Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusatzinvalidenrente. Generaldirektor. Kombinat, zentralgeleitetes. FZR-Versicherung. Zusatzversorgung. Anwartschaft. Grundsätze. Überführung. Übergangsrecht. Verfahren, maschinelles

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die von der früheren DDR aufgestellten Grundsätze für die Überführung von Zusatzversorgungsansprüchen und -anwartschaften in ein eigenständiges DDR-Rentenversicherungsrecht, die dort im 2. Halbjahr 1990 verwirklicht werden sollten, sind seit dem 3.10.1990 für Zeiten seit dem 1.7.1990 kein anwendbares Recht (Fortführung st Rspr seit BSGE 72, 50 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1; SozR 3-8560 § 26 Nr. 2).

2. Zur Abgrenzung der Ansprüche auf Zusatzrente aus der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung und der Zusatzversorgung.

 

Normenkette

RAnglG §§ 25, 24, 23; RAV 1 § 6; RAV 2 § 8; SGB VI § 307b; FZVO § 28; EinigVtr Anlage II Kap. VIII H. III Nr. 9

 

Verfahrensgang

LSG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 24.11.1993; Aktenzeichen L 1 An 25/93)

SG Magdeburg (Urteil vom 16.03.1993; Aktenzeichen S (KG) 8 An 33/90)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 24. November 1993 abgeändert. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 16. März 1993 wird in vollem Umfang zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Streitig ist die Höhe der Rente wegen Invalidität bzw Erwerbsunfähigkeit.

Der im November 1930 geborene Kläger hat eine Fach- und Ingenieurschule besucht. Seit Januar 1980 war er erster Stellvertreter des Generaldirektors und ab 1. November 1982 Generaldirektor des zentral geleiteten Kombinats VEB-Spezialbau Magdeburg, das dem Ministerium für Bauwesen der früheren DDR unmittelbar unterstand. Ab 31. Mai 1990 war er dort Geschäftsführer und ab 12. Juni 1990 Beauftragter für das Sozialwesen. Im September 1990 schied er aus dem Erwerbsleben aus.

Neben seiner Versicherung in der allgemeinen Sozialpflichtversicherung der früheren DDR war er seit dem 1. August 1959 in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVI) in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (Verordnung vom 17. August 1950 ≪GBl I Nr. 93 S 839 ≫) einbezogen. Zum 1. Mai 1973 trat er darüber hinaus der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei und gehörte ihr, unterbrochen durch die Zeit einer studentischen Pflichtversicherung (September 1977 bis Juni 1978), bis zum 30. Juni 1990 an; er entrichtete für die FZR-Versicherung seines 600,00 M übersteigenden Einkommens Jahresbeiträge zwischen 131,00 M und 720,00 M.

Die Verwaltung der Sozialversicherung bewilligte dem Kläger mit Rentenbescheid vom 5. Juli 1990 Invalidenrente aus der Sozialpflichtversicherung ab 1. September 1990 in Höhe von monatlich 370,00 DM.

Mit Bescheid vom 10. September 1990 gewährte der Gemeinsame Träger der Sozialversicherung dem Kläger ab 1. September 1990 ferner eine Zusatzinvalidenrente in Höhe von monatlich 1.500,00 DM als Zusatzrente gemäß § 28 der Verordnung über die freiwillige Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung (FZR-VO) vom 17. November 1977 (GBl I Nr. 35). Diese Rente war gemäß den Vorgaben des AVI-Zusatzversorgungssystems berechnet und wurde gemäß § 23 Abs. 2 des Rentenangleichungsgesetzes (RAnglG) vom 28. Juni 1990 (GBl I S 495, ber S 1457) auf 1.500,00 M monatlich begrenzt. In der FZR-Versicherung hätte ihm aus den von ihm entrichteten Beiträgen ohne Anwendung des § 28 FZR-VO ab September 1990 eine Rente von allenfalls 305,00 DM, ab Januar 1991 von 351,00 DM zugestanden. Den Widerspruch wies der Träger der Sozialversicherung mit Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 1990 zurück, weil der Kläger nach der (amtlich nicht veröffentlichten) Ordnung über das Gehaltsregulativ für Generaldirektoren und Kombinatsdirektoren vom 10. Dezember 1985 (GehRegO, abgedruckt in Aichberger II, Sozialgesetze, Nr. 153) direkt und ungeachtet der ihm ohnehin schon erteilten Zusage einer Zusatzversorgung der technischen Intelligenz in dieses System einbezogen gewesen sei.

Während des Klageverfahrens hat der Gemeinsame Träger der Sozialversicherung mit Bescheid nach der 1. Rentenanpassungsverordnung (1. RAV) vom 14. Dezember 1990 (BGBl I S 2867) die Invalidenrente des Klägers aus der Sozialpflichtversicherung gemäß § 6 Abs. 1 aaO auf 510,00 DM neu festgesetzt, auf 603,00 DM angeglichen und zum 1. Januar 1991 auf 694,00 DM angepaßt; zugleich wurde die Zusatzinvalidenrente um die Erhöhungsbeträge der Invalidenrente auf 1.076,00 DM gekürzt. Der Gesamtanspruch belief sich weiterhin auf 1.870,00 DM.

Mit Bescheid nach der 2. RAV vom 19. Juni 1991 (BGBl I S 1300) paßte die Überleitungsanstalt Sozialversicherung, der Träger der Rentenversicherung, die Invalidenrente des Klägers ab Juli 1991 um 105,00 DM auf 799,00 DM an. Dieser Erhöhungsbetrag wurde gemäß § 8 der 2. RAV auf die Zusatzinvalidenrente angerechnet, so daß es beim Gesamtanspruch von 1.870,00 DM blieb.

Die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 2. Dezember 1991 ab 1. Januar 1992 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den Vorschriften des Sechsten Buches Soziatgesetzbuch (SGB VI) anstelle der bislang gezahlten Invalidenrente und der Zusatzinvalidenrente; die neue Rente belief sich auf 1.997,91 DM, so daß abzüglich des Beitragsanteiles des Klägers zu seiner Krankenversicherung ein auszahlbarer Betrag von 1.870,05 DM verblieb; Umwertung und Anpassung erfolgten im sog maschinellen Verfahren (§ 307b Abs. 5 SGB VI). Durch Bescheid vom 15. Januar 1993 stellte die Beklagte, wegen einer Änderung des Beitragsanteils zur Krankenversicherung den auszuzahlenden Betrag ab März 1993 auf 1.871,05 DM fest; ferner seien 8,00 DM nachzuzahlen. Mit Rentenanpassungsbescheid vom 1. Juni 1993 wurde bei weiterhin unverändertem Rentenanspruch (1.997,91 DM) der Auszahlungsbetrag wegen einer Senkung des Krankenversicherungs-Beitragsanteils auf 1.873,04 DM festgesetzt,

Das Sozialgericht (SG) Magdeburg hat die Klage durch Urteil vom 16. März 1993 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG „aufgehoben”, die Bescheide nach der 1. und 2. RAV zum 1. Januar bzw 1. Juli 1991, den Umwertungsbescheid vom 2. Dezember 1991, den Neufeststellungsbescheid vom 15. Januar 1993 und den Rentenanpassungsbescheid vom 1. Juni 1993 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 1. Januar 1991 einen Zahlbetrag aus Rente und Versorgung von 1.981,00 DM und ab 1. Januar 1992 nach einer Bruttorente von 2.116,50 DM unter Anrechnung der erbrachten Leistungen zu gewähren; im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht ist folgender Ansicht: Im Bescheid nach der 1. RAV sei der Rentenzahlbetrag mit 1.870,00 DM zu niedrig festgestellt worden; der Kläger habe gemäß §§ 25, 2 Abs. 2 RAnglG Anspruch auf einen Gesamtrentenzahlbetrag vom 1. Januar 1991 bis zum 30. Juni 1991 von 1.981,00 DM monatlich. Dieser Betrag setze sich wie folgt zusammen: a) Aus einer Pflichtversicherungsrente von 694,00 DM; b) einem angepaßten, beitragsbezogenen Zusatzrentenbetrag von 991,00 DM; c) einem abgeschmolzenen, versorgungsbezogenen Zusatzrentenbetrag von 296,00 DM. Die Versorgungs- und Rentenbegrenzung gemäß § 23 Abs. 2 RAnglG auf 1.500,00 DM für Zusatzrenten stehe nicht entgegen, weil die begrenzten Beträge gemäß § 25 Abs. 2 RAnglG eingeschränkt anpassungsfähig gewesen seien. Hingegen gelte für Rentner mit erstmaligem Anspruch nach dem 1. Juli 1990 bei der Berechnung der Gesamtrente nicht mehr § 28 Abs. 2 FZR-VO iVm § 52 Abs. 1 der Rentenverordnung (RentVO) vom 23. November 1979 (GBl I S 401) und auch nicht § 7 der 4. RentVO vom 8. Juni 1989 (GBl I S 229). Die darin geregelte besondere Berechnungsweise der Renten der Angehörigen einer AVI und der FZR sei durch § 25 Abs. 1 RAnglG aufgehoben worden; nach dieser Vorschrift sei die Pflichtversicherungsrente nach den für alle anderen Arbeitnehmer geltenden Rechtsvorschriften und eine Zusatzrente nach einer unterstellten Beitragszahlung zur FZR entsprechend dem Einkommen festzusetzen gewesen. § 25 Abs. 1 RAnglG sei seit dem 1. Juli 1990 unmittelbar geltendes Recht gewesen; dessen „Grundsätze zur Überführung” unmittelbar anwendbare Rechtsvorschriften beinhattet hätten. Die Begrenzungsregelungen des RAnglG seien sofort und nicht nur auf die Bestandsrentner, sondern auch auf Neuzugänge nach dem 30. Juni 1990 angewandt worden. Nichts spreche dafür, § 25 RAnglG enthalte nur hinsichtlich der zahlbetragsbegrenzenden Regelungen unmittelbar geltendes Recht, nicht jedoch hinsichtlich sonstiger Überführungsregelungen. Das Fehlen einer Ausführungsverordnung nach § 29 RAnglG schränke die unmittelbare Geltung nicht ein. Jedoch beschwere die Feststellung der Pflichtversicherungsrente von 694,00 DM zum 1. Januar 1991 den Kläger nicht. § 25 RAnglG sei aber im Blick auf die beitragsbezogene Zusatzrente und auf den Versorgungsrest rechtswidrig nicht angewandt worden. Die aufgehobenen Bescheide seien jeweils insoweit rechtswidrig, als sie § 25 RAnglG außer Betracht gelassen hätten.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat die – vom LSG zugelassene – Revision des Klägers durch Beschluß vom 9. Mai 1994 als unzulässig verworfen. Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Revision vor, die für das Urteil des LSG tragende Rechtsansicht, §§ 24, 25 RAnglG höben § 28 FZR-VO auf und regelten die Überführung der Zusatzversorgungsleistungen selbst, verstoße gegen Bundesrecht. Beide Vorschriften enthielten nur Grundsätze zu der nach § 22 Abs. 3 aaO angekündigten Überführung der bis zum 30. Juni 1990 erworbenen Ansprüche und Anwartschaften aus zusätzlichen Versorgungssystemen, Weder für Bestandsrentner noch für Zugangsrentner sei die Überführung selbst endgültig geregelt worden; dies sei vor dem 3. Oktober 1990 auch nicht mehr in anderer Weise geschehen, Art. 9 Abs. 2 des Einigungsvertrages (EinigVtr – im folgenden: EV) iVm Anlage II Kap VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9b Satz 2 (EV Nr. 9) bestimme, bis zur Überführung der Ansprüche bei verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter oder Tod in die gesetzliche Rentenversicherung zum 31. Dezember 1991 seien die leistungsrechtlichen Regelungen der jeweiligen Versorgungssysteme weiter anzuwenden. Dies beziehe sich auf die Regelungen des § 28 FZR-VO iVm § 52 der (sog) 1. RentVO und § 7 der 4. RentVO. Hinsichtlich der Überführung derartiger Ansprüche hätten §§ 24, 25 RAnglG eine Absicht erklärt, die erst im Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl I S 1606) mit § 307b SGB VI verwirklicht worden sei. Durch EV Nr. 9 sei die in §§ 24, 25 RAnglG vorgesehene Überführungsweise ausgesetzt und durch ein neues Überführungsprogramm abgelöst worden. Für die begehrte Dynamisierung der Gesamtaltersversorgung des Klägers finde sich keine Rechtsgrundlage im materiellen Recht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 24. November 1993 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 16. März 1993 in vollem Umfang zurückzuweisen.

Der Kläger hat keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

II

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist dem SG darin beizupflichten, daß die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen rechtmäßig sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

1. Revisionsgerichtlicher Prüfung unterliegt, ob der vor der Wiedervereinigung ergangene Bescheid des Gemeinsamen Trägers der Sozialversicherung vom 10. September 1990 mit dem Regelungsinhalt, den er durch den Widerspruchsbescheid des Trägers der Sozialversicherung vom 5. Dezember 1990 erhalten hat (§ 95 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫), bundesrechtswidrig ist, weil der Anspruch des Klägers auf eine Zusatzinvalidenrente nicht als solcher auf eine Rente aus der FZR-Versicherung, sondern als auf eine Zusatzrente aus der ua für Generaldirektoren vorgesehenen und ihm auch individuell zugesagten Zusatzversorgung der technischen Intelligenz (AVI) eingeordnet worden ist. Dasselbe ist auch die Grundfrage des Rechtsstreits im Blick auf die während des Klageverfahrens ergangenen und gemäß § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand des Rechtsstreits gewordenen Verwaltungsakte nach der 1. und der 2. RAV sowie vom 2. Dezember 1991 nach § 307b Abs. 5 SGB VI; die Rechtmäßigkeit der gleichfalls verfahrensgegenständlichen Änderungs- und Anpassungsbescheide vom 15. Januar 1993 und vom 1. Juni 1993, die – worüber die Beteiligten nicht streiten – im übrigen rechtmäßig sind, hängt ebenfalls allein von der Antwort auf diese Grundfrage ab. Hingegen ist § 25 RAnglG – worauf zurückzukommen ist – entgegen der Ansicht des LSG nur eingeschränkt anwendbares Bundesrecht geworden.

Die Vorinstanzen haben richtig erkannt, daß von Organen der früheren DDR erlassene Verwaltungsakte, die mit Beginn des 3. Oktober 1990 nicht bindend iS von Art. 19 Satz 1 EV geworden sind, nach den Verfahrensvorschriften zu überprüfen sind, die für den gegen sie eröffneten Rechtsweg gelten, hier also nach denjenigen des SGG (EV Anlage I Kap VIII Abschnitt III Nr. 4).

2. Zwischen den Beteiligten steht zu Recht nicht im Streit, daß die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen §§ 25 Abs. 1 Nr. 4, 23 Abs. 2 RAnglG, § 6 der 1. RAV. § 8 der 2, RAV und § 307b Abs. 5 SGB VI inhaltlich zutreffend umgesetzt haben, falls diese Vorschriften auf den Kläger anwendbar und gültig sind.

In diesem Zusammenhang ist vorab darauf hinzuweisen, daß die streitigen Verwaltungsakte nicht in dem Kläger individuell und bindend zuerkannte Ansprüche eingreifen. Der Rechtsstreit wird also darum geführt, ob der Kläger gegen die Beklagte für die Zeiten seit dem 1. September 1990 Anspruch auf höhere Rente hat, als ihm in den streitigen Bescheiden zuerkannt wurde.

Hierfür gibt es keine Anspruchsgrundtage. Eine vertragliche Rechtsgrundlage scheidet von vornherein aus; aus dem bindenden Verwaltungsakt vom 5. Juli 1990 (Sozialpflichtversicherungsrente) kann kein höherer Anspruch hergeleitet werden, als in dessen Verfügungssatz zuerkannt worden ist (monatlich 370,00 DM Rente), zumal der DDR-Altersversorgung jegliche, insbesondere eine „automatische” Dynamisierung zuerkannter Renten fremd war. Gesetzliche Anspruchsgrundlagen (§§ 1, 2 der 1. RAV, §§ 3 und 4 der 2. RAV, § 307a SGB VI), aus denen sich bei FZR-Versicherten – theoretisch denkbar – höhere Rentenansprüche ergeben könnten, greifen zugunsten des Klägers nicht ein. Die Beklagte bzw deren „Rechtsvorgängerinnen” (dazu BSGE 72, 50, 55 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1) hat nämlich zu Recht das für die Zusatzversorgungsberechtigten maßgebliche Übergangsrecht angewandt:

3a) Nach § 25 Abs. 1 Nr. 4 RAnglG iVm EV Nr. 9 Buchst b Satz 1 bis 3 ist die Zusatzrente bis zur Überführung der bis zum 30. Juni 1990 erworbenen Anwartschaften aus zusätzlichen Versorgungssystemen – aus denen also (anders als in den Fällen des § 23 Abs. 1 RAnglG) im Juli 1990 eine Zusatzrente noch nicht zu zahlen war – in die gesetzliche Rentenversicherung am 31. Dezember 1991 (dazu BSGE 72, 50, 55 ff, 66 f) für die Personen, die den im § 23 Abs. 2 RAnglG genannten Zusatzversorgungssystemen angehörten, insoweit zu mindern, als der Gesamtbetrag der Renten den Betrag von 1.500,00 DM zzgl der Sozialpflichtversicherungsrente übersteigt. Dadurch wird die Gleichbehandlung der zum 1. Juli 1990 vorhandenen Bestandsrentner mit Zusatzversorgungsberechtigten gewährleistet, deren Leistungsfall erst nach dem 30. Juni 1990 eingetreten ist. Diese Vorschrift ist mit EV Nr. 9 vereinbar, der das darin geregelte Programm, politische Vergünstigungen in die Rentenversicherung nicht zu übernehmen, aufgegriffen und ausgestaltet hat.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, an die das BSG gebunden ist (§§ 163, 164 Abs. 2 Satz 3 SGG) steht fest, daß der Kläger vom 1. November 1982 bis zum 30. Mai 1990 als Generaldirektor eines Zentral geleiteten Kombinats iS von § 23 Abs. 2 RAnglG beschäftigt war und „mit der Berufung in diese Funktion unabhängig vom Vorliegen einer Versicherungspolice Anspruch auf zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz” hatte (so Schreiben des Ministerrats der DDR an den Kläger vom 7. März 1990). Deshalb ist der streitige Bescheid vom 10. September 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 1990 rechtmäßig, weil die Zusatzinvalidenrente dem Kläger ab 1. September 1990 nur in Höhe von 1.500,00 DM (neben der Sozialpflichtversicherungsrente von 370,00 DM) bewilligt wurde. Im übrigen ist § 25 Abs. 1 Nr. 1 Regelung 2 bis Nr. 3 und Abs. 2 RAnglG kein anwendbares Bundesrecht geworden (dazu unter 4.); ferner ist dieser Zusatzrentenanspruch zu Recht nach dem für Zusatzversorgungsberechtigungen maßgeblichen Übergangsrecht behandelt worden (dazu unter 5. und 6.).

b) Gemäß § 6 Abs. 1 der 1. RAV („Renten mit Zusatzversorgung”) werden Sozialpflichtversicherungsrenten nach den für Arbeitnehmer ohne Zusatzversorgung geltenden Bestimmungen der Rentenverordnung festgesetzt und nach den Bestimmungen des Ersten und Zweiten Abschnitts des RAnglG angeglichen. Demgemäß hat die Beklagte die Sozialpflichtversicherungsrente des Klägers (ohne den FZR-AVI-Teil) auf 510,00 DM neu festgesetzt und auf 603,00 DM angeglichen. Nach Abs. 2 aaO wird ein sich aufgrund der Angleichung ergebender Erhöhungsbetrag für Bezugszeiten vor dem 1. Januar 1991 nur insoweit nachgezahlt, als er den Betrag einer gleichartigen zusätzlichen Versorgung übersteigt. Demgemäß hat die BfA nichts nachgezahlt. Nach Abs. 3 aaO werden ab 1. Januar 1991 gleichartige zusätzliche Versorgungen nur insoweit gezahlt, als sie die sich nach Angleichung (Abs. 1 aaO) und nach Anpassung der Sozialpflichtversicherungsrente (§ 2 der 1. RAV) ergebenden Erhöhungsbeträge übersteigen. Demgemäß hat die BfA für die Zeit von Januar bis einschließlich Juni 1991 die Erhöhungsbeträge (von 603,00 DM auf 694,00 DM) auf die Zusatzinvalidenrente von 1.500,00 DM angerechnet, so daß sich der Gesamtanspruch nicht veränderte (1.870,00 DM).

c) Nach § 8 Abs. 1 der 2. RAV werden die Beträge, die sich aus der Anpassung ua der Renten aus der Rentenversicherung einschließlich der Renten aus der FZR-Versicherung für Bezugszeiten ab 1. Juli 1991, dh durch die Erhöhung der anpaßbaren Beträge um 15 vH (§§ 3 und 4 der 2. RAV) ergeben, auf gleichartige zusätzliche Versorgungen in Höhe des Betrages angerechnet, um den diese Anpassungsbeträge zusammen mit den bisherigen Zahlbeträgen der Rente und der gleichartigen zusätzlichen Versorgung den nach § 8 Abs. 2 der 2. RAV maßgebenden Grenzwert (hier: 1.500,00 DM) überschreiten. Dementsprechend hat die BfA die Sozialpflichtversicherungsrente des Klägers von 694,00 DM auf 799,00 DM angepaßt und die Zusatzinvalidenrente gesenkt; der Gesamtanspruch blieb deswegen unverändert.

Gemäß § 307b Abs. 1 SGB VI muß die Beklagte eine neue Rentenberechnung nach den Vorschriften des SGB VI vornehmen, wenn am 31. Dezember 1991 Anspruch auf eine nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) überführte Rente des Beitrittsgebietes bestand. Da der Kläger gemäß der ihm erteilten Versorgungszusage eine Zusatzinvalidenrente aus der AVI in Höhe von 1.500,00 DM erhielt, bezog er am 31. Dezember 1991 eine Rente aus dem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 des AAÜG. die nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 AAÜG iVm § 2 Abs. 2 AAÜG zum 31. Dezember 1991 in die Rentenversicherung überführt worden war.

d) Nach § 307b Abs. 5 SGB VI war die Beklagte „berechtigt”, für Rentenbezugszeiten ab 1. Januar 1992 die für die Höhe der überführten Rente maßgeblichen Entgeltpunkte in einem „maschinellen Verfahren” zu ermitteln. Damit war diesem Verwaltungsträger die Kompetenz erteilt, so lange die für die Rentenberechnung in jedem Einzelfall erforderlichen Daten aus dem gesamten Versicherungsverlauf noch nicht ermittelt werden konnten, die Rentenhöhe vorab aufgrund abstrakter, gesetzlich vorgegebener Werte verbindlich festzustellen. Der Anspruch des Versicherten auf eine seinen individuellen Verhältnissen entsprechende Festsetzung der Höhe seines Rentenanspruches blieb dadurch dem Grunde nach unberührt, wurde aber zunächst hintangehalten (vgl. § 307c SGB VI). Dementsprechend hat die BfA in dem streitigen Bescheid vom 2. Dezember 1991 die Vorgaben des § 307b Abs. 5 SGB VI richtig umgesetzt. Sie hat die Erwerbsunfähigkeitsrente nach dem SGB VI, welche den Gesamtanspruch aus Sozialpflichtversicherungsrente und Zusatzinvalidenrente ab 1. Januar 1991 ersetzt hat (gesetzliche Novation; BSGE 72, 50, 56 f), der Höhe nach mit übergangsrechtlicher Wirkung bis zum Ablauf des Monats festgesetzt, in dem der Bescheid über die nach den individuellen Daten des Klägers festgesetzte Rentenhöhe sowie – ggf – über dessen Nachzahlungsanspruch für Zeiten seit dem 1. September 1990 bekanntgegeben werden wird.

e) Das Begehren des Klägers könnte demnach nur Erfolg haben, wenn er keine Anwartschaft aus zusätzlichen Versorgungssystemen iS von § 25 Abs. 1 Nr. 4 RAnglG, keine „Rente mit Zusatzversorgung” ES von § 6 der 1. RAV und § 8 der 2. RAV bzw keinen Anspruch auf eine nach dem AAÜG überführte Rente iS von § 307b Abs. 1 SGB VI gehabt hätte. Er meint, dies sei deswegen der Fall gewesen, weil die ihm aus der Altersversorgung der technischen Intelligenz zugesagte und zum 1. September 1990 gewährte Rente von 1.500,00 DM monatlich nach § 28 der FZR-VO in Wirklichkeit als Zusatzrente aus der FZR-Versicherung in Höhe der zugesicherten Altersversorgung der Intelligenz und an deren Stelle gezahlt worden sei, er mithin eine Rente aus der FZR-Versicherung erhalten habe. Träfe dies zu, hätte die Beklagte die vorgenannten übergangsrechtlichen Bestimmungen für Zusatzversorgungsberechtigte zu Unrecht angewandt. Dies ist jedoch nicht Fall.

4. Der dem Kläger zuerkannte Anspruch auf Zusatzinvalidenrente in Höhe der zugesicherten Rente der Altersversorgung der Intelligenz ist nach Bundesrecht ein Recht aus der Zusatzversorgung, er geht auf eine Rente, die nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 AAÜG in die Rentenversicherung überführt ist. Es kommt nämlich entscheidend darauf an, wie das Bundesrecht Ansprüche auf diese Leistungen rechtlich qualifiziert. Denn das BSG darf als Bundesorgan und nach näherer Maßgabe des § 162 SGG nur Bundesrecht anwenden, dh am Maßstab von Bundesrecht prüfen, ob das Berufungsgericht Bundesrecht verletzt hat. Nach Bundesrecht ist aber die sog FZR-AVI-Rente als Zusatzversorgungsrente einzuordnen.

Der Senat hält an den Grundsätzen seiner Rechtsprechung fest, die er in der Grundentscheidung vom 27. Januar 1993 (BSGE 72, 50 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1; dazu BVerfG. Beschluß der 2. Kammer des 1. Senats vom 7. Juli 1993 – 1 BvR 620/93; „Zahlbetragsbegrenzung auf 2.010,00 DM”) zusammengefaßt sowie in einer Vielzahl von Urteilen und Beschlüssen zu verschiedenen Bereichen des Rentenüberleitungsrechts näher entfaltet hat; vor allem: Urteil vom 30. September 1993, 4 RA 1/93: „Übergangszeit vom 3. Oktober 1990 bis 31. Dezember 1991”; Urteil vom 25. Januar 1994, SozR 3-1300 § 44 Nr. 8: „Keine Einstandspflicht für DDR-Rentenansprüche vor dem 1. Juli 1990”; Beschluß vom 30. März 1994, SGb 1995, 37 ff: „Zahlbetragsbegrenzung MfS”; Urteil vom 30. März 1994, 4 RA 62/93, AuA 1994, 224, 256: „Systementscheidung und Rechtmäßigkeit der Ersten und Zweiten Rentenanpassungsverordnung”; Urteil vom 10. Mai 1994, BSGE 74, 184 ff = SozR 3-8570 § 11 Nr. 1: „Dienstbeschädigungsteilrente I”; Beschluß vom 24. August 1994, SozR 3-8570 § 17 Nr. 1: „Berufsbezogene Zuwendung an Ballettänzer”; Urteil vom 31. August 1994, SozR 3-8570 § 11 Nr. 2: „Kürzung der Übergangsrente”; Urteil vom 31. August 1994, SozR 3-8570 § 12 Nr. 1: „Krankenversicherung von Sonderversorgungsrentnern”; Urteil vom 31. August 1994, 4 RA 56/93: „Fortsetzung zu Dienstbeschädigungsteilrente I”; Urteil vom 29. September 1994, SozR 3-8570 § 11 Nr. 3: „Dienstbeschädigungsteilrente II”; Urteil vom 15. Dezember 1994, 4 RA 67/93, SozR 3-8560 § 26 Nr. 2: „Unanwendbarkeit von § 26 Abs. 1 RAnglG”; Urteil vom 14. Juni 1995, 4 RA 41/94, zur Veröffentlichung vorgesehen; „Gesetz- und Verfassungsmäßigkeit der Ersten und Zweiten Rentenanpassungsverordnung”; Vorlagebeschlüsse vom 14. Juni 1995, 4 RA 98/94 (§ 6 Abs. 2 AAÜG) und 4 RA 54/94 (§ 7 AAÜG).

Der EV ist durch das Vertragsgesetz vom 23. September 1990 (BGBl II S 885) in innerstaatliches Recht transformiert worden; er gilt damit als – einfaches – Bundesgesetz fort (stellvertretend ebenso Badura, Die innerdeutschen Verträge, insbesondere der EV. in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band VIII, S 192 ff – „fortbestehende Rechte” stehen hier nicht in Frage). Für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung findet danach Bundesrecht seit dem 3. Oktober 1990 Anwendung, mit den Maßgaben des EV aber auch rückwirkend für die Zeit ab 1. Juli 1990; denn die demokratisierte DDR konnte in der Zeit vom Inkrafttreten des RAnglG (1. Juli 1990) bis zur Wiedervereinigung (3. Oktober 1990) nur ansatzweise ihr Programm umsetzen, ein dem westdeutschen Rentenversicherungsrecht im wesentlichen gleichartiges Rentenrecht zu schaffen. Deshalb gilt nach dem EV dasjenige Recht der früheren DDR, welches thematisch dem öffentlich-rechtlichen Rentenversicherungsrecht der Bundesrepublik Deutschland entspricht, nur weiter, wenn es den Geltungsbedingungen des Art. 9 Abs. 2 und 4 EV iVm den maßgeblichen Bestimmungen in den Anlagen hierzu entspricht. Derartiges DDR-Recht gilt also nur als sekundäres Bundesrecht, und zwar nachrangig, lückenfüllend und übergangsrechtlich kraft bundesrechtlichen Anwendungsbefehls und in dessen Grenzen, soweit es nicht von nach EV Anlage I gültigem Bundesrecht oder nach Maßgabe spezieller Regelungen im EV und in dessen Anlage II verdrängt worden ist.

Deswegen sind die in § 25 Abs. 1 Nr. 1 Regelung 2 bis Nr. 3 und Abs. 2 RAnglG aufgestellten „Grundsätze” für die Überführung der bis zum 30. Juni 1990 in der DDR und nur gegenüber deren Organen erworbenen Rentenanwartschaften in ein neues DDR-Rentenversicherungsrecht, die „im 2. Halbjahr 1990” verwirklicht werden sollte (§ 24 Abs. 1 RAnglG), kein durch Verwaltungsträger direkt anwendbares (sekundäres) Bundesrecht geworden (st Rspr seit BSGE 72, 50, 65 ff); denn sie sind spezifisch auf das vorgesehene, aber niemals ausgestaltete DDR-interne Überleitungsrecht ausgerichtet, hingegen nicht mit der in EV Nr. 9 vorgegebenen Überführung in das SGB VI vereinbar, Sie dürfen also – entgegen dem LSG – auch von den Gerichten nicht als Maßstabsnorm zur Prüfung der Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten angewandt werden. Die von Organen der früheren DDR gesetzten Normen sind – wie das Recht sonstiger Staaten – fremdes Recht, welches die an das Grundgesetz (GG) gebundenen Staatsorgane nur befolgen oder als Maßstab anwenden dürfen, wenn und soweit das GG selbst oder der nach dem GG kompetente Gesetzgeber dies (verfassungsgemäß) angeordnet haben. Nach Art. 9 Abs. 2 und 4 EV iVm EV Nr. 9 ist der Zwischenschritt eines eigenständigen (nur im Beitrittsgebiet gültigen) Rentenversicherungsrechts fallen gelassen und die Überführung zum 31. Dezember 1991, der Sache nach aber in das Recht des SGB VI (ab 1. Januar 1992) angeordnet worden. Schon deswegen war für die og „Grundsätze” des § 25 RAnglG im Bundesrecht kein Raum. Daher hat EV Nr. 9 Buchst b Satz 2 bestimmt, daß bis zur Überführung nicht diese „Grundsätze” (und nicht die des § 24 RAnglG), sondern die „leistungsrechtlichen Regelungen der jeweiligen Versorgungssysteme weiter anzuwenden” sind, soweit sie sekundäres Bundesrecht geworden sind. Daher sind ua § 28 FZR-VO, § 52 der 1. RentVO und § 7 der 4. RentVO anzuwenden.

5. Daraus ergeben sich für die Beurteilung der Rechtsnatur eines Anspruchs auf zusätzliche Rente (hier: Zusatzinvalidenrente) iS von § 28 FZR-VO und ihrer Überführung in das SGB VI im wesentlichen folgende Maßstäbe:

EV Nr. 9 enthält als originäres Bundesrecht eine spezielle und grundsätzlich abschließende Regelung für die Überführung von Ansprüchen ua wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die nach Maßgabe eines ua Zusatzversorgungssystems „erworben” worden sind (EV Nr. 9 Buchst b Satz 1). Das bundesrechtliche Übergangsrecht unterscheidet bei der Überführung von Bestandsrenten danach, ob der Gesamtanspruch ua auf Invaliditätsrenten sich nach Grund und Höhe ausschließlich aus individuellen Beiträgen zur Sozialpflichtversicherung und zur FZR-Versicherung ergab; dann sind die für die überwältigende Mehrzahl der pflichtversicherten Bestandsrentner gültigen Überführungsregeln anzuwenden. Beruht der Gesamtanspruch des Bestandsrentners jedoch auch nur zum Teil auf einem Rentenanspruch, der durch eine Erwerbstätigkeit erworben wurde, derentwegen eine Zusatzversorgung (oder Sonderversorgung) zugesagt worden ist, findet für die Überführung der Rente in das SGB VI – übergangsrechtlich – das Sonderrecht von EV Nr. 9 iVm den Vorschriften des AAÜG und § 307b Abs. 5 (oder Abs. 6) SGB VI Anwendung.

Das Bundesrecht trennt also zwischen „echten” Sozialversicherungsansprüchen und -anwartschaften (Sozialpflicht- und FZR-Versicherung) einerseits und Ansprüchen und Anwartschaften kraft Zusage einer Zusatz- oder Sonderversorgung andererseits. Der Sachgrund hierfür besteht wesentlich in folgendem:

Nur bei Ansprüchen der ersten Gruppe kann annähernd von der das Rentenversicherungssystem des SGB VI kennzeichnenden konkreten Entgelt- und Beitragsbezogenheit der Renten ausgegangen werden. Ferner war aufgrund der Entgeltverhältnisse und der Beitragshöhe in der früheren DDR absehbar, daß insoweit das Niveau der SGB VI-Renten nicht überschritten und damit die Gleichheit gegenüber den westdeutschen Versicherten nicht verletzt werden würde. Außerdem war hier mit der Dynamisierung dieser einzelnen Renten die Gefahr einer gleichheitswidrigen Überzahlung gegenüber den anderen Rentnern im Beitrittsgebiet in aller Regel nicht verbunden. Schließlich waren (nur) insoweit verwaltungstechnisch für das SGB VI brauchbare Versicherungsunterlagen vorhanden.

Demgegenüber war die Ausgangslage bei den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen sehr unübersichtlich: Rechtsgrundlagen waren häufig nicht veröffentlicht, Leistungsvoraussetzungen ungeklärt, individuelle Beitragsleistungen nur teilweise und in unterschiedlicher Höhe erforderlich oder gar Anspruchsvoraussetzungen. Das Leistungsniveau lag zumeist, wenn auch in den verschiedenen Systemen in unterschiedlicher Höhe, über dem der Sozialpflichtversicherung und der FZR-Versicherung. Rentenversicherungsrechtlich verwertbare Unterlagen über Versicherungsverläufe der Begünstigten waren zumeist nicht vorhanden. Schließlich waren wegen der augenfälligen, wenn auch in sich unterschiedlich begründeten Systemnützlichkeit der von Versorgungssystemen erfaßten Tätigkeiten Anhaltspunkte dafür gegeben, daß die der Berechnung der Zusatzrenten zugrundeliegenden Arbeitsentgelte möglicherweise aus politischen Gründen gegenüber den sonstigen Erwerbstätigen in der früheren DDR überhöht oder sogar Unrechtsentgelte waren.

Vor diesem Hintergrund ist für Ansprüche, die aufgrund von Zusagen einer (Sonder- oder) Zusatzversorgung „erworben” worden sind, das besondere Überführungsprogramm in EV Nr. 9 angeordnet worden, nach dem zunächst die bisherigen leistungsrechtlichen Regelungen (soweit zu sekundärem Bundesrecht geworden) bis zur Überführung der überführbaren Ansprüche in die Rentenversicherung des SGB VI weiterhin anzuwenden sind.

Demgemäß ist § 28 FZR-VO im Rahmen von EV Nr. 9 Buchst b Satz 2 sekundär bundesrechtlich als eine Bestandsschutznorm für solche Zusatzrenten zu verstehen, die aufgrund der Zusage einer Versorgung iS von EV Nr. 9, nämlich der AVI, „erworben” worden sind; keinesfalls qualifiziert er bundesrechtlich die von ihm geschützten Renten als solche aus der FZR-Versicherung: Hierfür spricht schon, daß die nach § 28 FZR-VO garantierte Höhe der Zusatz-Altersrente sich aus den Beiträgen zur FZR-Versicherung nicht, nämlich nur unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz herleiten läßt; denn es ist kein Sachgrund ersichtlich, der es rechtfertigen könnte, daß zwei Arbeitnehmer, die gleichhohes Arbeitsentgelt mit gleichhohen individuellen Beiträgen versichert haben, hieraus unterschiedlich hohe Rentenansprüche erwerben. Darüber hinaus muß der Berechtigte nach § 28 Abs. 1 Satz 2 FZR-VO auch im Leistungsfall weiterhin die Voraussetzungen der Versorgungszusage erfüllen. Außerdem wird er gemäß § 28 Abs. 2 FZR-VO bei der Berechnung der Rente aus der Sozialpflichtversicherung den Empfängern einer zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz gleichgestellt. Genau dies ist auch in § 6 der 1. RAV und § 8 der 2. RAV sowie in § 307b SGB VI geschehen.

Demgegenüber kommt der früheren Entscheidungs- und Zahlungszuständigkeit des FDGB (§ 31 FZR-VO) keine (sekundär bundesrechtliche) Bedeutung zu. Zutreffend weist die BfA in diesem Zusammenhang darauf hin, daß in der früheren DDR den Zusatzversorgungsberechtigten geradezu nahegelegt wurde, sich vorbildlich dadurch zu verhalten, daß man auch in die FZR-Versicherung eintrat; umgekehrt war es vorteilhaft, wenn ein FZR-Versicherter es außerdem erreichte, die ihm wesentlich günstigere Zusage einer Zusatzversorgung zu erhalten. Dementsprechend ist es (sekundär bundesrechtlich) gleichfalls ohne Belang, daß die in § 28 Abs. 3 Satz 1 FZR-VO vorgesehene Rechtsfolge für den Austritt aus der FZR nach Satz 2 aaO gerade dann nicht galt, wenn die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz vorlagen. Hierauf ist nicht näher einzugenen, weil § 28 Abs. 3 FZR-VO schon seit dem 1. Juli 1990 keinen Anwendungsbereich mehr hat.

6. Die übergangsrechtliche Qualifizierung des zusätzlichen Aftersrentenanspruchs hängt mithin nach EV Nr. 9 Buchst b Satz 2 iVm § 28 FZR-VO davon ab, ob er nach den für alle FZR-Versicherten geltenden Vorschriften der FZR-VO (als fortgeltendem sekundären Bundesrecht) ausschließlich durch individuelle Beiträge zur FZR-Versicherung „erworben” worden, also in Anwendung von § 20 FZR-VO ein die zugesagte Zusatzversorgung übersteigender Zahlungsanspruch festgestellt worden ist. Dies hätte ggf zur Folge, daß der Berechtigte (mit Zusatzversorgungszusage) bis zur individuellen Rentenfestsetzung nach § 307b Abs. 1 bis Abs. 4 SGB VI bei Anwendung der 1. und 2. RAV gleichwohl wie ein FZR-Versicherter zu behandeln wäre.

Der Kläger hat seinen Anspruch auf eine monatliche zusätzliche Invalidenrente in Höhe von 1.500,00 M/DM nicht durch seine Beiträge zur FZR-Versicherung erworben; dieser beruhte vielmehr altein auf der Zusage, ihm nach der AVI zumindest eine Rente in Höhe von 60 vH des letzten maßgeblichen Bruttogehalts zu zahlen. Demgegenüber sind die Voraussetzungen für eine Rentenberechnung gemäß § 20 FZR-VO, insbesondere die Gesamtzeit der Zugehörigkeit zur FZR-Versicherung sowie das während dieser Jahre erzielte monatliche Durchschnittseinkommen über 600,00 M, soweit dafür Beiträge entrichtet wurden, in keiner Weise berücksichtigt. Durch seine – inzwischen festgestellten – Beiträge zur FZR-Versicherung hat er nur einen deutlich niedrigeren Anspruch (305,00 DM, ab 1991: 351,00 DM) erworben. Der Träger der Sozialversicherung hat ihm deshalb (neben dem Anspruch aus der Sozialpflichtversicherung) den nur durch die Versorgungszusage begründeten höheren Anspruch auf 1.500,00 M, nicht aber den durch Beiträge finanzierten niedrigeren Anspruch aus der FZR-Versicherung zuerkannt. Da die Zusatzinvalidenrente des Klägers also keine durch Beiträge zur FZR-Versicherung erworbene, sondern eine auf der Versorgungszusage beruhende Rente ist, war sie nach dem für Zusatzversorgungsberechtigungen maßgeblichen Übergangsrecht zu überführen. In diesem Zusammenhang kann der Kläger sich – wie gesagt – nicht auf § 25 RAnglG und auch nicht auf die für die „echten” FZR-Versicherten ohne Zusage einer Zusatzversorgung gültigen Überführungsregeln berufen.

7. Die von der Beklagten angewandten Vorschriften sind gültig:

Nach der og ständigen Rechtsprechung des Senats, an der er nach erneuter Überprüfung festhält, sind § 6 der 1. RAV und § 8 der 2. RAV Bestandteile von wirksam erlassenen Rechtsverordnungen, zu deren Erlaß die Bundesregierung primär durch EV Nr. 9 Buchst f ermächtigt war. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung ergaben sich hinreichend klar aus dem Überführungsprogramm in EV Nr. 9 Buchst a bis e. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist dieses Überführungsprogramm und sind die hier angesprochenen Vorschriften des AAÜG sowie des § 307b SGB VI verfassungsgemäß. Insbesondere war der Bundesgesetzgeber durch höherrangiges Recht nicht verpflichtet, die „Grundsätze”, welche die frühere DDR in den §§ 24, 25 RAnglG spezifisch für die Überführung der Zusatzversorgungsberechtigungen in ein – nicht Wirklichkeit gewordenes – neues DDR-Rentenrecht aufgestellt hatte, zu Lasten der Steuer- und Beitragszahler im wiedervereinigten Deutschland uneingeschränkt und ungeprüft in das Bundesrecht zu übernehmen, zumal die im Zustande des Staatsbankrotts erloschene DDR keinerlei Vermögen hintertassen hat, aus dem ihre Zusatzversorgungsversprechungen hätten finanziert werden können. Ergänzend ist lediglich auf folgendes hinzuweisen:

Daß der kraft Versorgungszusage erlangte Anspruch auf Zusatzinvalidenrente anders behandelt worden ist als derjenige, der durch individuelle Beiträge zur FZR-Versicherung erworben worden ist, beruht auf den og Gründen, die den Bundesgesetzgeber berechtigterweise veranlaßt haben, die Überführung der Zusatz- und Sonderversorgungsansprüche zunächst einer besonderen Prüfung zu unterziehen (vgl. zum Diskussionsstand stellvertretend: Kärcher, DAngVers 1993, 97 ff; Estelmann, DAngVers 1993, 278 ff; Bienen, ZfS 1993, 349 ff; ferner: Bonz, DAngVers 1987, 266 ff; Glombik, Rv 1991, 61 f; sa Rürup, Simon, Gutachten zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus den Zusatzversorgungssystemen der Anlage 1 Nr. 1 bis 22 des AAÜG in die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland, 1993, 10 ff, 22 ff, 41 ff; Merten, Verfassungsprobleme der Versorgungsüberleitung, 2. ergänzte Auflage 1993, 12 ff; Wolter, Zusatzversorgungssysteme der Intelligenz; Verfassungsrechtliche Probleme der Rentenüberleitung in den neuen Bundesländern, 1992, 39 ff).

Der Senat hat keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, daß § 307b Abs. 5 SGB VI die Beklagte ermächtigt hat, im Rahmen des sog maschinellen Verfahrens bei der pauschalierten Berechnung der überführten Leistung Werte zugrundezulegen, die im Blick auf die individuelle Rentenfeststellung später u U zu einem erheblichen Nachzahlungsanspruch nach § 307b Abs. 3 SGB VI führen. Denn das maschinelle Verfahren soll gerade ermöglichen, daß bis zur individuellen Rentenberechnung einerseits Überzahlungen vermieden werden, andererseits aber den Betroffenen ein monatlicher Rentenanspruch wenigstens auf der Grundlage eines Entgeltpunktes gewährt werden kann. Allerdings kann nur für eine Übergangszeit, die Mitte des Jahres 1996 austäuft, als verhältnismäßig erachtet werden, daß diejenigen, die eine „Kürzung” ihrer Entgelte für die Rentenberechnung nicht werden hinnehmen müssen, Rente nur auf einem zum Teil deutlich gesenkten Niveau erhalten.

Dabei ist im übrigen die Zahlbetragsgarantie des § 307b Abs. 3 Satz 2 SGB VI (und diejenige des EV Nr. 9 Buchst b Satz 4) einzuhalten. Deswegen muß der Rentenversicherungsträger in den Fällen, in denen der Zusatzversorgungsberechtigte auch noch Beiträge zur FZR-Versicherung geleistet hat, schon bei Anwendung von § 25 Abs. 1 Nr. 4 RAnglG iVm EV Nr. 9, der 1. RAV. der 2, RAV und des § 307b Abs. 5 SGB VI prüfen, ob der Anspruch auf die Zusatzrente ausschließlich gemäß den zur FZR-Versicherung geleisteten Beiträgen festgestellt (berechnet) worden ist. Gegebenenfalls ist während der Übergangszeit vom 1. Januar 1992 bis zur individuellen Rentenberechnung jedenfalls dieser Zahlbetrag – ggf nach der 1. und 2. RAV dynamisiert – als Teil des Gesamtanspruchs weiterzuzahlen. Hingegen kann hier folgendes offenbleiben: Führt die Überprüfung des individuellen Versicherungsverlaufs bei der Berechnung der neuen Leistung zu der Feststellung, daß eine – verfassungsgemäße (s dazu die og Vorlagebeschlüsse des Senats vom 14. Juni 1995 – 4 RA 98/94 und 4 RA 54/94) – Begrenzung der bei der Entgeltpunktermittlung zu berücksichtigenden Arbeitsentgelte nicht durchzuführen ist, weil keine politischen Vergünstigungen oder Unrechtsentgelte vorliegen, könnte es in den Fällen, in denen die Zusatzrente nach den Voraussetzungen von § 20 FZR-VO aus individueller Beitragsleistung erworben ist, uU geboten sein, die SGB VI-Rente (entsprechend § 307b Abs. 2 Satz 1 SGB VI auch fiktiv rückbezüglich zum 1. Juli 1990) ohne die für Zusatzversorgungsberechtigte geltenden Sonderbestimmungen festzustellen.

Nach alledem hat das SG – entgegen dem Berufungsgericht – zu Recht erkannt, daß die streitigen Verwaltungsentscheidungen rechtmäßig sind, so daß der Revision der Beklagten gegen das Urteil des LSG stattzugeben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI946280

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