Entscheidungsstichwort (Thema)

Dienststelle. Wesentlicher Teil einer –. Zusammenlegung von wesentlichen Teilen einer Dienststelle. Mitbestimmungsrecht des Personalrats

 

Normenkette

LPersVG Rheinland-Pfalz § 82 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

OVG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 13.07.1982; Aktenzeichen 5 A 2/82)

VG Mainz (Beschluss vom 16.12.1981; Aktenzeichen 5 FV 47/81)

 

Tenor

Der Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz – Fachsenat für Personalvertretungssachen Land – vom 13. Juli 1982 und der Beschluß des Verwaltungsgerichts Mainz – Fachkammer für Personalvertretungssachen Land – vom 16. Dezember 1981 werden aufgehoben.

Der Antrag wird abgelehnt.

 

Tatbestand

I.

Beim Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität Mainz bestanden ursprünglich an der I. und II. Medizinischen Klinik je eine Notaufnahme, wobei die Notaufnahmeversorgung in täglichem Wechsel durchgeführt wurde. Im Frühjahr 1981 wurden die beiden Notaufnahmen zusammengefaßt. Die neue gemeinsame Notaufnahme wurde in einem Neubau untergebracht und mit je acht Schwesternstellen der I. und II. Medizinischen Klinik ausgestattet. Für die ärztliche Betreuung sind an ungeraden Kalendertagen Ärzte der I. Medizinischen Klinik und an geraden Kalendertagen Ärzte der II. Medizinischen Klinik zuständig. Der Zusammenfassung der Notaufnahmen war folgender Beschluß des Klinikvorstandes (Nr. 1080) vom 24. Februar 1981 vorausgegangen:

„Der Klinikvorstand ist in Kenntnis des Projektes der I. und II. Medizinischen Klinik, die Notaufnahme ab 01. März 1981 gemeinsam zu betreiben. Der Klinikvorstand nimmt weiter zur Kenntnis, daß aus der II. Medizinischen Klinik 8 Schwestern-Stellen für diese gemeinsame Notaufnahme zur Verfügung gestellt werden. Der Klinikvorstand legt fest, daß von der I. Medizinischen Klinik ebenfalls 8 Schwestern-Stellen für die gemeinsame Notaufnahme zur Verfügung zu stellen sind. Der Verwaltung wird aufgegeben, zu untersuchen, wo die in den letzten Jahren für die Aufnahme der I. Medizinischen Klinik vorgesehenen Pflegedienststellen jetzt Vervrendung finden. Der vorgelegte Dienstplan wird zustimmend zur Kenntnis genommen.”

Der Antragsteller, der bei dieser Maßnahme nicht beteiligt worden ist, ist der Meinung, daß die Zusammenlegung der beiden Notaufnahmen seiner Mitbestimmung, zumindest seiner Beteiligung bedurft habe. Er hat das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt,

festzustellen, daß die Bildung einer gemeinsamen Notaufnahme für die I. und II. Medizinische Klinik seiner Mitbestimmung, hilfsweise seiner Beteiligung unterlegen hat.

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Die Beschwerde des Beteiligten gegen diesen Beschluß hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Erwägungen:

Bei der Zusammenfassung der Notaufnahmen der I. und II. Medizinischen Klinik zu einer gemeinsamen Notaufnahme habe es sich um die Zusammenlegung von wesentlichen Teilen einer Dienststelle gehandelt, die gemäß § 82 Abs. 1 Nr. 2 LPersVG mitbestimmungspflichtig sei. Die Notaufnahme sei aufgrund ihrer organisatorischen Selbständigkeit und ihres besonderen Aufgabenbereiches im personalvertretungsrechtlichen Sinn ein Teil der Dienststelle. Sie sei wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Betrieb einer Klinik auch als wesentlicher Teil derselben anzusehen, ohne daß es darauf ankomme, inwieweit sich die Zusammenlegung auf den Aufgabenbereich der Dienststelle insgesamt und auf die Mitarbeiter in ihrer Gesamtheit auswirke. Es genüge vielmehr insoweit, daß die Maßnahme der Zusammenlegung für die von ihr betroffenen Mitarbeiter personalvertretungsrechtlich relevante Auswirkungen habe. Dies sei zumindest für die Mitarbeiter der I. Medizinischen Klinik der Fall, die infolge der Zusammenlegung völlig (Schwestern) oder während ihres Dienstes in der Notaufnahme (Ärzte) in den Bereich einer anderen Klinik eingeordnet worden seien.

Die mitbestimmungspflichtige Maßnahme habe bereits in dem Beschluß des Klinikvorstandes vom 24. Februar 1981 gelegen, der ungeachtet seines Wortlautes inhaltlich die Bedeutung einer Entscheidung habe, für die nur der Klinikvorstand zuständig sei. Es entspreche der personalvertretungsreentlichen Mitbestimmung, daß diese bereits vor der Entscheidung und nicht erst bei ihrer Ausführung einzusetzen habe.

Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde stellt der Beteiligte sinngemäß den Antrag,

die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz – Fachsenat für Personalvertretungssachen Land – vom 13. Juli 1982 und des Verwaltungsgerichts Mainz – Fachkammer für Personalvertretungssachen Land – vom 16. Dezember 1981 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.

Er macht geltend, daß die dem angefochtenen Beschluß zugrundeliegende Auslegung des § 82 Abs. 1 Nr. 2 LPersVG von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abweiche.

Der Antragsteller hat sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Vorinstanzen haben zu Unrecht festgestellt, daß der Antragsteller bei der Zusammenlegung der Notaufnahmen der I. und II. Medizinischen Klinik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ein Mitbestimmungsrecht gehabt habe.

Als Rechtsgrundlage für die Beteiligung des Antragstellers kommt lediglich die Vorschrift des § 82 Abs. 1 Nr. 2 LPersVG in Betracht, wonach der Personalrat bei der Auflösung, Einschränkung, Verlegung oder Zusammenlegung von Dienststellen oder wesentlichen Teilen von ihnen mitzubestimmen hat. Diese Voraussetzungen sind jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben. Zwar handelte es sich bei den Notaufnahmen der Medizinischen Kliniken um „Teile einer Dienststelle” im Sinne dieser Vorschrift, da sie gegenüber den anderen Abteilungen der Kliniken sowohl in organisatorischer als auch in räumlicher Hinsicht über eine gewisse Selbständigkeit verfügten (vgl. BVerwGE 18, 147 [148]). Ihre organisatorische Selbständigkeit ergibt sich aus dem besonderen Aufgabenbereich der Notaufnahme, in der von der übrigen Klinik abweichende medizinische Tätigkeiten verrichtet werden. Während nämlich in der Klinik die Patienten grundsätzlich auf den Stationen betreut werden, erfolgt in der Notaufnahme lediglich eine vorläufige Versorgung mit der Entscheidung, in welchem Teil der Klinik der Patient weiter zu behandeln ist. Die Bildung einer gemeinsamen Notaufnahme für beide Kliniken stellt jedoch keine Zusammenlegung „wesentlicher” Teile der Dienststellen dar.

Wie das Bundesverwaltungsgericht zu der im wesentlichen gleichlautenden Regelung des § 73 des Personalvertretungsgesetzes vom 5. August 1955 (BGBl. I S. 477) ausgeführt hat (BVerwGE 18, 147), kann ein Teil der Dienststelle nur dann wesentlich sein, wenn er für das „Wesen” der Dienststelle mitbestimmend ist. Als wesentlich und damit als mitbestimmungspflichtig ist daher eine Anordnung nur dann anzusehen, wenn sie für die Dienststelle eine so erhebliche Veränderung ihres Aufgabenbereichs mit sich bringt, daß durch sie die Bediensteten in ihrer Gesamtheit berührende personelle Maßnahmen ausgelöst werden. Die Anordnung muß sich auf solche Bereiche einer Dienststelle beziehen, die für diese eine prägende Bedeutung haben, die also in einer herausgehobenen sachlichen Beziehung zu den von der Dienststelle innerhalb ihres Aufgabenbereichs wahrzunehmenden Aufgaben stehen (vgl. Fürst, GKÖD V, Teil 2 K, § 78 Rz 13). Nicht erforderlich ist, daß durch die Maßnahme jeder einzelne Bedienstete der gesamten Dienststelle betroffen ist. Die Belange der Bediensteten in ihrer Gesamtheit sind vielmehr auch schon dann berührt, wenn die Maßnahme für eine erhebliche Zahl des Personals von Bedeutung ist. Geringfügige organisatorische Änderungen bei Aufrechterhaltung des Aufgabenbereichs der Dienststelle führen demnach nicht zu einem Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung.

Die Bedenken der Vorinstanzen geben keine Veranlassung, diese durch den Wortlaut der Vorschrift und ihren Sinn und Zweck gebotene Begriffsbestimmung zu modifizieren. Sie verkennen, daß der Gesetzgeber das Mitwirkungsrecht der Personalvertretung nicht von der Erheblichkeit des Teils der Dienststelle für deren betroffenen Aufgabenbereich, sondern von dessen Wesentlichkeit innerhalb der Gesamtdienststelle abhängig macht. Es kommt demnach nicht darauf an, ob der von der Maßnahme betroffene Teil der Dienststelle innerhalb der Organisation von erheblicher Bedeutung ist (vgl. Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., Bd. 2, § 78 RdNr. 25), was für die beiden Notaufnahmen ohne Zweifel zu bejahen ist. Entscheidend ist vielmehr, daß durch die Zusammenlegung der Notaufnahmen keine Änderung des Aufgabenbereichs der beiden Medizinischen Kliniken eingetreten ist. Auch sind von der Zusammenlegung der Notaufnahmen die personellen Verhältnisse der Bediensteten der Kliniken in ihrer Gesamtheit nicht berührt. Die Zahl der in den Notaufnahmen tätigen Mitarbeiter ist gegenüber der Gesamtzahl der Bediensteten der Kliniken nur unbedeutend. Der vom Oberverwaltungsgericht hervorgehobene Umstand, daß die Maßnahme für die von ihr betroffenen Mitarbeiter der I. Medizinischen Klinik möglicherweise personalvertretungsrechtliche Auswirkungen hat, weil diese in den Bereich einer anderen Klinik eingeordnet werden, ist im Rahmen des § 82 Abs. 1 Nr. 2 LPersVG unerheblich. Das Personalvertretungsgesetz bietet insoweit durch das Mitbestimmungsrecht des Personalrats gemäß § 80 LPersVG den Bediensteten den erforderlichen, aber auch ausreichenden Schutz.

Der Antrag des Beteiligten ist somit begründet, ohne daß es darauf ankommt, ob der Klinikvorstand durch den Beschluß vom 24. Februar 1981 die Zusammenlegung der Notaufnahmen angeordnet hat und ob er hierzu aufgrund des § 94 Abs. 1 Nr. 6 des Hochschulgesetzes von Rheinland-Pfalz befugt war.

 

Unterschriften

Prof. Dr. Gützkow, Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1215839

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