteingesetzten ausschlagen.[6] Für den Schlusserben im Rahmen eines Berliner Testaments nach § 2269 BGB ist eine Ausschlagung erst nach dem Tod des zweiten Ehegatten möglich, da er lediglich dessen Erbe ist.[7] Für den Pflichtteilsberechtigten gilt ferner § 2306 Abs. 1 S. 2 BGB.

[4] OLG Stuttgart NJW 1993, 2250; OLG Oldenburg FamRZ 1994, 847; Erman/J. Schmidt, § 1946 Rn 2; Soergel/Stein, § 1946 Rn 2; a.A. LG Berlin Rpfleger 1990, 362.
[5] Soergel/Stein, § 1946 Rn 2 a.E.
[6] Erman/J. Schmidt, § 1946 Rn 2; MüKo/Leipold, § 1946 Rn. 2.
[7] BGH NJW 1998, 543 = FamRZ 1998, 103; Erman/J. Schmidt, § 1946 Rn 2 a.E.; Soergel/Stein, § 1946 Rn 2; Jauernig/Stürner, § 1946 Rn 1 a.E.; a.A. OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 1567, 1569 = Rpfleger 1997, 381, 382; näher Edenfeld, ZEV 1996, 313.

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