Rz. 1

Das dänische Recht geht vom Grundsatz der gesellschaftsrechtlichen Vertragsfreiheit aus. Die Gesellschaftsgründer können grundsätzlich frei wählen, in welcher Gesellschaftsform sie die von ihnen verfolgten Zielsetzungen ausüben wollen. Im Unterschied zum deutschen Recht besteht auch kein numerus clausus zulässiger Gesellschaftsformen. In der Praxis wird von der Freiheit der Schaffung neuer Gesellschaftsformen jedoch kaum Gebrauch gemacht, da dies vor allem bei Kreditgebern und in steuerrechtlicher Hinsicht zu Unsicherheiten führt. Wird eine atypische Gesellschaftsform gewählt, müssen die Gesellschafter im eigenen Interesse dafür Sorge tragen, dass der Geschäftsverkehr über die konkrete Gesellschaftskonstruktion ausreichend informiert wird. Geschieht dies nicht, ist von der Gesellschaftsform auszugehen, die im konkreten Tätigkeitsbereich üblich ist. Die Selbsteinschätzung einer Gesellschaftsform durch die Gesellschafter schließt auch eine anderweitige Einschätzung durch die Gewerbe- oder Steuerverwaltung und die Gerichte nicht aus, wenn die tatsächlichen Umstände zu sehr von der gewählten Gesellschaftsbezeichnung abweichen. Zur Beurteilung eines gesellschaftsrechtlichen Problems ist bei fehlender gesellschaftsvertraglicher Regelung auf die tatsächlichen Gesellschaftsverhältnisse abzustellen. Bieten diese (oder die teilweisen gesetzlichen Vorgaben) keine Anhaltspunkte, so ist auf deklaratorische gesellschaftsrechtliche Regelungen zurückzugreifen. Diese basieren auf von der Rechtsprechung entwickelten Prinzipien, allgemeinen vermögensrechtlichen Grundsätzen sowie Analysen des juristischen Schrifttums – auch unter Berücksichtigung von Judikatur und Literatur der anderen nordischen Staaten. Neben deklaratorischen Regelungen kann auch die typische Vertragspraxis Berücksichtigung finden. Weiterhin können für die Beurteilung (ggf. in analoger Anwendung) Regelungen des (umfassend kodifizierten) Kapitalgesellschaftsrechts bzw. sogar personengesellschaftsrechtliche Bestimmungen anderer nordischer Staaten mit herangezogen werden.

 

Rz. 2

Das dänische Personengesellschaftsrecht hat keine zusammenfassende und einheitliche gesetzliche Regelung erfahren. Allerdings finden sich Definitionen im Gesetz über gewisse gewerbetreibende Unternehmen (lov om visse erhvervsdrivende virksomheder – LEV – i.d.F. der Bekanntmachung Nr. 659 vom 1.7.2019), nämlich

der Interessengemeinschaft (interessentskab – I/S) in dessen § 2 Abs. 1,
der Kommanditgesellschaft (kommanditselskab – K/S) in § 2 Abs. 2 LEV,
der Genossenschaft (andelsselskab) in § 4 LEV sowie
des Unternehmens mit beschränkter Haftung (selskab med begrnset ansvar – S.m.b.a.) in § 3 LEV.

Letztere Gesellschaftsform ist allerdings infolge einer Änderung des Gesellschaftsgesetzes (SEL) im Jahre 2014 mit der damit erfolgten Einführung der Unternehmergesellschaft (siehe Rdn 5 und Rdn 162 ff.) abgeschafft worden. Dies geschah nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, dass Befürchtungen eines Missbrauchs der nur rudimentär gesetzlich geregelten S.m.b.a. im Hinblick auf Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten[1] begegnet werden sollte. Neugründungen und Eintragungen einer S.m.b.a. sind nach § 1 Abs. 3 LEV seit dem 1.1.2014 nicht mehr möglich. In Bezug auf eine vor dem 1.1.2014 gegründete S.m.b.a. bestimmt § 3 Abs. 2 LEV, dass auf diese grundsätzlich die Bestimmungen des LEV über Vereine mit begrenzter Haftung (forening med begrnset ansvar) zur Anwendung gelangen.

Mit Gesetz über Mitarbeiterinvestmentgesellschaften (lov om medarbejderinvesteringsselskaber) Nr. 1284 vom 9.12.2014 wurde im Übrigen eine neue Gesellschaftsform eingeführt. Diese soll die notwendige Finanzierung von Investitionen, Darlehen und Sicherheitsleistungen von Mitarbeitern regeln, die eine Modernisierung bzw. Weiterentwicklung eines Unternehmens, in der Mitarbeitergesellschaftergesellschafter beschäftigt sind, befördern. In solchen Gesellschaften gibt es zwei Gesellschaftertypen, nämlich einerseits den Unternehmergesellschafter und andererseits einen oder mehrere Mitarbeitergesellschafter. Der Unternehmergesellschafter – der auch eine Aktiengesellschaft oder eine GmbH sein kann – haftet persönlich und unbegrenzt, der/die Mitarbeitergesellschafter haftet/en nur begrenzt auf die eingebrachte(n) Einlage(n) aus dem Lohn.

Die Partenreederei (partrederi) ist im fünften Kapitel (§§ 101 ff.) des Seegesetzes (slov – i.d.F. der Bekanntmachung Nr. 1505 vom 17.12.2018 mit späteren Änderungen) geregelt.

 

Rz. 3

Im Kapitalgesellschaftsrecht wird die Vertragsfreiheit hingegen für die Aktiengesellschaft (aktieselskab – A/S) und für die GmbH-ähnliche Anteilsgesellschaft (anpartsselskab – ApS) durch das Gesetz über die Aktiengesellschaft und die GmbH (lov om aktie – og anpartselskaber [selskabsloven] – SEL – Nr. 470 vom 12.6.2009 – i.d.F. der Bekanntmachung Nr. 763 vom 23.7.2019 mit späteren Änderungen) eingeschränkt.

 

Rz. 4

Mit dem SEL ist ein einheitliches Kapitalgesellschaftsrecht eingeführt worden, das das alte GmbHG und das alte AktG i...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge