Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitvertretung bei Personalratsbeschlüssen in Gruppenangelegenheiten. Gruppenangelegenheiten, Mitvertretung bei Personalratsbeschlüssen in –. Rechtsmißbrauch des Dienststellenleiters und Zustimmungsfiktion. Zustimmungsfiktion und Rechtsmißbrauch des Dienststellenleiters. Zustimmungsverweigerung, keine Rechtspflicht des Dienststellenleiters zur Überprüfung der Formalien einer –

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Verstoß gegen § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG, der zur Unwirksamkeit einer Zustimmungsverweigerung führt, ist auch bei Verhinderung des Gruppenvorstandsmitgliedes immer dann anzunehmen, wenn eine Ersatzregelung für eine anderweitige Mitvertretung in Gruppenangelegenheiten nicht getroffen wird und deshalb die Mitunterzeichnung durch einen anderen Gruppenvertreter unterbleibt.

2. dem Dienststellenleiter obliegt nicht die Rechtspflicht, eine Zustimmungsverweigerung auf ihre formelle Ordnungsmäßigkeit hin zu überprüfen (Fortführung der Rechtsprechung, vgl. Beschluß vom 14. Juli 1986 – BVerwG 6 P 12.84 – Buchholz 238.36 § 40 NdsPersVG Nr. 2).

 

Normenkette

BPersVG § 32 Abs. 3 S. 2, § 38 Abs. 2

 

Verfahrensgang

Hessischer VGH (Beschluss vom 10.01.1990; Aktenzeichen BPV TK 3028/89)

VG Darmstadt (Entscheidung vom 25.07.1989; Aktenzeichen K 2903/88)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 10. Januar 1990 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 6.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Gegenstand des Verfahrens sind Fragen der Vertretung des Personalrats in Gruppenangelegenheiten.

Der Personalrat beim Fernmeldetechnischen Zentralamt D., der Antragsteller, bestand aus 15 Mitgliedern. Davon gehörten zehn der Gruppe der Beamten, drei der Gruppe der Angestellten und zwei der Gruppe der Arbeiter an. Der Vorstand bestand aus dem Angestellten W., dem Beamten F. und dem Arbeiter S. Den Vorsitz im Personalrat führte das Vorstandsmitglied W.; stellvertretender Vorsitzender war das Vorstandsmitglied F. Als gewählte Mitglieder gehörten dem Vorstand die Personalratsmitglieder E. und B. an, die beide nicht der Gruppe der Angestellten zugehörten.

Der Personalratsvorsitzende W. war im Januar 1988 arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 12. Januar 1988 beantragte der Beteiligte beim Antragsteller die Zustimmung zur Versetzung von zehn namentlich genannten Angestellten, die als Nachwuchskräfte für den mittleren nichttechnischen Dienst eingestellt worden waren und nunmehr die Ausbildung mit der Prüfung abgeschlossen hatten. Diese Angestellten sollten aus personalwirtschaftlichen Gründen zum Fernmeldeamt D. versetzt werden.

Der Antragsteller versagte die Zustimmung durch Schreiben vom 21. Januar 1988 mit ausführlicher Begründung. Unterzeichnet war dieses Schreiben allein von dem stellvertretenden Personalratsvorsitzenden F.

Am 11. Februar 1988 teilte der Beteiligte dem Antragsteller mit, die Zustimmungsverweigerung sei nicht auf Gründe gestützt worden, die den Anforderungen des § 77 Abs. 2 BPersVG entsprächen. Die geplante Versetzung gelte deshalb gemäß § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG als gebilligt. Anschließend wurden die Angestellten wie vorgesehen versetzt.

Im Dezember 1988 hat der Antragsteller das Beschlußverfahren eingeleitet. Er hat geltend gemacht, daß er eine Benachteiligung der zu versetzenden Angestellten als gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG zugelassenen Grund für seine Zustimmungsverweigerung ausreichend dargelegt habe. Er hat beantragt, festzustellen, daß der Beteiligte mit der Versetzung der zehn namentlich genannten Angestellten zum Fernmeldeamt D. das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt habe.

Der Beteiligte ist dem Antrag entgegengetreten. Er hat sich nunmehr erstmals zusätzlich darauf berufen, daß die schriftliche Zustimmungsverweigerung unwirksam sei, weil sie lediglich von dem stellvertretenden Vorsitzenden des Antragstellers unterschrieben worden sei, also von einem Vorstandsmitglied, das der Gruppe der Beamten angehöre. Da es sich um eine Gruppenangelegenheit der Angestellten gehandelt habe, fehle es an der gemäß § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG erforderlichen Unterschrift eines Gruppenvertreters der Angestellten.

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag stattgegeben.

Hiergegen hat der Beteiligte Beschwerde eingelegt. Nachdem die betroffenen Angestellten inzwischen zurückversetzt worden waren, hat der Antragsteller sich auf den Standpunkt gestellt, daß ein Rechtsschutzbedürfnis fortbestehe, jedenfalls aber festzustellen sei, daß die Wirksamkeit der schriftlichen Zustimmungsverweigerung nicht an § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG scheitere.

Das Beschwerdegericht hat den Beschluß des Verwaltungsgerichts aufgehoben und den Antrag des Antragstellers abgelehnt. Es hat wegen der Frage der richtigen Vertretung ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse bejaht. Der Sache nach hat es seine Entscheidung damit begründet, die gesetzliche Regelung lasse allein die Mitvertretung durch solche Vorstandsmitglieder zu, die der betroffenen Gruppe angehörten; dies entspreche dem Wortlaut und auch der Grundkonzeption des Gesetzes; danach erscheine eine Alleinvertretung des Personalrats durch den gruppenfremden Vorsitzenden ausgeschlossen; für den Verhinderungsfall könne eine Handlungsunfähigkeit des Personalrats dadurch – aber auch nur dadurch – vermieden werden, daß die verschiedenen Gruppen Ersatzvorstandsmitglieder wählten. Wegen des Verstoßes gegen die Regelung über die Mitvertretung sei hier die Zustimmungsverweigerung unwirksam gewesen. Der Beteiligte habe das Schreiben auch nicht auf die formelle Ordnungsmäßigkeit hin überprüfen müssen.

Dagegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde. Mit ihr rügt der Antragsteller eine unrichtige Anwendung des § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG. Er meint, mangels anderweitiger Regelung gehe das Gesetz offenbar davon aus, daß in einem Verhinderungsfall die Befugnisse und Aufgaben des Personalratsvorstandes von den verbleibenden Vorstandsmitgliedern wahrgenommen würden. Die Auslegung durch das Beschwerdegericht verkehre den Sinn der Vorschrift in sein Gegenteil. Soweit es an einem Unterzeichnungsberechtigten fehle, führe dies dazu, daß die Berücksichtigung von Gruppeninteressen trotz gesetzmäßig gefaßter Beschlüsse allein wegen Fehlens eines vertretungsberechtigten Personalratsvorstands an der Zustimmungsfiktion scheitern müsse. Wenn im übrigen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dem Personalrat eine Rügepflicht hinsichtlich der ordnungsmäßigen Einleitung des Beteiligungsverfahrens obliege, müsse dies in Fällen der vorliegenden Art auch für den Dienststellenleiter gelten.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluß des Beschwerdegerichts aufzuheben und die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts zurückzuweisen.

Der Beteiligte hält die Rechtsbeschwerde für unbegründet. Er meint, § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG habe zwingenden Charakter. Nur bei Vorliegen beider Unterschriften könne der Dienststellenleiter davon ausgehen, daß in Gruppenangelegenheiten entsprechend § 38 BPersVG verfahren worden sei. Andere Kontrollmöglichkeiten habe der Gesetzgeber dem Dienststellenleiter nicht eingeräumt. Die Vorschrift bedürfe auch nach ihrem Sinn und Zweck keiner einengenden Auslegung. Für die betroffene Gruppe bestünden nämlich nach § 31 BPersVG Möglichkeiten zu vermeiden, daß Gruppeninteressen an der Handlungsunfähigkeit des Personalrats scheiterten. Eine Rügepflicht des Dienststellenleiters komme hier nicht in Betracht. Sie könne nur dann einen Sinn haben, wenn gegebenenfalls die Rüge dem Personalrat die Möglichkeit einer Nachbesserung eröffne. Davon aber sei nicht auszugehen, wenn der Ablauf der Erklärungsfrist des § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG unmittelbar bevorstehe. So habe es sich hier verhalten, weil das Schreiben des Personalrats bei dem Beteiligten erst am 22. Januar 1988 eingegangen sei.

Der Oberbundesanwalt beteiligt sich am Verfahren. Er stimmt dem angefochtenen Beschluß im Ergebnis und in der Begründung zu. Sinnwidrige Ergebnisse der Mitvertretungsregelung ließen sich in aller Regel durch die Wahrnehmung der vom Beschwerdegericht aufgezeigten Möglichkeiten vermeiden. Würden sie nicht wahrgenommen, müßten die an sich unerwünschten Folgen zu Lasten der jeweils betroffenen Gruppe gehen. Gleichwohl lasse sich nicht in Abrede stellen, daß sich in seltenen Ausnahmefällen Konstellationen ergeben könnten, in denen diese Auslegung unvermeidliche Benachteiligungen der an sich geschützten Gruppeninteressen nach sich ziehen könne.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

1. Wie das Beschwerdegericht zutreffend entschieden hat, sind das Rechtsschutzbedürfnis an der Fortführung des Beschlußverfahrens und das Interesse an der begehrten Feststellung nicht deswegen entfallen, weil die in Rede stehenden Bediensteten rückversetzt worden sind. Soweit der Verwaltungsgerichtshof darauf abgehoben hat, daß sich die Fragen der Auslegung des § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG für den Fall der Verhinderung des einzigen Gruppenvertreters im Personalratsvorstand unter den Verfahrensbeteiligten mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut stellen würden, läßt dies einen Rechtsfehler nicht erkennen.

2. Der Sache nach gründet die Entscheidung des Beschwerdegerichts auf der Auslegung, § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG lasse eine Alleinvertretung des Personalrats durch den gruppenfremden Vorsitzenden bei Verhinderung des Gruppenvertreters im Vorstand (jedenfalls dann) nicht zu, wenn sich eine Handlungsunfähigkeit des Personalrats durch Maßnahmen zur Wahrung einer Mitvertretung durch Gruppenangehörige hätte vermeiden lassen. Liege insoweit ein Versäumnis vor, so sei eine ausschließlich vom gruppenfremden Vorsitzenden unterzeichnete Zustimmungsverweigerung unwirksam; gegebenenfalls trete die Zustimmungsfiktion nach § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG ein. Dieser Auslegung ist im wesentlichen zuzustimmen.

a) Ausgangspunkt der rechtlichen Würdigung ist § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG. Nach dieser Vorschrift vertritt in Angelegenheiten, die nur eine Gruppe betreffen, der Vorsitzende, wenn er nicht selbst dieser Gruppe angehört, gemeinsam mit einem der Gruppe angehörenden Vorstandsmitglied den Personalrat. Ein solcher Fall der Mitvertretung hat hier vorgelegen. Die seinerzeit beabsichtigten Versetzungen waren allein eine Angelegenheit der Angestellten. Nach dem Wortlaut des § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG hätte daher die Zustimmungsverweigerung nicht nur von dem Personalratsvorsitzenden, sondern außerdem von dem Gruppenvertreter der Angestellten im Vorstand als dem einzigen Vorstandsmitglied, das dieser Gruppe angehörte, unterzeichnet werden müssen. Das ist hier nicht geschehen. Darin liegt ein Verstoß gegen § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG.

Nach der vom Beschwerdegericht zutreffend wiedergegebenen Rechtsprechung des beschließenden Senats sind Erklärungen, die unter Mißachtung der gemeinsamen Vertretungsbefugnis abgegeben werden, unwirksam (Beschluß vom 14. Juli 1986 – BVerwG 6 P 12.84 – Buchholz 238.36 § 40 NdsPersVG Nr. 2; vgl. ferner BAG, Urteile vom 24. April 1979 – 6 AZR 409/77 – AP Nr. 1 zu § 87 LPVG Berlin = PersV 1980, 328 und vom 13. Oktober 1982 – 7 AZR 617/80 – AP Nr. 1 zu § 40 LPVG Niedersachsen = PersV 1991, 479). Das gilt auch dann, wenn der Personalrat den Beschluß über die Verweigerung der Zustimmung zu der beabsichtigten Maßnahme einstimmig, d.h. mit der Billigung auch der Vertreter der betroffenen Gruppe, gefaßt hat. Denn durch die Regelung über die Mitvertretung soll nicht nur die Übereinstimmung der Erklärung mit der Beschlußfassung gewährleistet werden. Die Vorschrift hat auch den Zweck, dem Erklärungsgegner eine Überprüfung zu ermöglichen, ob der Personalrat bei seiner Beschlußfassung das Vorliegen einer Gruppenangelegenheit erkannt und die Besonderheiten der Willensbildung in Gruppenangelegenheiten gemäß § 38 Abs. 2 und 3 BPersVG beachtet hat. Mit der zusätzlichen Unterschrift des Gruppenvertreters wird nämlich zugleich bestätigt, daß der Beschluß des Personalrats nicht gegen den Willen der Mehrheit der betroffenen Gruppe gefaßt worden ist (Prinzip der eingeschränkten Offenlegung).

b) Ein Verstoß gegen § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG ist auch bei einer Verhinderung des Gruppenvorstandsmitgliedes jedenfalls immer dann anzunehmen, wenn eine im Einzelfall mögliche Ersatzregelung für eine anderweitige Mitvertretung in Gruppenangelegenheiten nicht getroffen wird und aus diesem Grunde die Mitunterzeichnung durch einen anderen Gruppenvertreter unterbleibt. In diesen Fällen stimmt eine abweichende Form der Vertretung nicht mit dem Schutzzweck der Mitvertretungsregelung überein. Die von der Rechtsbeschwerde gegen diese Auslegung erhobene Rüge der Verletzung materiellen Rechts ist nicht begründet.

Zwar enthält § 32 BPersVG keine Regelung darüber, wie die Vertretung in Gruppenangelegenheiten stattfindet, wenn alle der Gruppe angehörigen Vorstandsmitglieder verhindert sind. Es besteht jedoch kein Grund anzunehmen, daß der Gesetzgeber sodann auf die von ihm angeordnete Mitvertretung verzichten will, so daß der Vorstandsvorsitzende als Alleinvertreter tätig werden könnte und müßte. Der mit der gesetzlichen Regelung erkennbar verfolgte Schutz der Gruppeninteressen läßt eine solche Auslegung nicht zu (vgl. Beschluß vom 16. September 1977 – BVerwG 7 P 1.75 – BVerwGE 54, 323).

Das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung für den Fall, daß alle einer bestimmten Gruppe zugehörigen Vorstandsmitglieder verhindert sind, bedeutet keine generelle Lücke im Gesetz, die durch richterliche Rechtsfortbildung auszufüllen wäre. Die hier vertretene Auslegung führt insbesondere nicht – wie die Rechtsbeschwerde meint – dazu, daß eine Gruppe in einem solchen Fall überhaupt nicht vertreten werden kann und ihr Beschluß mangels eines unterzeichnungsberechtigten Vorstandsmitglieds gegenüber dem Dienststellenleiter nicht durchzusetzen ist. Diese Konsequenzen sind nämlich weder im vorliegenden Fall noch in der ganz überwiegenden Zahl vergleichbarer Verhinderungsfälle gegeben. Vielmehr ist die vom Gesetzgeber angeordnete Mitvertretung – abgesehen von seltenen, atypischen Ausnahmen (dazu unten c) – in aller Regel durchaus gewährleistet. Das verhinderte Vorstandsmitglied ist im Einzelfall regelmäßig auf angemessene Weise zu ersetzen.

Der verhinderte Gruppensprecher (§ 32 Abs. 1 Satz 3 BPersVG) kann – soweit vorhanden – zunächst einmal durch andere vom Personalrat hinzugewählte Vorstandsmitglieder, die derselben Gruppe angehören, vertreten werden. Der Wortlaut des § 32 Abs. 1 Satz 3 steht dem nicht entgegen. Er läßt nämlich die gemeinsame Vertretung mit einem der Gruppe angehörenden Vorstandsmitglied ausreichen. Daß nach der Rechtsprechung dem Gruppensprecher – wenn er nicht verhindert ist – vorrangig die Mitvertretung zukommt (vgl. Beschluß vom 16. September 1977 a.a.O. S. 326 f.), steht dem nicht entgegen, sondern setzt die Vertretungsbefugnis der anderen Vorstandsmitglieder grundsätzlich voraus.

Auch wenn – wie hier – kein weiteres Vorstandsmitglied der Gruppe angehört, besteht generell die rechtliche Möglichkeit, die Mitvertretung wirksam sicherzustellen. Denn es ist – wie die Rechtsbeschwerde einräumt – statthaft, von vornherein Ersatzmitglieder auch für den Vorstand zu wählen, die im Falle der Verhinderung eines Vorstandsmitgliedes dessen Aufgaben und Befugnisse übernehmen. Der Gesetzgeber hat dies zwar nur für Personalratsmitglieder ausdrücklich so geregelt (vgl. § 31 BPersVG); es besteht jedoch kein Zweifel, daß diese Regelung angesichts gleicher Ausgangssituation und Interessenlage auch im Falle der Verhinderung eines Vorstandsmitgliedes entsprechend gilt.

Es trifft zwar zu, daß das Gesetz weder den Personalrat noch die Vertreter einer Gruppe im Personalrat dazu verpflichtet, ein verhindertes Vorstandsmitglied durch Nachwahlen eines Ersatzvorstandsmitgliedes oder durch vorsorgliche Bestellung eines Vertreters zu ersetzen. Daraus folgt aber nicht, daß Gruppenbeschlüsse bei Verhinderung des der Gruppe angehörenden Vorstandsmitgliedes allein von dem gruppenfremden Vorsitzenden nach außen hin vertreten werden könnten. Vielmehr ist es auch ohne ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung eine ausschließliche Angelegenheit der Gruppe, selbst zu bestimmen, ob und durch wen sie im Verhinderungsfall ihre Interessen wahrnehmen will. Sie kann – wie dargelegt – für diesen Fall nicht nur generelle Vorsorge treffen. Sie kann vielmehr bei Verhinderung ihres Vorstandsmitglieds auch aus Anlaß eines Einzelfalls beschließen, daß ein anderes – nicht dem Vorstand angehörendes – Gruppenmitglied die Mitvertretung ausübt (ähnlich für die Ersetzung des Vorsitzenden im Einzelfall: Beschluß vom 21. Juli 1982 – BVerwG 6 P 14.79 – PersV 1983, 316 f.). Fehlt es an ausreichenden Ersatzmitgliedern, läuft sie Gefahr, daß bei Verhinderung ihres Vorstandsmitgliedes eine angemessene Durchsetzung ihrer Interessen scheitert (vgl. Beschluß vom 23. März 1992 – BVerwG 6 P 30.90 –). Versäumt sie sodann auch noch im Einzelfall die mangels Vorsorge unumgänglich gewordene Ersatzregelung, so begibt sie sich damit vollends des gesetzlichen Schutzes.

Es ist nicht zu verkennen, daß die Wahrung der Mitvertretung in Verhinderungsfällen erhöhte Anforderungen an die verfahrensmäßige Behandlung von Gruppenangelegenheiten stellt. Darin liegt eine zusätzliche – freilich geringfügige – Quelle möglicher Verfahrensfehler, und das bedeutet auch eine gewisse Gefährdung des mit der Regelung bezweckten Gruppenschutzes. Durch die strenge Auslegung wird jedoch nicht – wie die Rechtsbeschwerde meint – der Gesetzeszweck des § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG in sein Gegenteil verkehrt. Vielmehr sind die erhöhten Anforderungen eine systembedingte Folge der Sicherungsfunktion der Mitvertretungsregelung. Eine Vereinfachung durch einen Verzicht auf die Mitzeichnung in Verhinderungsfällen fände nicht nur im Gesetzeswortlaut keine Stütze; sie würde der bezweckten Sicherung auch für den Regelfall ihre Wirksamkeit nehmen. Ließe man nämlich die von der Rechtsbeschwerde gewünschten Ausnahmen zu, könnte der Dienststellenleiter aus dem Fehlen einer zweiten Unterschrift keine gesicherten Rückschlüsse mehr darauf ziehen, daß eine Gruppenangelegenheit als solche nicht erkannt und nicht entsprechend behandelt worden ist. Andererseits werden etwaige Nachteile, die aus der gebotenen strengen Auslegung für die Gruppeninteressen entstehen können, in aller Regel darauf zurückzuführen sein, daß die Gruppenvertreter im Personalrat einer ihnen in ihrem ureigensten Interesse obliegenden und ihnen auch ohne weiteres zumutbaren Mitwirkungslast nicht nachgekommen sind. Sie stellen sich dann letztlich als Folge eines Verschuldens in eigener Sache dar. Derartige Nachteile sind zugunsten der mit dem Gesetz bezweckten wirksamen Prävention gegen ein Überspielen des Gruppenprinzips und des darin enthaltenen Minderheitenschutzes hinzunehmen.

c) Es kann offenbleiben, was zu gelten hat, wenn die aufgezeigte Mitwirkungslast unerfüllbar ist. Sie ist dies nur dann, wenn nach den Umständen des Einzelfalles eine Ersatzregelung objektiv unmöglich ist. Das aber ist nur denkbar, wenn im Anschluß an einen Gruppenbeschluß – und vor der dadurch veranlaßten Erklärung gegenüber dem Dienststellenleiter – sämtliche gewählten Gruppenmitglieder einschließlich etwaiger Ersatzmitglieder an der Mitvertretung gehindert sind. Praktisch kommt dies also nur bei ganz kleinen Personalräten bzw. bei entsprechend kleinen Gruppen in Betracht, die auch keine zusätzlichen Ersatzmitglieder stellen können. Darum geht es hier aber nicht: Für den vorliegenden Fall ist das Beschwerdegericht mit Recht davon ausgegangen, daß eine Mitvertretung aus Gründen unterblieben ist, die vermeidbar waren. Dem Personalrat gehörten nach den von der Rechtsbeschwerde mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Tatsachenfeststellungen außer dem allein verhinderten Gruppenvorstandsmitglied zwei weitere Mitglieder der Gruppe der Angestellten an. Geeignete Vertretungspersonen standen also zur Verfügung. Für den Verhinderungsfall hätte daher nicht nur generelle Vorsorge getroffen werden können; eine entsprechende Ersatzregelung für die Mitvertretung aus Anlaß dieses Einzelfalles hätte sich darüber hinaus auch noch bis zum Fristablauf finden lassen. Die Verweigerung der Zustimmung allein durch den gruppenfremden Personalratsvorsitzenden war daher unwirksam.

3. Dem Beschwerdegericht ist schließlich darin zuzustimmen, daß der Beteiligte, indem er sich erst im gerichtlichen Beschlußverfahren auf den Vertretungsmangel berufen hat, damit nicht gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen hat.

Wie der beschließende Senat bereits entschieden hat, ist in Fällen der vorliegenden Art eine Berufung des Dienststellenleiters auf die Unwirksamkeit der Zustimmungsverweigerung zwar dann rechtsmißbräuchlich, wenn er den Verstoß gegen die Mitvertretungsregelung vor Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist erkannt hat und dem Personalrat gegenüber gleichwohl verschweigt; darüber hinaus wäre es möglicherweise als rechtsmißbräuchlich zu werten, wenn er vor Ablauf der Erklärungsfrist bewußt zu erkennen gibt, er werde dem Fehlen der Unterschrift des Gruppenvertreters keine Bedeutung beimessen und die Zustimmungsverweigerung als wirksam behandeln (vgl. Beschluß vom 14. Juli 1986 – BVerwG 6 P 12.84 – a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind jedoch im vorliegenden Falle nicht gegeben. Denn nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts hatte der Beteiligte den Mangel bis zu seinem Schreiben vom 11. Februar 1988 noch nicht erkannt.

Mit Recht hat das Beschwerdegericht in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, daß nach der Rechtsprechung des Senats der Dienststellenleiter nicht verpflichtet ist, die Zustimmungsverweigerung des Personalrats auf ihre formelle Ordnungsmäßigkeit zu überprüfen. Eine entsprechende Rechtspflicht soll durch § 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG nicht begründet werden. Die Regelung knüpft an die Vorwirkungen der Möglichkeit einer solchen Überprüfung an. Sie will damit in erster Linie den Personalrat zur Selbstkontrolle anhalten. Indem sie nach außen hin einen vollständigen Nachweis über den Gang des Verfahrens erübrigt, läßt sie erkennen, daß der Gesetzgeber bewußt auf eine obligatorische und umfassende Überprüfung verzichtet hat, ob die Beschlußfassung des Personalrats in Gruppenangelegenheiten mit § 38 Abs. 2 und 3 BPersVG übereinstimmt. Eine pflichtmäßige Kontrolle durch den Dienststellenleiter entspräche auch nicht dem Grundsatz der partnerschaftlichen vertrauensvollen Zusammenarbeit. Sie wäre im übrigen angesichts der bis zum Ablauf der Erklärungsfrist oftmals nur noch sehr geringen Zeitspanne, die für die Prüfung als solche und eine anschließend etwa erforderliche Korrektur verbliebe, sinnvoll auch gar nicht möglich. Das zeigt sich nicht zuletzt an der vorliegenden Fallgestaltung.

4. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 BRAGO.

 

Unterschriften

Niehues, Nettesheim, Seibert, Albers, Vogelgesang

 

Fundstellen

ZBR 1992, 280

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