Verfahrensgang

OVG Berlin (Aktenzeichen 4 B 94.94)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 14. Dezember 1999 Prozesskostenhilfe zu gewähren und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger, ein griechisch-orthodoxer Priester, verlangt von der beklagten Metropolie die Zahlung einer Vergütung für eine von ihm in der Berliner Gemeinde vorübergehend ausgeübte Priestertätigkeit; ferner erstrebt er die Feststellung, dass er nach wie vor den Status eines Priesters der Beklagten in der Gemeinde innehabe. Seine Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Berufungsgerichts Beschwerde eingelegt und zugleich beantragt, ihm für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten zu gewähren.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil seine Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO). Dem Beschwerdevorbringen des Klägers ist kein Grund für die Zulassung der Revision im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO zu entnehmen.

1. Die Rechtssache hat nicht die vom Kläger geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Der Kläger will in einem Revisionsverfahren als grundsätzlich bedeutsam geklärt wissen,

„ob bei rein vermögensrechtlichen Ansprüchen… aus einem kirchlichen Amts- oder Dienstverhältnis gegen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten überhaupt eröffnet, jedenfalls aber dann eröffnet ist, wenn dem Anspruchsteller effektiver kirchlicher Rechtsschutz für seine vermögensrechtlichen… Auseinandersetzungen mit der Kirche nicht zur Verfügung gestellt oder/und verweigert wird, also faktisch nicht zur Verfügung steht”.

Diese Frage kann die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht rechtfertigen, weil sie in dem angestrebten Revisionsverfahren voraussichtlich nicht zu beantworten wäre. Zwar trifft es zu, dass das Berufungsgericht für den vom Kläger erhobenen Zahlungsanspruch die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte verneint hat, weil dieser Anspruch dem innerkirchlichen Bereich zuzuordnen sei, der nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV nicht der Jurisdiktion des Staates unterliege. Der Kläger weist auch zur Begründung der Klärungsbedürftigkeit der Frage zutreffend darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner jüngsten Rechtsprechung zum Verhältnis zwischen dem Anspruch des Bürgers gegen den Staat auf Justizgewährung einerseits und dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht andererseits (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 18. September 1998 – 2 BvR 1476/94 – NJW 1999, 349 sowie vom 25. Februar 1999 – 2 BvR 548/96NVwZ 1999, 758) die Beschreitung des Rechtswegs zu den staatlichen Gerichten bei Streitigkeiten, die die vermögensrechtliche Ausgestaltung eines kirchlichen Dienstverhältnisses betreffen, nicht von vornherein für ausgeschlossen gehalten hat, und zwar abweichend von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch dann nicht, wenn dabei – wie es hier der Fall ist – zugleich über den Bestand des Dienstverhältnisses selbst gestritten wird (sog. verkappte Statusklage, vgl. dazu BVerwGE 95, 379 ≪381 ff.≫). Dennoch wäre im Falle der Revisionszulassung eine (erneute) Überprüfung dieser Rechtsschutzproblematik durch das Bundesverwaltungsgericht nicht zu erwarten. Denn das Berufungsgericht hat sich nicht mit der Verneinung des Rechtswegs zu den staatlichen Gerichten begnügt, sondern ist darüber hinaus in eine Sachprüfung eingetreten. In diesem Zusammenhang hat es ausgeführt, es lasse sich nicht feststellen, dass der Kläger im fraglichen Zeitraum als Priester im Dienst der Beklagten gestanden habe: Weder sei ihm von der Beklagten das Amt des Pfarrers der Berliner Gemeinde übertragen worden, noch sei es zum Abschluss eines Dienstvertrages zwischen ihm und der Beklagten gekommen; vielmehr habe der Kläger lediglich aufgrund eines Gefälligkeitsverhältnisses oder eines Vertrags mit der Gemeinde mit Billigung der Beklagten als der vorgesetzten Behörde vorübergehend die Aufgaben des verhinderten Gemeindepfarrers wahrgenommen. Gegen diese tatsächlichen Feststellungen, hat der Kläger keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen vorgebracht (s. nachfolgend 2.). Demgemäß fehlt es an der entscheidenden Voraussetzung für den vom Kläger geltend gemachten Zahlungsanspruch, dem Zustandekommen eines Dienstverhältnisses zwischen Kläger und Beklagten. Daraus folgt, dass das Berufungsurteil in jedem Falle zu bestätigen wäre; auf die Frage nach der Zulässigkeit des Rechtsweges kommt es unter diesen Umständen nicht weiter an.

Aus demselben Grunde kann die Revision auch nicht zur Klärung der vom Kläger mit Blick auf sein Feststellungsbegehren zusätzlich aufgeworfenen Frage zugelassen werden, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen staatlicher Rechtsschutz in Streitigkeiten gewährt wird, deren Gegenstand ausschließlich das kirchliche Dienstverhältnis als solches ist (sog. Statusklagen; vgl. BVerwGE 66, 241 ≪242 ff.≫; BVerfG, Beschluss vom 15. März 1999 – 2 BvR 2307/94NVwZ 1999, 758). Das Feststellungsbegehren des Klägers ist vom Berufungsgericht ebenso wie der Zahlungsantrag unter Hinweis auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht als unzulässig beurteilt worden. Auch dieses Begehren erweist sich auf der Grundlage der für den Senat verbindlichen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls als unbegründet. Da der Kläger nach diesen Feststellungen anlässlich seiner Vertretungstätigkeit in den Jahren 1988/89 von der Beklagten nicht, auch nicht durch schlüssiges Verhalten, zum Priester in der Gemeinde Berlin bestellt worden ist, hat er diesen Status auch derzeit nicht inne.

Der Kläger hält weiter für klärungsbedürftig,

„ob und unter welchen Voraussetzungen bei einer Zahlungs- und Statusklage mit einer Verfahrensdauer von 9 Jahren bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Berufungsverfahrens Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 19 Abs. 4, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verletzt ist, wenn die Klage mangels Rechtswegzuständigkeit als unzulässig abgewiesen wird, und welche Rechtsfolgen die Verletzung der vorbenannten Rechtsvorschriften nach sich zieht”.

Dieses Vorbringen führt schon deswegen nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, weil es nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entspricht. Der Kläger legt nicht dar, weshalb die Entscheidung des Rechtsstreits von der Beantwortung der bezeichneten Rechtsfrage abhängt; statt dessen lässt er die Rechtsfolgen des von ihm angenommenen Rechtsverstoßes ausdrücklich offen. Da nicht ausgeführt ist, wie sich die lange Verfahrensdauer auf die Entscheidung des Berufungsgerichts ausgewirkt haben könnte, kann sein Vorbringen auch nicht als eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) bewertet werden.

2. Entgegen der Annahme des Klägers leidet das angefochtene Urteil auch nicht an sonstigen Verfahrensmängeln.

Nach Ansicht des Klägers hat das Berufungsgericht seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) dadurch verletzt, dass es nicht aufgeklärt hat, ob und inwieweit ihm für sein Begehren kirchlicher Rechtsschutz zur Verfügung steht. Diese Rüge ist nicht begründet. Abgesehen davon, dass sie nur die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Zulässigkeit der Klage, nicht aber die das Berufungsurteil selbständig tragende Sachprüfung betrifft, verkennt der Kläger, dass die Umstände, deren Aufklärung er vermisst, nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nicht entscheidungserheblich waren. Denn das Berufungsgericht hat den Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten selbst dann nicht für eröffnet gehalten, „wenn innerkirchlicher Rechtsschutz nicht bestehen oder dem Kläger dieser verweigert worden sein sollte” (Berufungsurteil S. 13). Die gerichtliche Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO kann nur dann verletzt sein, wenn das Gericht Umstände unaufgeklärt gelassen hat, auf die es aus seiner rechtlichen Sicht ankam.

Ebensowenig musste das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung die gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers aufklären. Das Berufungsgericht hat bei der Erörterung des Rechtswegs zu den staatlichen Gerichten eine diesen Rechtsweg eröffnende Überschreitung des rein innerkirchlichen Bereichs unter der Voraussetzung für denkbar gehalten, dass durch die jeweilige vermögensrechtliche Streitigkeit der soziale Mindeststatus des Betroffenen berührt sei, hier aber eine solche Berührung mit der Begründung ausgeschlossen, der Anspruch des Klägers beziehe sich auf einen eng begrenzten und lange zurückliegenden Zeitraum, in dem er zudem erhebliche, nicht nur der Kostenerstattung dienende finanzielle Zuwendungen von der Berliner Gemeinde erhalten habe. Diese rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts hat unabhängig von der Frage Bestand, wovon der Kläger derzeit seinen Lebensunterhalt bestreitet.

Der Kläger meint ferner, das Berufungsgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) dadurch verletzt, dass es ohne einen vorherigen Hinweis in der mündlichen Verhandlung nur seine Bestellung zum Priester der Berliner Gemeinde geprüft und verneint, hingegen seine tatsächliche Priestertätigkeit und den daraus folgenden Anspruch auf die übliche Vergütung im Sinne von § 612 BGB unberücksichtigt gelassen habe. Auch diese Rüge ist nicht begründet. Denn das Berufungsgericht hat sich – ungeachtet einiger möglicherweise missverständlicher Formulierungen in den Entscheidungsgründen – nicht auf die Prüfung beschränkt, ob der Kläger von der Beklagten zum Priester der Berliner Gemeinde bestellt, d.h. durch einseitigen Hoheitsakt in ihren Dienst berufen worden ist. Vielmehr hat es sich darüber hinaus der Frage nach einem vertraglichen Dienstverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten gewidmet (vgl. S. 15 ff UA) und neben der Bestellung des Klägers zum Gemeindepriester auch das Zustandekommen eines Dienstvertrages mit der Beklagten ausdrücklich verneint. Sogar Vergütungsansprüche aus einem (bloß) faktischen Dienstverhältnis setzen stets immerhin den äußeren Tatbestand eines Vertragsschlusses voraus (vgl. die Hinweise in BAG, NJW 2000, 1438 ≪1439≫). Das Berufungsgericht hat mithin den auf die Zahlung der üblichen Priestervergütung gerichteten Anspruch des Klägers auch unter dienstvertraglichen Gesichtspunkten geprüft, ihn aber – letztlich mangels einer auf die Begründung eines Dienstverhältnisses gerichteten Willenserklärung der Beklagten – auch im Blick auf diese Anspruchsgrundlage für unbegründet erachtet. Mit dieser Feststellung erledigt sich zugleich auch der Vorwurf des Klägers, das Berufungsgericht habe wesentliche Teile seines Vortrags übergangen.

Die übrigen Ausführungen des Klägers erschöpfen sich im Wesentlichen darin, das angefochtene Urteil unter tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten als unrichtig in Frage zu stellen, ohne dass sich aus ihnen ein das Revisionsverfahren eröffnender Verfahrensmangel ergäbe. Von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat in entsprechender Anwendung des § 133 Abs. 5 Satz 2, 2. Halbsatz VwGO ab.

 

Unterschriften

Dr. Franßen, Dr. Bardenhewer, Herbert

 

Fundstellen

Dokument-Index HI566642

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