Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachträgliche Aufteilung bei Witwenrente und Geschiedenenwitwenrente

 

Orientierungssatz

Ist der Witwe eines Versicherten Witwenrente zuerkannt worden, so steht der nachträglichen Aufteilung (Neufeststellung) der Rente auf die Witwe und die frühere Ehefrau des Versicherten nicht entgegen, daß die frühere Ehefrau ihren Rentenantrag bereits gestellt hatte, als der allein die Witwe begünstigende Bescheid erlassen wurde (Festhaltung an BSG 1969-03-11 4 RJ 153/68 = BSGE 29, 169).

 

Normenkette

RVO § 1268 Abs. 4 S. 2 Fassung: 1965-06-09; SGG § 77

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 04.12.1968)

SG Köln (Entscheidung vom 12.01.1968)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. Dezember 1968 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

Die Klägerin ist die Witwe, die Beigeladene ist die frühere Ehefrau des Versicherten. Die Rentenanträge der Klägerin und der Beigeladenen gingen gleichzeitig bei der Beklagten ein. Diese gewährte der Klägerin zunächst die volle Witwenrente (Bescheid vom 12. November 1963). Später billigte sie auch der Beigeladenen einen Anteil an der Hinterbliebenenrente zu; gleichzeitig setzte sie die Witwenrente der Klägerin entsprechend herab (§ 1268 Abs. 4 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung - RVO -; Bescheide vom 4. Januar 1964).

Die Klage ist erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts - SG - Köln vom 12. Januar 1968). Im Berufungsverfahren hat die Klägerin weiterhin vorgebracht, der Versicherte habe der Beigeladenen keinen Unterhalt zahlen können. Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat das Urteil des SG abgeändert und den Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 1964 über die Neufeststellung der Witwenrente aufgehoben (Urteil vom 4. Dezember 1968). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Der Witwenrentenbescheid vom 12. November 1963 sei bindend geworden (§ 177 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). § 1268 Abs. 4 Satz 2 RVO beseitige die Bindungswirkung hier nicht; die Vorschrift erfasse nur jene Fälle, in denen ein weiterer Berechtigter seinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach der ersten Rentenfeststellung geltend mache.

Mit der zugelassenen Revision rügt die Beklagte die unrichtige Anwendung des § 1268 Abs. 4 RVO und des § 77 SGG. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückweisung der Berufung der Klägerin.

Die Klägerin ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Die Beigeladene beantragt die Zurückweisung der Revision.

Die Revision der Beklagten ist insoweit begründet, als das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen ist.

Ist der Witwe eines Versicherten Witwenrente zuerkannt worden, so steht der nachträglichen Aufteilung (Neufeststellung) der Rente auf die Witwe und die frühere Ehefrau des Versicherten nicht entgegen, daß die frühere Ehefrau ihren Rentenantrag bereits gestellt hatte, als der allein die Witwe begünstigende Bescheid erlassen wurde (BSG 29, 169 = SozR Nr. 14 zu § 1268 RVO). An dieser Rechtsprechung hält der Senat nach Überprüfung fest, zumal die Gründe des angefochtenen Urteils keinen Gesichtspunkt enthalten, der nicht schon früher berücksichtigt worden wäre (vgl. auch Lütje in SGb 1970, 100).

Ob die Beklagte in dem Bescheid über die ungeteilte Witwenrente einen Vorbehalt hätte aufnehmen sollen und dürfen, kann dahingestellt bleiben. Ein Hinweis, daß unter Umständen später eine Aufteilung der Rente in Betracht kommen werde, hätte auf keinen Fall geschadet und es der Klägerin ermöglicht, sich auf die Verringerung ihres Renteneinkommens schon vorher einzustellen.

Hiernach ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Der Senat vermag nicht in der Sache selbst zu entscheiden. Für die Beantwortung der Frage, ob die Beigeladene gegen den Versicherten zur Zeit seines Todes einen Unterhaltsanspruch nach den Vorschriften des Ehegesetzes oder aus sonstigen Gründen hatte (§ 1265 RVO), fehlt es an ausreichenden Feststellungen. Damit diese nachgeholt werden können, ist der Rechtsstreit nach § 170 Abs. 2 Satz 2 SGG an das LSG zurückzuverweisen.

Die Entscheidung über die Pflicht zur Erstattung der Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1647140

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