Leitsatz (amtlich)

Selbst wenn die Revisionsfrist erst mit dem nächstfolgenden Werktag ablief, weil ihr Ende auf einem Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fiel, endet jedenfalls die Revisionsbegründungsfrist regelmäßig mit Ablauf desjenigen Tages des zweiten Monats nach der Zustellung des Berufungsurteils, welcher nach seiner Zahl dem Zustellungstag entspricht. Nur falls das Ende der Revisionsbegründungsfrist auf einen Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt, ist der nächstfolgende Werktag Fristende für die Revisionsbegründung. Erklärt der Revisionskläger in der Revisionsbegründung,

 

Normenkette

SGG § 64 Abs. 3 Fassung: 1953-09-03, § 164 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in Essen vom 7. März 1957 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in Essen vom 7. März 1957, das am 15. August 1957 zugestellt worden war, hat der Kläger mit Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 14. September 1957, beim Bundessozialgericht eingegangen am 16. September, Revision eingelegt. Die Einlegung dieses Rechtsmittels erfolgte fristgerecht, weil der 15. September 1957 auf einen Sonntag fiel und deswegen die Revisionsfrist selbst erst mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags, das ist Montag, 16. September, endete (§ 164 in Verbindung mit § 64 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

Die danach vom Prozeßbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 14. Oktober 1957 eingesandte Revisionsbegründung ist am 16. Oktober an das Bundessozialgericht gelangt. Der Briefumschlag der Revisionsbegründungsschrift trägt einen Post(aufgabe)stempel "Düsseldorf 1 - 15.10.1957 - 23 -"; der Post(eingangs)stempel in Kassel lautet "Kassel FA - 16.10.1957 - 8 -". Die vom Gesetz für die Revisionsbegründung vorgesehene Frist von einem weiteren Monat nach Zustellung des Urteils war zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen (§ 164 Abs. 1 Satz 1 SGG). Demzufolge hat der Kläger die Revisionsbegründungsfrist - um einen Tag - versäumt.

Aus dem Gesetz ergibt sich, daß die Begründung der Revision regelmäßig innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des angefochtenen Urteils bei Gericht eingegangen sein muß (sofern sie nicht auf rechtzeitigen Antrag hin gemäß § 164 Abs. 1 Satz 2 SGG besonders verlängert wurde). Lauf und Ende der Revisionsbegründungsfrist sind also vom Gesetzgeber auf den Zustellungstag abgestellt. Der Zustellungstermin ist Ausgangspunkt für die Berechnung auch des "weiteren Monats" nach § 164 Abs. 1 Satz 1 SGG. Dagegen wird aus Wortlaut und Inhalt dieser gesetzlichen Vorschrift keine Bindung an das tatsächliche Ende der (insoweit selbständigen) Revisionsfrist ersichtlich. In diesem Zusammenhang ist bedeutsam, daß die Vorschrift des § 64 Abs. 3 SGG dazu dient, einen Ausgleich für den seines besonderen Charakters wegen prozessual nicht nutzbaren Sonntag oder gesetzlichen Feiertag durch ersatzweise Freigabe des nächstfolgenden Werktags zu schaffen, wenn das Ende einer Frist auf einen Sonntag oder Feiertag fällt. Diese Vorschrift ist aber nicht dazu bestimmt, die betroffene Frist "zu verlängern". Gegen eine tatsächliche "Verlängerung" spricht auch der Wortlaut des § 64 Abs. 2 S. 2 SGG.

Zutreffend hat der 3. Senat des Bundessozialgerichts bereits in seinem Urteil vom 16. Juli 1955 (BSG. 1 S. 82 ff. (85)) auf den Vorteil der Regelung des § 164 Abs. 1 SGG hingewiesen, der darin liegt, daß der Revisionskläger schon am Tage der Zustellung des Urteils den Zeitpunkt des Ablaufs der Revisionsbegründungsfrist genau berechnen kann. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht in einhelliger Rechtsprechung bei der Anwendung der inhaltlich gleichartigen Vorschrift des § 57 Abs. 1 Satz 1 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVerwGG) ebenfalls zu dem Ergebnis gelangt, daß die Revisionsbegründungsfrist mit dem Tage der Zustellung der angefochtenen Entscheidung zu laufen beginnt und zwei Monate beträgt (vgl. NJW. 1955 S. 567 und NJW. 1956 S. 1532). In diesem Zusammenhang ist schließlich zu bemerken, daß die Sozialgerichte von Gesetzes wegen (§ 1 SGG) "besondere Verwaltungsgerichte" sind und daß auch deshalb die Sozialgerichtsbarkeit und die allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit in ihrem verfahrensrechtlichen System übereinstimmen müssen, soweit nicht aus sachlichen Gründen Unterschiede geboten sind (vgl. Haueisen in NJW. 1957 S. 1657 ff. (1660)).

Die Revisionsbegründung ist mithin verspätet.

Die Revision des Klägers mußte daher als unzulässig verworfen werden (§ 169 Satz 2 SGG). Es konnte dahingestellt bleiben, ob sie auch noch aus anderen Gründen unzulässig ist.

Dieser Beschluß ergeht gemäß § 169 Satz 3 SGG, die Kostenentscheidung in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 134

NJW 1958, 119

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