Leitsatz (amtlich)

KOV-VfG § 27 Abs 2 läßt erleichterte Formen der Zustellung gegenüber den VwZG §§ 4, 5 zu.

Wird die Zustellung durch Aushändigung des Schriftstückes gegen schriftliches Empfangsbekenntnis vorgenommen, so ist die Aushändigung nicht durch einen "Bediensteten der Versorgungsverwaltung" erforderlich.

Bei Übersendung eines eingeschriebenen Briefes ist die Zustellung auch dann erfolgt, wenn der Empfänger die Annahme der Einschreibesendung verweigert.

 

Normenkette

KOVVfG § 27 Abs. 2 Fassung: 1955-05-02; VwZG § 4 Fassung: 1952-07-03, § 5 Fassung: 1952-07-03

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. Januar 1963 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

Der Kläger erhielt - zuletzt mit Umanerkennungsbescheid vom 21. Mai 1951 - wegen der bei ihm als Schädigungsfolge anerkannten "Störung der vegetativen Regulation durch Schädigung des Vaguskerns im Zwischenhirn als Folge des Typhus, vorwiegende Erweiterung des linken Herzens" Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v. H. Das Versorgungsamt (VersorgA) versuchte mehrfach vergeblich, den Kläger untersuchen zu lassen. Den schriftlichen Aufforderungen der Medizinischen Universitätsklinik in B im Oktober und Dezember 1956, zur Begutachtung zu erscheinen, leistete der Kläger keine Folge. Er behauptete später, diese Aufforderungen nicht erhalten zu haben. Mit Schreiben vom 29. Januar 1957 bat das VersorgA den Kläger, spätestens bis zum 15. Februar 1957 mitzuteilen, warum er den bisherigen Aufforderungen zu einer ärztlichen Untersuchung nicht nachgekommen sei und ob er nunmehr bereit sei, zu einer Untersuchung zu erscheinen. Dieses Schreiben blieb ohne Antwort. Mit einem weiteren Schreiben vom 10. April 1957 forderte das VersorgA den Kläger nochmals auf mitzuteilen, ob er sich einer notwendigen Untersuchung in der Medizinischen Universitätsklinik in B unterziehen wolle. Wenn er auf dieses Schreiben bis zum 20. April 1957 nicht antworte und sich weiterhin weigere, sich untersuchen zu lassen, müsse er mit einer Rentenentziehung gemäß § 63 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) rechnen. Dieses Schreiben ist als Einschreibesendung am 11. April 1957 an den Kläger abgegangen und mit dem Vermerk vom 12. April 1957, daß die Annahme verweigert worden sei, am 13. April 1957 an das VersorgA zurückgelangt. Daraufhin übersandte das VersorgA als Einschreibesendung den mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheid vom 17. April 1957, in dem es ausführte, daß es sich nunmehr gezwungen sehe, die Rente gemäß § 63 BVG mit Ablauf des Monats Mai 1957 zu entziehen, nachdem der Kläger die Annahme des Schreibens vom 10. April 1957 verweigert habe. Diese Einschreibesendung kam von der Post als unbestellbar zurück. Das VersorgA ließ daraufhin den Bescheid durch einen Bediensteten des Fürsorgeamts der Stadt H dem Kläger am 16. Juli 1957 aushändigen. Der Kläger weigerte sich jedoch, den Empfangsschein zu unterzeichnen.

Auf den Widerspruch des Klägers erteilte das VersorgA den Bescheid vom 23. September 1957, mit dem es die Rente noch für die Monate Juni bis August 1957 gewährte; im übrigen wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 1957). Die dagegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 28. Februar 1961 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil des SG mit Urteil vom 30. Januar 1963 zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, die Voraussetzungen für die Entziehung der Rente gemäß § 63 BVG in der zur Zeit der Bescheiderteilung gültigen Fassung seien erfüllt. Die Versorgungsbehörde habe von dem ihr in § 63 BVG eingeräumten Ermessen nicht in fehlerhafter Weise Gebrauch gemacht. In dem Schreiben des VersorgA vom 10. April 1957 sei der Kläger um Mitteilung gebeten worden, ob er sich einer ärztlichen Untersuchung unterziehen wolle, und es sei ihm auch für den Fall, daß er nicht antworte, die Entziehung der Rente nach § 63 BVG angekündigt worden. Dieses Schreiben müsse als zugegangen angesehen werden, denn die Verweigerung der Annahme des eingeschriebenen Briefes durch den Kläger sei einer ordnungsgemäßen Zustellung gleichzusetzen. Das LSG bezieht sich insoweit auf die Entscheidung des früheren Reichsversorgungsgerichts (RVG) vom 23. Februar 1923 (Bd. 3, 154) und die Entscheidung des früheren Reichsversicherungsamtes (RVÄ) in AN 1900, 669 Nr. 1807 und meint, bei einer anderen Rechtsauffassung hätte es der Empfänger sonst in der Hand, durch eine willkürliche Verweigerung der Annahme den Beginn einer gesetzlichen Frist zu hindern. In der Weigerung, die Einschreibesendung mit dem Schreiben vom 10. April 1957 anzunehmen, liege zugleich die Weigerung zu der vom VersorgA verlangten Mitwirkung.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Gegen dieses ihm am 6. März 1963 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 25. März, eingegangen beim Bundessozialgericht (BSG) am 26. März 1963, Revision eingelegt und diese, nachdem die Revisionsbegründungsfrist bis zum 6. Juni 1963 verlängert worden war, mit Schriftsatz vom 16. Mai, beim BSG am 17. Mai 1963 eingegangen, begründet.

Er beantragt,

1.) unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. Januar 1963 und des Urteils des Sozialgerichts Dortmund vom 28. Februar 1961 sowie des Bescheides vom 17. April 1957 und des Änderungsbescheides vom 23. September 1957 den Beklagten zu verurteilen, Versorgung weiterhin gem. dem Bescheid vom 21. Mai 1951 über den 31. August 1957 hinaus zu gewähren,

2.) dem Beklagten die Erstattung der außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.

Der Kläger rügt eine Verletzung des § 63 BVG in Verbindung mit § 13 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) und des § 27 des Verwaltungsverfahrensgesetzes in der Kriegsopferversorgung (VerwVG) durch das LSG. Er trägt insbesondere vor, ihn hätte die Mitteilung vom 29. Januar 1957 nicht erreicht. Die Einschreibesendung mit dem Bescheid vom 10. April 1957 sei zwar am 12. April 1957 durch die Post vorgelegt, von ihm aber nicht angenommen worden, weil eine Einschreibesendung für den Empfänger keinen Beleg hinterlasse, aus dem die Zustellung erkenntlich sei. Es habe sich dabei um einen Verwaltungsakt gehandelt, der ordnungsgemäß hätte zugestellt werden müssen. Auch der Bescheid vom 17. April 1957 sei ihm mit der Aushändigung durch einen Bediensteten des Fürsorgeamts der Stadt H. nicht wirksam zugestellt worden. Im übrigen wird zu dem Vorbringen des Klägers auf die Revisionsbegründung verwiesen. Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, daß die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG unzulässig ist, weil es sich im vorliegenden Fall um einen Streit über das Ende der Rente gemäß § 148 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) handele. Im übrigen hält er die Ausführungen des LSG für zutreffend und meint, daß die Voraussetzungen des § 63 BVG für die Entziehung der Rente gegeben seien und die vom Kläger gerügten Gesetzesverletzungen nicht zuträfen.

Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 164, 166 SGG) und begründet worden. Die sonach zulässige Revision ist jedoch nicht begründet. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Entziehung der Rente durch den Beklagten mit seinen Bescheiden vom 17. April 1957 und vom 23. September 1957 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 1957 rechtmäßig ist.

Was zunächst die Auffassung des Beklagten angeht, daß das LSG über die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 18. Februar 1961 nicht hätte sachlich entscheiden dürfen, sondern die Berufung als unzulässig hätte verwerfen müssen, weil sie das Ende der Versorgung gemäß § 148 Nr. 2 SGG betreffe, so geht diese Auffassung fehl. Nach der erwähnten Vorschrift ist in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung die Berufung nicht zulässig, soweit sie Beginn oder Ende der Versorgung oder nur Versorgung für bereits abgelaufene Zeiträume betrifft. Im vorliegenden Fall betrifft die Berufung nicht das Ende der Versorgung des Klägers, sondern die Frage, ob dem Kläger auch nach dem 1. September 1957 die ihm bis zu diesem Zeitpunkt gewährte Versorgung laufend weiter zusteht. Streitig ist also nicht, in welchem Zeitpunkt die Versorgung des Klägers endet, sondern allein, ob dem Kläger auch nach dem Entziehungszeitpunkt weiterhin Versorgung zusteht. Dies ergibt sich sowohl aus dem vom Kläger vor dem LSG gestellten Antrag als auch aus dem Inhalt des Urteils erster Instanz. Demnach sind die Voraussetzungen des § 148 Nr. 2 SGG nicht gegeben, so daß die Berufung zulässig war.

Was das sachliche Begehren des Klägers auf Weiterzahlung der Rente angeht, so begründet der Kläger dies in erster Linie damit, daß ihm der Entziehungsbescheid vom 17. April 1957 nicht ordnungsgemäß zugestellt und somit ihm gegenüber nicht wirksam geworden sei. Diese Auffassung trifft nicht zu. Der Kläger geht zunächst richtig davon aus, daß der mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Bescheid vom 17. April 1957 zugestellt werden mußte, denn nach § 27 Abs. 1 VerwVG sind Bescheide, die eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten, und Anordnungen oder Ersuchen, bei deren Nichtbefolgung nach Lage der Akten entschieden wird, zuzustellen. Die Zustellung kann nach Abs. 2 dieser Vorschrift in jeder Form geschehen, die den Nachweis der erfolgten Zustellung und ihres Zeitpunktes ermöglicht. Es genügt die Aushändigung des zuzustellenden Schriftstückes gegen schriftliches Empfangsbekenntnis oder die Übersendung durch eingeschriebenen Brief. Im übrigen gelten nach Abs. 3 dieser Vorschrift für das Zustellungsverfahren die Vorschriften der §§ 2 bis 15 VwZG, soweit in - dem hier nicht in Betracht kommenden - § 28 VerwVG nichts anderes bestimmt ist. Für das Verfahren bei Zustellungen der Versorgungsverwaltung ist also nicht schlechthin auf die Vorschriften des VwZG Bezug genommen, vielmehr ist in § 27 VerwVG selbst geregelt, in welcher Weise ein Schriftstück zuzustellen ist. Unter den möglichen Zustellungsarten kann die Versorgungsbehörde bestimmen, in welcher Form die Zustellung erfolgen soll. Das der Versorgungsbehörde zustehende Wahlrecht unter den einzelnen Zustellungsarten ist nicht, wie der Kläger offenbar meint, auf die Zustellungsarten, wie sie in den §§ 3 bis 15 VwZG beschrieben sind, beschränkt. Vielmehr führt § 27 Abs. 2 Satz 2 VerwVG zwei weitere neben den im VwZG geregelten möglichen Zustellungsarten - auf die im Abs. 3 des § 27 VerwVG hingewiesen ist - an, nach denen die Zustellung durch die Versorgungsbehörde wirksam vorgenommen werden kann. Danach genügt zur Zustellung die Aushändigung des zuzustellenden Schriftstücks gegen schriftliches Empfangsbekenntnis oder die Übersendung durch eingeschriebenen Brief. Daß es sich insoweit um zwei besondere, neben den im VwZG beschriebenen Zustellungsarten handelt, ergibt sich aus einem Vergleich dieser Vorschrift mit der entsprechenden des VwZG. Während nach § 5 Abs. 1 VwZG bei der Zustellung durch die Behörde ein "Bediensteter" d. h. ein Bediensteter der zustellenden Verwaltungsbehörde das Schriftstück dem Empfänger gegen ein Empfangsbekenntnis auszuhändigen hat, genügt nach § 27 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 VerwVG die Aushändigung des zuzustellenden Schriftstücks gegen Empfangsbekenntnis. Es ist sonach nicht gefordert, daß die Aushändigung durch einen Bediensteten des VersorgA erfolgen muß. Die Zustellung ist also - entgegen § 5 VwZG - auch dann wirksam vorgenommen, wenn die Aushändigung des Schriftstückes gegen Empfangsbekenntnis nicht von einem Bediensteten des VersorgA, sondern durch irgend einen Dritten vorgenommen wird, der dazu beauftragt worden ist. Daß es sich bei dieser Vorschrift nicht nur um einen Hinweis auf die im VwZG geregelte "Zustellung durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis" handeln kann, ergibt sich aus Abs. 3 des § 27 VerwVG, durch den diese Zustellungsart des VwZG (§ 5) ermöglicht worden ist. Vielmehr muß aus dem im Satz 1 des Abs. 2 des § 27 VerwVG ausgesprochenen Grundsatz, daß Zustellungen in jeder Form geschehen können, wenn sie nur den Nachweis der Zustellung und ihres Zeitpunktes ermöglichen, geschlossen werden, daß die Form der Zustellung nach dem VerwVG gegenüber den im VwZG geregelten Formen der Zustellung erweitert und erleichtert werden sollte und daß als eine solche erleichterte Form der Zustellung durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis im 1. Halbsatz Satz 2 Abs. 2 § 27 VerwVG geschaffen worden ist.

Auch die im § 27 Abs. 2 Satz 2 letzter Halbsatz VerwVG vorgesehene Zustellungsart, die Übersendung durch eingeschriebenen Brief, ist gegenüber der entsprechenden Zustellungsart gem. § 4 VwZG erweitert. Die Zustellung eines Schriftstücks mittels eingeschriebenen Briefes ist nach ausdrücklicher Vorschrift des § 4 VwZG dann nicht als erfolgt anzusehen, wenn der Brief nicht "zugegangen" ist. Mithin muß die Zustellung auch dann als unwirksam und als gescheitert angesehen werden, wenn der Empfänger die Annahme des eingeschriebenen Briefes verweigert hat (§ 47 der Postordnung vom 30.1.1929 - RGBl I S. 33 ff - Rosen - von-Hoewel, Verwaltungsvollstreckungsgesetz und Verwaltungszustellungsgesetz 1953 Anm. 2 b zu § 4 VwZG; BAG vom 15.11.1962 AP Nr. 4 zu § 130 BGB; aA Vogel, Verwaltungszwang und Verwaltungszustellung 1954, Anm. 5 zu § 4 VwZG). Anders als bei der Zustellung mittels eingeschriebenen Briefes nach den Vorschriften des VwZG ist aber die Zustellung gem. § 27 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 VerwVG nicht auf das Zugehen des Briefes, sondern allein auf dessen "Übersendung" abgestellt. Ob diese "Übersendung" im Gegensatz zu einer Absendung wenigstens die Möglichkeit des Empfangs des Briefes einschließen muß, braucht für den vorliegenden Fall nicht erörtert zu werden. Jedenfalls ist mit dieser Vorschrift - ebenso wie bei der Zustellung gegen Empfangsbekenntnis - nicht nur auf die Möglichkeit der Zustellung mittels eingeschriebenen Briefes nach den Vorschriften des VwZG hingewiesen worden, die ja besonders noch im Abs. 3 durch Anwendbarkeit des § 4 VwZG angesprochen ist, sondern eine erleichterte Art der Zustellung mittels eingeschriebenen Briefes geschaffen worden. Die Versorgungsbehörde ist mithin nicht auf die im VwZG geregelten Zustellungsarten beschränkt, sondern kann auch von einer der in § 27 Abs. 2 Satz 2 VerwVG vorgesehenen Zustellungsformen Gebrauch machen.

Im vorliegenden Fall kann nun dahinstehen, ob der Entziehungsbescheid vom 17. April 1957 schon durch seine Übersendung als eingeschriebenen Brief wirksam zugestellt worden ist, jedenfalls hat ihn das VersorgA mit der Aushändigung durch den von ihm beauftragten Bediensteten der Stadt H. gem. § 27 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 VerwVG in Verbindung mit § 9 VwZG wirksam zugestellt. Allerdings hat dieser Bedienstete der Stadt H vom Kläger nicht die Unterschrift unter das Empfangsbekenntnis erhalten. Dieser Umstand steht jedoch der Wirksamkeit der Zustellung nicht entgegen, da feststeht, daß der Kläger den Bescheid am 16. Juli 1957 erhalten hat. Nach § 9 VwZG, der gemäß § 27 Abs. 3 VerwVG im übrigen anzuwenden ist, gilt ein Schriftstück in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es der Empfangsberechtigte nachweislich erhalten hat. Da mit der Zustellung des Bescheides keine der im § 9 Abs. 2 VwZG erwähnten Fristen beginnt steht der Annahme nichts entgegen, daß der Bescheid vom 17. April 1957 am 16. Juli 1957 wirksam zugestellt worden ist.

Die in diesem Bescheid ausgesprochene Entziehung der Rente gem. § 63 BVG in der zur Zeit der Erteilung des Bescheides gültigen Fassung ist auch rechtmäßig. Nach dieser Vorschrift (§ 63 BVG aF) kann die Rente entzogen werden, wenn ein Rentenempfänger ohne triftigen Grund einer schriftlichen Aufforderung zum Erscheinen zu einer ärztlichen Untersuchung nicht nachkommt oder sich weigert, die zur Durchführung des Verfahrens von ihm geforderten Angaben zu machen, obwohl er auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist. Das VersorgA hat den Kläger in dem durch eingeschriebenen Brief übersandten Schreiben vom 10. April 1957 um Mitteilung ersucht, ob er sich einer zukünftigen ärztlichen Untersuchung unterziehen werde, und ihm bei Nichtbeantwortung dieser Anfrage und bei Weigerung, sich untersuchen zu lassen, die Entziehung der Rente gem. § 63 BVG angekündigt. Bei diesem Schreiben handelt es sich um ein zustellungsbedürftiges Schreiben i. S. des § 27 Abs. 1 VerwVG. In ihm ist nämlich ein Ersuchen enthalten, bei dessen Nichtbefolgung die Behörde nach Lage der Akten entscheiden konnte. Das Schreiben war aber auch mittels eingeschriebenen Briefes gem. § 27 Abs. 2 Satz 2 VerwVG wirksam zugestellt worden. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, daß er die Annahme des Einschreibebriefes mit dem Schreiben vom 10. April 1957 verweigert habe, weil es ihm nicht, wie er verlangt habe, in einer Form zugestellt worden ist, bei der ihm ein Beleg über den Empfang verblieb, und daß er somit keine Kenntnis von dem Schreiben mit der Zustellung erhielt. Wie bereits oben ausgeführt, steht der Versorgungsbehörde das Wahlrecht zwischen den einzelnen Zustellungsarten zu. Die Versorgungsbehörde hat im vorliegenden Fall die Form des § 27 Abs. 2 Satz 2 letzter Halbsatz VerwVG, die "Übersendung" des Schreibens vom 10. April 1957 durch eingeschriebenen Brief gewählt. Die Einschreibesendung ist auch an den Kläger gelangt, der damit die Möglichkeit gehabt hat, von dem Inhalt des eingeschriebenen Briefes Kenntnis zu nehmen. Bei dieser Art der Zustellung gem. § 27 Abs. 2 Satz 2 letzter Halbsatz VerwVG ist aber, wie gleichfalls oben näher dargelegt, die Annahmeverweigerung der Einschreibesendung für die Wirksamkeit der Zustellung ohne rechtliche Bedeutung. Bei dieser Rechtslage bedurfte es keiner Erörterung darüber, ob - wie das LSG im Gegensatz zur Revision meint -, eine derartige Annahmeverweigerung gegen Treu und Glauben verstößt und ob in einem solchen Fall der Zugang des nicht angenommenen Schriftstückes als bewirkt zu gelten hat.

Dem Kläger ist somit das Schreiben vom 10. April 1957 ordnungsgemäß zugestellt worden, in welchem auf die Rentenentziehung gem. § 63 BVG aF hingewiesen ist. Im übrigen ist das LSG auch zu Recht davon ausgegangen, daß in der Verweigerung der Annahme des eingeschriebenen Briefes vom 10. April 1957 gleichzeitig die Weigerung liegt, die zur Durchführung des Verfahrens von ihm geforderten Angaben zu machen, nämlich die Frage zu beantworten, ob er sich einer ärztlichen Untersuchung unterziehen werde. Die Versorgungsbehörde war auch nicht verpflichtet, die in ihrem Schreiben vom 10. April 1957 für die Beantwortung ihrer Frage gesetzte Frist (20. April 1957) noch abzuwarten, bevor sie den Rentenentziehungsbescheid vom 17. April 1957 erließ, nachdem die Annahme des Schreibens vom 10. April 1957 vom Kläger verweigert worden und damit zum Ausdruck gekommen war, daß er die an ihn gestellten Fragen überhaupt nicht beantworten wollen. Schließlich hat die Beklagte die Rente auch nicht zu früh entzogen. Nachdem die Zustellung des Entziehungsbescheides erst durch den Bediensteten der Stadt H am 16. Juli 1957 erfolgt war, hat die Beklagte mit ihrem Bescheid vom 23. September 1957 den Beginn des Entzuges richtig gem. § 60 Abs. 2 BVG aF auf den 1. September 1957 festgesetzt. Das LSG hat somit im Ergebnis zutreffend die angefochtenen Bescheide als rechtmäßig angesehen. Die Revision des Klägers ist daher unbegründet und war gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 SGG zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2380065

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