Leitsatz (amtlich)

Hat sich der Antragsteller für seine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist entgegen § 117 Abs 4 ZPO nicht des Vordrucks bedient, kann Prozeßkostenhilfe für ein durch einen Prozeßbevollmächtigten einzulegendes fristgebundenes Rechtsmittel (hier: für eine Nichtzulassungsbeschwerde) jedenfalls dann nicht bewilligt werden, wenn die formlosen Angaben nicht den Angaben entsprechen, die nach dem Vordruck abzugeben sind.

 

Normenkette

ZPO § 117 Abs 4 Fassung: 1980-06-13

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 15.12.1981; Aktenzeichen L 5 Ar 1871/80)

SG Stuttgart (Entscheidung vom 29.08.1980; Aktenzeichen S 8 Ar 921/79)

 

Gründe

Prozeßkostenhilfe ist nur zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Sozialgerichtsgesetz -SGG-, § 114 Abs 1 Zivilprozeßordnung -ZPO-). Hieran fehlt es schon deshalb, weil die vom Kläger beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde, auch wenn sie von einem vor dem Bundessozialgericht (BSG) vertretungsberechtigten Prozeßbevollmächtigten eingelegt würde, wegen Versäumung der Beschwerdefrist als unzulässig verworfen werden müßte. Die Frist ist am 18. Februar 1982 abgelaufen, da das Berufungsurteil gem § 4 des Verwaltungszustellungsgesetzes als am 18. Januar 1982 zugestellt gilt; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könnte dem Kläger nicht gewährt werden.

Einem Beschwerdeführer kann zwar grundsätzlich Wiedereinsetzung gewährt werden, wenn er ohne sein Verschulden infolge von Armut an der Einhaltung der Beschwerdefrist gehindert war. Das gilt jedoch nur, wenn der Beschwerdeführer alles in seinen Kräften Stehende getan hat, um das der rechtzeitigen Einlegung der Beschwerde entgegenstehende Hindernis zu beheben. Nach der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes zu dem von der Prozeßkostenhilfe abgelösten Armenrecht kam eine Wiedereinsetzung daher in der Regel nur in Betracht, wenn das Armenrechtsgesuch und das Armutszeugnis innerhalb der Rechtsmittelfrist beim Rechtsmittelgericht eingegangen waren (BSGE 1, 287 und SozR Nr 34 zu § 67 SGG; BAG NJW 1967, 222; BVerwG DVBl 1961, 294; BFHE 118, 300). Diese Rechtsprechung ist zur Prozeßkostenhilfe fortzusetzen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die infolge wirtschaftlicher Bedrängnis eingetretene Versäumung der Beschwerdefrist ist mithin nur zu gewähren, wenn der Beschwerdeführer das Gesuch um Prozeßkostenhilfe und die an die Stelle des Armutszeugnisses getretene Erklärung über seine persönlichen und über seine wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) nach § 117 Abs 2 ZPO innerhalb der Beschwerdefrist eingereicht hat, sofern er nicht ohne sein Verschulden auch hieran gehindert war (BSG SozR 1750 § 117 Nr 1; BGH VersR 1981, 884; vgl BVerfG SozR 1750 § 117 Nr 2). Zwar hat der Kläger rechtzeitig Prozeßkostenhilfe beantragt, innerhalb der Beschwerdefrist hat er jedoch keine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben, die den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

Zur Abgabe der Erklärung nach § 117 Abs 2 ZPO muß sich der Beteiligte nach § 117 Abs 4 ZPO des durch die Verordnung vom 24. November 1980 (BGBl I 2163) eingeführten Vordrucks bedienen. Dies hat der Kläger nicht getan, sondern lediglich formlos bestimmte Angaben in seinem Antrag gemacht. Diese Angaben sind nicht ausreichend.

Es kann dahingestellt bleiben, ob in allen Fällen Wiedereinsetzung nicht gewährt werden kann, wenn sich der Rechtsmittelführer des Vordrucks innerhalb der Frist nicht bedient hat. Jedenfalls ist dies dann der Fall, wenn die formlosen Angaben nicht den Erklärungen entsprechen, die der Vordruck fordert. Der Vordruck soll, wie aus § 117 Abs 3 ZPO folgt, das Verfahren vereinfachen und vereinheitlichen. Er soll es den Antragstellern erleichtern, ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen, soweit dies für die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe erforderlich ist (Schuster, Prozeßkostenhilfe, 1980, § 117 Anm 7). Der Zwang aber, sich des Vordrucks bedienen zu müssen, dient vor allem dazu, die Berechnung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch die Gerichte zu erleichtern; denn es war das erklärte Ziel des Gesetzgebers, mit Hilfe des Vordrucks die nach dem Wegfall der Vorprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch die das Armutszeugnis ausstellende Behörde eintretende Mehrbelastung der Gerichte in engen Grenzen zu halten (vgl den Bericht der Abgeordneten Dr Langner und Dr Schöfberger, BT-Drucks 8/3694, S 17 und 19 f). Die Verwendung des Vordrucks soll im Regelfalle dazu führen, daß sich das Gericht aufgrund der gemachten Angaben und vorgelegten Belege eine ausreichende Gewißheit über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verschaffen kann. Diesem gesetzgeberischen Anliegen ist, wenn sich der Antragsteller entgegen § 117 Abs 4 ZPO des Vordrucks nicht bedient hat, nur Genüge getan, wenn alle Erklärungen, welche in dem Vordruck gefordert werden, einschließlich der Versicherung des Antragstellers über die Vollständigkeit und Richtigkeit der gemachten Angaben, der Sache nach abgegeben worden sind. Diesen Anforderungen hat der Kläger nicht entsprochen. Er hat zwar in seinem Antrag Angaben über den pfändungsfreien Betrag der ihm gewährten Arbeitslosenhilfe, über den Stand der von ihm bestrittenen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem Beigeladenen, über seine Mietaufwendungen und über weitere Schulden gemacht. Es fehlen jedoch ua die im Vordruck erforderten Angaben über das Bestehen bzw Nichtbestehen einer Rechtsschutzversicherung, über etwaige andere Einkünfte oder ggf vorhandene Vermögensgegenstände und insbesondere die Versicherung, daß die Angaben vollständig und wahr sind. Solche Angaben sind nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger Arbeitslosenhilfe bezieht. Nur wenn ein Antragsteller vom Sozialamt laufende Leistungen zum Lebensunterhalt bezieht und den letzten Bewilligungsbescheid beifügt, verzichtet der Vordruck auf bestimmte weitere Angaben; in diesem Falle ist im übrigen immer eine Erklärung erforderlich, ob eine Rechtsschutzversicherung beseht, an der es hier ebenfalls fehlt.

Der Kläger konnte nicht damit rechnen, daß ihm schon aufgrund seiner Angaben und der eingereichten Belege Prozeßkostenhilfe bewilligt würde. Er ist nämlich in der Rechtsmittelbelehrung des Urteils des Landessozialgerichts zutreffend darauf hingewiesen worden, daß für die Erklärung der vorgeschriebene Vordruck zu benutzen sei und diese Erklärung innerhalb der Frist für die Einlegung der Beschwerde, dh innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Urteils, beim BSG eingehen muß.

Kann dem Kläger mithin keine Wiedereinsetzung gewährt werden, verspricht die Nichtzulassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg, so daß der Antrag auf Prozeßkostenhilfe abzulehnen ist.

 

Fundstellen

Breith. 1983, 88

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