Rz. 2

In jedem Einzelfall ist zunächst festzustellen, ob eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers vorliegt. Diese muss zudem ursächlich zu dem geltend gemachten Schaden geführt haben.

 

Rz. 3

Nach dem Wortlaut des § 43 Abs. 1 GmbHG hat der Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Aus dieser Generalklausel muss dann die konkrete Pflicht, deren Verletzung dem Geschäftsführer vorgeworfen wird, entwickelt werden. Solche Pflichten können sich aus gesetzlichen Vorschriften, wie dem Steuerrecht, dem Insolvenzrecht, dem Sozialversicherungsrecht, dem Arbeitsrecht oder den gesetzlichen Regeln der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung, aber auch aus den gesellschaftsvertraglichen Grundlagen, wie der Satzung, einzelnen Gesellschafterbeschlüssen, der Geschäftsordnung aber auch aus allgemein anerkannten Grundsätzen der ordnungsgemäßen Geschäftsführung bzw. der Einhaltung betriebswirtschaftlicher Grundregeln ergeben.

 

Rz. 4

Es gibt allerdings keine niedergeschriebenen Grundsätze der ordnungsgemäßen Unternehmensleitung, schon gar nicht gibt es Grundsätze, die alle Einzelheiten regeln. Eine gewisse Orientierung kann der Corporate-Governance-Kodex bieten (siehe www.dcgk.de).

 

Rz. 5

Es stellt noch keine Pflichtverletzung dar, wenn von Zielvorgaben, wie Produktionszahlen abgewichen wird,[1] da dies auch betriebswirtschaftliche Gründe haben kann. Auch ist grundsätzlich zu fordern, dass die Pflichtverletzung im Sinne des § 43 GmbHG eine gewisse Schwelle erreichen muss.[2]

 

Rz. 6

Soweit das Gesetz einzelne Pflichten festlegt, wie die Pflicht der Geschäftsführer für eine ordnungsmäßige Buchführung der Gesellschaft zu sorgen (§ 41 GmbHG), besteht eine Verlässlichkeit über das Bestehen der zu erfüllenden Pflicht. Keinesfalls ist damit geklärt, wann eine Verletzung der Pflicht vorliegt. Dies gilt auch dann, wenn aus dem Gesellschaftsverhältnis, also auf dem Satzungsrecht beruhende Pflichten begründet werden. So kann die Gesellschafterversammlung konkrete Pflichten festlegen, z.B. den Geschäftsführer anweisen, einmal im Monat eine Liquiditätsplanung aufzustellen und vorzulegen. Ob diese Planung dann ordnungsgemäß aufgestellt wurde, ist eine Anschlussfrage. Immerhin steht die Pflicht als solche fest. Sobald es um den Bereich der betriebswirtschaftlichen Prinzipien geht, ist es im Einzelfall schwierig, die Grenze festzulegen, was noch pflichtgemäß ist und wo die Grenze bereits überschritten ist. Hier wird versucht eine Abgrenzung, mit dem so genannten unternehmerischen Ermessen des Geschäftsführers, vorzunehmen. Der Geschäftsführer muss gewisse Risiken eingehen, er hat daher ein gewisses Ermessen und wenn er sich im Rahmen desselben bewegt, handelt er nicht pflichtwidrig (dazu siehe unten die Ausführungen sogleich unter 3. zum unternehmerischen Ermessen).

 

Rz. 7

Allgemein ist der Geschäftsführer zur Verschwiegenheit und Loyalität gegenüber der Gesellschaft verpflichtet. Bei den gesetzlichen Vorschriften sind vor allem die Vorschriften des Steuer-, Arbeits- und Sozialversicherungsrechts einzuhalten.

 

Rz. 8

Auch wird - wie unter A-7.10 AVB D&O (siehe dort unter XIV3) ausgeführt - eine Legalitätspflicht des Geschäftsführers angenommen, das heißt das Organ handelt per se schon deswegen pflichtwidrig, wenn es gegen gesetzliche Vorschriften verstößt, auch wenn der Gesetzesverstoß im konkreten Fall der GmbH nützt also zu einer Steigerung des Gewinns führt.[3] Ein Schadensersatzanspruch wird dann allerdings häufig an einem Schaden scheitern.[4] Für die Frage der Pflichtwidrigkeit lässt sich diese jedoch wegen des Verstoßes gegen die geltende Legalitätspflicht bejahen.[5] Sofern der Geschäftsleiter Rechtsrat einholt, wobei er diesen bei einer hierzu befugten Person einholen muss und er nach Prüfung der Plausibilität zu dem Ergebnis gelangt, dass die Auskunft zutreffend ist, was sich indes als falsch erweist, liegt gleichwohl keine Pflichtwidrigkeit vor, auch wenn die Legalitätspflicht nicht eingehalten wurde.[6] Eine Haftung scheitert also in dieser Konstellation nicht erst beim Verschulden. Denn das Organmitglied hat pflichtgemäß Rechtsrat eingeholt und konnte sich nach einer Plausibilitätsprüfung auf diesen verlassen.

 

Rz. 9

Der Pflichtenkatalog ist auch von der konkreten Position und der betreffenden Gesellschaft abhängig bzw. er wird danach bestimmt. So ist der Sorgfaltsmaßstab des Geschäftsführers eines Kreditinstituts ein anderer als der eines Geschäftsführers einer Würstchenbude. Beispielsweise hat sich der Sorgfaltsstandard eines Geschäftsführers, der für die Kreditvergabe zuständig ist, an der Person eines selbstständigen, treuhänderischen Verwalters fremder Vermögensinteressen zu orientieren.[7]

 

Rz. 10

Wichtig sind auch die gesellschaftsrechtlichen Pflichten, etwa zur Erhaltung des Stammkapitals oder die Folgepflicht gegenüber der Gesellschafterversammlung, die den Geschäftsführer verpflichten, Weisungsbeschlüsse grundsätzlich umzusetzen. Neben Weisungen kann es auch Zusti...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge