Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts in Detmold vom 3. Mai 1960 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Tatbestand

Die am 23. Januar 1909 geborene Klägerin bezieht eine seit dem 1. Januar 1957 nach den Vorschriften des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Arbeiter (ArVNG) umgestellte Witwenrente in Höhe von 143,40 DM monatlich.

Am 2. Juli 1957 hat die Klägerin die Gewährung eines Heilverfahrens auf Grund ihrer eigenen Versicherung und am 26. August 1957 die Bewilligung einer Versichertenrente aus ihrer eigenen Versicherung beantragt.

In der Zeit vom 17. April bis zum 15. Mai 1958 führte die Beklagte ein Heilverfahren in Bad Waldliesborn durch und gewährte der Klägerin für diesen Zeitraum ein Übergangsgeld.

Mit Bescheid vom 14. Februar 1959 hat die Beklagte der Klägerin Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit vom 16. Mai 1958 an gewährt. Die monatliche Rente wurde auf 81,40 DM festgesetzt. Auf Grund der eingeholten ärztlichen Gutachten ging die Beklagte davon aus, daß der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit im Oktober 1957 eingetreten sei. Der Rentenbescheid vom 14. Februar 1959 ist mit dem Zusatz versehen, daß noch geprüft werde, ob der Klägerin für die Zeit vom 1. Oktober 1957 bis zum 16. April 1958 Übergangsgeld oder Rente zustehe.

Die Zahlung eines Übergangsgeldes für diesen Zeitraum ist dann von der Beklagten mit Bescheid vom 14. März 1959 abgelehnt worden. Zur Begründung führte sie aus, daß die von der Klägerin bezogene Witwenrente höher sei als das ihr an sich zustehende Übergangsgeld, so daß nach § 1241 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung neuer Fassung (RVO nF) kein Übergangsgeld gewährt werden könne. Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin keine Klage erhoben.

Mit Bescheid vom 23. Juli 1959 hat die Beklagte auch die Gewährung einer Rente für die Zeit vom 1. Oktober 1957 bis zum 16. April 1956 abgelehnt, weil für diesen Zeitraum nach § 1242 RVO nF ein Rentenanspruch ausgeschlossen wäre.

Gegen diesen letzteren Bescheid hat die Klägerin mit einem am 12. August 1959 beim Sozialgericht eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben. Sie begehrt für die Zeit vom 1. Oktober 1957 bis zum 16. April 1958 die dem Grad der Minderung ihrer Erwerbsfähigkeit entsprechende Rente in gesetzlicher Höhe. Sie räumte ein, daß der angefochtene Bescheid den §§ 1241, 1242 RVO nF entspreche, war aber der Auffassung, daß diese Vorschriften gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstießen.

Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 3. Mai 1960 die Klage abgewiesen; es hat die Berufung zugelassen.

Der Klägerin stehe für die streitige Zeit keine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit zu. Denn nach § 1242 2. Halbsatz RVO bestehe kein Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit für den hier streitigen Zeitraum vor Beginn eines Heilverfahrens, für den nach § 1241 Abs. 1 Satz 2 RVO Übergangsgeld zu zahlen sei. Nach § 1241 Abs. 1 Satz 2 RVO beginne das Übergangsgeld mit dem Zeitpunkt, von dem an eine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit zu zahlen gewesen wäre, wenn der Versicherte bereits vor dem Beginn des Heilverfahrens einen Rentenantrag gestellt habe. Dabei sei es ohne Bedeutung, ob der Anspruch auf ein Übergangsgeld nach § 1241 Abs. 5 RVO entfalle. Das ergebe sich einmal daraus, daß § 1242, 2. Halbsatz RVO nur auf die Regelung über den Anspruch auf ein Übergangsgeld in § 1241 Abs. 1 Satz 2 RVO verweise, nicht dagegen auf den lediglich die Höhe des Übergangsgeldes betreffenden Absatz 3 dieser Vorschrift. Nach § 1241 Abs. 3 RVO werde Übergangsgeld insoweit nicht gewährt, als der Betreute während der Durchführung der Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit Arbeitsentgelt, anderes Erwerbseinkommen oder eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehe. Zwar könnte nach dem Wortlaut dieser Vorschrift zweifelhaft sein, ob auch Bezüge des Versicherten in der Zeit vor der Durchführung der Maßnahmen anzurechnen seien, nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift müßten aber die während der gesamten Zeit erhaltenen Bezüge des Versicherten angerechnet werden. Diese Regelung verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz; denn unterschiedliche Tatbestände brauchten nicht gleich behandelt zu werden.

Für die Zeit vom Eintritt des Versicherungsfalles bis zum Beginn bzw. den Abschluß eines Heilverfahrens sei es im Hinblick auf die Interessenlage des Versicherungsträgers nicht willkürlich, den Rentenanspruch grundsätzlich auszuschließen, weil der Versicherungsträger mit den Rehabilitationsmaßnahmen erhebliche finanzielle Aufwendungen übernehme. Die Interessenlage des Versicherten werde in der Weise berücksichtigt, daß das Gesetz grundsätzlich zur wirtschaftlichen Sicherung des Betreuten die Zahlung eines Übergangsgeldes vorsehe. Das beruhe auf dem Grundgedanken, daß der Erfolg der Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit eines Versicherten von vornherein gefährdet wäre, wenn der Versicherte in eine wirtschaftliche Notlage geraten würde. Falls aber der Versicherte vom Eintritt des Versicherungsfalls bis zum Beginn bzw. Abschluß des Heilverfahrens oder anderer Maßnahmen gemäß §§ 1236 ff RVO nF Arbeitsentgelt, anderes Erwerbseinkommen oder eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in einer Höhe beziehe, die den Betrag des an sich zu zahlenden Übergangsgeldes übersteige, so sei regelmäßig eine wirtschaftliche Notlage des Versicherten und damit der Erfolg der Rehabilitationsmaßnahmen nicht zu befürchten. Dann sei es aber auch nicht willkürlich und könne nicht als ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz angesehen werden, wenn dieser Kreis der Versicherten für die Zeit vom Eintritt des Versicherungsfalles bis zum Abschluß des Heilverfahrens weder eine Rente noch ein Übergangsgeld erhalte.

Gegen dieses ihrem Prozeßbevollmächtigten erster Instanz am 25. Mai 1960 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch ihren Prozeßbevollmächtigten erster Instanz mit Schriftsatz vom 23. Juni 1960, eingegangen beim Bundessozialgericht am 24. Juni 1960, unter Stellung eines Revisionsantrages und unter Beifügung einer telegrafischen Zustimmungserklärung der Beklagten nach § 161 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Sprungrevision eingelegt. Nachdem die Revisionsbegründungsfrist bis zum 25. August 1960 verlängert worden war, hat die Klägerin durch ihren Prozeßbevollmächtigten zweiter Instanz mit Schriftsatz vom 25. August 1960, eingegangen beim Bundessozialgericht am 25. August 1960, die Revision begründet.

Sie rügt die Verletzung des § 1241 RVO und des Art. 5 Abs. 1 GG. Es treffe zwar zu, daß nach § 1242 RVO für die Dauer der Durchführung von Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit kein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit bestehe, es sei denn, daß die Rente bereits vor Beginn der Maßnahmen bewilligt gewesen sei. Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit seien hier aber nicht mit Erfolg durchgeführt worden. Wenn auf den gestellten Rentenantrag vom 26. August 1957 oder auf den Heilverfahrensantrag vom 2. Juli 1957 eine ebenso umfassende Untersuchung und Begutachtung wie im Dezember 1958 durchgeführt worden wäre, würde sicherlich schon damals erkannt worden sein, daß das in Bad Waldliesborn durchgeführte Heilverfahren nicht ausgereicht haben würde, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten. Unter Umständen wäre es gar nicht zur Bewilligung des Heilverfahrens gekommen, oder aber es wären andere wirksamere Maßnahmen eingeleitet worden. Es spreche vieles dafür, daß es, wenn das Heilverfahren nicht gewährt worden wäre, zur Bewilligung der Rente gekommen wäre. Wenn ärztlicherseits dann in einem späteren Zeitpunkt noch ein Heilverfahren mit Aussicht auf Erfolg für erforderlich gehalten worden wäre, würde die Klägerin die Rente trotz der dann noch eingeleiteten Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit behalten haben. Aus der rückwirkenden Annahme der Berufsunfähigkeit von Oktober 1957 an ergebe sich auch, daß die im Dezember 1958 festgestellten Leiden schon bei der Untersuchung und Begutachtung im November und Dezember 1957 vorgelegen hätten und daß damals schon hätte erkannt werden können, daß sie trotz eines Heilverfahrens berufsunfähig bleiben wurde. Da sie seit Oktober 1957 unverändert berufsunfähig sei, fühle sie sich benachteiligt, weil ihr die Rente für die Zeit vom 1. Oktober 1957 bis zum Abschluß des Heilverfahrens, dem 15. Mai 1956 nicht gewährt werde. Durch den erfolglosen Verlauf des Heilverfahrens unterscheide sie sich durch nichts von den Empfängern von Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, bei denen Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit eingeleitet würden und denen dennoch die Rente während dieser Zeit weitergezahlt würde, und zwar solange, bis sich ergeben habe, ob das eingeleitete Heilverfahren die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit habe abwenden können. Sie sei der Ansicht, daß ihr die Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit vom 1. Oktober 1957 bis zum 15. Mai 1958 nur dann nicht zustehe, wenn das eingeleitete Heilverfahren erfolgreich gewesen wäre. § 1242 RVO verstoße ihrer Ansicht nach gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Sie beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts in Detmold vom 5. Mai 1960 die Beklagte zu verurteilen, Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 1. Oktober 1957 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Dem Gesetzgeber sei es vor allem darum gegangen, den Versicherten vor einem frühzeitigen Rentendasein zu schützen. Es sollte alles versucht werden, den in seiner Erwerbsfähigkeit geminderten Versicherten dem Arbeitsprozeß zu erhalten oder wieder zuzuführen. Ein Rentenbegehren sollte nicht aufkommen; denn es bestehe kein Zweifel, daß der Erfolg oder Nichterfolg von Heilmaßnahmen weitgehend von dem Mithelfen der heilbehandlungsbedürftigen Versicherten abhänge. Für die Zeit der notwendigen Heilmaßnahmen sollte dem Versicherten – ohne an eine Rente zu denken – lediglich der Unterhalt nach § 1241 Abs. 1 RVO gewährleistet werden. Für den Fall, daß der Unterhalt durch Erwerbseinkommen, Arbeitsentgelt oder Rentenbezug gewährleistet sei, sei von dem Gesetzgeber eine weitere Pflichtleistung des Versicherungsträgers nicht für erforderlich gehalten worden. Auch aus § 1276 RVO gehe der vorherrschende Gedanke des Gesetzgebers hervor, den Rentenfall bzw. den Rentenbezug möglichst weit hinauszuschieben, wenn dies für die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß angezeigt erscheine, Mit dieser Vorschrift werde der Rentenbeginn von dem Gesetzgeber ohne weiteres um 26 Wochen hinausgeschoben, wenn begründete Aussicht bestehe, daß die Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit in absehbarer Zeit behoben sein werde, obwohl Heil-Maßnahmen in der Regel nicht durchgeführt würden und dem Versicherungsträger während dieser 26 Wochen Kosten nicht entstünden. Der im § 1276 aaO zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers sei erst recht bei Gewährung von Heilmaßnahmen zu Lasten der Versicherungsträger im § 1242 zum Ausdruck gebracht worden. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liege nicht vor.

 

Entscheidungsgründe

Der zulässigen Sprungrevision der Klägerin mußte der Erfolg versagt bleiben.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der erhobene Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit für die streitige Zeit unbegründet ist. Denn nach § 1242 RVO besteht kein Rentenanspruch für die Dauer der Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen und für den Zeitraum vor ihrem Beginn, wenn nach § 1241 Abs. 1 Satz 2 RVO Übergangsgeld zu zahlen ist. Die in § 1242 RVO für solche Renten, die vor Beginn der Maßnahmen bereits bewilligt waren, vorgesehene Ausnahme ist hier nicht gegeben, da die Rente erst nach Abschluß der Rehabilitationsmaßnahmen bewilligt worden ist.

Es fragte sich bei Entscheidung dieser Frage vor allem, welche Bedeutung der Hinweis in § 1242, 2. Halbsatz RVO auf § 1241 Abs. 1 Satz 2 RVO hat. Nach Ansicht des erkennenden Senats wollte der Gesetzgeber damit bestimmen, daß nicht nur für den Zeitraum, in welchem die Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt werden, sondern auch für die Zeit vorher kein Rentenanspruch besteht. Die Worte „für den nach § 1241 Abs. 1 Satz 2 Übergangsgeld zu zahlen ist” dienen nur der näheren Kennzeichnung dieses Zeitabschnittes. Wenn es auf das faktische Auszahlen eines Übergangsgeldes hätte abgestellt werden sollen, würde nicht nur auf § 1241 Abs. 1 Satz 2, sondern auf die ganze Vorschrift des § 1241 RVO verwiesen worden sein.

Der Zweck, den der Gesetzgeber mit diesen Rehabilitationsvorschriften verfolgt, bestätigt dieses Ergebnis. Übergangsgeld soll an Stelle von Rente gewährt werden, um eine Beeinträchtigung des Erfolgs der Rehabilitationsmaßnahmen zu verhindern, die eintreten könnte, wenn dem Versicherten schon vor Beginn der Rehabilitationsmaßnahmen oder während ihrer Dauer eine Rente gewährt würde. Denn dadurch würde sein Interesse an einer ernsthaften Mitarbeit an den Rehabilitationsmaßnahmen geschwächt. Dem Zweck dieser Regelung würde eine Rentengewährung für diese Zeiten selbst dann widersprechen, wenn sie erst nach Abschluß der Rehabilitationsmaßnahmen erfolgen würde, da der Versicherte dann doch schon vorher mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen könnte, daß ihm die Rente rückwirkend gewährt wird. Das Bewußtsein, eine Rente zu erhalten, oder auch nur, wahrscheinlich einen Rentenanspruch zu haben, soll ausgeschlossen sein. Die Aufrechterhaltung einer bereits bewilligten Rente in § 1242 RVO ist eine verständliche Konzession des Gesetzgebers; er wollte aus gutem Grund bereits bewilligte Renten nicht entziehen, da dies ein zu starker Eingriff in die Rechte der Versicherten gewesen wäre. Der Sicherung der wirtschaftlichen Lage des Versicherten während dieser Zeit dient das Übergangsgeld, das allerdings grundsätzlich nicht auszuzahlen ist, soweit sonstiges Erwerbseinkommen zur Verfügung steht.

Auch der Umstand, daß § 1242 RVO nur die Alternative kennt, entweder die volle Rente oder aber überhaupt keine Rente zu zahlen, spricht für dieses Ergebnis. Denn bei einer Auslegung des § 1242 RVO, die es darauf abstellen würde, ob Übergangsgeld faktisch ausgezahlt oder nicht ausgezahlt wird, könnte, falls auch nur Übergangsgeld in einer Höhe von 1,– DM gezahlt würde, überhaupt keine Rente gewährt werden, während dann, wenn kein Übergangsgeld ausgezahlt würde, wenn also der Versicherte nur 1,– DM weniger erhielte, die Rente in voller Höhe gewährt werden müßte. Denn § 1242 RVO enthält anders als § 1241 Abs. 3 RVO keine „insoweit” – Regelung. Ihr Fehlen spricht also gegen die Annahme, daß der Gesetzgeber es in § 1242, 2. Halbsatz RVO auch auf den Abs. 3 des § 1241 RVO abgestellt haben könnte.

Zu Recht weist die Beklagte auch auf die Vorschrift des § 1276 RVO hin, in welcher vorgesehen ist, daß der Versicherungsträger sich auf die Gewährung einer Rente auf Zeit, die erst vom Beginn der 27. Woche an zu zahlen ist, beschränken kann, wenn Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit zwar vorliegt, aber begründete Aussicht besteht, daß sie in absehbarer Zeit behoben sein wird. Wenn der Versicherungsträger danach trotz Vorliegens von Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit den Anspruch auf Rente auf den Beginn der 27. Woche beschränken kann, so hat es der Gesetzgeber in Kauf genommen, daß bei besserungsfähigen Leiden für eine gewisse Zeit keine Leistungen gewährt werden. Dies spricht dafür, daß er auch bei § 1242 RVO eine vergleichbare Regelung hat treffen wollen.

Zuzugeben ist, daß während des den Rehabilitationsmaßnahmen vorhergehenden Zeitraumes dem Versicherungsträger keine Kosten entstehen und der Versicherte keine Vorteile genießt. Dies könnte aber allenfalls die Frage aufwerfen, ob dem Versicherten für diese Zeit nicht ein Übergangsgeld zusteht. Der Wortlaut des § 1241 Abs. 5 RVO ist insoweit allerdings nicht zweifelsfrei. Eine Entscheidung dieser Frage konnte der Senat jedoch nicht treffen, weil der das Übergangsgeld ablehnende Bescheid der Beklagten nicht im Streit ist.

Wenn die Klägerin geltend macht, daß die ihr bewilligte Kur keinen Erfolg gehabt habe und wegen ihrer schweren Leiden auch nicht hätte haben können, so verkennt sie vor allem, daß sie ja selbst diese Kur beantragt hat und sich somit einen Erfolg davon versprochen hat. Die Maßnahmen der Beklagten konnten, auch nicht als unangemessen und zweckwidrig angesehen werden. Weist doch der Entlassungsbericht des Dr. Plümpe vom 15. Mai 1958 aus, daß tatsächlich eine Besserung eingetreten, also ein, wenn auch nicht durchschlagender, so doch ins Gewicht fallender Erfolg eingetreten war.

Die Regelung des § 1242 RVO verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 5 Abs. 1 GG. Denn der Gesetzgeber hat das ihm zustehende Ermessen nicht überschritten; er hat weder willkürlich noch sachfremd gehandelt. Diese Regelung ist sachgemäß, weil es aus den angeführten Gründen richtig ist, dem Versicherten selbst für die Zeit vor Abschluß der Rehabilitionsmaßnahmen keine Rente zu gewähren. Daß der Gesetzgeber die bereits bewilligten Renten in ihrem Bestand schützt, insoweit also eine abweichende Regelung getroffen hat gegenüber den Fällen, in welchen eine Rente noch nicht bewilligt war, verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil es durchaus nicht sachfremd ist, bereits bewilligten Renten einen höheren Schutz zukommen zu lassen als noch nicht bewilligten Renten. Dies vor allem, weil der Bezieher einer Rente sich regelmäßig bereits auf den Rentenbezug eingerichtet hat und schon deshalb einen höheren Schutz verdient. Ein Eingriff in bindende Rentenfeststellungen stellt einen stärkeren Eingriff in die Rechtssphäre der Versicherten dar als die von vornherein unterbliebene Rentengewährung.

Da sich das Urteil des Sozialgerichts somit als zutreffend erwies, mußte die Revision zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Unterschriften

Dr. Dapprich für den wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhinderten Bundesrichter Fechner, Dr. Ecker, Dr. Dapprich

 

Fundstellen

BSGE, 238

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