Leitsatz (redaktionell)

Zur Rückforderung nach AFG § 152 Abs 1 S 1 Nr 3.

 

Orientierungssatz

1. Zur Frage des Ruhens des Alg gemäß EWG-V 1408/71 Art 12 Abs 2 iVm AFG § 118 Nr 4 bei Zusammentreffen mit einer französischen Altersrente.

2. Zur Frage, ob gemäß AFG § 118 Nr 4 einem gegen Arbeitslosigkeit Versicherten das Alg nur deshalb versagt werden kann, weil er eine andere Leistung erhält, die ihrer Art nach zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt ist, ohne daß es hierbei auf die Höhe der Leistung ankommt.

 

Normenkette

AFG § 118 Nr. 4 Fassung: 1969-06-25; EWGV 1408/71 Art. 12 Abs. 2 Fassung: 1971-06-14; EWGV 3 Art. 11 Abs. 2 Fassung: 1958-09-25; AFG § 152 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Fassung: 1969-06-25

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 22. Oktober 1975 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 5. Dezember 1972 bis 13. Juni 1973 zu Recht Arbeitslosengeld (Alg) gewährt hat.

Der 1917 geborene Kläger war von 1947 bis zum 30. November 1972 im französischen Bergbau in Lothringen versicherungspflichtig beschäftigt. Insgesamt legte er eine Versicherungszeit von über 300 Monaten in ständigen bergmännischen Arbeiten unter Tage zurück.

Nach seinem Ausscheiden aus dem französischen Bergbau beantragte er beim Arbeitsamt S am 5. Dezember 1972 die Gewährung von Alg. Die Beklagte gewährte dem Kläger Alg vom 5. Dezember 1972 an für 312 Wochentage (Bewilligungsbescheid vom 16. Mai 1973).

Am 14. Juni 1973 teilte der Kläger dem Arbeitsamt mit, daß er seit Mai 1973 eine Rente von der Caisse Autonome Nationale de la Sécurité Sociale dans les Mines (CAN) in M beziehe.

Das Arbeitsamt hob daraufhin mit Bescheid vom 7. September 1973 die Entscheidung über die Bewilligung des Alg gemäß § 151 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) für die Zeit vom 5. Dezember 1972 bis 13. Juni 1973 ganz auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Anspruch auf Alg ruhe gemäß § 118 AFG, weil dem Kläger ab 1. Dezember 1972 die CAN-Rente zuerkannt sei. Außerdem forderte sie die Leistung (4.001,60 DM) zurück und leitete den Anspruch des Klägers auf Rente gegen die Bundesknappschaft als Auszahlungsstelle in Höhe dieses Betrages auf sich über (§ 153 AFG). Von dieser bezog der Kläger vom 1. Dezember 1972 an die Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit und vom 1. Februar 1974 an eine Rente wegen Berufsunfähigkeit (Bescheide vom 24. Oktober 1973, 22. Mai 1974 und 30. April 1974). Diese Leistungen wurden bzw. werden nach den Vorschriften des Sozialversicherungs-Angleichungsgesetzes Saar (SVAG-Saar) berechnet und berücksichtigen die in Frankreich zurückgelegten Versicherungszeiten, aber auch die seitens des französischen Versicherungsträgers geleisteten Zahlungen.

Mit Bescheid vom 28. Mai 1974 ermäßigte die Beklagte den Rückforderungsbetrag auf 1.883,42 DM. Der Betrag wurde bereits - aus Nachzahlungen der CAN an die Bundesknappschaft für die Zeit vom 5. Dezember 1972 bis 13. Juni 1973 - vereinnahmt. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte zurück (Bescheid vom 12. Juni 1974). Klage und Berufung des Klägers blieben gleichfalls ohne Erfolg (Urteile des Sozialgerichts - SG - und des Landessozialgerichts - LSG - für das Saarland vom 5. Juni 1975 und 22. Oktober 1975). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt:

Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Alg ruhe gemäß § 118 Nr. 4 AFG wegen Zuerkennung der pension proportionelle de vieillesse (CAN-Rente). Die Rückforderung des Alg für die Zeit vom 5. Dezember 1972 bis 13. Juni 1973 in der in dem Bescheid vom 28. Mai 1974 angegebenen Höhe sei rechtmäßig. Bei dieser Rente handele es sich um eine den in § 118 Nr. 4 AFG ausdrücklich angeführten Rentenleistungen ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art für eine Zeit vor Vollendung des 65. Lebensjahres. Sie sei - trotz vorhandener Unterschiede - insbesondere dem besonderen Knappschaftsruhegeld nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) ähnlich, das wie das den Altersruhegeldern aus der Rentenversicherung entsprechende Knappschaftsruhegeld von der Vorschrift des § 118 Nr. 4 AFG erfaßt werde (BSG SozR 4100 § 118 Nr. 1; BSGE 36, 52). Der Versicherungsfall, der zu der dem Kläger gewährten Leistung führe, stelle auf das Lebensalter und nicht auf eine gesundheitliche Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ab. Auch seien besondere Voraussetzungen, z. B. hinsichtlich der Dauer (Mindestdauer) des Versicherungsverhältnisses und der Art der Arbeitsleistung (unter Tage) gefordert, nämlich mindestens 15, aber keine 30 Dienstjahre im Bergbau oder in gleichgestellten Betrieben (Colling, Der Kompaß, 1967 S. 195). Nach beiden Rentenarten, der proportionellen Altersrente und dem Knappschaftsruhegeld gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 RKG sei es ferner dem Bezieher dieser Leistungen nicht verwehrt, eine Tätigkeit in einem nicht knappschaftlichen Betrieb weiter auszuüben; eine Beschäftigung außerhalb des Bergbaus in der freien Wirtschaft stehe nämlich dem jeweiligen Rentenanspruch nicht entgegen. Eine weitere Ähnlichkeit beider Leistungen sei darin zu erblicken, daß gemäß § 100 Abs. 1 Satz 2 RKG auch beim Knappschaftsruhegeld nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 RKG für die Wartezeit nur Versicherungszeiten der knappschaftlichen Rentenversicherung angerechnet würden. Im konkreten Fall habe der Kläger sogar eine dem Knappschaftsruhegeld entsprechende besondere Wartezeit (§ 49 Abs. 2 RKG) von über 300 Kalendermonaten mit ständigen Arbeiten unter Tage erfüllt, obwohl es hierauf und auf die Höhe der hierdurch erreichten Leistung nach § 118 Nr. 4 AFG nicht ankomme. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. April 1975 (5 RKn 66/73 - Praxis 1976, 38 f) schließe eine Einbeziehung in den Anwendungsbereich des § 118 Nr. 4 AFG nicht aus. Zwar sei dort u. a. ausgeführt, daß es sich um eine den deutschen Altersruhegeldern entsprechende Leistung nur dann handele, wenn das gesamte Versicherungsleben des Versicherten erfaßt sei und es sich um die ihrer Art nach höchst erreichbare Rente handele, die "nicht nur die bergmännischen Versicherungszeiten berücksichtige". Diese zu § 19 Abs. 3 des Fremdrentengesetzes (FRG) ergangene Rechtsprechung könne jedoch auf § 118 Nr. 4 AFG keine uneingeschränkte Anwendung finden, weil diese Bestimmung - anders als § 19 Abs. 3 FRG - nicht lediglich das "Altersruhegeld", sondern infolge der ausdrücklichen und uneingeschränkten Erwähnung des Knappschaftsruhegeldes auch das besondere Knappschaftsruhegeld erfasse, das sich gleichfalls nur auf der Grundlage der im Bergbau abgeleisteten Dienste berechne.

Bedenken gegen die Anwendung der Ruhensvorschrift ließen sich auch nicht daraus herleiten, daß der Kläger bei einem nur in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten Arbeitsleben keine CAN-Rente, aber Anspruch auf Bergmannsrente bzw. Rente wegen Berufsunfähigkeit sowie - bei Vorliegen der Voraussetzungen - Anspruch auf Gewährung von Alg hätte, da diese Renten nicht zum Ruhen des Anspruchs auf Alg führen könnten (§ 118 Nr. 3 und 4 AFG). Abgesehen davon, daß ein voller Doppelbezug aller Leistungen hier dann gemäß § 80 RKG nicht möglich wäre, habe der Senat lediglich zu prüfen, ob die seitens der CAN gewährte Leistung dem Knappschaftsruhegeld ähnlich sei. Dies sei aber zu bejahen, so daß die Voraussetzungen des § 118 Nr. 4 AFG gegeben seien. Ein teilweises Ruhen des Anspruchs sei - obwohl das Ergebnis angemessen wäre - nach der klaren Vorschrift des § 118 AFG nicht möglich. Die Leistung ruhe auch ab 5. Dezember 1972 ohne Rücksicht darauf, wann der Bescheid über die Zuerkennung der proportionellen Altersrente erlassen bzw. dem Kläger zugestellt worden sei. Dies folge aus dem Wortlaut des § 118 Nr. 4 AFG, wonach das Alg "während der Zeit" ruhe, für die dem "Arbeitslosen ein Anspruch auf eine der folgenden Leistungen zuerkannt" sei, nicht aber etwa "von dem Zeitpunkt an". Das Ruhen einer Leistung trete kraft Gesetzes ein (Urteile vom 18. August 1971, 25. November 1971 und 28. Januar 1972 - 4 RJ 355/68 BSGE 33, 103; 5 RKn 20/70 BSGE 33, 234 und 5 RKn 33/70), und zwar nicht erst dann, wenn die Verpflichtung zur Leistung durch Bescheid festgestellt sei, sondern schon dann, wenn materiell ein Anspruch darauf bestehe (Urteil vom 15. Dezember 1971, 5 RKn 6/70 BSG SozR Nr. 21 zu § 1278 RVO). Dem Ruhensbescheid komme nur deklaratorische Bedeutung zu. Das Ruhen der Leistung trete auch nicht aus anderen Gründen erst mit der Zahlung der CAN-Pension zu einem späteren Zeitpunkt ein. Eine den Vorschriften der §§ 1278 Abs. 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO), 55 Abs. 4 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) und 75 Abs. 4 RKG entsprechende Regelung fehle im AFG.

Auch die Rückforderung in der 1974 angegebenen Höhe sei nicht zu beanstanden. Der zurückgeforderte Betrag sei gemäß § 153 Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2 AFG aus der Nachzahlung der von der Bundesknappschaft zu gewährenden Rente einbehalten und der Beklagten überwiesen worden. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers hätten hierdurch keine Änderung erfahren. Fände die als vorrangig anzusehende Vorschrift des § 118 Nr. 4 AFG nämlich keine Anwendung, so lägen die Voraussetzungen der Ruhensvorschrift des § 80 RKG vor, wonach eine Rente aus eigener Versicherung im Falle des Zusammentreffens mit Alg bis zur Höhe des Alg für den Zeitraum ruhe, für den beide Leistungen zu gewähren seien. Der Kläger habe seinen Lebensstandard auf eine etwaige höhere Leistung der Versicherungsträger auch nicht einstellen können, weil ihm Geldbeträge aus beiden Versicherungen nebeneinander noch nicht zugeflossen waren. Dann aber stehe es im Ermessen der Beklagten, ob sie auf die Rückforderung verzichte. Für einen Ermessensmißbrauch liege jedoch kein Anhaltspunkt vor.

Mit der zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, daß der Begriff "ähnliche Bezüge" nach dem Wortlaut des Gesetzes eindeutig nur im Zusammenhang mit deutschen Rentenleistungen und nicht mit solchen ausländischer Versicherungsträger stehe. Sofern es Wille des Gesetzgebers gewesen sein sollte, auch ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art des Auslandes in die Bestimmung des § 118 Nr. 4 AFG einzubeziehen, hätte es einer entsprechenden ausdrücklichen Formulierung bedurft.

Die proportionale Alterspension des Klägers sei einem deutschen Altersruhegeld aber auch nicht ähnlich. Sie werde als Pauschale gezahlt und stocke sich um bestimmte Prozentzahlen zwischen dem 15. und 30. Dienstjahr auf. Dabei sei der soziale Status des Beschäftigten völlig gleichgültig. Demgemäß habe sie für den Betriebsführer die gleiche Höhe wie für den Hauer. Eine Rentendifferenzierung (entsprechend dem sozialen Status und den verschieden hohen Beiträgen) werde erst über eine Zusatzpensionskasse erreicht, nämlich der CAREM für die Bergbau-Angestellten und der CARCOM für die Arbeiter des Bergbaus. Demgemäß könne die französische Alterspension als eine Basis- oder Sockelrente zu bezeichnen sein, die jedem Bergbau-Beschäftigten nur deswegen gewährt werde, weil er eine bestimmte Anzahl von Jahren im Bergbau beschäftigt gewesen sei. Eine solche Pension sei jedoch keiner deutschen Rente ähnlich oder nur vergleichbar. Ein Rentensockel (Treuegeld) könne auch niemals als geeignet angesehen werden, den Lebensunterhalt generell sicherzustellen, wenn erst die "eigentliche" Versicherung, nämlich die Zusatzversicherung bei der Pensionskasse im Zusammenwirken mit der Basisrente die volle Versorgung gewährleiste. Unter diesen Umständen habe das LSG möglicherweise nicht allein auf die proportionale Alterspension abheben dürfen, sondern auch auf die Zusatzversorgung eingehen müssen. Die Vorschrift des § 118 AFG wolle nur verhindern, daß der Arbeitslose mit zwei vollen Sozialleistungen kumulativ bedacht werde. Demgemäß habe der Gesetzgeber die Rente wegen Berufsunfähigkeit insbesondere auch deshalb nicht in den Ruhenstatbestand des § 118 AFG aufgenommen, weil der Empfänger einer solchen Rente im allgemeinen auf eine weitere Erwerbstätigkeit angewiesen sei. Da auch mit der proportionalen Alterspension "abstrakt" eine Sicherstellung des Lebensunterhalts nicht erreicht werde, sei auch sie in Übertragung dieses Gedankens als nicht geeignet anzusehen, das Ruhen des Alg herbeizuführen.

Der Kläger beantragt,

die angefochtenen Urteile der Vorinstanzen und den Bescheid der Beklagten vom 7. September 1973 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 1974 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 5. Dezember 1972 Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend. Ergänzend führt sie aus: Es könne dahinstehen, ob es Wille des Gesetzgebers gewesen sei, die Bestimmung des § 118 Nr. 4 AFG auch auf vergleichbare ausländische Renten zu erstrecken. Entscheidend sei, daß § 118 Nr. 4 AFG - soweit die Voraussetzungen dieser Ruhensvorschrift nach deutschem Recht vorliegen - nach Art. 12 Abs. 2 der EWG-VO Nr. 1408/71 auch dann anwendbar sei, wenn der Ruhenstatbestand auf eine nach französischem Recht zuerkannte Leistung gestützt werden solle. Im übrigen könne dem Gesetzgeber aber auch kaum unterstellt werden, daß er die Bezieher ausländischer Renten, die dazu bestimmt seien, die Kosten des Lebensunterhalts zu decken, gegenüber den Beziehern entsprechender deutscher Renten ohne erkennbaren Grund habe bevorzugen wollen. Die dem Kläger durch den französischen Versicherungsträger bewilligte "proportionale Altersrente" sei auch dem Altersruhegeld ähnlich, weil es dessen typische Merkmale aufweise. Um eine dem deutschen Altersruhegeld entsprechende Leistung handele es sich nicht nur dann, wenn die Voraussetzungen des deutschen Altersruhegeldes vorlägen, sondern unabhängig davon schon dann, wenn eine fremde Altersrente ihrem Kerngehalt nach dem deutschen Altersruhegeld entspreche (BSG vom 30. April 1975 - 5 RKn 66/73 Praxis 1976, 38 f). Der pauschale Charakter der französischen Altersrente spreche allein nicht gegen ihre Vergleichbarkeit mit den in § 118 Nr. 4 AFG aufgeführten Leistungen. Entscheidend sei, ob ihr das Merkmal einer Lohnersatzfunktion eigen sei, was im allgemeinen schon im Hinblick auf die Höhe dieser Rente bejaht werden müsse. Entgegen der Auffassung des Klägers habe es eines Eingehens des LSG auf die Leistungen der Zusatzpensionskasse nicht bedurft. Diese Zusatzleistungen, die erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres gewährt würden, seien den zusätzlichen Leistungen vergleichbar, die in der Bundesrepublik z. B. im Rahmen der hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherung, der Versorgungskasse des Bundes und der Länder oder aufgrund tarifvertraglicher Sonderregelungen für die Altersversorgung gewährt würden. Sie hätten jedoch keinerlei Einfluß auf die rechtliche Wirkung einer bereits zuerkannten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und seien daher für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung. Auch der vom Kläger gezogene Vergleich zur deutschen Berufsunfähigkeitsrente gehe fehl. Er scheitere bereits an den grundverschiedenen Anspruchsvoraussetzungen von Berufsunfähigkeitsrente und Altersrente. Zwar möge es sein, daß die "pension proportionelle de vieillesse" vereinzelt nur das Existenzminimum sichere. Dabei dürfe jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, daß das Merkmal "Sicherung des Lebensunterhalts" primär in bezug auf die Lebensverhältnisse des Landes gewertet werden müsse, nach dessen Rechtsvorschriften die Rente gewährt werde.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die zugelassene Revision des Klägers ist nicht begründet.

Zutreffend hat das LSG entschieden, daß der Kläger keinen Anspruch auf Alg für die Zeit vom 5. Dezember 1972 bis 13. Juni 1973 hat; denn der geltend gemachte Anspruch auf Alg ruht wegen des Bezugs der "pension proportionelle de vieillesse".

Nach § 118 Nr. 4 AFG ruht der Anspruch auf Alg während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Altersruhegeld aus der Rentenversicherung (RentV) der Arbeiter oder der RentV der Angestellten oder Knappschaftsruhegeld oder Knappschaftsausgleichsleistung aus der knappschaftlichen RentV oder ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art für die Zeit vor Vollendung des 65. Lebensjahres zuerkannt ist. Die letztgenannte zeitliche Einschränkung beruht darauf, daß nach § 100 Abs. 2 AFG vom Beginn des auf die Vollendung des 65. Lebensjahres folgenden Monats ohnehin kein Anspruch auf Alg mehr besteht.

Dem Kläger ist allerdings keine Leistung aufgrund innerdeutscher Rechtsvorschriften zuerkannt. Das LSG geht aber zutreffend davon aus, daß die "pension proportionelle de vieillesse" bei der Anwendung des § 118 Nr. 4 AFG den dort genannten Leistungen gleichzustellen ist.

Diese Folgerung könnte möglicherweise bereits der Bestimmung selbst entnommen werden. Zwar scheint sich die dort getroffene Regelung nach ihrer logisch formalen Struktur allein auf den innerstaatlichen Bereich zu beziehen. Im Hinblick darauf, daß § 118 Nr. 4 AFG vorrangig auf die vorgezogenen Altersruhegelder und anderen speziellen Leistungen in den Zweigen der deutschen RentV abstellt, liegt es nahe, auch den Begriff der "ähnlichen Bezüge öffentlich-rechtlicher Art" nur auf solche Leistungen zu erstrecken, die dem Regelungsbereich des innerstaatlichen Gesetzgebers unterliegen. Andererseits ist der Begriff als solcher so weit, daß er einer weitergehenden Auslegung unter Berücksichtigung des Sinnes und Zweckes der Vorschrift zugänglich ist. Dieser besteht, wie aus den Motiven zu ersehen, darin, eine doppelte Sicherung des Lebensunterhalts, die Gewährung von zwei Leistungen mit Lohnersatzfunktion durch öffentliche Träger zu verhindern (vgl. BT-Drucks. V/2291 S. 57 und S. 82 zu § 108). Der Eintritt eines solchen Ereignisses wird zwar insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Doppelbelastung des Sozialversicherungssystems der Bundesrepublik als unzweckmäßig und sozialpolitisch unerwünscht anzusehen sein. Damit ist aber der Sinn und Zweck von Ruhensvorschriften regelmäßig nicht erschöpft. Sie stehen dem Gesetzgeber vielmehr auch als Mittel zur Verfügung, die Leistung auf den mit ihr beabsichtigten Erfolg zu begrenzen, sie also nicht zu gewähren, wenn dieser Zweck bereits anderweitig als gewährleistet erscheint. Speziell auch für den Bereich der Arbeitslosenversicherung wird allgemein davon auszugehen sein, daß ein berechtigtes Interesse daran besteht, aus Gründen der Gleichbehandlung und einer zweckentsprechenden Verwendung der von der Versichertengemeinschaft aufzubringenden Mittel dem Bezug jeglicher echten Doppelleistungen entgegenzuwirken. Dieser Grundgedanke gilt für ausländische Versicherungsleistungen, die mit Alg zusammentreffen, genauso wie für inländische. Unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung wäre es nicht ohne weiteres einzusehen, warum ein Arbeitsloser mit ausländischer Rente grundsätzlich besser stehen soll als ein Arbeitsloser mit inländischer Rente.

Es kann aber dahingestellt bleiben, ob § 118 Nr. 4 AFG unmittelbar auf ausländische Renten anzuwenden ist, denn jedenfalls folgt das Ruhen des Alg im vorliegenden Fall aus der Vorschrift des Art. 12 Abs. 2 der EWG-Verordnung (EWG-VO) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 (Amtsbl. d. Europäischen Gemeinschaften Nr. L 149/2 vom 5. Juli 1971, S. 2) i. V. m. § 118 Nr. 4 AFG.

Die EWG-VO findet von ihrem sachlichen Geltungsbereich her auf alle bestehenden und zukünftigen (Art. I j) Rechtsvorschriften Anwendung, welche sich auf die in Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 dieser VO genannten Systeme und Zweige der sozialen Sicherheit beziehen, u. a. auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit und Alter (Art. 4 Abs. 1 c, g). Von seiten der Bundesrepublik sind insoweit u. a. die Rechtsvorschriften zur Regelung der Arbeitslosenversicherung (ArblV) und der RentV, von seiten der französischen Republik u. a. die Rechtsvorschriften des Allgemeinen Systems und des besonderen Systems für Bergbau-Gesellschaften und ihnen gleichgestellten Unternehmen für anwendbar erklärt worden (vgl. Erklärung zu Art. 5 der EWG-VO 1408/71, Amtsbl. d. Europäischen Gemeinschaften Nr. C 12/1973 vom 24. März 1973 S. 11 - Bundesrepublik B I Ziff. 2 und 4 - Frankreich C I und III Ziff. 4). Nach Art. 12 Abs. 2 der VO 1408/71 sind die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates, die für den Fall des Zusammentreffens mehrerer Leistungen der sozialen Sicherheit vorsehen, daß die Leistungen gekürzt, zum Ruhen gebracht oder entzogen werden, dem Berechtigten gegenüber auch dann anwendbar, wenn es sich um Leistungen handelt, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaates erworben wurden.

Die Vorschrift gilt nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 15. Mai 1974 zu der im wesentlichen gleichlautenden Bestimmung des Art. 11 Abs. 2 VO Nr. 3 vom 25. September 1958 (BGBl 1959 II S. 473), für alle in nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Kürzungs- und Ruhensbestimmungen, die bestimmte Leistungskumulierungen verhindern sollen, und zwar unabhängig davon, ob die Vorschriften den Leistungsanspruch oder die Gewährung betreffen (Sammlung EuGH 1974, 517 = SozR 6040 EWG-V 3 Art. 11 Nr. 1). Sie ist ferner nicht auf Kumulierungsverbote beschränkt, die so gefaßt sind, daß sie sich auf sämtliche nach dem System des Betroffenen wie der übrigen Mitgliedstaaten erworbenen Leistungen bezieht. Sie ist vielmehr auch dann anwendbar, wenn die innerstaatliche Vorschrift die Leistung in der für das nationale Recht typischen Form qualifiziert (vgl. EuGH aaO).

Die in Art. 11 Abs. 2 der EWG-VO Nr. 3 und damit auch die in Art. 12 Abs. 2 der VO 1408/71 genannten Beschränkungen können nach der erwähnten Entscheidung den Versicherten allerdings nur hinsichtlich der Leistungen entgegengehalten werden, die sie der Anwendung der VO verdanken (vgl. auch Sammlung EuGH 1969, 597 = SozR EWG-VO Nr. 3 Art. 11 Nr. 1).

Dieses Erfordernis sah der EuGH darin begründet, daß Art. 11 Abs. 2 der EWG-VO Nr. 3 als Ausgleich für die Vorteile anzusehen sei, welche die VOen dem Arbeitnehmer dadurch gewähren, daß sie ihm das Recht geben, die gleichzeitige Anwendung der Sozialrechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu verlangen. Art. 11 Abs. 2 der VO Nr. 3 solle verhindern, daß dem Arbeitnehmer aus dieser gleichzeitigen Anwendung Vorteile erwachsen, die nach innerstaatlichem Recht als unangemessen anzusehen seien.

Ein die Anwendung des Art. 12 Abs. 2 der EWG-VO rechtfertigender Vorteil ist auch die Zahlung der proportionalen Rente ins Ausland. Den Anspruch auf Zahlung in die Bundesrepublik verdankt der Kläger der Anwendung der EWG-VO. Gemäß Art. 10 Abs. 1 der EWG-VO 1408/71 dürfen u. a. Renten, auf die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten ein Anspruch erworben worden ist, nicht deshalb gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, weil der Berechtigte im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates als des Staates wohnt, in dessen Gebiet der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat. Das innerfranzösische Recht sieht eine Zahlung ins Ausland nicht vor (Systeme der sozialen Sicherheit für die Arbeiter des Kohlenbergbaus und der Eisen- und Stahl-Industrie in der Gemeinschaft sowie in Großbritannien 1961 Bd. 1 - Systeme - Frankreich 550). Darüber hinaus würde die Anwendung des Art. 10 Abs. 1 der EWG-VO nicht durch eine innerfranzösische Regelung ausgeschlossen. Die Mitgliedstaaten sind nicht mehr zur Setzung autonomer Bestimmungen befugt, soweit sie Rechtsetzungsbefugnisse auf die Gemeinschaft übertragen haben (vgl. Sammlung EuGH XVI, 69 und 451). Art. 16 Abs. 2 des Allgemeinen Abkommens vom 10. Juli 1950 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich (BGBl 1951 II, 177), der die Gewährung von Leistungen an die beiderseitigen Staatsangehörigen in einem der beiden Staaten regelte, ist bereits durch die EWG-VO Nr. 3 außer Kraft gesetzt worden (vgl. Anhang D zur EWG-VO Nr. 3).

Unter welchen Bedingungen eine nach Art. 12 Abs. 2 der EWG-VO 1408/71 grundsätzlich zu berücksichtigende ausländische Leistung im Rahmen eines Ruhenstatbestandes inländischen Leistungen gleichzustellen ist, ist der VO selbst allerdings nicht zu entnehmen. Eine allgemeine Grundentscheidung, daß bestimmte Leistungen der Systeme der sozialen Sicherheit der Gemeinschaftsländer sich in jeder Beziehung entsprechen, ist nicht getroffen. Die Einbeziehung in den sachlichen Geltungsbereich der VO läßt nur den Schluß auf eine im Prinzip vorhandene Gemeinsamkeit der dem gleichen Risikobereich zuzuordnenden Leistungen zu.

Nach dem das überstaatliche Recht beherrschenden Grundsatz der Gleichbehandlung könnte es allerdings folgerichtig sein, ausländische Leistungen im Rahmen von Ruhensvorschriften nur dann zu berücksichtigen, wenn sie unter den gleichen Voraussetzungen wie eine der von § 118 Nr. 4 AFG erfaßten inländischen Leistungen gewährt werden, der Betroffene bei einem vergleichbaren Ablauf seines Arbeitslebens in der Bundesrepublik eine dieser inländischen Leistungen hätte erwerben können. Hiervon kann jedoch nicht ausgegangen werden. Eine entsprechende Annahme würde den Grundsatz der Gleichbehandlung zwar hinsichtlich der Rechte voll verwirklichen, auf der Pflichtenseite jedoch völlig vernachlässigen. Das mit Art. 12 Abs. 2 der EWG-VO 1408/71 verfolgte Ziel, zu verhindern, daß Wanderarbeitnehmer gegenüber den ausschließlich nach innerstaatlichem Recht zu behandelnden Arbeitnehmern unangemessene Vorteile erwerben, wäre unter dieser Voraussetzung auch nicht annähernd erreichbar. Denn die nach Voraussetzung und Umfang gleichen Leistungen im Verhältnis der Systeme zueinander ist die - seltene - Ausnahme. Die EWG-VO erfaßt ganz verschiedene Systeme der sozialen Sicherheit mit zum Teil sehr unterschiedlicher Struktur und verschiedenem Leistungsniveau. Ihr liegt daher auch allgemein kein Gegenseitigkeitsverhältnis etwa in dem Sinne zugrunde, daß die Vorteile der Versicherungen eines Mitgliedstaates denen eines anderen entsprechen. Das mit der EWG-VO allein verfolgte Ziel, die Systeme der sozialen Sicherheit zu koordinieren (vgl. EuGH SozR 6041 EWG-VO Nr. 4, Art. 34, Nr. 1), läßt sich angesichts der sachlich und strukturellen Unterschiede aber nur verwirklichen, wenn die übergreifenden Gemeinsamkeiten zum Tragen kommen. In Kenntnis dieser Unterschiede ist die Vorschrift des Art. 12 Abs. 2 der VO auch geschaffen worden. Wenn der EuGH demnach in seiner Entscheidung vom 15. Mai 1974 (aaO) als Voraussetzung für die Erstreckung eines inländischen Kumulierungsverbotes auch auf ausländische Leistungen verlangt, daß die beiden gleichgestellten Leistungen wirklich vergleichbar sind, so kann dies nur als Forderung nach Vergleichbarkeit hinsichtlich der typischen Merkmale einer Leistung, ihrer Art und Funktion verstanden werden. Dies insbesondere deshalb, weil die Frage der Vergleichbarkeit nach den Ausführungen des Gerichtshofes vor allem im Hinblick auf "die Möglichkeit der Kumulierung" und damit allgemein vom Sinn und Zweck der innerstaatlichen Ruhensvorschrift zu beantworten ist, der aber durchaus die Einbeziehung von Leistungen unterschiedlicher Voraussetzungen und unterschiedlicher Höhe rechtfertigen kann.

Der Sinn und Zweck der Ruhensvorschrift des § 118 Nr. 4 AFG, die Gewährung von zwei den Lebensunterhalt regelmäßig sicherstellenden Leistungen mit Lohnersatzfunktion zu verhindern, verlangt nach den zugrunde liegenden Feststellungen des LSG auch die Einbeziehung der dem Kläger vom französischen Versicherungsträger gewährten "pension proportionelle de vieillesse". Die Folgerung des LSG, die das Ruhen des Anspruchs auf Alg begründende Gefahr der Doppelversorgung sei auch im Falle des Klägers begründet, ist nicht zu beanstanden. Das LSG hat den Begriff der "ähnlichen Bezüge" im Sinne des § 118 Nr. 4 AFG nicht verkannt. Zu Recht hat das LSG es für die Anerkennung einer Leistung als "ähnlichen Bezug" als wesentlich angesehen, daß sie wie die in § 118 Nr. 4 AFG ausdrücklich aufgeführten Leistungen von einem öffentlichen Träger bei Erreichung einer bestimmten Altersgrenze zur Sicherstellung des Lebensunterhalts gewährt wird; denn nach diesen Maßstäben richtet es sich, ob ein ähnlicher Bezug öffentlich-rechtlicher Art im Sinne von § 118 Nr. 4 AFG gegeben ist (vgl. Urteile des Senats vom 11. Februar 1976 - 7 RAr 158/74 = SozR 4100 § 118 Nr. 2 und 7 RAr 58/75 -). Hierbei handelt es sich nämlich um die gemeinsamen und typischen Merkmale der vom Gesetz unmittelbar erfaßten vorgezogenen Altersruhegelder im Sinne von § 1248 Abs. 2, 3 RVO idF des Rentenreformgesetzes (RRG) vom 16. Oktober 1972 (BGBl I 1965), § 25 Abs. 2, 3 AVG idF des RRG, § 48 Abs. 2, 3 RKG idF des RRG, der bei Erreichen der flexiblen Altersgrenze auf Antrag zu gewährenden Altersruhegelder (§§ 1248 Abs. 1 RVO, 25 Abs. 1 AVG, 48 Abs. 1 Nr. 1 RKG), des besonderen Knappschaftsruhegeldes (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 RKG) sowie der Knappschaftsausgleichsleistung (§ 98 a RKG).

Das Abstellen auf die typischen Merkmale der zu vergleichenden Leistungen entspricht der Rechtsprechung des BSG zu § 19 Abs. 3 FRG für den Vergleich bundesdeutscher Altersruhegelder mit fremden Altersrenten. Eine dem deutschen Altersruhegeld entsprechende Leistung wird in diesem Zusammenhang nicht nur dann angenommen, wenn die Voraussetzungen des deutschen Altersruhegeldes vorliegen, sondern unabhängig davon schon dann, wenn eine fremde Altersrente ihrem Kerngehalt nach dem deutschen Altersruhegeld entspricht (Urteil des 5. Senats des BSG vom 30. April 1975 - 5 RKn 66/73 - Praxis 1976, 38 f - Urteil des 1. Senats des BSG vom 31. März 1976 - 1 RA 87/75 - ). Dafür wird es zunächst als wesentlich angesehen, daß der zur Leistung führende Versicherungsfall auf das Lebensalter und nicht auf eine gesundheitliche Minderung der Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit abgestellt ist, und zum anderen, daß die Leistungen anläßlich des Alters an strengere Voraussetzungen hinsichtlich des Versicherungsverhältnisses geknüpft sind, als die Leistungen bei einer gesundheitlich bedingten MdE, z. B. Dauer des Versicherungsverhältnisses, Höhe der Beiträge (vgl. BSG aaO und auch BSGE 27, 209 = SozR Nr. 3 zu § 19 FRG; BSGE 34, 132 = SozR Nr. 6 zu § 19 FRG).

Wie das LSG festgestellt hat, handelt es sich bei der "pension proportionelle de vieillesse" um die Leistung eines öffentlich-rechtlichen Versicherungsträgers. Sie stellt auch - von keiner Seite bestritten - auf das Lebensalter, nämlich auf das 55. Lebensjahr ab (vgl. auch Systeme Frankreich 254.512.1 und Vergleichstabellen der Systeme der sozialen Sicherheit in den Ländern der europäischen Gemeinschaft 1965, 2. - Bergbausystem S. 33).

Der Umstand, daß die Altersrente bereits mit einem Lebensalter beginnt, das in der Bundesrepublik noch nicht zum Bezug eines vorgezogenen Altersruhegeldes berechtigt, und insoweit auch von der im französischen allgemeinen System vorgesehenen normalen Altersgrenze abweicht, die auf das 60. Lebensjahr abstellt (vgl. Systeme Frankreich 154.512.1 und 154.513), ist für sich allein ohne Bedeutung. Die Gründe, die im Einzelfall den nationalen Gesetzgeber zu einer früheren Festsetzung des Rentenbeginns veranlassen mögen, sind durchaus unterschiedlich und schließen die Anerkennung als Altersruhegeld nicht aus (vgl. auch BSG vom 31. März 1976 - 1 RA 87/75 und BSG vom 30. April 1975 - 5 RKn 66/73 = Praxis 1976, 38 f). Sofern dem die Erwägung zugrunde liegen sollte, daß ein Bergmann mit Erreichung dieser frühen Altersgrenze in der Regel berufsunfähig ist, ändert dies nichts am Charakter der Leistung als Altersruhegeld. Für die dem Kläger gewährte Rente verbietet sich das schon deshalb, weil auch das französische Bergbausystem die Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente besonders geregelt hat (vgl. Vergleichstabellen 1965 aaO 2. - Bergbausystem S. 27, 33). Im übrigen bestünde insoweit kein Unterschied zu der in § 118 Nr. 4 AFG namentlich genannten, nach Vollendung des 55. Lebensjahres auf Antrag zu gewährenden Knappschaftsausgleichsleistung gemäß § 98 a RKG, dem als echtes Altersruhegeld im Sinne des § 118 Nr. 4 AFG anzusehenden besonderen Knappschaftsruhegeldes nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 RKG (vgl. BSG SozR 4100 § 118 Nr. 1), sowie dem einem Berufssoldaten wegen Vollendung des 52. Lebensjahres zuerkannten Ruhegehalt, das gleichfalls dem Anwendungsbereich des § 118 Nr. 4 AFG unterfällt (vgl. Urteile des Senats aaO).

Elemente einer vermuteten Berufsunfähigkeit sind nach den Motiven des Gesetzgebers auch bei diesen Leistungen festzustellen, vermögen ihren Charakter als Altersruhegeld jedoch nicht zu verändern (vgl. BSG aaO). Entscheidend ist, ob die Leistung anläßlich des Alters dazu bestimmt ist, für den Regelfall den Lebensunterhalt sicherzustellen, und ob dieser Leistung Lohnersatzfunktion zukommt. Dies hat das LSG für die dem Kläger gewährte pension proportionelle de vieillesse zutreffend bejaht.

Zu Recht hat das LSG es insoweit in Übereinstimmung mit der bereits zitierten Rechtsprechung des BSG zu § 19 Abs. 3 FRG als wesentlich angesehen, daß eine besondere Mindestwartezeit Voraussetzung zur Gewährung der proportionalen Rente ist. Anforderungen dieser Art sind ein gesetzliches Mittel zur Sicherung des Lebensunterhalts, wenn auch u. U. nur im Sinne einer Mindestgarantie. Die pension proportionelle de vieillesse grenzt sich insoweit deutlich von der für eine Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit nach dem französischen Bergbausystem nachzuweisenden Wartezeit von zwei bzw. drei Jahren ab (vgl. Vergleichstabellen 1965 aaO 2. - Bergbausystem S. 21, 27).

Die für ihren Bezug geforderten 15 Dienstjahre sind zwar weniger als die für die Knappschaftsausgleichsleistung und das Knappschaftsruhegeld nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 RKG verlangte Versicherungszeit von 300 Kalendermonaten. Durch diesen Unterschied wird aber die Vergleichbarkeit der proportionalen Rente mit dem genannten Knappschaftsruhegeld, der Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnlichen Bezügen ihrem Kerngehalt nach nicht ausgeschlossen. Da sich nach § 118 AFG entscheidet, ob Alg in voller Höhe gezahlt wird oder überhaupt nicht, können nach dem Sinn des Gesetzes gewisse graduelle Abweichungen der zu vergleichenden Leistungen - auch um der Gleichbehandlung willen - außer Betracht bleiben. Der Zweck der pension proportionelle de vieillesse, den Lebensunterhalt sicherzustellen, folgt trotz der geringen Zahl der geforderten Versicherungsjahre aus ihrer Stellung im System der Alterssicherung in Frankreich. Das französische Bergbausystem ist wie das deutsche als echtes "Sondersystem" ausgestaltet, das das allgemeine System ersetzt (vgl. Systeme Frankreich 03 und 20 ff). Es ist - wie das LSG zu Recht ausführt - auf die besonderen Verhältnisse dieser Berufsgruppe zugeschnitten. Es gehört allgemein zum traditionellen Berufsbild des Bergmanns, daß die spezielle Art der Tätigkeit ein erhöhtes Risiko mit sich bringt. Im Bereich der Altersversicherung liegt die eigentliche Funktion eines Sondersystems - insbesondere eines bergmännischen - mithin in der Gewährung eines früheren Ruhestandsalters mit mindestens gleich hohen Leistungen wie im allgemeinen System (vgl. Wedel, Die Nachkriegsentwicklung der sozialen Sicherheit in den EWG-Ländern und in Großbritannien unter besonderer Berücksichtigung der Bergbausysteme, Der Kompaß 1966 S. 161). Deshalb ist es gerade die Funktion einer bergbaulichen Altersversicherung ein früheres Ruhestandsalter mit mindestens gleich hoher Leistung wie im allgemeinen System zu gewährleisten (Wedel, aaO).

Die bergbauliche Altersversicherung in Frankreich erfüllt diese Forderung. Allerdings verlangt die pension proportionelle de vieillesse nicht nur ein geringeres Ruhestandsalter als die Altersvollrente des allgemeinen Systems, nämlich 55 statt 60 Jahre, sondern auch eine geringere Versicherungszeit, nämlich 15 statt 30 Jahre (Systeme Frankreich 154.513 a). Aber ähnlich wie bei der Knappschaftsausgleichsleistung werden die "Dienstjahre" bei der Feststellung der Rente wesentlich höher bewertet. Ein Bergmann, der immer den Durchschnittslohn des Kohlenbergbaus verdient hat, kann in Frankreich mit 30 Dienstjahren die Rente in Höhe von 40 v. H. des Durchschnittslohns bereits erreichen, wenn er 50 Jahre alt ist (Wedel, aaO S. 163). Diesen Prozentsatz erhält der Versicherte nach dem allgemeinen System mit 30 Dienstjahren erst nach Vollendung des 65. Lebensjahres (Dorow, Alterssicherung international, 1970 S. 156). Dabei wird eine Versicherungszeit nach Vollendung des 60. Lebensjahres mit 4 v. H. pro Jahr besonders hoch bewertet (Systeme Frankreich 154.513 a, sowie vergleichende Darstellung der Systeme der sozialen Sicherheit in den Mitgliedstaaten der europäischen Gemeinschaft 1970 - 1. Allg. System S. 54, 55). Die proportionale Rente hat die halbe Höhe der "normalen" Altersrente des Bergbausystems, die 30 Dienstjahre voraussetzt und erhöht sich mit jedem 15 Jahre übersteigenden Dienstjahr um 1/30 (Colling, Die Rentenleistungen im französischen Bergbau, Der Kompaß 1967, S. 193). Daraus ist zu folgern, daß der Bergmann mit Durchschnittslohn bereits nach 15 Dienstjahren mit der pension proportionelle de vieillesse eine Gesamtaltersrente in Höhe von 20 v. H. des Lohns erreicht wie der Rentner des allgemeinen Systems mit der Altersvollrente (nach 30 Beitragsjahren und nach Vollendung des 60. Lebensjahres).

Zutreffend hat das LSG auch der - festgestellten - Möglichkeit, daß der Bezieher einer französischen Altersrente aus der bergmännischen Versicherung weiterhin einer versicherungspflichtigen Beschäftigung von Bedeutung nachgehen kann, sowie dem Umstand, daß bei der Berechnung nur bergmännische Versicherungszeiten berücksichtigt werden, keine Bedeutung beigemessen (vgl. dazu auch Systeme Bd. 1 Frankreich ... 254.512.2 und ... 254.7). Hierbei handelt es sich um keine für die Auslegung des Begriffs der "ähnlichen Bezüge" entscheidenden Gesichtspunkte. Insbesondere schließt die Zuerkennung einer Leistung unter diesen Bedingungen es nicht aus, ihr die für § 118 Nr. 4 AFG geforderte Funktion des Lohnersatzes beizumessen. Das ergibt sich aus der Einbeziehung der Knappschaftsausgleichsleistung (§ 98 a RKG) und des besonderen Knappschaftsruhegeldes (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 RKG) in die Vorschrift des § 118 Nr. 4 AFG. Auch die Gewährung dieser Leistungen gestattet, wie sich im Wege des Umkehrschlusses aus § 98 a Abs. 4 und § 48 Abs. 1 Nr. 2 RKG ergibt, eine Beschäftigung außerhalb des knappschaftlichen Betriebes. Mit der Beendigung der Beschäftigung im knappschaftlichen Betrieb hat nur diese spezielle Berufstätigkeit einen endgültigen Abschluß gefunden. Im übrigen besteht auch hier die Möglichkeit durch Weiterarbeit, wenn zwar keine Steigerung der bereits zuerkannten Rente, so doch einen Anspruch auf zusätzliche Altersversorgung zu erreichen (vgl. BSGE 28, 233, 235). Entscheidend für den Gesetzgeber war damit ersichtlich nicht, daß eine Erwerbstätigkeit des Leistungsberechtigten nicht mehr möglich ist, sondern daß sie aufgrund der gewährten Versorgung in der Regel nicht mehr nötig ist (vgl. auch Urteile des Senats vom 11. Februar 1976 - 7 RAr 158/74 und 7 RAr 58/75 - ).

Soweit der Kläger gerade dies in Abrede stellt, weil die pension proportionelle de vieillesse anders als die deutschen Rentenleistungen pauschalen Charakter habe und eine Differenzierung erst durch zusätzliche Pensionskassen erreicht werde, erscheint dies nicht begründet.

In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile des Senats vom 11. Februar 1976 aaO) ist das LSG davon ausgegangen, daß es im Rahmen des § 118 Nr. 4 AFG nicht darauf ankommt, ob der Lebensunterhalt im Einzelfall tatsächlich gesichert ist. Die Leistung muß nur ihrer Gesamtkonzeption nach so bemessen sein, daß sie den Unterhalt des Berechtigten in der Regel gewährleistet. Dies folgt schon daraus, daß das Gesetz selbst das Ruhen allein aufgrund des äußeren Tatbestandes der Zuerkennung einer anderweitigen Versorgungsleistung ausspricht. Diesen Verzicht des Gesetzgebers auf eine individualisierte Betrachtungsweise entspricht es jedoch, auch in der Gesamtbewertung der Versicherungssysteme zueinander gewissen Struktur- und Niveauunterschieden keine durchgreifende Bedeutung einzuräumen. Zwar zeigen die Motive zum Entwurf des AFG, daß sich der Gesetzgeber bei der Regelung des § 118 Nr. 4 AFG speziell von dem Leistungsniveau des deutschen Versicherungssystems hat leiten lassen, wenn er z. B. die Anordnung des Ruhens bei Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente oder eines vorgezogenen Altersruhegeldes deshalb als gerechtfertigt ansah, weil sie vom gleichen Vomhundertsatz der Bemessungsgrundlage berechnet werden, wie das nach Vollendung des 65. Lebensjahres gewährte Ruhegeld (BT-Drucks. V/2291 S. 82 zu § 108). Der Gesetzgeber hat deshalb aber nicht eine am Einzelfall orientierte Entscheidung und somit auch keine bestimmte Qualität der Leistung in § 118 Nr. 4 AFG verlangt. Abgesehen davon, daß auch die von § 118 Nr. 4 AFG einbezogenen Leistungen deutscher Versicherungsträger insoweit nicht gleich, sondern allenfalls vergleichbar sind, müßte es als unzulässige Privilegierung angesehen werden, ganze Versicherungssysteme von der Ruhensregelung des § 118 Nr. 4 AFG auszunehmen, nur weil das Konzept der sozialen Sicherheit auf andere Weise verwirklicht wird.

Unter diesem Blickwinkel kann dem Unterschied zwischen dem im französischen Bergbausystem angewandten Pauschalprinzip und dem für die deutsche Rentenversicherung typischen Prinzip der leistungsbezogenen Individualrente keine entscheidende Bedeutung zukommen. Zwar ist das System der "pauschalen Leistung" überwiegend von dem Konzept der "sozialen Sicherheit", dem Gedanken der Solidarität der Versichertengemeinschaft bestimmt, wohingegen die lohnbezogene Leistung besonderer Ausdruck des Versicherungsprinzips ist. Die hier zu vergleichenden Systeme weisen aber auch gewisse Annäherungen auf. Soweit das französische Bergbausystem eine Staffelung nach Dienstjahren und Zuschläge für jedes Dienstjahr unter Tage vorsieht (vgl. Vergleichstabellen 1965, 2. - Bergbausystem S. 35) wird auch hier den individuellen Gegebenheiten Rechnung getragen. Demgegenüber ist durch die Begrenzung des für die Rentenbemessung maßgeblichen Einkommens auch die Höhe der deutschen Sozialversicherungsrente in bezug auf das Arbeitseinkommen relativ, wenngleich auch eine dem französischen System vergleichbare Nivellierung nicht erreicht wird. Wie das deutsche System so sieht auch das französische eine regelmäßige Rentenanpassung vor (vgl. Vergleichstabellen aaO S. 33). Zumindest kann jedoch von dem Grundsatz ausgegangen werden, daß die individualisierte Leistung - besonders bei den langfristigen Leistungen der RentV - für höhere Einkommen allgemein günstiger ist, wohingegen die einheitliche Pauschalierung notwendigerweise die unteren Einkommensstufen begünstigt. Die damit im wesentlichen in dem unterschiedlichen Effekt für die verschiedenen Personengruppen zu sehende Andersartigkeit der Systeme rechtfertigt jedoch ihre Gleichstellung im Rahmen des § 118 Nr. 4 AFG; denn die Zweckbestimmung, den Lebensunterhalt zu sichern, ist beiden Leistungen gemein.

Auch das Bestehen von Zusatzversorgungskassen schließt eine Einbeziehung der französischen Rentenleistung in den Anwendungsbereich des § 118 Nr. 4 AFG nicht aus. Diese Systeme sind allgemein dazu bestimmt, Unzulänglichkeiten der gesetzlichen Systeme zu beheben. Insoweit handelt es sich jedoch nicht um eine für die Arbeitnehmer des französischen Bergbaus spezifische Besonderheit. Den in der Bundesrepublik bestehenden öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgungen, wie z. B. den Leistungen der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder für Arbeiter und Angestellte des Bundes und der Länder oder die hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung im Saarland, kommt gleichfalls die Funktion zu, die Lücke zwischen der Versorgung durch die gesetzliche Rentenversicherung und den Vorstellungen des Arbeitnehmers über eine angemessene Altersversorgung zu schließen. Die Renten dieser Personenkreise aus den gesetzlichen Rentenversicherungen werden trotz der Zusatzversicherung von § 118 Nr. 4 AFG erfaßt.

Nicht zu verkennen ist allerdings, daß die Regelung des § 118 Nr. 4 AFG, indem sie nicht auf die Höhe des Altersruhegeldes oder der ähnlichen Bezüge öffentlich-rechtlicher Art abstellt und auch sich mit einer Anrechnung dieser Bezüge nicht begnügt, zu ganz erheblichen Härten führen kann. Der Gesetzgeber hat zwar Vorsorge getroffen, daß das Alg nur dann ruht, wenn der Anspruchsteller eine Leistung erhält, die ihrer Art nach dazu bestimmt ist, den Lebensunterhalt zu sichern. Daß dies auch im Einzelfall so ist, wird damit aber nicht gewährleistet. Die Leistung, die zum Ruhen des Alg-Anspruchs führt, kann - jedenfalls wenn es sich um ausländische Renten handelt - im Einzelfall so niedrig sein, daß sie den Lebensunterhalt nicht deckt. Das ist nicht nur deshalb eine Härte, weil der Betreffende vorher seinerseits aus seinem vollen Arbeitseinkommen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt hat. Man muß sich auch fragen, ob diese gesetzliche Lösung mit dem Bestreben zu vereinbaren ist, das dem AFG zugrunde liegt, nämlich grundsätzlich jedem, der arbeitsfähig und arbeitswillig ist, entsprechend seinen Beitragszahlungen und unter den sonstigen Voraussetzungen des Gesetzes einen Schutz gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit zu gewähren. Im Fall des § 118 Nr. 4 AFG wird einem gegen Arbeitslosigkeit Versicherten das Alg nur deshalb versagt, weil er eine andere Leistung erhält, die ihrer Art nach zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt ist. Auf die Höhe der Leistung kommt es nicht an. Dies ist um so mehr bedenklich, als sich der Zweck des Gesetzes auch durch eine Vorschrift hätte erreichen lassen, die nicht das Ruhen des Alg, sondern die Anrechnung der anderweitigen Bezüge auf das Alg vorsieht (vgl. u. a. die Bestimmungen der §§ 1278 - 1285 der RVO, § 65 des Bundesversorgungsgesetzes - BVG - und § 85 des Beamtenrechtsrahmengesetzes). Damit wären unbillige Härten weitgehend ausgeschlossen. Angesichts der eindeutigen Fassung des § 118 Nr. 4 AFG sieht sich der Senat aber außerstande, den Bedenken gegen die Vorschrift durch eine Auslegung in dieser Richtung Rechnung zu tragen.

Auch zu einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Grundgesetz (GG) hat sich der Senat im vorliegenden Fall noch nicht entschlossen. Der Fall des Klägers scheint dem Senat noch nicht so gravierend zu sein, daß er zu dem Schluß führt, die Regelung des § 118 Nr. 4 AFG verstoße gegen das Willkürverbot (Art. 3 I GG), den Schutz des Eigentums (Art. 14 GG) oder gegen das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG). In den Rechtsstreitigkeiten, die der Senat bisher zu entscheiden hatte, trat die Unbilligkeit des § 118 Nr. 4 AFG deshalb nicht hervor, weil die andere Leistung den Lebensunterhalt tatsächlich abdeckte. Der vorliegende Fall liegt aber bereits an der Grenze und sollte dem Gesetzgeber Anlaß geben, die Bestimmung des § 118 Nr. 4 AFG zu überprüfen.

Zu Recht ist das LSG auch davon ausgegangen, daß der Anspruch des Klägers auf Alg von dem Zeitpunkt an ruhte, von dem ihm ein Anspruch auf CAN-Rente zustand. Der Umstand, daß die Zuerkennung nachträglich erfolgte, steht dem nicht entgegen. Wenn § 118 Nr. 4 AFG davon spricht, daß der Anspruch "während der Zeit" ruht, für die dem Antragsteller ein Anspruch auf die im einzelnen genannten Leistungen zuerkannt ist, so kommt ihm der gleiche Aussagewert zu wie dem Begriff "Zubilligung der Rente" im Sinne des § 183 Abs. 3 RVO. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist darunter aber der Beginn der Rente, d. h. der Zeitpunkt zu verstehen, von dem an die Rente zu zahlen ist bzw. sie dem Versicherten zusteht, nicht aber das Datum des Rentenbescheides oder der Tag der Zustellung an den Versicherten (vgl. BSGE 19, 28 = SozR § 183 RVO Nr. 6 und Nr. 8).

Eine Abweichung von der durch § 118 Nr. 4 AFG vorgeschriebenen Ruhenswirkung, die gemäß § 12 Abs. 2 EWG-VO 1408/71 auch dann eintritt, wenn es sich um das Zusammentreffen von Leistungen aus verschiedenen EWG-Staaten handelt, ergibt sich zugunsten des Klägers auch nicht daraus, daß die Berechnung seiner Bergmannsrente sich nach § 28 des Gesetzes zur Angleichung des Sozialversicherungsrechts im Saarland an das im übrigen Bundesgebiet geltende Recht (Sozialversicherungs-Angleichungsgesetz Saar) vom 15. Juni 1963 richtet (BGBl I 402). Aufgrund dieser Bestimmung werden dem Kläger einerseits die in Frankreich zurückgelegten Versicherungszeiten bei der Bemessung der deutschen Bezüge zugute gehalten. Andererseits wird die deutsche Rente nur verhältnismäßig gezahlt (pro rata temporis), also in dem Verhältnis, in dem die in Deutschland zurückgelegten Arbeitszeiten zur Gesamtarbeitszeit des Versicherten stehen. Daraus folgt aber nicht, daß die französische CAN-Rente Teil der deutschen Bergmannsrente wird, die allerdings nach § 118 Nr. 4 AFG nicht zum Ruhen des Alg führt. § 28 des Sozialversicherungs-Angleichungsgesetzes Saar enthält nämlich nur das, was nach den Art. 27 und 28 der EWG-VO Nr. 3 (Verordnung Nr. 3 über die Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer) 1959 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. 30 S. 561/58 ff; BGBl II 1959 Nr. 21 S. 473 ff; BABl 1959, 265 ff) für das gesamte Verhältnis der Staaten der Europäischen Gemeinschaft untereinander niedergelegt hat. Nach dieser Verordnung (inzwischen ersetzt durch die VO Nr. 1481/71) werden allgemein die Versicherungszeiten, die Wanderarbeitnehmer in den verschiedenen EWG-Ländern zurückgelegt haben, berücksichtigt, dann aber eine pro rata temporis-Berechnung der Rente vorgenommen. Hierzu hat der Europäische Gerichtshof ausgeführt (EuGH, Sammlung der Rechtsprechung, Band 13, 1967 S. 276), die Verordnung Nr. 3 habe kein gemeinschaftliches System der sozialen Sicherheit eingeführt, das dem Leistungsempfänger einen einheitlichen Anspruch gewähre und die entsprechende Verbindlichkeit lediglich auf die innerstaatlichen Versicherungsträger verteile. Wie der EuGH weiter dargelegt hat, sind selbständige Systeme bestehen geblieben, aus denen sich selbständige Ansprüche ergeben, die sich gegen selbständige Träger richten, gegen die der Leistungsempfänger unmittelbare Ansprüche aufgrund der innerstaatlichen Rechtsvorschriften hat. Daraus folgt aber, daß jede der nationalen Leistungen ihren eigenständigen Charakter behält. Nichts anderes kann auch gelten im Verhältnis zwischen der Bergmannsrente, die der Kläger bezieht und der CAN-Rente, die in gewisser Weise auf die Bergmannsrente "angerechnet" wird.

Die Entscheidung des LSG ist auch nicht zu beanstanden, soweit sie die Rückzahlungspflicht des Klägers nach § 152 Abs. 1 Nr. 3 AFG bejaht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1650688

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