Beteiligte

der G … mbH, vertreten durch die Geschäftsführer

Rechtsanwälte Prof. Dr. Konrad Redeker und Partner

 

Verfahrensgang

BAG (Zwischenurteil vom 30.01.1990; Aktenzeichen 1 ABR 101/88)

 

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Tatbestand

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Mitbestimmung des Betriebsrats nach dem Betriebsverfassungsgesetz bei der Festlegung der täglichen Arbeitszeit von Redakteuren eines Presseunternehmens.

I.

1. Die Beschwerdeführerin ist ein Presseunternehmen, das etwa 60 Redakteure beschäftigt und die wöchentlich erscheinende „Wirtschaftswoche” herausgibt. Im Gefolge der im maßgeblichen Manteltarifvertrag vereinbarten Arbeitszeitverkürzung auf wöchentlich 38,5 Stunden unterbreitete der Betriebsrat der Beschwerdeführerin einen Entwurf für eine Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeit der Redakteure. Sie sollte in der Regel 8 Stunden an vier Tagen und 6,5 Stunden an einem Arbeitstag betragen. Daraufhin begehrte die Beschwerdeführerin die gerichtliche Feststellung, daß dem Betriebsrat für die in dem Entwurf vorgesehene Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit ein Mitbestimmungsrecht nicht zusteht.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben, das Landesarbeitsgericht die hiergegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats hat das Bundesarbeitsgericht unter Aufhebung des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts die Entscheidung des Arbeitsgerichts abgeändert und den Antrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen (BAGE 64, 103 = AP Nr. 44 zu § 118 BetrVG 1972). Zur Begründung hat das Bundesarbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt:

Der Antrag der Beschwerdeführerin sei entgegen der Auffassung der Vorinstanzen unbegründet. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG werde nicht durch § 118 Abs. 1 BetrVG ausgeschlossen.

Auch wenn es sich bei der Einschränkung der Mitbestimmungsrechte durch § 118 Abs. 1 BetrVG um eine Ausnahmevorschrift handele, habe dies nicht zur Folge, daß die Tendenzschutzbestimmung des § 118 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG restriktiv auszulegen sei. Vielmehr sei nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 6. November 1979 (BVerfGE 52, 283) allein entscheidend, ob die Auslegung des § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu einer Beschränkung der Pressefreiheit führe. Das sei hier nicht der Fall, weil die vom Betriebsrat begehrte Mitbestimmungsregelung eine rein betriebsorganisatorische Frage zum Gegenstand habe, die die Tendenzverwirklichung des Arbeitgebers noch nicht einmal berühre, geschweige denn erheblich beeinträchtige. Eine die Aktualität der Berichterstattung gefährdende Beeinträchtigung der geistig-ideellen Zielsetzung des Presseunternehmens scheide vorliegend aus. Der Betriebsrat habe nämlich weder ein Mitbestimmungsrecht für die Festlegung des Arbeitsbeginns oder des Arbeitsendes noch für die Verteilung der wöchentlichen Arbeitsstunden auf bestimmte Tage verlangt. Vielmehr habe er sich damit begnügt, ein sehr eingeschränktes Mitbestimmungsrecht für die abstrakt-generelle Verteilung der Arbeitszeit auf je 8 Stunden an vier Tagen und 6,5 Stunden an einem Tag in Anspruch zu nehmen. Es bleibe also dem Arbeitgeber überlassen, einseitig zu bestimmen, an welchem Tag der einzelne Arbeitnehmer 8 und an welchem er 6,5 Stunden zu arbeiten habe. Auf diese Weise werde es dem Arbeitgeber ermöglicht, allein den Redaktionsschluß zu bestimmen und alle anderen Maßnahmen zu treffen, die zur Tendenzverwirklichung erforderlich seien. Dazu gehöre beispielsweise, daß der Arbeitgeber einseitig ohne Mitbestimmung des Betriebsrats entscheiden könne, daß der Beitrag eines Redakteurs noch fertigzustellen sei und daß Recherchen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eingeholt würden.

2. Mit ihrer gegen den Beschluß des Bundesarbeitsgerichts gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Sie macht im wesentlichen geltend:

Die vom Betriebsrat geforderte Mitbestimmung sei mit der Tendenzklausel in § 118 Abs. 1 BetrVG unvereinbar, weil die Verteilung der Arbeitszeit auf einzelne Arbeitstage unmittelbar Auswirkungen auf die Aktualität und Qualität der Berichterstattung habe. Die zeitliche Fixierung und Aufteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage nehme der Beschwerdeführerin die Möglichkeit des Einsatzes ihrer Redakteure nach den aktuellen Notwendigkeiten. Dieser Einsatz, mit dem sich die Freiheit in der Gestaltung der Zeitschrift vom aktuellen kurzfristig notwendig gewordenen Interview bis zu ebenso aktuell kurzfristig notwendig werdenden Recherchen und daraus folgenden Berichten verwirkliche, sei für die Beschwerdeführerin Grundlage für Gestaltung und Inhalt der Zeitschrift und entzöge sich starren zeitlichen Bindungen. Dies zeige gerade die bisherige Form des Einsatzes ihrer Redakteure, die unmittelbar mit der Tendenzverwirklichung zusammenhänge und ohne die eine solche Verwirklichung ausscheide.

Hinzu komme, daß die Rechtsprechung an die Sorgfaltspflicht von Journalisten hohe Ansprüche stelle. Diese Sorgfaltspflichten schlössen Zeitblockbildungen geradezu aus. Es müsse in der Hand des Arbeitgebers, der letztlich die Verantwortung und die Haftung trage, ebenso aber auch des Redakteurs bleiben, die Arbeitszeit bei der konkreten Tätigkeit nach dieser auszurichten, damit den Anforderungen an die journalistische Arbeit genügt, gleichzeitig aber auch der Freiraum für die Presse ausgeschöpft werden könne. Das Bundesarbeitsgericht habe diese Notwendigkeit nicht gesehen und damit die verfassungsrechtlich aus Art. 5 GG abzuleitenden Grenzen zwischen Mitbestimmung und Tendenzverwirklichung verkannt.

Diese Grenzen seien nicht Gegenstand abstrakter Formulierungen, sondern müßten anhand konkreter Fallgestaltungen gezogen werden. Es sei deshalb wenig damit gewonnen, daß das Bundesarbeitsgericht zahlreiche Belege für seinen Grundsatz heranziehe, die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebes stehe einem Beteiligungsrecht noch nicht schon immer dann entgegen, wenn eine Regelung die geistig-ideelle Zielsetzung irgendwie berühre, sondern nur wenn die Ausübung des Beteiligungsrechts die Tendenzverwirklichung ernstlich beeinträchtigen könne. Abgesehen davon, daß im Fall der Mitbestimmung eine solche ernstliche Beeinträchtigung regelmäßig vorliege, bewiesen die späteren Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts, daß es diesen Grundsatz mit einem verfassungsrechtlich nicht haltbaren Inhalt verstehe und deshalb zu einem Ergebnis komme, das mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht vereinbar sei.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 2. August 1993 (BGBl I S. 1442) – ÄndG –, die gemäß Art. 8 ÄndG auch für dieses Verfahren gelten, liegen nicht vor.

1. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinreichend geklärt (vgl. insbesondere BVerfGE 52, 283).

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin auf Pressefreiheit angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Sie ist ungeachtet der Frage ihrer Zulässigkeit jedenfalls unbegründet.

a) Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeit, die sich nach Vorschriften des Arbeitsrechts, namentlich § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, beurteilt, deren Auslegung und Anwendung Sache der dafür zuständigen Arbeitsgerichte ist. Das Bundesverfassungsgericht prüft lediglich nach, ob dabei die grundrechtlichen Normen und Maßstäbe beachtet worden sind (vgl. BVerfGE 42, 143 ≪148≫). Der verfassungsrechtlichen Überprüfung unterliegt daher nur die Frage, ob die vom Bundesarbeitsgericht gefundene Auslegung mit den verfassungsrechtlichen Geboten der insoweit als Prüfungsmaßstab allein in Betracht kommenden Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) im Einklang steht, auf die die Beschwerdeführerin sich als Verlegerin berufen kann (vgl. BVerfGE 52, 283 ≪295≫).

b) Das Grundrecht der Pressefreiheit umfaßt die Freiheit, die Tendenz einer Zeitung festzulegen, beizubehalten, zu ändern und diese Tendenz zu verwirklichen; dies ist eine Grundbedingung freier Presse, wie sie durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistet wird. Dem Staat sind deshalb nicht nur unmittelbare Eingriffe, vor allem in Gestalt eigener Einflußnahme auf die Tendenz von Zeitungen, verwehrt; er darf auch nicht durch rechtliche Regelungen die Presse fremden – nicht-staatlichen – Einflüssen unterwerfen oder öffnen, die mit dem durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG begründeten Postulat unvereinbar wären, der Freiheit der Presse Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 52, 283 ≪296≫).

Demgemäß steht auch dem Betriebsrat unter verfassungsrechtlichen Aspekten ein Einfluß auf die Tendenz der Zeitung nicht zu. Ein solcher Einfluß wäre ein „fremder”; seine Begründung würde zu einer Einschränkung der Pressefreiheit des Verlegers führen. Eine solche Einschränkung erlaubt § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG aber nicht. Denn diese Vorschrift beschränkt die Pressefreiheit nicht, vielmehr schirmt sie sie gerade – im Rahmen der Reichweite der Norm – vor einer Beeinträchtigung durch betriebliche Mitbestimmungsrechte ab (vgl. BVerfGE 46, 73 ≪95≫). Die Anwendung von Mitbestimmungsrechten ist, soweit durch sie die Pressefreiheit eingeschränkt würde, durch § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ausgeschlossen. § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist mithin keine grundrechtsbegrenzende, sondern eine grundrechtsausgestaltende Regelung, bei deren Auslegung und Anwendung es nicht auf das Gewicht der durch die in Frage stehenden Mitbestimmungsrechte geschützten Belange der Arbeitnehmer ankommt. Soweit für die Auslegung grundrechtsgestaltender Regelungen auch das Sozialstaatsprinzip heranzuziehen ist, darf dies nicht in eine Beschränkung des Grundrechts auf Pressefreiheit umschlagen (vgl. BVerfGE 52, 283 ≪296 ff.≫).

c) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts. Die ihr zugrunde liegende Auslegung des § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG eröffnet dem Betriebsrat nicht einen mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG unvereinbaren Einfluß auf die Tendenz der Zeitung.

Das Bundesarbeitsgericht geht im Ansatz davon aus, daß Beteiligungsrechte des Betriebsrats nur dann ausgeschlossen sind, wenn es sich um eine tendenzbezogene Maßnahme handelt und die geistig-ideelle Zielsetzung des Unternehmens und deren Verwirklichung durch die Beteiligung des Betriebsrats verhindert oder jedenfalls ernstlich beeinträchtigt werden kann. Hiergegen hat die Beschwerdeführerin keine Bedenken erhoben. Ihre Einwände gehen vielmehr dahin, daß die Ausübung eines Mitbestimmungsrechts bei tendenzbezogenen Maßnahmen stets zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Tendenzverwirklichung und damit zu einem Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG führe. Dem kann nicht gefolgt werden.

Mitbestimmungsrechte sind von Verfassungs wegen ausgeschlossen, soweit durch sie die von der Pressefreiheit geschützte Tendenzentscheidung eingeschränkt würde (vgl. BVerfGE 52, 283 ≪299≫). An der Durchführung dieser verlegerischen Entscheidung darf der Arbeitgeber nicht durch die Ausübung eines betrieblichen Beteiligungsrechts gehindert werden (vgl. BVerfGE 52, 283 ≪300≫). Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht eine Stellungnahme des Betriebsrats zu tendenzbezogenen Kündigungsgründen als mit § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG unvereinbar angesehen. Sie schaffe die Gefahr einer „tendenzbezogenen Auseinandersetzung” zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat und in ihrer Folge einen Verlust oder eine Beschränkung der Entscheidungsfreiheit über die Tendenz einer Zeitung (vgl. BVerfGE 52, 283 ≪301 f.≫). Eine solche Gefahr ist jedoch nicht schon generell gegeben, wenn es sich um eine Maßnahme mit Bezug zu einer Tendenzentscheidung handelt. Allein die Beziehung zwischen Maßnahme und Tendenzentscheidung besagt noch nichts darüber, ob mit einer Einflußnahme auf die Ausgestaltung der Maßnahme eine Einschränkung der Verwirklichung der Tendenzentscheidung einhergeht. Vielmehr hängt dies im Einzelfall von der jeweiligen Maßnahme und deren konkreten Auswirkungen für die Tendenzverwirklichung ab.

Diese verfassungsrechtlichen Anforderungen beachtet das Bundesarbeitsgericht, indem es zwischen Arbeitszeitentscheidungen, die sich auf den wertneutralen Arbeitsablauf beziehen und deshalb der Mitbestimmung unterliegen, und mitbestimmungsfreien Entscheidungen, die die geistig-ideelle Zielsetzung des Unternehmens betreffen, unterscheidet. Auf den gegen diese Differenzierung vereinzelt erhobenen Einwand, in Presseunternehmen könne generell nicht zwischen rein arbeitsorganisatorischen und tendenzbezogenen Arbeitszeitmaßnahmen unterschieden werden (vgl. Dütz, AfP 1988, S. 193 ≪201 ff.≫; Berger-Delhey, NZA 1992, S. 441 ≪444≫), kommt es verfassungsrechtlich nicht an. Insoweit ist allein maßgebend, ob die im Einzelfall konkret in Rede stehende Arbeitszeitentscheidung die Tendenzverwirklichung des Arbeitgebers betrifft. Dies ist der Fall, wenn die Zeitentscheidung auf die Erscheinungsweise, die Aktualität oder die inhaltliche Ausgestaltung der Zeitung oder Zeitschrift ausgerichtet ist. Hierzu gehören etwa die Festlegung und Verlegung von Erscheinungsterminen, die Bestimmung des Redaktionsschlusses, die Entscheidung über die regelmäßige Wochenarbeit und deren Umfang in einer Zeitungsredaktion sowie die Einführung und der zeitliche Umfang von Redaktionskonferenzen (vgl. Weiss/Weyand, ArbuR 1990, S. 33 ≪42≫). Die Beteiligung des Betriebsrats an einer solchen Entscheidung eröffnete ihm einen die Pressefreiheit beschränkenden Einfluß auf die Tendenz. Geht es hingegen um Arbeitsentscheidungen, die aus anderen als Tendenzgründen getroffen werden, etwa zu dem Zweck, den Einsatz der Redakteure dem technisch-organisatorischen Herstellungsprozeß anzupassen oder die Art der Arbeitsteilung zu regeln, führt eine Beteiligung des Betriebsrats hieran nicht zu einer Einflußmöglichkeit auf die Tendenz (vgl. Plander, ArbuR 1991, S. 353 ≪356≫).

Das Bundesarbeitsgericht ist in der angegriffenen Entscheidung davon ausgegangen, daß die Verteilung der Wochenarbeitsstunden auf die einzelnen Wochentage in der vom Betriebsrat geltend gemachten Weise die Tendenzverwirklichung der Beschwerdeführerin nicht berühre, weil eine Beeinträchtigung der geistig-ideellen Zielsetzung ausscheide. Es hat dabei maßgeblich darauf abgehoben, daß der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht für die Festlegung des Arbeitsbeginns und -endes der Redakteure in Anspruch nehme. Der Arbeitgeber behalte auf diese Weise die Möglichkeit, allein den Redaktionsschluß und alle anderen Maßnahmen zu bestimmen, die zur Tendenzverwirklichung erforderlich seien. Hierzu gehöre insbesondere die Möglichkeit, einseitig ohne Mitbestimmung des Betriebsrats zu entscheiden, daß etwa der Beitrag eines Redakteurs noch fertigzustellen sei oder Recherchen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt einzuholen seien.

Damit hat das Bundesarbeitsgericht in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise das Mitbestimmungsrecht auf eine nicht der Tendenzverwirklichung dienende Entscheidung beschränkt. Es ist nichts dafür ersichtlich, daß die hier in Rede stehende generelle Verteilung der Arbeitszeit der Redakteure auf die einzelnen Arbeitstage unmittelbare Auswirkungen auf die Aktualität und Qualität der Berichterstattung der Beschwerdeführerin hat. Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die vom Betriebsrat verlangte und vom Bundesarbeitsgericht als mitbestimmungspflichtig erachtete Arbeitszeitregelung nehme ihr die Möglichkeit des Einsatzes ihrer Redakteure nach den aktuellen und für die Gestaltung und den Inhalt ihrer Zeitschrift grundlegenden Notwendigkeiten, verkennt sie, daß das Bundesarbeitsgericht solche Entscheidungen gerade nicht einem Mitbestimmungsrecht unterworfen hat. Vielmehr hat es ausdrücklich alle Maßnahmen für mitbestimmungsfrei gehalten, die zur Tendenzverwirklichung erforderlich sind. Dazu gehören namentlich auf ein bestimmtes Thema oder bestimmte Redakteure aus Gründen der Aktualität oder Qualität der Berichterstattung bezogene Arbeitszeitentscheidungen. Damit bleibt dem Arbeitgeber die Befugnis zu konkreten Einzelanweisungen, um die von der Tendenzautonomie erfaßte inhaltliche und formale Gestaltung einzelner Themen zu gewährleisten. Gerade die Freiheit der Entscheidung über den jeweiligen Einsatz eines Redakteurs und die Zuweisung konkreter Aufgaben an ihn gehören nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Verwirklichung und Verfolgung der Tendenz (vgl. BAGE 56, 71 ≪77≫ = AP Nr. 10 zu § 101 BetrVG 1972). Anhaltspunkte dafür, daß das Bundesarbeitsgericht hiervon mit der vorliegend angegriffenen Entscheidung abgewichen sein könnte, sind nicht ersichtlich.

Schließlich ist die Beschwerdeführerin auch nicht daran gehindert, aus Gründen der Aktualität und Qualität der Berichterstattung vorübergehend generell die betriebsübliche Arbeitszeit der Redakteure zu verändern. Soweit dementsprechende Zeitvorgaben der Tendenzverwirklichung dienen, etwa die umfassende und aktuelle Berichterstattung über ein Großereignis gewährleisten sollen, bleiben diese auch nach der Auffassung, die der angegriffenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zugrunde liegt, mitbestimmungsfrei.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Papier, Grimm, Hömig

 

Fundstellen

Haufe-Index 543491

DB 2000, 430

AfP 2000, 82

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