Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 06.11.1986)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 6. November 1986 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Streitig ist die rentensteigernde Berücksichtigung von Ausfallzeiten.

Die Klägerin ist die Witwe des 1931 geborenen und am 3. März 1983 verstorbenen Kammermusikers (Bratschers) Karl-Heinz Sch. … (im folgenden Versicherter). Dieser hatte in der Zeit vom 5. April 1948 bis 31. Oktober 1951 an der Staatlichen Hochschule für Musik in Köln (jetzt Staatliche Hochschule für Musik Rheinland, Musikhochschule Köln) das Fach Bratsche (Viola) mit dem Berufsziel eines Orchestermusikers studiert und war anschließend seit 15. November 1951 bei verschiedenen Kulturorchestern versicherungspflichtig beschäftigt. Die damals nach einem Studium von mindestens sechs Semestern mögliche Reifeprüfung wurde nicht abgelegt. Die Hochschule hielt diese Prüfung als Nachweis für den erfolgreichen Abschluß des Studiums nicht für üblich und erforderlich und erachtete das Studium vor allem dann als erfolgreich durchgeführt, wenn ein Probespiel bei einem deutschen Kulturorchester mit Erfolg absolviert worden war.

Bei der der Klägerin ab 3. März 1983 bewilligten Witwenrente wurde die Berücksichtigung ua der Zeit vom 5. April 1948 bis 31. Oktober 1951 als Ausfallzeit mit der Begründung abgelehnt, daß die Hochschulausbildung nicht abgeschlossen sei (Bescheid vom 1. September 1983). Widerspruch und Klage der Klägerin blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 8. März 1984; Urteil des Sozialgerichts -SG- Düsseldorf vom 14. Juni 1985). Auf die Berufung der Klägerin wurde die Beklagte verurteilt, die vorgenannte Zeit als Ausfallzeit des Versicherten rentensteigernd zu berücksichtigen (Urteil des Landessozialgerichts -LSG- für das Land Nordrhein-Westfalen vom 6. November 1986). Das LSG hat im wesentlichen ausgeführt: Zwar seien an der Musikhochschule Köln auch schon vor der zum 1. Januar 1954 in Kraft getretenen und am 26. März 1954 ministeriell genehmigten ersten Nachkriegssatzung „Schulordnung und Prüfungsbestimmungen der Staatlichen Hochschule für Musik Köln/Rheinische Musikschule der Stadt Köln”) Abschlußprüfungen im Bereich der Orchesterschule – und damit auch in dem Hauptfach Viola – möglich gewesen. Grundlage dafür seien offenbar die „Bestimmungen für die Reifeprüfung bei der Staatlichen Hochschule für Musik in Köln” aus dem Jahr 1931 gewesen. Jedoch sei zur damaligen Zeit die Ablegung dieser Prüfung eher die Ausnahme gewesen, während entscheidend für den Nachweis der Studienqualifikation in erster Linie das erfolgreiche Vorspiel bei Kulturorchestern mit nachfolgendem Engagement gewesen sei. Da der Versicherte die Mindeststudiendauer von sechs Semestern durchlaufen und am 15. November 1951 sein erstes Engagement – aufgrund offensichtlich vorausgegangenen erfolgreichen Probespiels – angetreten habe, sei bewiesen, daß das Studium zu diesem Zeitpunkt ordnungsgemäß abgeschlossen gewesen sei.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 36 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b Angestelltenversicherungsgesetz (AVG). Ob eine Hochschulausbildung iS des § 36 Abs 1 Satz 1 Nr 4 b AVG abgeschlossen sei, beurteile sich allein danach, ob ein förmlicher Ausbildungsabschluß vorgesehen sei, und nicht danach, ob sich die Ausbildung als notwendig oder vorteilhaft für eine spätere Berufsaufnahme oder Berufsausübung erweise. Auch bei künstlerischen Studiengängen sei keine Ausnahme von diesem Grundsatz erforderlich. Kunsthochschulen vermittelten entgegen der Ansicht des LSG nicht nur künstlerische Fähigkeiten, sondern daneben auch theoretisches Wissen und handwerkliche Fähigkeiten, die ebenso wie in sonstigen Studiengängen einer Erfolgskontrolle durch Ablegung von Prüfungen zugänglich seien. Dies werde auch dadurch bestätigt, daß an den Kunsthochschulen für die unterschiedlichsten Ausbildungsgänge Abschlußprüfungen nicht nur vorgesehen, sondern in der Mehrzahl der Studienfächer sogar vorgeschrieben seien.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 6. November 1986 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14. Juni 1985 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

II

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht entschieden, daß die in der streitigen Zeit von dem Versicherten an der Staatlichen Hochschule für Musik in Köln durchlaufene Ausbildung zum Orchestermusiker Ausfallzeit ist und als solche bei der Berechnung der Witwenrente der Klägerin zu berücksichtigen ist.

Nach § 36 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b AVG (§ 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b der Reichsversicherungsordnung -RVO-) idF des Rentenrefomgesetzes vom 16. Oktober 1972 (BGBl I S 1965) sind Ausfallzeiten ua Zeiten einer nach Vollendung des 16. Lebensjahres liegenden abgeschlossenen Hochschulausbildung bis zu einer Höchstdauer von fünf Jahren. Die Staatliche Hochschule für Musik in Köln ist zur streitigen Zeit ihrem Status nach Hochschule gewesen (vgl dazu BSG SozR 2200 § 1259 Nr 52 S 136/137), so daß die dort von einem immatrikulierten Studenten durchlaufene Ausbildung eine Hochschulausbildung ist (zur Identität mit dem Begriff des Hochschulstudiums iS von § 4 Abs 1 Nr 4 AVG vgl BSGE 20, 35 = SozR Nr 9 zu § 1259 RVO). Das gilt auch für die Ausbildung in der Orchesterschule, die nach den Feststellungen des LSG Teil der Musikhochschule gewesen ist und mit dieser den Status einer Hochschule geteilt hat. Daß der Kläger dort nach Vollendung seines 16. Lebensjahres eine Hochschulausbildung erhalten hat, ist vom LSG aufgrund der bindend festgestellten Tatsachen (§ 163 SGG) zutreffend erkannt worden und auch unstreitig. Streitig ist allein, ob er diese Ausbildung auch abgeschlossen hat. Dies hat das LSG zu Recht angenommen.

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist eine Hochschulausbildung nur dann iS des § 36 Abs 1 Satz 1 Nr 4 b AVG „abgeschlossen”, wenn das Studium mit Erfolg und somit durch das Bestehen einer Abschlußprüfung beendet wird (BSGE 59, 27, 28 = SozR 2200 § 1259 Nr 92; SozR aaO Nr 86; BSGE 48, 219 = SozR 2200 § 1259 Nr 42; SozR aaO Nrn 4 und 14; SozR Nr 61 zu § 1259; BSGE 20, 35, 36 = SozR Nr 9 zu § 1259). Das Studium wird „in der Regel” (so § 15 Abs 1 Satz 1 des Hochschulrahmengesetzes -HRG-, in Kraft getreten am 3. Januar 1976, jetzt idF der Bekanntmachung vom 9. April 1987 – BGBl I S 1170 –) durch eine Hochschulprüfung, eine staatliche oder eine kirchliche Prüfung abgeschlossen, deren Bestehen den Studienerfolg zuverlässig bekundet (BSGE 20, 35 = SozR Nr 9 zu § 1259 RVO). Folgerichtig hat das BSG für diesen Regelfall ein „abgeschlossenes” Studium nur anerkannt, wenn eine der für den jeweiligen Studiengang als förmlicher Abschluß vorgesehenen, dh nach den Studien- und Prüfungsordnungen vorgeschriebenen Abschlußprüfungen (zB Diplom- oder Staatsprüfung, Promotion) bestanden worden ist (BSG SozR 2200 § 1259 Nr 86; BSGE 48, 219 = SozR 2200 § 1259 Nr 42 S 110 mwN). Für den Abschluß derartiger Studiengänge mit obligatorischem Prüfungsabschluß reicht demgemäß eine Beendigung in nur zeitlichem Sinne, dh das bloße Durchlaufen der vorgeschriebenen Studienzeit, nicht aus. Ebensowenig reicht es aus, daß die ohne Prüfung beendete Hochschulausbildung für die spätere berufliche Tätigkeit Voraussetzung oder auch nur vorteilhaft war (BSG SozR Nr 61 zu § 1259; SozR 2200 § 1259 Nr 14; vgl auch BSG Urteil vom 18. März 1982 – 11 RA 32/81 – mit ablehnender Besprechung von Tannen in DRV 1982, 353 ff). Daneben gibt es Studiengänge, in denen der Erfolg durch ein Abschlußzeugnis bescheinigt wird, das auf den während des Studiums erbrachten Leistungen, nicht aber auf einer Abschlußprüfung beruht. Auch in diesem Fall ist das Studium „abgeschlossen” (BSG SozR Nr 61 zu § 1259; SozR 2200 § 1259 Nr 4).

Ausnahmsweise ist eine Hochschulausbildung auch ohne Prüfung als erfolgreich „abgeschlossen” angesehen worden, wenn in der fraglichen Studienzeit in einem anerkannten Studiengang eine Abschlußprüfung weder vorgeschrieben noch möglich war, oder – was dem gleich steht – ein Prüfungsabschluß zwar möglich war, jedoch „üblicherweise” nicht abgelegt worden ist (BSG SozR Nr 61 zu § 1259 RVO; SozR 2200 § 1259 Nrn 4 und 14; vgl auch den Erlaß des BMA vom 23. Juni 1960, BArbBl 1960, S 453). Voraussetzung ist hier jedoch, daß hinsichtlich des Studienablaufs und der Studienzeit gewisse Mindestbedingungen erfüllt sind (BSGE 48, 219, 222 = SozR 2200 § 1259 Nr 42). Die Erfassung derartiger Ausnahmefälle steht mit dem Normzweck des § 36 Abs 1 Satz 1 Nr 4 b AVG in Einklang. Dies hat der 4. Senat in einem dem vorliegenden vergleichbaren Fall im einzelnen dargelegt und dabei zu Recht darauf hingewiesen, daß auch in den Fällen einer Lehre ohne vorgesehene oder übliche Abschlußprüfung eine „abgeschlossene” Lehrzeit mit deren tatsächlichen Ablauf angenommen wird (Urteil vom 15. März 1988 – 4/11a RA 6/87 – mwN). Wenn der Gesetzgeber mit dem Begriff der „abgeschlossenen” Ausbildung jede Ausbildung erfassen will, deren erfolgreiche Absolvierung für die spätere versicherungspflichtige Berufstätigkeit „typischerweise notwendig” ist (vgl BVerfG SozR 2200 § 1259 Nr 46), sind davon auch solche Ausbildungsgänge erfaßt, in denen eine Abschlußprüfung nicht möglich oder nicht üblich ist, sofern nur die für Erreichung des Ausbildungsziels allgemein geforderten Mindestbedingungen erfüllt sind und damit die Ausbildung als ordnungsgemäß abgeschlossen gilt. An dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat fest.

Nach den Besonderheiten des vorliegenden Falles muß auch hier von dem Erfordernis der Ablegung einer an sich möglichen Hochschulprüfung – ausnahmsweise – deshalb abgesehen werden, weil diese Prüfung nach damaligen Verhältnissen nicht üblich gewesen und auch nach Auffassung der Hochschule selbst die Erreichung des Ausbildungsziels vor allem durch ein erfolgreiches Vorspiel bei einem Kulturorchester zuverlässig nachgewiesen worden ist.

Aus den den unangegriffenen Feststellungen des LSG zugrundeliegenden Auskünften der Hochschule ergibt sich, daß der Versicherte in der streitigen Zeit in der – später aufgelösten – Orchesterschule der Staatlichen Hochschule für Musik in Köln das Fach Bratsche (Viola) mit dem Berufsziel eines Orchestermusikers studiert hat. In den Jahren 1948 bis 1953 hat sich diese Hochschule im Aufbau befunden, wobei ein wesentlicher Teil der Innenarbeit in der Neufassung und erstmaligen Durchführung der Prüfungsordnungen bestand. Eine solche Prüfungsordnung lag nach dem „Bericht der staatlichen Hochschule für Musik in Köln… über die Jahre 1950 bis 1953” am eindeutigsten für den Bereich der Schulmusik vor; daneben gab es – als hochschuleigene Prüfung – eine Reifeprüfung, die nicht absolute Konzertreife voraussetzte, sowie – zum Nachweis absoluter Konzertreife – eine Konzertprüfung. Auch in anderen Sparten der Hochschule wurden in den letzten Jahren vor 1953 „erstmalig Abschlußprüfungen abgehalten”, ua auch in der Orchesterschule. Für diese war zwar in der neuen „Schulordnung und Prüfungsbestimmungen der Staatlichen Hochschule für Musik in Köln/Rheinische Musikschule der Stadt Köln” eine spezielle Prüfung zwecks Feststellung der Berufsreife als Orchester- und Ensemblemusiker vorgesehen, die eine praktische, schriftliche (theoretische) und praktisch-mündliche Prüfung umfaßte. Diese Prüfungsbestimmungen sind allerdings laut Auskunft der Hochschule vom 29. Oktober 1986 erst am 26. März 1954 ministeriell genehmigt und rückwirkend zum 1. Januar 1954 in Kraft gesetzt worden. Daraus hat das LSG entnommen, daß Grundlage für die in dem Bericht über die Jahre 1950 bis 1953 erwähnten Abschlußprüfungen in der Orchesterschule offensichtlich noch die früheren „Bestimmungen über die Reifeprüfung bei der Staatlichen Hochschule für Musik in Köln” aus dem Jahre 1931 gewesen seien. Dabei hat das LSG nicht für erwiesen erachtet, daß eine solche Prüfung jedenfalls für Orchestermusiker im Sinne eines regelmäßigen Studienabschlusses vorgesehen war. Denn nach den verschiedenen Auskünften der Musikhochschule Köln ist zur damaligen Zeit für sie die Ablegung einer Abschlußprüfung nicht üblich „eher die Ausnahme”) gewesen; als entscheidend für den Nachweis der Qualifikation in dem in der Orchesterschule durchlaufenen Studiengang ist vielmehr seinerzeit nach Ansicht der Hochschule selbst in erster Linie das erfolgreiche Vorspiel bei einem Kulturorchester mit nachfolgendem Engagement angesehen worden.

Dies rechtfertigt die Annahme des LSG, daß der Versicherte im November 1951 die Hochschulausbildung iS von § 36 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b AVG erfolgreich abgeschlossen hatte, nachdem er die erforderliche Mindeststudiendauer von sechs Semestern durchlaufen und nach dem siebten Semester zum 15. November 1951 – nach offensichtlich erfolgreichem Probespiel – sein erstes Engagement als Musiker in einem Kulturorchester in Aachen angetreten hatte. Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, daß angesichts des „möglichen” Hochschulabschlusses das erfolgreiche Vorspiel keinen Ausnahmefall im Sinne der obengenannten Rechtsprechung darstellen könne. Damit würde die damalige Prüfungssituation verkannt, die dadurch gekennzeichnet war, daß spezielle Prüfungsbestimmungen im Studiengang für Orchestermusiker noch nicht in Kraft getreten waren und deshalb – lediglich übergangsweise – Prüfungen nach alten Rechtsvorschriften ermöglicht worden sind, die jedoch von der Hochschule selbst nicht als der regelmäßige Abschluß angesehen worden sind und auch nicht üblich waren. Eine Hochschulabschlußprüfung, zu deren Vornahme die Hochschule kraft eigenen Rechts befugt ist und für die sie grundsätzlich eine Prüfungsordnung als autonome Satzung erlassen muß, vermag den Nachweis für die Befähigung zur Ausübung des im Studiengang erlernten Berufs typischerweise nur dann zu erbringen, wenn die Hochschule selbst diese Prüfung wenigstens als den regelmäßigen und üblichen Abschluß der bei ihr zurückgelegten Ausbildung betrachtet. Dies kann aber dann nicht gelten, wenn – wie hier – zur fraglichen Zeit nach Ansicht der Hochschule selbst der Nachweis des erreichten Ausbildungsziels bei Orchestermusikern üblicherweise durch das Vorspiel bei einem Kulturorchester geführt worden ist. Daß die damalige Gepflogenheit, bei einem angehenden Orchestermusiker den erfolgreichen Studienabschluß, der „den Weg in das Berufsleben eröffnete” (vgl BSGE 61, 35 = SozR 2200 § 1259 Nr 96), durch ein Probespiel vor einem deutschen Kulturorchester nachzuweisen, nach der Eigenart des künstlerischen Berufs für diesen Zweck geeignet war, bedarf keiner näheren Darlegungen. Die Vorstellung des künstlerischen Leistungsvermögens vor einem besonders kompetenten Fachgremium läßt sich insoweit durchaus mit einer Hochschulabschlußprüfung vergleichen (so auch der 4. Senat im Urteil vom 15. März 1988, aaO).

Der Revision ist zwar einzuräumen, daß die Kontrolle des durch die Hochschule vermittelten theoretischen Wissens und der „handwerklich”-künstlerischen Fertigkeiten auch durch Hochschulprüfungen erfolgen kann, wie dies nach den 1954 in Kraft getretenen Prüfungsbestimmungen für Orchestermusiker vorgesehen war und auch nach neuem Hochschulrecht regelmäßig in einer Diplomprüfung geschieht. Jedoch war zu berücksichtigen, daß in der hier streitigen Zeit vor 1954 der berufsqualifizierende Erfolg des Studiums üblicherweise nicht durch eine entsprechende hochschulinterne Kontrolle, sondern durch das Vorspiel nachgewiesen wurde. Insoweit fehlt es auch nicht an objektiven Kriterien für die Bestimmung des Endes der Ausfallzeit (vgl dazu BSGE 59, 27, 29 = SozR 2200 § 1259 Nr 92). Anders als ein Studienabgang ohne Prüfung hängt es nicht lediglich vom bloßen Willen des Versicherten ab, ob und wann er das Studium beendet, sondern vom Urteil eines fachlich qualifizierten Gremiums, das über das Vorspiel zu entscheiden hat. Allerdings ist hinsichtlich der erforderlichen Gleichwertigkeit mit anderen förmlichen Studienabschlüssen zu verlangen, daß es sich um ein Vorspiel bei einem Kulturorchester gehandelt hat, dh bei einem Orchester, das regelmäßig Operndienst versieht oder Konzerte ernst zu wertender Musik gibt (§ 1 Abs 2 des Tarifvertrages für Musiker in Kulturorchestern). Schließlich spricht auch der Gedanke praktikabler Abgrenzung von Ausfallzeiten (BSG SozR 2200 § 1259 Nr 42) nicht gegen die Anerkennung eines Vorspiels als Hochschulabschluß.

Die Revision der Beklagten war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1173345

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