Entscheidungsstichwort (Thema)

Anordnung von Haft zur Erzwingung eines Zeugnisses

 

Beteiligte

Rechtsanwältin Gabriela Lünsmann

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OLG (Zwischenurteil vom 01.08.2000; Aktenzeichen 1 Ws 298/00)

 

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a BVerfGG nicht vorliegen.

Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 1. August 2000 verletzt die Beschwerdeführerin nicht in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG oder in Art. 2 Abs. 1 GG. Die auf § 70 Abs. 2 StPO gestützte Anordnung von Haft zur Erzwingung des Zeugnisses ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Die Auslegung und Anwendung der Vorschrift des § 70 StPO in Verbindung mit den einfach-rechtlichen Vorschriften, aus denen sich ein gesetzlicher Grund für die Verweigerung des Zeugnisses ergeben könnte, ist Sache der Fachgerichte. Anhaltspunkte für die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts durch das Oberlandesgericht sind nicht hervorgetreten. Das Oberlandesgericht nahm vielmehr in seiner ausführlich begründeten Entscheidung ohne Verstoß gegen die Grundrechte der nicht aussagebereiten Beschwerdeführerin an, dass ihr als langjähriger Lebensgefährtin des mit einer anderen Frau verheirateten Angeklagten ein gesetzlicher Grund zur Verweigerung des Zeugnisses nicht zur Seite stand. Die 2. Kammer des Zweiten Senats hat in einem gleich gelagerten Fall bereits entschieden, dass es das Grundgesetz in Fällen langjähriger Partnerschaft bei noch bestehender Ehe nicht gebiete, dem Partner unmittelbar aus der Verfassung ein über die strafprozessualen Vorschriften hinausgehendes Zeugnisverweigerungsrecht zu gewähren (Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Januar 1999 – 2 BvR 961/94 – in NStZ 1999, S. 255). Daran ist mit Blick auf die fortbestehende Ehe des Angeklagten, die dem besonderen Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG auch dann unterfällt, wenn sie nicht mehr intakt ist (BVerfGE 55, 134 ≪141 f.≫), festzuhalten.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Limbach, Hassemer, Mellinghoff

 

Fundstellen

Dokument-Index HI567628

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge