Leitsatz (amtlich)

Bei einkommensabhängigen Leistungen der Kriegsopferversorgung (wie der Ausgleichsrente) sind ausländische Einkünfte deutscher Anspruchsberechtigter nicht nach dem Devisenkurs, sondern nach der Verbrauchergeldparität (deutsches Schema) umzurechnen, wenn "besondere" Verhältnisse des Aufenthaltsstaates (vgl auch BVG § 64b Abs 4 S 1) dies erfordern, dh wenn ein krasses Mißverhältnis zwischen Devisenkurs und Kaufkraftwert besteht.

 

Orientierungssatz

Renten aus der "Social Security" (USA) entsprechen den Renten aus der deutschen gesamten Rentenversicherung, die nach DV § 33 BVG § 1 Abs 3 Nr 3 auf die Ausgleichsrente anzurechnen sind.

 

Normenkette

BVG § 64c Abs. 1 Fassung: 1964-02-21, Abs. 1 Fassung: 1966-12-28, § 64b Abs. 4 S. 1 Fassung: 1966-12-28, § 33 DV § 1 Abs. 3 Nr. 3 Fassung: 1967-11-09

 

Tenor

Die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 18. Mai 1971 werden als unbegründet zurückgewiesen.

Die Beklagte und die Beigeladene haben der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens als Gesamtschuldner zu erstatten.

 

Gründe

I

Der in den USA lebenden Klägerin deutscher Staatsangehörigkeit wurde aufgrund des Bescheides des Versorgungsamts (VersorgA) B vom 12. Juni 1961 Witwengrund- und -aus-gleichsrente in voller Höhe gezahlt. Nachdem festgestellt worden war, daß die Klägerin bereits seit 1960 eine Rente aus der Social Security von monatlich 49,60 US-$ bezog, erließ das VersorgA am 29. Juli 1964 einen Anfechtungsbescheid. Neben weiteren inzwischen erledigten Verfügungen kürzte es die Ausgleichsrente vom 1. Januar 1964 an auf 2,- DM. Es legte bei der Anrechnung der Rente aus der Social Security den amtlichen Umrechnungskurs von 1 : 4 zugrunde (49,60 $ = 198,40 DM). Das Landesversorgamt wies den Widerspruch der Klägerin durch Bescheid vom 30. Oktober 1964 zurück. Das Sozialgericht (SG) Bremen verurteilte die Beklagte durch Urteil vom 28. April 1967, der Klägerin eine Ausgleichsrente von monatlich 57,- DM vom 1. Januar bzw. 1. September 1964 an zu zahlen. Es war der Auffassung, daß seit Inkrafttreten des Zweiten Neuordnungsgesetzes (2.NOG) vom 21. Februar 1964 (BGBL I 85) bei der Umrechnung der Social- Security-Rente in Deutsche Mark von einem Verbrauchergeldwert von 1 $ = 2,50 DM auszugehen sei. Auf die Berufung der Beklagten änderte das Landessozialgericht (LSG) Bremen nach Beiladung der Bundesrepublik Deutschland mit Urteil vom 18. Mai 1971 das Urteil des SG dahingehend ab, daß es die Beklagte verurteilte, bei der Berechnung der Ausgleichsrente die vom Statistischen Bundesamt für die USA ermittelten Verbrauchergeldparitäten (deutsches Schema) zugrunde zu legen und die Klägerin neu zu bescheiden. Die von der bis 31. Dezember 1963 geltenden Regelung abweichende Vorschrift des § 64c Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) bezwecke, die Berechtigten im Ausland hinsichtlich der Anrechnung von dort erzielten Einkünften mit den Berechtigten im Inland gleichzustellen. Der Klägerin müsse der Lebensbedarf nach den Verhältnissen gewährt werden, wie sie in der Bundesrepublik gelten. Der amtliche Devisenkurs könne diese Funktion nicht erfüllen, weil das Ergebnis der Umrechnung in einem offensichtlichen Mißverhältnis zum Realwert der Einkünfte stehe. Hierauf habe bereits das Bundessozialgericht (BSG) in einem Urteil vom 24. November 1965 (9/11 RV 116/63) hingewiesen. Da § 64 c Abs. 1 BVG von den vergleichbaren Inlandseinkünften ausgehe, sei das deutsche Verbrauchergeldschema anzuwenden, wonach sich für 1964: 2,68 DM und 1965: 2,73 DM je US-$ ergäben. Die Beigeladene selbst konzediere - wenn auch nur auf dem Umweg des Härteausgleichs - die Anwendung der Verbrauchergeldparität (1 US-Dollar = 2,50 DM) anstelle der valutarischen Umrechnung. Der kaufkraftmäßige Geldwertvergleich ergebe sich nun aus dem Gesetz; eine solche Vergleichsberechnung werde auch im Rahmen der Wiedergutmachung praktiziert. Sonach sei für 1964 eine Ausgleichsrente von 50,30 DM und für 1965 eine solche von 39,45 DM monatlich zu zahlen.

Mit der zugelassenen Revision rügen die Beklagte und die Beigeladene die Verletzung des § 64 c Abs. 1 BVG und tragen im wesentlichen übereinstimmend vor: Aus der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift sei zu entnehmen, daß nur eine Vergleichbarkeit in bezug auf die Einkunftsart ausländischer Leistungen mit den in der Verordnung zur Durchführung des § 33 BVG aufgeführten Leistungen bezweckt werde (Begründung der Bundesregierung in BT-Drucks. 4.Wahlperiode Nr. 189/1963, Nr. 48). Wie ausländische Einkünfte umzurechnen seien, ergebe sich aus dieser Vorschrift nicht. Die Entstehungsgeschichte zeige auch, daß von einer Kaufkraftausgleichsregelung bewußt Abstand genommen worden sei, daß vielmehr den Besonderheiten bei Anwendung des amtlichen Umrechnungskurses durch Härteregelungen nach § 89 BVG Rechnung getragen werden sollte (Protokoll der 26.Sitzung des 22. BT-Ausschusses vom 7. November 1963, S. 12, 14 und Bericht dieses Ausschusses in BT-Drucks. 4. Wahlperiode 1831 S. 10). Die Umrechnung nach dem Verbrauchergeldwert begünstige auch nur einen Teil der von der Bundesrepublik versorgten Kriegsopfer im Ausland. Diejenigen Kriegsopfer, die keine ausländischen Einkünfte hätten, könnten an dieser Umrechnungsart nicht teilnehmen. Nach der Begründung des angefochtenen Urteils wäre die Verwaltung verpflichtet, die kaufkraftmäßige Umrechnung selbst bei Berechtigten in solchen Staaten durchzuführen, in denen die valutarische Umrechnung zu keinen Besonderheiten führe. Die ähnliche Regelung im Bundesentschädigungsgesetz (Wiedergutmachung) sei als Sonderbestimmung zugunsten Verfolgter hier nicht anzuwenden. Die Ausführungen des BSG in seinem Urteil vom 24. November 1965 (9/11 RV 116/63) könnten nicht die Auffassung des LSG stützen, denn zu § 64 c Abs. 1 BVG sei keine Stellung genommen worden. Das LSG habe bei seiner Argumentation auch nicht beachtet, daß die Versorgungsbezüge nicht den Zweck hätten, einen bestimmten Lebensstandard zu gewährleisten. Selbst wenn man die für die Kriegsopferfürsorge geltende Vorschrift des § 64 b Abs. 4 Satz 1 BVG auf Fälle der vorliegenden Art entsprechend anwenden müßte, wäre es nicht zwingend, die Umrechnung nach dem Verbrauchergeldwert durchzuführen. Wollte man dies aber tun, so läge die Anwendung des amerikanischen Schemas näher als die des deutschen Schemas. Der Hinweis des LSG auf die von der Verwaltung durchgeführte Härteregelung sei schon deshalb nicht überzeugend, weil sich diese Regelung nur auf die USA und Kanada erstrecke und das hier angewendete Umrechnungsverhältnis 1 : 2,5 lediglich eine Hilfsgröße im Rahmen einer Ermessensentscheidung darstelle. Die Härteregelung sei außerdem auf die Elternrente beschränkt worden. Im übrigen habe die Beigeladene in ihren Richtlinien zum Ausdruck gebracht, daß die im Ausland erzielten Einkünfte grundsätzlich nach valutarischer Umrechnung anzurechnen seien.

Die Revisionskläger beantragen sinngemäß,

unter Aufhebung der Urteile des LSG Bremen vom 18. Mai 1971 und des SG Bremen vom 28. April 1967 die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt hilfsweise,

das Urteil des LSG Bremen aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt.

II

Die form- und fristgerecht eingelegten und begründeten, vom LSG zugelassenen Revisionen sind zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -); sie konnten jedoch keinen Erfolg haben.

Das LSG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, der Klägerin einen neuen Bescheid über ihre Ausgleichsrente zu erteilen und bei der Anrechnung ihrer Rente aus der Social Security die Verbrauchergeldparitäten nach dem deutschen Schema zugrunde zu legen. Die durch das 2. NOG geschaffene Vorschrift des § 64 c Abs. 1 BVG, die unverändert in das 3. NOG vom 28. Dezember 1966 (BGBl I 750) übernommen worden ist, bestimmt, daß bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge ausländische Einkünfte wie vergleichbare inländische Einkünfte zu berücksichtigen sind. Es besteht kein Grund, diese Vorschrift in dem - von den Revisionsklägern offenbar für richtig gehaltenen - Sinn auszulegen, daß damit nur auf die "Einkunftsarten" abgestellt bzw. daß von dieser Vorschrift nur die besondere Einkunftsart "Leistungen" erfaßt werde. Gegen eine solche einschränkende Auslegung spricht, daß das Wort "Art" hier fehlt und daß das BVG im übrigen besonders in den die Versorgung von Kriegsopfern im Ausland betreffenden Vorschriften (§§ 64 bis 64 e BVG) deutlich zwischen Leistungen einerseits und Einkünften bezw. Einkommen andererseits unterscheidet. Der Ausdruck Leistungen wird nicht nur dann gebraucht, wenn von der Versorgung aufgrund des BVG die Rede ist (§ 64 d Abs. 2 BVG), sondern auch dann, wenn andere zweckgerichtete Einkunftsarten bestimmter Träger der sozialen Sicherheit bezeichnet werden sollen (§ 64 b Abs. 3 BVG). Der Begriff Einkünfte wird in dem grundsätzlich sämtliche Einkunftsarten umfassenden Sinn besonders in § 64 c Abs. 2 letzter Satz BVG idF des 3. NOG gebraucht (zur Bedeutung der Änderung durch das 3. NOG vgl. Wilke, Kommentar zum BVG, 3. Aufl., § 64 c Anm. III S. 432). Die Vorschriften zur Ermittlung des Einkommensverlusts als Voraussetzung für die Gewährung von Berufsschadensausgleich und Schadensausgleich (§ 64 c Abs. 2 und - nach dem 3. NOG - 3 BVG) beziehen sich auf sämtliche anrechenbaren Einkunftsarten, was sich aus der Bezugnahme auf § 30 Abs. 4 BVG ergibt. Aus dem Umstand, daß § 64 c Abs. 1 BVG zuvor bestimmt, in welcher Weise Einkünfte, die nach den Absätzen 2 und 3 dieser Vorschrift angerechnet werden, zu berücksichtigen sind, ist zu schließen, daß der Begriff "Einkünfte" in sämtlichen genannten Vorschriften in gleichem Sinne gemeint ist; insbesondere ist kein Grund ersichtlich, weshalb Abs. 1 nur für einen Teil der Einkünfte die Art der Berücksichtigung vorschreiben und hinsichtlich anderer in den Absätzen 2 und 3 erfaßten Einkünfte die Art der Berücksichtigung offenlassen sollte.

Der Hinweis der Revisionskläger auf die Entstehungsgeschichte des § 64 c Abs. 1 BVG fällt gegenüber dem nach Wortlaut und Sinnzusammenhang eindeutigen Begriff nicht entscheidend ins Gewicht. Die Amtliche Begründung (BRats-Drucks. 4.Wahlperiode 189/1963 S. 24) zu § 64 c BVG, die von "ausländischen Bezügen" spricht, insbesondere aber die Bezugnahme auf Nr. 48 letzter Satz der Richtlinien des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 21. November 1961 (BVBl 1961 Beil). kann zwar möglicherweise dahingehend verstanden werden, daß in § 64 c Abs. 1 BVG nur "Leistungen nach ausländischen gesetzlichen Vorschriften, die denen nach dem BVG vergleichbar sind" gemeint sein sollten. Der Gesetzeswortlaut bietet hierfür jedoch keine Handhabe. In diesem Sinne verstehen demgemäß die Revisionskläger die Bezugnahme auch selbst nicht. Sie meinen vielmehr offenbar, daß als Einkünfte die Leistungen zu verstehen seien, die nach der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 33 BVG, die in der vorerwähnten Amtl. Begründung erwähnt ist, als Einkünfte anrechenbar sind. Es braucht hier aber nicht allgemein entschieden zu werden, wie weit der Begriff "Einkünfte" in § 64 c Abs. 1 BVG reicht. Selbst wenn man die Auffassung der Revisionskläger als richtig unterstellt, daß nämlich nur "Leistungen" gemeint seien, die mit den in der Verordnung zu § 33 BVG aufgeführten Leistungen (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 3 bis 5 DVO) vergleichbar sind, muß die fragliche Einkunftsart der Klägerin (Rente aus der Social Security) als eine derartige "Leistung" beurteilt werden. Denn die Renten aus der Social Security entsprechen den Renten aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, die nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 der DVO zu § 33 BVG auf die Ausgleichsrente anzurechnen sind. Die Rente aus der Social Security beruht auf gesetzlich festgelegten Beitragsleistungen, vor allem der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber. Aus dem Arbeitsleben ausgeschiedene Arbeitnehmer wie auch deren Hinterbliebene haben bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen hierauf einen Anspruch ("Old Age, Survivors and Disability Insurance" - vgl. Schweisheimer in Der Sozialversicherungsbeamte und - Angestellte, 1972, 8; Neumüller in Zeitschrift für Sozialreform 1971, 281, 284, 285; vgl. auch BGH, Urteil vom 7. Dezember 1960 - IV ZR 112/60 - in RzW 1961, 180 -, wonach es sich hierbei um eine Rentenversicherung handelt, die in ihrer Grundkonzeption weitgehend mit der deutschen Sozialversicherung übereinstimmt).

Die Frage, in welcher Höhe - bezogen auf Deutsche Mark - die in ausländischer Währung erzielten Einkünfte im Sinne des § 64 c Abs. 1 BVG angerechnet werden, ist nun allerdings weder in dieser Vorschrift noch an anderer Stelle ausdrücklich geregelt. Ausdrücklich geregelt ist nur die - valutarische - Umrechnung der Versorgungsbezüge (§ 64 d Abs. 1 BVG). Die in § 64 c Abs. 1 BVG vorgeschriebene Berücksichtigung ausländischer Einkünfte "wie vergleichbare" inländische Einkünfte ist auslegungsbedürftig. Dabei ist zunächst zu beachten, daß diese Vorschrift, wenn die Auffassung der Beigeladenen und der Beklagten zuträfe, hätte lauten müssen: "Bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge werden ausländische Einkünfte nach dem amtlichen Devisenkurs umgerechnet". Eine solche Klarstellung wäre, wenn dies vom Gesetzgeber beabsichtigt gewesen wäre, angesichts der in der Praxis bestehenden Schwierigkeiten, dringend erwünscht gewesen. Stattdessen weist die neue Vorschrift auf einen Vergleich mit den inländischen Einkünften hin. Zutreffend hat daher das LSG aus dem Wortlaut des § 64 c Abs. 1 BVG geschlossen, daß er insoweit eine Gleichstellung der im Ausland lebenden Versorgungsberechtigten mit den im Inland lebenden Versorgungsberechtigten bezweckt, was zur Folge hat, daß grundsätzlich der Wert maßgebend sein muß, den die betreffenden Einkünfte tatsächlich für den Unterhalt haben. Dies muß jedenfalls dann gelten, wenn es sich - wie hier - um Deutsche handelt und "besondere" Verhältnisse des Aufenthaltsstaates, wie sie unstreitig in den USA (und Kanada) bestehen, eine valutarische Umrechnung der Einkünfte (Leistungen) deshalb nicht zulassen, weil damit gegen den Sinn und Zweck des § 64 c Abs. 1 BVG verstoßen würde.

Diese Schlußfolgerung wird bestätigt durch den Rechtsgedanken des § 64 b Abs. 4 Satz 1 BVG (idF des 2. und 3. NOG), wonach sich in der Kriegsopferfürsorge bei Deutschen der Einsatz des Einkommens und des Vermögens nach den besonderen Verhältnissen des Aufenthaltsstaats unter Berücksichtigung der notwendigen Lebensbedürfnisse eines dort lebenden Deutschen richtet. Hier ist deutlich zum Ausdruck gebracht, daß devisenrechtliche Vorschriften für die Umrechnung anrechenbarer Einkünfte bei im Ausland lebenden Deutschen dann nicht maßgebend sein können, wenn das Ergebnis dieser Rechnung den "besonderen" Verhältnissen des Aufenthaltsstaates und den notwendigen Lebensbedürfnissen nicht gerecht wird. Dieser Rechtsgedanke hat nicht nur Geltung für die Kriegsopferfürsorge; er kann und muß angesichts der Vorschrift des § 64 c Abs. 1 BVG jedenfalls für die einkommensabhängigen Leistungen der Kriegsopferversorgung ebenfalls als Maßstab dienen. Denn solche Leistungen der Kriegsopferversorgung - wie hier die Ausgleichsrente - sind dazu bestimmt, den Lebensunterhalt des Beschädigten - hier der Witwe - zu sichern (vgl. BSG 19, 230, 232). Die Ausgleichsrente ist daneben in ähnlicher Weise wie die Fürsorge (vgl. hierzu Jantz in BABl 1971, 705, 708, 4. Abs.) subsidiär und als eine solche subsidiäre nachgeordnete Hilfe (BSG aaO, 232) mit den in § 64 b Abs. 4 geregelten Zwecken der Kriegsopferfürsorge vergleichbar. Deshalb ist es sinnvoll und geboten, den Grundgedanken dieser Vorschrift bei der Auslegung des § 64 c Abs. 1 BVG heranzuziehen, wenn es sich um Deutsche handelt und wenn besondere Verhältnisse des Aufenthaltsstaates dies erfordern. Damit wird den Berechtigten noch kein "bestimmter Lebensstandard gewährleistet", sondern nur dem Zweck des § 64 c Abs. 1 BVG in verhältnismäßig bescheidenem Rahmen Rechnung getragen.

Die Beschränkung der devisenrechtlichen Vorschriften auf die Zahlung der Versorgungsbezüge in § 64 d Abs. 1 BVG erscheint auch deshalb gerechtfertigt, weil eine etwaige valutarische Umrechnung auch anrechenbarer Einkünfte in Fällen einer ganz erheblichen Differenz zwischen dem amtlichen Umrechnungskurs und dem Kaufkraftvergleich im Ergebnis zu einer zweifachen und damit nicht mehr tragbaren Außerachtlassung der tatsächlichen Lebensverhältnisse führen würde. Denn die Differenz, die sich bei der Zahlung der einkommensabhängigen Leistungen aufgrund von § 64 d Abs. 1 BVG und der hiernach anzuwendenden devisenrechtlichen Vorschriften notwendigerweise ergibt, würde sich dann schon bei der Berechnung der einkommensabhängigen Leistungen und zwar zusätzlich - ohne rechtliche Notwendigkeit - auswirken. Auch diese Erwägung nötigt dazu, das Gebot der Umrechnung von Leistungen der Kriegsopferversorgung in Fällen der vorliegenden Art nach devisenrechtlichen Vorschriften nicht entsprechend auch auf die Berechnung der anrechnungsfähigen ausländischen Einkünfte anzuwenden.

Die Meinung der Revisionskläger, die Anrechnung ausländischer Einkünfte nach dem Verbrauchergeldwert begünstige ungerechtfertigterweise nur einen Teil der Kriegsopfer außerhalb des Bundesgebiets, trifft nicht zu, wenn man sie auf die Fälle beschränkt, in denen "besondere" Verhältnisse bestehen. Denn die Zahlung der Leistungen der Kriegsopferversorgung geschieht in allen Fällen nach devisenrechtlichen Vorschriften (§ 64 d Abs. 1 BVG), auch wenn dadurch ein Mißverhältnis zu der wirtschaftlichen Bedeutung dieser Einkünfte entsteht. Die Anrechnung ausländischer Einkünfte nach dem Kaufkraftwertvergleich vermeidet lediglich eine zusätzliche Auswirkung des genannten Mißverhältnisses. Bezogen auf die deutschen Berechtigten in den USA bedeutet dies, daß sie zwar in Kauf nehmen müssen, daß ihre Bezüge aus der Kriegsopferversorgung, soweit sie in den USA ausgezahlt werden, für den Unterhalt einen geringeren Wert haben als in der Bundesrepublik, daß sie aber durch den Kaufkraftwertvergleich vor einer noch weitergehenden Benachteiligung verschont werden, die eintreten würde, wenn ihnen auch ihre dortigen Einkünfte in einer Weise angerechnet würden, die der wahren Bedeutung für den Unterhalt nicht entspricht. - Der von dem 9. Senat vertretenen, allerdings nicht näher begründeten Auslegung des § 64 c Abs. 1 BVG (Urteil vom 24. November 1965 - 9/11 RV 116/63 - SozR Nr. 1 zu § 8 BVG - insoweit nicht veröffentlicht -) stimmt der erkennende Senat im Ergebnis zu, zumal die Entstehungsgeschichte des § 64 c Abs. 1 BVG, auf die sich die Revisionskläger berufen, keinen Hinweis darauf gibt, daß insoweit die Anwendung der Verbrauchergeldparitäten ausgeschlossen sein sollte. Der Schriftliche Bericht des zuständigen BT-Ausschusses (BT-Drucks. IV/1831, S. 10) hebt sogar hervor, daß mit § 64 c Abs. 1 BVG die Gleichstellung der im Inland und der im Ausland lebenden Berechtigten bezweckt werde. Die Äußerungen in der Ausschußberatung vom 7. November 1963, Protokoll Nr. 26 S. 12 bis 14 beziehen sich inhaltlich im wesentlichen auf die Zahlungsweise in das Ausland.

Die Anwendung des Rechtsgedankens in § 64 b Abs. 4 S. 1 BVG auf § 64 c Abs. 1 BVG gebietet - wie bereits angedeutet - nicht, ausnahmslos von dem amtlichen Umrechnungskurs bei der Anrechnung ausländischer Einkünfte abzuweichen. Wenn der amtliche Umrechnungskurs zu keinem wesentlich abweichenden Ergebnis führt, liegen keine "besonderen" Verhältnisse im Sinne des genannten Rechtsgedankens vor. Da das Mißverhältnis zwischen der valutarischen und der kaufkraftmäßigen Umrechnung von Dollar in Deutsche Mark bis in die jüngste Vergangenheit immer noch besonders auffallend ist (vgl. Jahrbuch des Statistischen Bundesamts, 1971, Internationale Übersichten, S. 111: Verbrauchergeldparität 1970 - Deutsches Schema - 1 : 2,52; Devisenkurs 1 : 3,65), besteht im vorliegenden Fall kein Anlaß zu prüfen, wie groß die Differenz mindestens sein muß, um von einer "Besonderheit" sprechen zu können. Ob eine Besonderheit schon dann vorliegt, wenn - wie im Entschädigungsrecht (vgl. § 39 der 3. Durchführungsverordnung zum Bundesentschädigungsgesetz idF vom 28. April 1966, BGBl I 300) - die Differenz 10% beträgt, kann hier dahingestellt bleiben. Deshalb erübrigte sich ein näheres Eingehen auf die insoweit vorgetragenen Gesichtspunkte. Da die deutschen Berechtigten im Ausland bei Vorliegen "besonderer" Verhältnisse - wie oben dargetan wurde - den Berechtigten im Inland gleichgestellt werden sollen, hat das LSG ohne Rechtsirrtum das deutsche Schema der Kaufkraftparität zugrundegelegt.

Den Revisionsklägern ist zuzugeben, daß durch die Anwendung des § 89 BVG den Besonderheiten des Einzelfalles im Wege von Ermessensentscheidungen vielfach in ausreichendem Maße Rechnung getragen werden kann. Allerdings erschiene es nicht angängig, diese Vorschrift etwa nur bei Elternrentenansprüchen und - jedenfalls ab 1. Januar 1964 - nicht auch bei anderen einkommensabhängigen Leistungen anzuwenden, wenn eine besondere Härte vorliegt. Im übrigen ist aber für eine Verweisung der deutschen Versorgungsberechtigten auf den Härteausgleich da kein Raum, wo ihnen das Gesetz - wie hier - einen Anspruch darauf gibt, wie vergleichbare inländische Berechtigte behandelt zu werden, wenn ein ihnen nachteiliges krasses und von niemandem bestrittenes Mißverhältnis zwischen dem Devisenkurs und dem Realwert einer Währung besteht und ohne Aussicht auf baldige Normalisierung jahrelang aufrecht erhalten wird. Außerdem könnten nach § 89 BVG, da er eine Härte - bei den Berechtigten - voraussetzt, die unerwünschten Auswirkungen der Differenz zwischen valutarischer und kaufkraftmäßiger Umrechnung nur dann gemildert werden, wenn die Handhabung der valutarischen Umrechnung zu einer im Ermessenswege festgestellten Benachteiligung des Berechtigten führt. In anderen denkbaren Fällen, in denen die valutarische Umrechnung zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung im Ausland lebender Berechtigter führen könnte - auch für solche Fälle kann § 64 c Abs. 1 BVG von Bedeutung sein -, könnte aufgrund des § 89 BVG keine Abhilfe geschaffen werden.

Eine Schwierigkeit bei der Anwendung der Verbrauchergeldparitäten - die die Revisionskläger allerdings nicht angeführt haben - mag darin bestehen, daß diese Paritäten nicht so einfach und nicht ohne weiteres für den Zeitpunkt der jeweiligen monatlichen Zahlung ermittelt werden können. Legt man aber, wie es der Senat für richtig hält, bei der Anwendung des § 64 c Abs. 1 BVG den Rechtsgedanken des § 64 b Abs. 4 Satz 1 BVG zugrunde, so genügt für die gebotene Berücksichtigung ein Annäherungswert, für dessen Festlegung der Versorgungsverwaltung, wenn geeignete Verbrauchergeldparitäten - z.B. des Statistischen Bundesamts - nicht zur Verfügung stehen, ein Beurteilungsspielraum einzuräumen ist. Daß die vom LSG für 1964 und 1965 genannten Werte von 2,68 DM bzw. 2,73 DM je 1 US-Dollar, die noch über dem im Rahmen des § 89 BVG von der Beigeladenen bereits angewendeten Umrechnungsverhältnis von 1 : 2,5 liegen, den hier zu berücksichtigenden besonderen Lebensverhältnissen nicht gerecht würden, haben die Beigeladene und die Beklagte in ihren Revisionen nicht dargetan.

Die Revisionen mußten nach alledem als unbegründet zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 193 und 194 Satz 2 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 70

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