Entscheidungsstichwort (Thema)

Anordnung der Auslagenerstattung nach Erledigterklärung einer Verfassungsbeschwerde (hier: nach Stattgabe einer Landesverfassungsbeschwerde). Gegenstandswertfestsetzung

 

Normenkette

BVerfGG § 34a Abs. 3, § 90; RVG § 14 Abs. 1, § 37 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

OLG Koblenz (Beschluss vom 28.06.2021; Aktenzeichen 2 OWi 6 SsRs 430/20)

AG Wittlich (Urteil vom 23.09.2020; Aktenzeichen 36a OWi 8041 Js 14657/20)

 

Tenor

Das Land Rheinland-Pfalz hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 15.000 Euro (in Worten: fünfzehntausend Euro) festgesetzt.

 

Gründe

Rz. 1

1. Über die Verfassungsbeschwerde, mit der sich der Beschwerdeführer gegen seine Verurteilung in einem Bußgeldverfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung sowie die Verwerfung seines Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gewendet hat, ist nicht mehr zu entscheiden, weil der Beschwerdeführer das Verfassungsbeschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 8. März 2022 für erledigt erklärt hat.

Rz. 2

2. Die Auslagenerstattung war auf Antrag des Beschwerdeführers anzuordnen.

Rz. 3

a) Nach Erledigung der Verfassungsbeschwerde ist über die Auslagenerstattung gemäß § 34a Abs. 3 BVerfGG nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden (vgl. BVerfGE 85, 109 ≪114≫; 87, 394 ≪397≫; 133, 37 ≪38 Rn. 2≫). Im Hinblick auf die Funktion und die Tragweite der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts findet eine summarische Prüfung der Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde im Rahmen der Entscheidung nach § 34a Abs. 3 BVerfGG grundsätzlich nicht statt (vgl. BVerfGE 33, 247 ≪264 f.≫; 85, 109 ≪115 f.≫; 87, 394 ≪398≫; 133, 37 ≪38 f. Rn. 2≫). Dem Grund, der zur Erledigung geführt hat, kann wesentliche Bedeutung zukommen (BVerfGE 133, 37 ≪38 Rn. 2≫). So ist es billig, einem Beschwerdeführer die Erstattung seiner Auslagen zuzuerkennen, wenn die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt beseitigt oder der Beschwer auf andere Weise abhilft, weil in diesem Fall davon ausgegangen werden kann, dass sie das Begehren des Beschwerdeführers selbst für berechtigt erachtet hat (vgl. BVerfGE 85, 109 ≪114 ff.≫; 87, 394 ≪397 f.≫; 91, 146 ≪147≫; 133, 37 ≪38 Rn. 2≫).

Rz. 4

b) Gemessen hieran entspricht es im vorliegenden Fall der Billigkeit, dem Beschwerdeführer seine Auslagen zu erstatten. Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz hat der parallel erhobenen Landesverfassungsbeschwerde stattgegeben und die - auch hier - angegriffenen Entscheidungen aufgehoben. Damit hat er zum Ausdruck gebracht, dass er das Begehren des Beschwerdeführers für berechtigt erachtet hat. Einer eigenständigen Prüfung der Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde durch das Bundesverfassungsgericht bedarf es insoweit nicht mehr. Besondere Anhaltspunkte, die trotz der stattgebenden Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz gegen die Billigkeit der Auslagenerstattung sprechen, sind nicht ersichtlich.

Rz. 5

3. Die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 ≪366 ff.≫, dort noch zu § 113 Abs. 2 Satz 3 BRAGO a.F.; BVerfGK 20, 336 ≪337 f.≫).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15602893

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