Verfahrensgang

OVG für das Land NRW (Beschluss vom 25.08.2006; Aktenzeichen 13 A 4244/05)

VG Düsseldorf (Urteil vom 02.09.2005; Aktenzeichen 26 K 601/05)

 

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Tatbestand

I.

Der Beschwerdeführer, der inzwischen wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in 36 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten verurteilt ist, wandte sich ursprünglich mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Anordnung des Ruhens seiner Approbationen als Arzt und Zahnarzt.

Mit Beschluss vom 4. Oktober 2006 hat das Bundesverfassungsgericht die Anordnung des Ruhens der ärztlichen und zahnärztlichen Approbationen bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde vorläufig ausgesetzt. Die Verfassungsbeschwerde sei weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Wegen der gesteigerten Eingriffsintensität des mit der Anordnung des Ruhens der Approbation verbundenen vorläufigen Berufsverbots könne diese nur auf solche Gründe gestützt werden, die in angemessenem Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stünden und ein Zuwarten bis zur Rechtskraft des Hauptverfahrens ausschlössen. Ob die angegriffenen Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren diesen Maßstäben Rechnung trügen, sei zweifelhaft und bedürfe der Überprüfung im Verfassungsbeschwerdeverfahren.

Im Rahmen der Folgenabwägung gelangte das Bundesverfassungsgericht sodann zu dem Ergebnis, dass die beantragte einstweilige Anordnung zu erlassen sei.

Die Bezirksregierung hob im Hinblick auf die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung im Januar 2007 die Bescheide über die Anordnung des Ruhens der Zulassungen auf und widerrief die Approbationen des Beschwerdeführers.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der von dem Beschwerdeführer als verletzt gerügten Rechte angezeigt; denn die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.

1. Die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für die Aufhebung des angegriffenen Hoheitsaktes oder jedenfalls für die Feststellung seiner Verfassungswidrigkeit besteht. Dieses Rechtsschutzbedürfnis muss noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gegeben sein (vgl. BVerfGE 21, 139 ≪143≫; 81, 138 ≪140 f.≫). Im vorliegenden Fall fehlt es dem Beschwerdeführer an einem Rechtsschutzbedürfnis, weil er nach Aufhebung der angegriffenen Ruhensanordnung durch diese nicht mehr betroffen ist.

2. Es ist kein Ausnahmefall gegeben, bei dem trotz der Erledigung des Rechtsschutzziels des Beschwerdeführers ein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis bejaht werden kann.

Dies setzt voraus, dass das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage in besonderer Weise schutzwürdig ist. Danach kann das Rechtsschutzinteresse fortbestehen, wenn entweder die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung anderenfalls unterbliebe und der gerügte Grundrechtseingriff besonders belastend erscheint, eine Wiederholung der angegriffenen Maßnahme zu besorgen ist oder die aufgehobene oder gegenstandslos gewordene Maßnahme den Beschwerdeführer noch weiter beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 69, 161 ≪168≫). Darüber hinaus kommt trotz einer Erledigung fortbestehendes Rechtsschutzinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe in Betracht (vgl. BVerfGE 96, 27 ≪40≫; 104, 220 ≪233≫).

Keine dieser Konstellationen ist hier gegeben. Es stehen insbesondere keine Fragen von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung zur Beantwortung an. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass Art. 12 Abs. 1 GG einen Eingriff in die Berufsfreiheit schon vor Rechtskraft des Hauptverfahrens als Präventivmaßnahme nur unter strengen Voraussetzungen zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässt (vgl. BVerfGE 35, 263 ≪274≫; 44, 105 ≪117 ff.≫). Diese Grundsätze sind auch für das Ruhen der Approbationen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 ZHG und § 6 Abs. 1 Nr. 1 BÄO zu beachten; denn diese Maßnahmen stellen eine vorläufige Berufsuntersagung in unklaren oder eilbedürftigen Fällen dar (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 19. Juli 1991 – 9 S 1227/91 –, NJW 1991, S. 2366).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Papier, Steiner, Gaier

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1759496

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