Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenverband. EDV-Anlage. Finanzierung. Mitgliedsbeitrag. "Abstimmung" mit den Mitgliedskassen

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Kassenverband darf von den Mitgliedskassen die Erstattung der ihm für den Betrieb eines Rechenzentrums entstehenden Kosten nur fordern, soweit die EDV-Anlage für die Erfüllung von Pflichtaufgaben (§ 414e S 1 RVO) und für die von einer Mitgliedskasse tatsächlich in Anspruch genommenen Unterstützungsaufgaben iS des § 414e S 2 Buchst h RVO betrieben wird.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Betrieb eines Rechenzentrums gehört zu den legitimen Aufgaben eines Landesverbands der Krankenkassen; die Entwicklung und der Betrieb einer solchen Einrichtung bedarf nach § 414e S 2 Buchst h der RVO der Abstimmung mit den Mitgliedskassen.

2. Die Pflicht der Mitgliedskassen eines Landesverbands, sich an der Finanzierung des Verbandsrechenzentrums zu beteiligen, hängt vom Umfang der Benutzung ab; soweit Differenzierungen nicht möglich sind oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, sind pauschalierte Abrechnungen zulässig.

3. Das in § 69 Abs 2 SGB 4 verankerte Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entfaltet Wirkung sowohl für die einzelnen Kassen als auch für das Verhältnis der Mitgliedskassen zu den Kassenverbänden.

 

Orientierungssatz

1. Die in der Satzung eines Krankenkassen-Landesverbandes geschaffene Regelung, daß ua die Mittel für die von ihm betriebene EDV-Anlage von allen Mitgliedskassen entsprechend der Mitgliederzahl aufzubringen sind, ist unwirksam. Die Satzung ist insoweit nicht mit dem Gesetz, auf dem sie beruht, vereinbar, weil der Kassenverband sich nicht im Rahmen der ihm kraft Gesetzes obliegenden und durch Mitgliederbeiträge zu finanzierenden Aufgaben gehalten hat. Dementsprechend verstößt diese Satzungsbestimmung gegen die höherrangige Regelung des § 414e S 2 Buchst h RVO.

2. Zum Begriff "Abstimmung" iS des § 414e S 2 Buchst h RVO.

3. Der Geschäftsführer einer Krankenkasse oder eines Landesverbandes der Krankenkassen ist in der Regel vor den Sozialgerichten vertretungsberechtigt.

4. Unentschieden bleibt, ob die "Unterstützungsaufgaben" iS des § 414e S 2 RVO nur mit Zustimmung der einzelnen Krankenkassen wahrgenommen und finanziert werden dürfen.

5. Rechenzentren dürfen von Landesverbänden der Krankenkassen nur in der Weise betrieben werden, daß ein Benutzungszwang für die Mitgliedskassen ausgeschlossen ist.

 

Normenkette

RVO § 414e S. 1 Fassung: 1955-08-17, S. 2 Buchst. h Fassung: 1980-08-18; SGB 4 § 69 Abs. 2 Fassung: 1976-12-23; SGG § 71 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 23.11.1984; Aktenzeichen L 4 Kr 385/83)

SG Ulm (Entscheidung vom 17.12.1982; Aktenzeichen S 5 Kr 947/81)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin den Anteil an der Verbandsumlage, die der Beklagte für die von ihm betriebene, von der Klägerin nur in geringem Umfang genutzten Anlage zur elektronischen Datenverarbeitung (EDV-Anlage) in der von der Beklagten nach der Mitgliederzahl der Verbandskassen errechneten Höhe zu entrichten hat.

Seit Mitte der Siebziger Jahre haben sowohl die Klägerin als auch der Beklagte EDV-Anlagen aufgebaut. Wie auch andere Mitgliedskassen beteiligt sich die Klägerin daher an der vom Beklagten betriebenen EDV-Anlage nur mit einem Teilbereich ihrer Daten.

Zunächst hatten nur die teilnehmenden Kassen die laufenden Kosten der EDV-Anlage des Beklagten getragen. Nach § 30 Abs 1 der ab 1. Januar 1981 geltenden Satzung sind die Mittel für den Landesverband von den Mitgliedskassen durch jährliche Beiträge aufzubringen, deren Höhe zur Deckung der Kosten für die Durchführung der Aufgaben ausreichen muß. Eine Beschränkung der Pflicht zur Aufbringung der Mittel allein durch die Benutzerkassen ist in § 4 Abs 2 Nr 2 der Satzung nur für die Teilnehmer an der Prüfung und Überwachung der kassenärztlichen und kassenzahnärztlichen Tätigkeit sowie der Leistungen der Heilberufe erfolgt.

Der Beklagte verlangte für das Jahr 1981 von der Klägerin Beiträge in Höhe von 15,15 DM pro Mitglied; davon entfiel ein Teilbetrag von 4,78 DM auf die Kosten der EDV-Anlage des Beklagten. Die Klägerin hat diesen Kostenanteil unter Vorbehalt gezahlt und verlangt ihn zurück. Dies hat der Beklagte jedoch abgelehnt.

Mit der daraufhin vor dem Sozialgericht (SG) Ulm erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, daß der Beklagte nicht berechtigt sei, die durch den Betrieb seiner EDV-Anlage entstehenden Kosten auf alle Mitgliedskassen nach der Mitgliederzahl umzulegen; ferner beansprucht sie die Rückzahlung des für das Jahr 1981 gezahlten Kostenanteils für die EDV-Anlage in Höhe von 65.687,89 DM.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 17. Dezember 1982 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen: Der Beklagte habe die Grenzen seines Ermessens, wie seine Mitgliedskassen zur Aufbringung der Mittel heranzuziehen seien, nicht überschritten. Nach der am 1. Januar 1981 in Kraft getretenen Vorschrift des § 414e Satz 2 Buchst a der Reichsversicherungsordnung (RVO) idF durch Art II § 4 Nr 8 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - (SGB X) gehöre das Betreiben einer Rechenzentrale zu den Aufgaben der Landesverbände. Der Beklagte müsse hinsichtlich der Mittelaufbringung auch nicht zwischen der Erfüllung sogenannter Pflichtaufgaben (§ 414e Satz 1 RVO) und sogenannter Unterstützungsaufgaben (§ 414e Satz 2 RVO) unterscheiden. Die Vertreterversammlung habe die Kostenverteilung auch in dem von der Klägerin für rechtswidrig gehaltenen Sinne vornehmen können; für die beschlossene Regelung sprächen sachgerechte und nicht als willkürlich einzustufende Gründe. Die Klägerin sei zwar zur Annahme der Unterstützung des Beklagten - hier zum Anschluß an das Verbandsrechenzentrum - nicht verpflichtet. Der Beklagte dürfe sie aber in jedem Falle mit demselben Mitgliedsbeitrag belasten wie die teilnehmenden Mitgliedskassen. Auch der Umstand, daß wegen des Gebotes wirtschaftlicher Mittelverwendung durch die Pflicht zur Mitfinanzierung der Rechenzentrale des Beklagten auf die Klägerin ein gewisser wirtschaftlicher Zwang zur Inanspruchnahme der EDV-Anlage des Beklagten ausgeübt werde, sei nicht erheblich; dies sei auch bei jeder anderen Unterstützungsleistung des Verbandes, die durch eine allgemeine Beitragsumlage finanziert werde, der Fall.

Die Klägerin rügt mit der Revision eine Verletzung des § 414e Satz 2 Buchst h RVO. Diese Vorschrift regele - im Gegensatz zu § 414e Satz 2 Buchstaben a bis g - keine bestimmte kassentypische Aufgabe, sondern ein Arbeitsmittel. Je weiter dieses Arbeitsmittel "Rechenzentrum" beim Beklagten aufgebaut werde, um so mehr werde die Selbstverwaltung der Klägerin zurückgedrängt und im Ergebnis die Erledigung von Aufgaben der Mitgliedskassen beim Verband konzentriert. § 414e Satz 2 Buchst h RVO sei daher so auszulegen, daß die Formulierung "in Abstimmung mit den Mitgliedskassen" das Verbot eines auch nur praktisch durch wirtschaftlichen Druck entstehenden Benutzungszwanges umfasse. Ferner habe das LSG gegen die Vorschriften des § 29 Abs 2 und 3 des Sozialgesetzbuches - Viertes Buch - (SGB IV) verstoßen; das in § 29 Abs 2 und 3 SGB 4 normierte Selbstverwaltungsrecht sei beeinträchtigt, wenn die Klägerin gezwungen sei, sich an der Finanzierung des Rechenzentrums des Beklagten zu beteiligen, obwohl sie dessen Leistungen nicht in Anspruch nehmen wolle. Schließlich habe das LSG die Vorschriften der 2. Datenerfassungsverordnung (2. DEVO), der 2. Datenübermittlungsverordnung (2. DÜVO) und des § 9 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) iVm § 79 Abs 1 SGB X nicht beachtet. In dem vom Beklagten verwendeten System entspreche der Satzaufbau des EDV-In nicht der in der 2. DÜVO getroffenen Regelung. Dies habe zur Folge, daß die von der Klägerin entsprechend den Vorschriften der DEVO und der DÜVO aufbereiteten Daten vom Beklagten als Weiterleitungsstelle nach § 12 Abs 3 der 2. DEVO nicht entgegengenommen werden könnten. Der Beklagte müsse deshalb den Mitgliederbestand der Klägerin nochmals führen. Dies verstoße gegen § 9 Abs 1 BDSG iVm § 79 Abs 1 SGB X.

Die Klägerin beantragt 1. das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 23. November 1984 und das Urteil des SG Ulm vom 17. Dezember 1982 aufzuheben, 2. festzustellen, daß der Beklagte nicht berechtigt ist, die durch den Betrieb seiner EDV-Anlage entstehenden Kosten auf alle Mitgliedskassen nach der Mitgliederzahl umzulegen, 3. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 65.687,89 DM zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte gemäß § 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich übereinstimmend damit einverstanden erklärt haben.

Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils des LSG und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses Gericht.

Die Beteiligten sind, wie das LSG im Ergebnis zu Recht angenommen hat, im Verfahren ordnungsgemäß vertreten. Für die Wirksamkeit der von ihnen vorgenommenen Prozeßhandlungen kommt es entgegen der vom LSG vertretenen Ansicht zwar nicht auf die Vertretungsbefugnis im Sinne der §§ 36 ff SGB IV an. Sie richtet sich vielmehr allein nach § 71 Abs 3 SGG. Hiernach handeln die beteiligten Versicherungsträger prozessual durch ihre gesetzlichen Vertreter, Vorstände oder besonders Beauftragte. In der Regel ist der jeweiligen Geschäftsführer der Beteiligten als besonders Beauftragter auch dann handlungsberechtigt im Sinne des § 71 Abs 3 SGG, wenn wegen der Art des Streitgegenstandes nicht er, sondern der Vorstand gesetzlicher Vertreter ist. Dies gilt auch für die Erteilung einer Prozeßvollmacht, die eine Prozeßhandlung ist.

Die von der Klägerin erhobene Leistungsklage ist gemäß § 54 Abs 5 SGG statthaft. Denn die Klägerin hat einen Rechtsanspruch auf Rückgewähr der von ihr unter Vorbehalt erbrachten Leistung, wenn sie nicht verpflichtet war, diese zu erbringen.

Dagegen ist die Feststellungsklage mangels des erforderlichen Feststellungsinteresses unzulässig. Bei ihr handelt es sich zwar um eine an sich nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG statthafte Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Dieses ist aber bereits Anspruchselement der Leistungsklage. Die im Rahmen der Leistungsklage getroffene Entscheidung wirkt nicht nur für den auf das Jahr 1981 bezogenen Rückzahlungsanspruch, sondern sie hat Rechtswirkungen auch für die auf der gleichen Sachlage beruhenden zukünftigen Leistungsverlangen der Beklagten (BSG SozR 1500 § 55 Nr 23).

Ob und in welchem Umfang das Leistungsbegehren begründet ist, hängt von den noch zu treffenden Tatsachenfeststellungen ab.

Die in § 30 Abs 1 der Satzung der Beklagten geschaffene Regelung, daß ua die Mittel für die vom Beklagten betriebene EDV-Anlage von allen Mitgliedskassen entsprechend der Mitgliederzahl aufzubringen sind, ist unwirksam. Die Satzung ist insoweit nicht mit dem Gesetz, auf dem sie beruht, vereinbar, weil der Beklagte sich nicht im Rahmen der ihm kraft Gesetzes obliegenden und durch Mitgliederbeiträge zu finanzierenden Aufgaben gehalten hat. Zwar sind der Satzung durch § 414b Abs 1 Satz 2 RVO bei der Aufbringung der Mittel keine ausdrücklichen Schranken auferlegt. Die Ermächtigung ist aber überschritten, wenn und soweit die Heranziehung zu den Kosten des Verbandes willkürlich oder sachwidrig ist.

Der Betrieb eines Rechenzentrums gehört zwar zu den legitimen Aufgaben eines Landesverbandes. Das ergibt sich jedenfalls für die hier streitige Zeit aus der seit dem 1. Januar 1981 geltenden Vorschrift des § 414e Satz 2 Buchst h RVO. Hiernach haben die Landesverbände ihre Mitgliedskassen ua durch den "Betrieb von Rechenzentren zu unterstützen".

Der Senat läßt offen, ob die "Unterstützungsaufgaben" iS des § 414e Satz 2 RVO nicht generell nur mit der Zustimmung der einzelnen Mitgliedskassen wahrgenommen und auch nur entsprechend finanziert werden dürfen. Der Wortsinn des Begriffes "unterstützen" ließe jedenfalls eine solche Inhaltsbestimmung nicht ausgeschlossen erscheinen (vgl dazu Mehrtens, ZSR 1976, 199, 200 ff; Sendler, Krankenversicherung 1982, 107, 116). Ebenso wäre denkbar, bereits aus dem Gesetzeswortlaut zu schließen, daß unter "Unterstützungs"-Aufgaben nur diejenigen zu verstehen sind, die auch objektiv als solche zu sehen sind. Bei dieser Sicht wäre eine Kasse zB dann nicht unterstützungsbedürftig, wenn sie selbst die betreffenden Maßnahmen getätigt hat (vgl so ausdrücklich für das Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand Februar 1982, S 360d; vgl ferner LSG Rheinland-Pfalz, Breithaupt 1981, 759, 762). Diese Frage kann jedoch dahingestellt bleiben, weil die Entwicklung und der Betrieb von Einrichtungen iS des § 414e Satz 2 Buchst h RVO über die Unterstützung hinaus die "Abstimmung mit den Mitgliedskassen" erfordert. Entgegen der vom LSG vertretenen Ansicht ist eine solche "Abstimmung" nicht schon deshalb nicht erforderlich, weil die Vertreterversammlung des Beklagten die Errichtung des Rechenzentrums schon eineinhalb Jahre vor dem Inkrafttreten der Neufassung des § 414e RVO beschlossen hatte. Denn bereits die Worte "in Abstimmung mit den Mitgliedskassen" lassen erkennen, daß die Landesverbände Rechenzentren nicht ohne Berücksichtigung der Interessen der Mitgliedskassen betreiben dürfen. Wenn aber - unabhängig vom vorherigen Rechtszustand - seit dem 1. Januar 1981 Rechenzentren nur unter derart eingeengten Voraussetzungen betrieben werden dürfen, so hat das zur Folge, daß ein Rechenzentrum, das ohne Berücksichtigung dieser Voraussetzung begründet worden ist, nunmehr einer derartigen Abstimmung bedarf. Das gilt nicht zuletzt deshalb, weil nach § 414e Satz 2 Buchst h RVO eine Abstimmung nicht nur hinsichtlich der (einmaligen) Errichtung, sondern gerade hinsichtlich des (fortlaufenden) "Betriebes" derartiger Rechenzentren erforderlich ist.

Es ist umstritten, wie der Begriff "Abstimmung" iS des § 414e Satz 2 Buchst h RVO auszufüllen ist. Er wird einerseits als bloßer Hinweis auf die Herbeiführung des üblichen verbandlichen Willensbildungsprozesses - insbesondere die Beschlußfassung in der Vertreterversammlung - verstanden (Sendler, Krankenversicherung 1982, 107, 110). Ferner ist versucht worden, den Begriff "Abstimmung" durch Rückgriff auf seine vermeintlich feststehende Definition in anderen Regelungsbereichen zu gewinnen. Von einer solchen allgemeingültigen Definition kann aber nicht ausgegangen werden. Zwar haben, worauf Stähle (Krankenversicherung 1984, 17, 18) hinweist, Wolf/Bachof (Verwaltungsrecht II, 4. Aufl 1976, § 77 V e 2, S 122), die "Abstimmungs- und Beratungspflichten" iS des § 4 Abs 5 und 8 des Bundesraumordnungsgesetzes als Beispiele für die Herbeiführung einer bloß "unverbindlichen" Stellungnahme angeführt. Bei den vorgenannten Vorschriften handelt es sich aber um spezielle Regelungen. Schon sprachlich kann "Abstimmung" gleichermaßen als Oberbegriff für die unterschiedliche Ausprägung von Beteiligung und Bindung beim Zusammenwirken mehrerer Entscheidungsträger verstanden werden (vgl dazu Braese, Das Gegenstromverfahren in der Raumordnung, Schriften zur öffentlichen Verwaltung, Band 21 - 1982 -, S 82 f, 146 ff). Aus diesem Grunde kann auch aus der Regelung über die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen (§ 405a Abs 1 Satz 1 RVO) nichts zur Konkretisierung des Begriffes "Abstimmung" in § 414e Satz 2 Buchst h RVO hergeleitet werden (aA Grupp/Piepersberg, Krankenversicherung, 1981, S 140, 143).

Dementsprechend kann der Begriff "Abstimmung" nur als Ausdruck der Absicht des Gesetzgebers gewertet werden, den Landesverbänden den Betrieb eines Rechenzentrums lediglich in einer Weise zu gestatten, "die einen Benutzungszwang für die Mitglieder der Verbände ausschließt" (Heimann als Berichterstatter des Vermittlungsausschusses in: Bundestags-Protokolle, 8. Wahlperiode, 230. Sitzung, S 18684 unter A; gleichlautend Jahn als Berichterstatter des Vermittlungsausschusses in: Bundesrat, Bericht über die 491. Sitzung, S 348 unter D). Soll mithin durch die vorgesehene "Abstimmung mit den Mitgliedskassen" ein Benutzungszwang hinsichtlich des Betriebes eines verbandseigenen Rechenzentrums ausgeschlossen werden, so muß jeder Mitgliedskasse überlassen bleiben, ob und inwieweit sie das Rechenzentrum des Verbandes benutzen will.

Von dem Umfang der Benutzung hängt auch die Pflicht der Mitgliedskassen ab, sich an der Finanzierung des Verbands-Rechenzentrums zu beteiligen. Denn wenn zwar die Mitgliedskasse frei über die Benutzung eines Rechenzentrums des Verbandes entscheiden kann, aber gleichwohl ein Zwang zur Finanzierung einer nicht benutzten Einrichtung besteht, stellt schon die Finanzierungspflicht selbst einen faktischen Nutzungszwang dar. Denn dadurch wird mittelbar ein wirtschaftlicher Zwang auf die Mitgliedskasse ausgeübt, der wegen des Wirtschaftlichkeitsgebotes iS des § 69 Abs 2 SGB 4 sich wie ein rechtlicher Zwang auswirkt: Wenn die Mitgliedskasse durch ihre Verbandsbeiträge in jedem Fall den Betrieb der verbandseigenen EDV-Anlage mitfinanzieren muß, so sind alle Ausgaben für eine eigene oder anderweitige Datenverarbeitung oder für eine sonstige Erledigung dieser Aufgaben unwirtschaftlich, soweit die hierdurch erledigten Aufgaben durch das Verbands-Rechenzentrum erledigt werden können. Dies gilt auch dann, wenn die Mitgliedskasse ihre EDV-unterstützten Aufgaben kostengünstiger durch eigene Anlagen erledigen könnte als durch die Inanspruchnahme des Verbands-Rechenzentrums (vgl dazu Grupp/Piepersberg aa0). Demgemäß kann die in § 414e Satz 2 Buchst h RVO getroffene Regelung "in Abstimmung mit den Mitgliedskassen", wenn mit ihr ein Benutzungszwang vermieden werden soll, nur dahin verstanden werden, daß Rechenzentren der Verbände nur für die benutzenden Mitgliedskassen und nur auf deren Kosten betrieben werden dürfen. Nur bei dieser Inhaltsbestimmung ist gewährleistet, daß das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowohl für die einzelnen Kassen als auch für das Verhältnis der Mitgliedskassen zu den Kassenverbänden Wirkung entfaltet.

Der Senat verkennt nicht, daß, worauf das LSG hingewiesen hat, bei dieser Abgrenzung möglicherweise nur kleinere Kassen einem Verbandsrechenzentrum beitreten oder größere Mitgliedskassen nur Teile ihrer Datenverarbeitung vom Beklagten ausführen lassen und daß durch die Ermittlung und gerechte Bewertung der von jeder einzelnen Kasse in Anspruch genommenen Dienste ein Mehraufwand entsteht. Denn die Berücksichtigung solcher Umstände für die Veranlagung zur Umlage würde im Ergebnis den zuvor als unzulässig beurteilten Benutzungszwang zur Folge haben und darüber hinaus dem Wirtschaftlichkeitsgebot zuwiderlaufen, dem jede einzelne Mitgliedskasse unterliegt. Ein Verbandsrechenzentrum kann daher seine Legitimation nur daraus herleiten, daß es wirtschaftlicher arbeitet als die Datenverarbeitung durch die einzelnen Mitgliedskassen.

Dementsprechend verstößt § 30 Abs 1 und 2 iVm Abs 4 der Satzung des Beklagten gegen die höherrangige Regelung des § 414e Satz 2 Buchst h RVO. Der Beklagte darf das Rechenzentrum als Unterstützungseinrichtung nur für die sich beteiligenden Mitgliedskassen betreiben. Er kann deshalb die hierfür erforderlichen Mittel nicht über den allgemeinen Verbandsbeitrag (§ 30 Abs 1 und 2 der Satzung) einfordern, sondern nur im Wege einer Umlage für diejenigen Mitglieder, die das Rechenzentrum auch als Unterstützungseinrichtung in Anspruch nehmen. Dies führt dazu, daß der Beklagte hinsichtlich der durch den Betrieb seines Rechenzentrums entstehenden Kosten den Einsatz im Rahmen der zugewiesenen Aufgaben (§ 414e Satz 1 RVO) und - jedenfalls soweit hier von Bedeutung - die Unterstützung gemäß § 414e Satz 2 Buchst h) RVO zu trennen hat. Dabei muß der geforderte Kostenersatz im Verhältnis zur Benutzung des Rechenzentrums des Beklagten durch die einzelnen Mitgliedskassen stehen. Pauschalierte Abrechnungen kommen nur insoweit in Betracht, wie eine Differenzierung nicht möglich ist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert.

Eine derartige Unterscheidung hat der Beklagte in der von der Klägerin deshalb zutreffend insoweit für rechtswidrig angesehenen Bestimmung des § 30 Abs 1 der Satzung nicht getroffen.

Einer Prüfung der von der Klägerin ferner vorgetragenen datenübertragungsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Gründe bedurfte es unter diesen Umständen nicht.

Da die Klägerin nach den unangefochtenen Tatsachenfeststellungen des LSG das Rechenzentrum des Beklagten in geringem Umfang als Unterstützungseinrichtung benutzt hat, ist sie insoweit leistungspflichtig. Das LSG hat jedoch weder den Umfang der Nutzung des Rechenzentrums als Unterstützungsaufgabe durch die Klägerin und die hierauf entfallenden Kostenanteile, noch die Art und Weise der Bemessung des vom Beklagten geforderten Kostenanteils für die EDV-Anlage festgestellt. Demgemäß kann der Senat über das Leistungsbegehren der Klägerin nicht abschließend entscheiden.

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

BSGE, 75

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