BAG Praxissemester im Sinne der Entgeltordnung

Praxissemester im Sinne der Entgeltordnung des Bundes sind nur solche Semester, in denen ausschließlich praktische Arbeiten erbracht werden. Das hat das BAG im Fall einer Restauratorin entschieden, die eine Bezahlung nach Entgeltgruppe 13 verlangt hatte.

Die Klägerin begehrte die Eingruppierung in Entgeltgruppe 13 als Beschäftigte in der Konservierung und Restaurierung.  In der Entgeltordnung des Bundes ist geregelt, dass die Entgeltgruppe 13 eine "einschlägige abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung" voraussetzt. Nach § 7 des Tarifvertrags über die Entgeltordnung des Bundes liegt eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung vor, wenn das Studium an einer staatlichen Hochschule beendet worden ist. Unter anderem setzt dies auch voraus, dass für den Abschluss eine Regelstudienzeit von mindestens 8 Semestern ohne etwaige Praxissemester, Prüfungssemester o. Ä. vorgeschrieben ist.

Die Klägerin hat das Studium "Konservierung und Restaurierung von archäologischen, ethnologischen und kunsthandwerklichen Objekten" an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart absolviert. Hierfür sieht die Studienordnung eine Regelstudienzeit von 10 Semestern einschließlich aller Prüfungen und der Diplomarbeit vor. Daher ist die Klägerin der Auffassung, dass sie über eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung im Sinne der Entgeltordnung des Bundes verfügt, so dass sie in die EG 13 eingruppiert ist.

Die Beklagte ist dagegen der Ansicht, dass der Studiengang keine Regelstudienzeit von mindestens 8 Semestern erfordert. Denn außer einem Prüfungssemester müssten von der in der Studienordnung angegebenen Regelstudienzeit diejenigen Zeiten abgezogen werden, in denen praktische Studienleistungen zu erbringen seien.

Die Klage hatte vor dem Arbeitsgericht und vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg. Da die Revision nicht zugelassen wurde, erhob die Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG).

BAG: „Frage kann anhand des Tarifvertrags beantwortet werden“

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage lagen nach Ansicht des BAG nicht vor.

Zunächst führte das BAG aus, dass das LAG in dessen Entscheidung von der in der Studienordnung angegebenen "Regelstudienzeit" ein Semester als Prüfungssemester abgezogen hatte, somit jedoch nach wie vor von einer Regelstudienzeit im Sinne der Entgeltordnung des Bundes von 9 Semestern ausgegangen sei. Darüber hinaus seien auch nach Auffassung der Beklagten keine weiteren Zeiten als "Prüfungssemester" zu berücksichtigen gewesen und somit die Regelstudienzeit nicht weiter zu kürzen.

Die Beklagte bezog sich ausschließlich auf praktische Studienzeiten und Projektarbeit. Bezüglich der Frage, wann ein "Praxissemester" im Sinne des § 7 Satz 3 des Tarifvertrags über die Entgeltordnung des Bundes vorliege, besteht nach Auffassung des BAG jedoch keine Klärungsbedürftigkeit, da die Rechtslage offenkundig ist und anhand des Tarifvertrags beantwortet werden kann.

BAG: Praxissemester sind Semester, in denen ausschließlich praktische Arbeiten erbracht werden

Das BAG stellt klar, dass Praxissemester nur solche Semester sind, in denen ausschließlich praktische Arbeiten erbracht werden. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 7 Satz 3, da hiernach ausschließlich entsprechende "Semester" genannt seien, so dass andere Zeiten ausschieden. Insoweit hätten die Tarifvertragsparteien die Regelstudienzeit anders als in § 10 Abs. 2 HRG definiert, da hier auch Zeiten berufspraktischer Tätigkeit und Prüfungszeiten erwähnt seien. Auch aus dem Zusatz "o. Ä." folge nach Auffassung des BAG kein anderes Ergebnis, da dieser sich nicht auf den festgelegten Zeitraum "Semester" beziehe, sondern auf die Inhalte der Semester "Praxis" und "Prüfung".

Dieselbe Auslegung ergebe sich auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung und führe zu einer sachgerechten und praktisch brauchbaren Lösung.

(BAG, Beschluss v. 2.6.2021, 4 AZN 156/21)


Hinweis:

§ 7 des Tarifvertrags über die Entgeltordnung des Bundes (TV EntgO Bund) lautet:

§ 7 Wisschenschafltiche Hochschulbildung

Eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung liegt vor, wenn das Studium an einer staatlichen Hochschule im Sinne des § 1 Hochschulrahmengesetz (HRG) oder einer nach § 70 HRG staatlich anerkannten Hochschule

  1. mit einer nicht an einer Fachhochschule abgelegten ersten Staatsprüfung, Magisterprüfung oder Diplomprüfung oder
  2. mit einer Masterprüfung

beendet worden ist.

Diesen Prüfungen steht eine Promotion oder die Akademische Abschlussprüfung (Magisterprüfung) einer Philosophischen Fakultät nur in den Fällen gleich, in denen die Ablegung einer ersten Staatsprüfung, einer Masterprüfung oder einer Diplomprüfung nach den einschlägigen Ausbildungsvorschriften nicht vorgesehen ist. Eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung im Sinne des Satzes 1 Buchst. a setzt voraus, dass die Abschlussprüfung in einem Studiengang abgelegt wurde, der seinerseits mindestens das Zeugnis der Hochschulreife (allgemeine Hochschulreife oder einschlägige fachgebundene Hochschulreife) oder eine andere landesrechtliche Hochschulzugangsberechtigung als Zugangsvoraussetzung erfordert, und für den Abschluss eine Regelstudienzeit von mindestens acht Semestern – ohne etwaige Praxissemester, Prüfungssemester o. Ä. – vorschreibt. Ein Bachelorstudiengang erfüllt diese Voraussetzung auch dann nicht, wenn mehr als sechs Semester für den Abschluss vorgeschrieben sind. Der Masterstudiengang muss nach den Regelungen des Akkreditierungsrats akkreditiert sein. Ein Abschluss an einer ausländischen Hochschule gilt als abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung, wenn er von der zuständigen staatlichen Stelle als dem deutschen Hochschulabschluss vergleichbar bewertet wurde.

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