Rz. 12

Der Aufsichtsrat ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dies ist in § 116 Satz 2 AktG geregelt: Die Aufsichtsratsmitglieder sind insbesondere zur Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet. Auch der Verstoß gegen die Pflicht kann bei der Gesellschaft Schäden auslösen, für die das betreffende Aufsichtsratsmitglied dann haftet. Berät der Aufsichtsrat z.B. über den Verkauf einer Beteiligung, die die AG an einer anderen Gesellschaft hält, müssen die Aufsichtsräte hierüber Stillschweigen bewahren, bis der Verkauf nach Wunsch der Parteien bekannt gegeben werden soll. Macht ein Aufsichtsrat den Verkauf vorzeitig publik und springt deswegen der Käufer ab, kann dadurch ein Schaden entstehen. Ein Spannungsverhältnis kann immer dann entstehen, wenn das Aufsichtsratsmitglied von einer Seite stammt, die in einer Geschäftsbeziehung zur Gesellschaft steht, z.B. bei einem Aufsichtsratsmitglied, das sonst für die Hausbank der Gesellschaft arbeitet.[1] Die Pflicht zur Vertraulichkeit bezieht sich auf Tatsachen, bei denen es sich um vertrauliche Angaben bzw. ein Geheimnis der Gesellschaft im Sinne des § 116 Satz 1 i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG handelt.[2] Dabei muss es sich um nicht allgemein bekannte (offenkundige) Tatsachen handeln, an deren Geheimhaltung ein objektives Interesse des Unternehmens besteht (BGH, Urteil vom 5. Juni 1975  II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 329 und Beschluss vom 5. November 2013  II ZB 28/12, WM 2013, 2361 Rn. 47)[3] Daher darf auch der Bankenvertreter derart sensible Informationen nicht an seien Arbeitgeber, die Bank weitergeben, er ist an die Verschwiegenheitspflicht gebunden.[4] Grundsätzlich gilt die Verschwiegenheitspflicht auch gegenüber den Arbeitnehmern der Gesellschaft, weshalb auch ein Aufsichtsratsmitglied, selbst wenn es von der Arbeitnehmerseite gewählt wurde, nicht gegenüber dem Betriebsrat über vertrauliche Informationen berichten darf.[5]

 

Rz. 13

§ 394 AktG enthält für kommunale Gesellschaften eine wichtige Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht: "Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sind, unterliegen hinsichtlich der Berichte, die sie der Gebietskörperschaft zu erstatten haben, keiner Verschwiegenheitspflicht. Für vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, gilt dies nicht, wenn ihre Kenntnis für die Zwecke der Berichte nicht von Bedeutung ist. Die Berichtspflicht nach Satz 1 kann auf Gesetz, auf Satzung oder auf dem Aufsichtsrat in Textform mitgeteiltem Rechtsgeschäft beruhen."

[1] Siehe dazu BGH Urt. v. 26.4.2016 -XI ZR 114/15 – juris
[2] Siehe dazu BGH Urt. v. 26.4.2016 -XI ZR 114/15 – juris
[3] Siehe dazu BGH Urt. v. 26.4.2016 -XI ZR 114/15 – juris
[4] Siehe dazu BGH Urt. v. 26.4.2016 -XI ZR 114/15 – juris, Rn. 31: "Nur wenn diese Verschwiegenheitsverpflichtung absolut gilt, ist gewährleistet, dass der Aufsichtsrat seine gesetzliche Überwachungs- und Beratungsfunktion erfüllen kann, da diese das notwendige Korrelat zu den umfassenden Informationsrechten des Aufsichtsrats bildet (BT-Drucks. 14/8769, S. 18) und der Vorstand den Aufsichtsrat frühzeitig über sensible Vorfälle, Daten und Vorhaben informieren kann, ohne dass er die Weitergabe speziell an das finanzierende Kreditinstitut oder die Hausbank und die damit verbundenen wirtschaftlichen Nachteile für das Unternehmen befürchten muss (MünchKommAktG/Habersack, 4. Aufl., § 116 AktG Rn. 49). Für solche Umstände, die unter die Verschwiegenheitspflicht aus § 116 Satz 1 i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG fallen und durch deren Weitergabe das Aufsichtsratsmitglied seine Schweigepflicht verletzen würde, scheidet eine Wissenszurechnung gleich auf welcher Rechtsgrundlage von vornherein aus."

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