Zugewinnausgleich und Vermögensauseinandersetzung werden bei einverständlicher Regelung gern gekoppelt. Das ist auch ratsam, um die Trennung und Scheidung der Parteien "komplett" zu vollziehen. Es gilt, was generell betreffend die Vermögensauseinandersetzung von Immobilien in solchen Situationen gilt: Im Zweifel ist zügiges Handeln von Vorteil. Andernfalls kann eine der negativen Folgen eine Steuerpflicht sein (im Einzelnen: Krause, Das Familienheim bei Trennung und Scheidung, Kap. 7 Rz. 28 ff.).

 

Beispiel:

Die Eheleute Schulze heiraten 1996. Herr Schulze erwarb 1995 für 100.000 EUR zu Alleineigentum eine Wohnung, in der die Parteien leben. Ansonsten ist kein Anfangsvermögen zu berücksichtigen. 2002 reicht Frau Schulze den Scheidungsantrag ein. Die Wohnung hat zu diesem Zeitpunkt einen Wert von 150.000 EUR. Herr Schulze hat unterdessen weiteres Vermögen von 250.000 EUR im Endvermögen. Frau Schulze hat kein Vermögen.

Bei einem Endvermögen von 150.000 EUR + 250.000 EUR = 400.000 EUR und einem Anfangsvermögen von 100.000 EUR (Index sei vernachlässigt) hat Herr Schulze einen Zugewinn von 300.000 EUR erwirtschaftet und ist also in Höhe von 150.000 EUR ausgleichspflichtig.

2002 ist Herr Schulze ausgezogen. 2003 überträgt er seiner Frau zur Erfüllung des Zugewinnausgleichsanspruchs die Wohnung.

Steuerliche Folge: Die Übertragung der Immobilie erfolgt ohne Zahlung eines Entgeltes, dies aber nur, weil Frau Schulze ein Zugewinnausgleichsanspruch zusteht, mit dem aufgerechnet wird. Es handelt sich dennoch um ein Veräußerungsgeschäft.

Zwischen Anschaffung der Wohnung (1995) und Veräußerung (2003) liegen weniger als 10 Jahre. Deshalb unterliegt dieses private Veräußerungsgeschäft der Einkommensteuer, § 23 EStG.

Das Objekt war das Familienheim. Deshalb ist zu prüfen, ob ein Fall steuerlicher Privilegierung vorliegt.

Dazu muss das Objekt vom Steuerpflichtigen zwischen Anschaffung und Veräußerung ununterbrochen zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden sein. Wegen des Auszugs 2002 und der Veräußerung 2003 entfällt diese Privilegierung.

Alternativ ist es ausreichend, wenn dem Steuerpflichtigen das Objekt im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken diente. Auch an diesem Umstand fehlt es.

Der Veräußerungsgewinn von 150.000 EUR - 100.000 EUR = 50.000 EUR ist also vom Mann zu versteuern, auch wenn die Parteien vorrangig die Frage des Zugewinnausgleichs regeln wollten.

Ergänzung: Haben die Parteien gemeinsame minderjährige Kinder und bleiben diese im Zuge der Trennung und Scheidung im Haus, so ist dies für den Ehegatten, der ausgezogen ist, hilfreich. Diese Situation wird steuerlich behandelt, als sei der Ehegatte selber im Objekt verblieben. Es liegt also ein privilegiertes Veräußerungsgeschäft vor (BFH, BStBl. 1994 II S. 544).

Was ist zu tun, um die Steuer zu vermeiden?

  • Der Vertrag, aufgrund dessen die Eigentumsverhältnisse verändert werden, wird im Jahr des Auszugs geschlossen (auf den Zeitpunkt des schuldrechtlichen Vertrages kommt es an, der dingliche Vollzug kann später erfolgen, Karasek, FamRZ 2002, 590).
  • Die zehnjährige Spekulationsfrist wird abgewartet, bevor die Immobilienfrage geklärt wird.
  • Fragwürdig: Die Parteien vereinbaren die Stundung der Zugewinnausgleichsforderung bis zum Ablauf der Spekulationsfrist nach § 1382 BGB und lassen sie vom Gericht aussprechen. Voraussetzung ist: Die sofortige Zahlung müsste den Pflichtigen "zur Unzeit" treffen. Real geht es aber um die Vermeidung der Steuerlast.
  • Fragwürdig: Die Parteien wirken auf eine richterliche Anordnung der Übertragung des Grundeigentums nach § 1383 BGB hin. Auch dabei ist fraglich, ob sich ein Gericht bereit findet, einen solchen Weg zu unterstützen.
  • Soweit es die individuelle Fallkonstellation zulässt, kann die Immobilienübertragung (zunächst) ohne Gegenleistung vorgenommen werden (kein Veräußerungsgewinn). Im Rahmen der späteren Berechnung des Zugewinnausgleichs erfolgt die Anrechnung über § 1380 BGB, wenn das Scheidungsverfahren erst nach der Übertragung rechtshängig wird (wäre im Beispielsfall möglich).
  • Der Ausgleichspflichtige gibt bis zum Ablauf der 10-Jahresfrist ein einseitig bindendes Angebot ab auf Übertragung der Immobilie, das der Ausgleichsberechtigte erst danach annehmen kann. Das Angebot wird mit einer Eigentumsvormerkung im Grundbuch gesichert.

    Um dem Vorwurf des Missbrauchs zu entgehen, kann die Vereinbarung erweitert werden: Der Ausgleichspflichtige verpflichtet sind, bis zum Ablauf der 10-Jahresfrist den geschuldeten Zugewinnausgleich (nebst Zinsen) zu bezahlen und erhält eine Ersetzungsbefugnis eingeräumt, wonach er stattdessen die Immobilie übertragen kann. Gleichzeitig gibt der Ausgleichspflichtige das Übereignungsangebot ab, das der Berechtigte annehmen kann, wenn nicht bis zum Ablauf der 10-Jahresfrist gezahlt wird.

Abschließend: Die etwa anfallende Steuerlast kann Passivposten im Endvermögen bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs sein.

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