Leitsatz (amtlich)

1. Das Landesrecht kann die Fähigkeit, am Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit beteiligt zu sein, nur solchen Behörden nach SGG § 70 Nr 3 zuerkennen, die der Landesgesetzgebung unterliegen. Mangels eines entsprechenden bundesrechtlichen Regelung ist nur die Bundesrepublik Deutschland - nicht die sie vertretende Behörde - fähig, am Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit beteiligt zu sein.

2. Das Gericht, an das die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen worden ist, ist bei seiner Entscheidung an die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts nur insoweit gebunden, als sie der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist.

3. GG Art 87 Abs 2 über die Bundesunmittelbarkeit sozialer Versicherungsträger ist durch das BVAG (§ 2 Abs 1 S 1) nicht authentisch interpretiert worden; das BVAG hat vielmehr den verfassungsmäßigen Begriff der bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträger unverändert übernommen.

 

Leitsatz (redaktionell)

Es ist bedeutungslos, ob eine Beiladung nach SGG § 75 Abs 1 oder Abs 2 erfolgt, da der Beigeladene auf jeden Fall alle Rechte nach SGG § 75 Abs 4 S 1 wahrnehmen und insbesondere Rechtsmittel einlegen kann (vergleiche BSG 1958-12-04 3 RK 7/58 = BSGE 8, 291-298, 292). "Abweichende Sachanträge" kann er zwar nur dann stellen, wenn die Beiladung notwendig war (SGG § 75 Abs 4 S 2). Wenn aber ein Beigeladener den gleichen Sachantrag wie der Kläger stellt und nach der Sach- und Rechtslage auch kein anderer für ihn in Betracht kommt, so ist es für die prozessuale Stellung des Beigeladenen bedeutungslos, ob er Beigeladener nach SGG § 75 Abs 1 oder Abs 2 ist.

 

Normenkette

SGG § 70 Nr. 3 Fassung: 1953-09-03, § 75 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, Abs. 2 Fassung: 1953-09-03, Abs. 4 S. 1 Fassung: 1953-09-03, S. 2 Fassung: 1953-09-03, § 170 Abs. 4 Fassung: 1953-09-03; GG Art. 87 Abs. 2 Fassung: 1949-05-23; BVAG § 2 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1956-05-09

 

Tenor

Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. September 1957 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Revision im angefochtenen Urteil nicht zugelassen. Die Revision wäre daher nur statthaft, wenn ein wesentlicher Mangel des Verfahrens des LSG gerügt worden wäre (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Keine der vorgebrachten Revisionsrügen greift jedoch durch.

1. Die Revision erblickt einen wesentlichen Mangel des Verfahrens des LSG darin, daß das Bundesversicherungsamt vom LSG nach § 75 Abs. 1 SGG beigeladen worden ist, obwohl ein Fall der notwendigen Beiladung (§ 75 Abs. 2 SGG) vorgelegen habe. Für die Frage, welche Rechte ein Beigeladener hat, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob diese Rechtsstellung davon abhängt, auf welche Vorschrift die Beiladung gestützt worden ist, oder ob sie sich nicht vielmehr danach richtet, welche Voraussetzungen für eine Beiladung - § 75 Abs. 1 Satz 1 SGG oder § 75 Abs. 2 SGG - vorgelegen haben. Selbst wenn man annehmen wollte, daß es für die Rechtsstellung des Beigeladenen auf die Begründung des Beiladungsbeschlusses ankommt und daß das LSG in diesem Fall die Beiladung zu Unrecht auf § 75 Abs. 1 Satz 1 SGG gestützt hätte, wäre das beigeladene Bundesversicherungsamt nicht beschwert; denn auf jeden Fall kann der Beigeladene alle Rechte nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGG wahrnehmen, insbesondere Rechtsmittel einlegen (BSG 8, 291, 292). "Abweichende Sachanträge" kann er zwar nur stellen, wenn die Beiladung notwendig war (§ 75 Abs. 4 Satz 2 SGG). Wenn aber - wie im vorliegenden Fall, in dem um die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts des beklagten Arbeitsministers gestritten wird - ein Beigeladener den gleichen Sachantrag wie der Kläger stellt und nach der Sach- und Rechtslage für ihn auch kein anderer in Betracht kommt - im vorliegenden Fall: Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsakts -, so ist es für die prozessuale Stellung des Beigeladenen bedeutungslos, ob er Beigeladener nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 75 SGG ist.

Im übrigen hat das LSG zu Recht die Beiladung auf § 75 Abs. 1 SGG gestützt. Notwendig wäre die Beiladung nur dann gewesen, wenn die Bundesrepublik Deutschland an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt wäre, daß die Entscheidung auch ihr gegenüber nur einheitlich ergehen könnte (§ 75 Abs. 2 SGG). Das wäre dann der Fall, wenn die Entscheidung über das streitige Rechtsverhältnis zugleich in ihre Rechtssphäre unmittelbar eingreifen würde (BSG, Urteil vom 29. Januar 1960 in SozR SGG § 75 Bl. Da 5 Nr. 17). Streitgegenstand ist aber allein die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts des beklagten Landesarbeitsministers über die Errichtung eines Verwaltungsgebäudes. Hierfür ist zwar als Vorfrage von Bedeutung, ob die klagende Betriebskrankenkasse ein landesunmittelbarer oder bundesunmittelbarer Versicherungsträger ist. Insofern - nämlich in der Frage, wer die Aufsicht über diesen Versicherungsträger führt - werden auch die berechtigten Interessen der Bundesrepublik Deutschland durch die Entscheidung dieses Rechtsstreits berührte. Da die Beurteilung der Vorfrage durch das erkennende Gericht aber nicht an der Rechtskraftwirkung teilnimmt, wird durch die Entscheidung nicht in das Aufsichtsverhältnis der klagenden Krankenkasse zu ihrer Aufsichtsbehörde eingegriffen. Zu Recht hat daher das LSG die Beiladung auf § 75 Abs. 1 Satz 1 SGG gestützt.

Indessen ist in diesem Zusammenhang klarzustellen, daß nicht das Bundesversicherungsamt, sondern die von diesem vertretene Bundesrepublik Deutschland beigeladen ist. Behörden erkennt das SGG (§ 70 Nr. 3) die Fähigkeit, am Verfahren beteiligt zu sein, nur zu, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Das Land Nordrhein-Westfalen hat zwar die Behörden schlechthin für fähig erklärt, am Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit im Sinne des § 70 SGG beteiligt zu sein (Gesetz vom 29. November 1955 - GVBl NRW S. 230). Doch kann sich dies nur auf Behörden beziehen, die der Landesgesetzgebung unterliegen, weil das Organisationsrecht der Bundesregierung zur Bestimmung der Stellen, die die Bundesregierung vor den Gerichten zu vertreten haben, durch eine landesrechtliche Regelung nicht eingeschränkt werden kann (Köhler, Verwaltungsgerichtsordnung -VGO- Anm. V 5 zu § 61, der bezüglich der Nr. 3 mit § 70 Nr. 3 SGG übereinstimmt; vgl. auch Peters/Sautter/Wolff, SGG Stand: Mai 1961 mit dem Hinweis auf die Entstehungsgeschichte in Anm. 4 c zu § 70; a.A. Hastler/Rohwer-Kahlmann/Schroeder/Printzen, SGG Stand: November 1959 § 70 Anm. 10). Demnach ist nur die Bundesrepublik Deutschland selbst, nicht die sie vertretende Behörde fähig, am Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit beteiligt zu sein, wie dies § 75 Abs. 1 Satz 2 SGG auch für den dort behandelten Fall der Beiladung ausdrücklich vorsieht.

Da aber im vorliegenden Fall die zur Vertretung der beizuladenden Bundesrepublik berufene Behörde (vgl. §§ 2 Abs. 1, 12 des Bundesversicherungsamtsgesetzes -BVAG- vom 9. Mai 1956 [BGBl I S. 415] i.V.m. der Bekanntmachung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung -BMA- vom 21. Februar 1957 [BABl S. 234]) beigeladen ist, hat der Fehler in der Beiladung keine verfahrensrechtlichen Wirkungen. Die Bezeichnung der wirklichen Beteiligten ist jedoch vom Revisionsgericht - wie geschehen - richtigzustellen.

2. Die Revision macht weiterhin geltend, das LSG habe zu Unrecht seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde gelegt, die dieses in seinem den Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisenden Urteil zum Begriff des "bundesunmittelbaren" Sozialversicherungsträgers zum Ausdruck gebracht habe. Auch diese Rüge, § 170 Abs. 4 SGG sei verkannt worden, greift nicht durch.

Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß auch bei den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit die Bindung an die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts nur insoweit eintritt, als diese der Aufhebung zugrunde liegt. Zwar bringt dies § 170 Abs. 4 SGG nicht so klar zum Ausdruck wie § 565 Abs. 2 Zivilprozeßordnung (ZPO). Indessen kann dieser Unterschied in der Wortfassung nicht zu einer anderen Beurteilung der Bindung des Untergerichts an die Entscheidung des Revisionsgerichts führen. Wie im Zivilprozeß ist auch im Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit der Sinn der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht darin zu sehen, daß dieses die vom Revisionsgericht gerügten Fehler, die zur Aufhebung geführt haben, nicht wiederholen darf, daß es aber im übrigen in seiner Entscheidung frei sein soll (vgl. BGHZ 3 S. 321, 326). Nur eine klare Grenzziehung zwischen den tragenden Gründen der Entscheidung des Revisionsgerichts und der rechtlichen Beurteilung im übrigen ermöglicht es dem Berufungsgericht, dieser doppelten Aufgabenstellung gerecht zu werden. Deshalb beschränkt sich auch im Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit - nicht anders als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, für das die Regelung des § 170 Abs. 4 SGG fast unverändert in § 144 Abs. 6 VGO übernommen wurde (vgl. Koehler, VGO § 144 Anm. IX 3 a; Eyermann-Fröhler, VGO § 144 Anm. 4 a; Klinger, VGO § 144 Anm. E 3) - die Bindung des Untergerichts auf die der Aufhebung der Vorentscheidung zugrunde liegende rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts (im Ergebnis ebenso: Peters/Sautter/Wolff, SGG Stand: Mai 1961, § 170 Anm. 5; Brackmann, Handbuch der Sozialvers. Stand: Februar 1961 Bd. 1 S. 252 f).

Das LSG hat sich in dem dargelegten Sinn auch nur insofern an die rechtliche Beurteilung des Bundessozialgerichts (BSG) gehalten, als diese der Aufhebung der Vorentscheidung zugrunde liegt. Tragende Gründe der Aufhebung waren die Feststellung der Nichtigkeit des Erlasses des BMA vom 6. Dezember 1949 - Übertragung der Dienstaufsicht über die bundesunmittelbaren Versicherungsträger auf die Länder - und die weitere Feststellung, daß die klagende Betriebskrankenkasse, falls das für den Begriff der Bundesunmittelbarkeit in Art. 87 Abs. 2 Grundgesetz (GG) verwandte Abgrenzungsmerkmal des "Zuständigkeitsbereichs" rein territorial zu verstehen sei, nicht schon deswegen bundesunmittelbar sei, weil sich ihr Zuständigkeitsbereich auf Betriebe in den Ländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz erstrecke, daß es vielmehr darauf ankomme, ob nicht bloß eine für die Frage der Bundesunmittelbarkeit unwesentliche, weil nur verhältnismäßig geringfügige "Grenzüberschreitung" vorliege. Offengelassen hatte das BSG - entgegen der Auffassung der Revision - die Frage, ob der Begriff des Zuständigkeitsbereichs in Art. 87 Abs. 2 GG territorial oder funktionell zu verstehen sei, wobei die "funktionelle" Betrachtungsweise auf den bestimmungsgemäßen Aufgabenbereich des Versicherungsträgers abstellt. Das LSG hat die sich hieraus ergebende Abgrenzung zwischen seiner Bindung an die rechtliche Beurteilung des BSG und seiner Entscheidungsfreiheit zutreffend gesehen und beachtet. Es hat sich für die funktionelle Betrachtungsweise bei der Auslegung des Art. 87 Abs. 2 GG entschieden und nur im Rahmen einer sich auf den Standpunkt der Territorialtheorie stellenden Hilfserwägung nunmehr aber unter Beachtung seiner bedingten Bindung geprüft, ob sich das Hinübergreifen des Zuständigkeitsbereiches der klagenden Krankenkasse auf zwei kleine Betriebe im Lande Rheinland-Pfalz als verhältnismäßig geringfügige Grenzüberschreitung darstellt.

Mit Recht hat das LSG seine bedingte Bindung zur Frage der "Grenzüberschreitung" nicht als durch das Inkrafttreten des BVAG überholt angesehen. Die Bindung an die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts wird nur hinfällig, wenn das untere Gericht einen anderen Rechtssatz als den vom Revisionsgericht als verletzt angesehenen anzuwenden hat (vgl. Stein/Jonas/Schönke/Pohle, ZPO 18. Aufl. § 565 Anm. II 2; Klinger, VGO § 144 Anm. E 3 mit weiteren Hinweisen). Zutreffend ist das LSG aber davon ausgegangen, daß die für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgebliche Rechtslage durch das BVAG überhaupt nicht berührt wurde, weil es bei einer Klage auf Aufhebung eines Verwaltungsakts - jedenfalls dann, wenn er wie im vorliegenden Falle bereits "abgeschlossen" ist (vgl. dazu BSG 7, 129, 135) - nur auf die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ankommt. Ebenso trifft die weitere Erwägung des LSG zu, daß das BVAG den durch Art. 87 Abs. 2 GG bestimmten Rechtsbegriff der bundesunmittelbaren sozialen Versicherungsträger nur übernommen hat, und zwar wörtlich (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 BVAG). Schon deshalb fehlt es - entgegen der Auffassung der Revision - an einer authentischen Interpretation des in Art. 87 Abs. 2 GG festgelegten Begriffs des bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträgers durch das BVAG. Im übrigen hätte das BVAG als einfaches Bundesgesetz eine Begriffsbestimmung des GG auch nicht authentisch interpretieren können; denn in Wahrheit stellt die Legalinterpretation nicht Auslegung, sondern Rechtssetzung dar, nur mit der Besonderheit, daß das neue, ergänzende Recht so gelten soll, als wäre sein Inhalt schon in dem ausgelegten Gesetz enthalten gewesen, - mit der Folge, daß die Legalinterpretation mit rückwirkender Kraft bindend ist (Enneccerus/Nipperdey, Allg. Teil des Bürgerlichen Rechts 15. Aufl. Bd. 1 § 53 Abs. II S. 323). Demnach kann eine Vorschrift des GG nur unter den Voraussetzungen, die für eine Änderung des GG gelten, nicht aber durch einfaches Bundesgesetz authentisch interpretiert werden.

Zusammenfassend ist somit festzustellen, daß das LSG seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts in dem durch § 170 Abs. 4 SGG gebotenen Umfange zugrunde gelegt hat.

3. Weiterhin rügt die Revision als Mangel des Verfahrens des LSG, daß das LSG bei der Prüfung der Frage, welchen Zuständigkeitsbereich die klagende Krankenkasse im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Verwaltungsakts - 10. Februar 1950 - gehabt habe, auf einen Gliederungsplan der Stadtverwaltung Köln hingewiesen habe, der nach Auskunft der Klägerin nach dem Stande vom 1. Dezember 1955 aufgestellt worden sei; es sei nicht festzustellen, daß diese Auskunft Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sei.

Soweit hiermit die Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend gemacht wird (§ 62, insbesondere aber § 128 Abs. 2 SGG), ist dem entgegenzuhalten, daß die Auskunft der klagenden Krankenkasse vom 22. August 1957 ausweislich der Akten auch dem Bundesversicherungsamt abschriftlich übersandt worden ist. Damit war diesem ausreichend Gelegenheit gegeben, sich zu äußern (vgl. § 128 Abs. 2 SGG).

Vor allem will die Revision mit ihrer Rüge wohl geltend machen, daß das LSG sich für eine das Jahr 1950 betreffende Feststellung auf ein ungeeignetes Beweismittel, nämlich einen Verwaltungsgliederungsplan aus dem Jahre 1955, gestützt habe. Auch diese Rüge greift nicht durch. Das LSG hat seine Auffassung, daß die Ausdehnung des Zuständigkeitsbereichs der klagenden Krankenkasse über die Grenzen des Landes Nordrhein-Westfalen hinaus im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Verwaltungsakts nur geringfügig gewesen sei und daher eine Bundesunmittelbarkeit der klagenden Krankenkasse nicht habe begründen können, auf folgende Feststellungen gestützt: 1. Im fraglichen Zeitpunkt (1950) war die Klägerin nur für zwei Betriebe außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen-ein Ausweichkrankenhaus und eine Kinderheilstätte - zuständig; 2. in diesen Betrieben waren 44 Versicherte beschäftigt, während die Klägerin zur gleichen Zeit einen Mitgliederbestand von 16178 Versicherten hatte. Hieraus hat das LSG, ohne die Grenzen seines Rechts der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 SGG) zu verletzen, den Schluß gezogen, daß der Zuständigkeitsbereich der Klägerin die Grenzen des Landes Nordrhein-Westfalen nur verhältnismäßig geringfügig überschritten habe. Nur ergänzend hat das LSG dieser Feststellung eine Hilfsbetrachtung angefügt, die auf die Zahl der Betriebe - statt der Zahl der Versicherten - abstellt: Auch diese Prüfung führe zu demselben Ergebnis, weil von den weit über 200 Dienststellen der Stadtverwaltung Köln nur 2 außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen gelegen hätten.

Selbst wenn dem LSG bei dieser hilfsweise angestellten Prüfung ein Verfahrensmangel unterlaufen wäre, könnte er nicht als wesentlich angesehen werden; denn das Urteil wird auf jeden Fall bereits von einer verfahrensrechtlich einwandfreien Feststellung getragen, so daß der Mangel das Urteil nicht berühren würde. Es kann daher auf sich beruhen, ob das LSG, das offenbar davon ausgegangen ist, daß die Zahl der Dienststellen der Stadtverwaltung Köln am 1. Dezember 1955 sich nicht wesentlich von der des Jahres 1950 unterschieden habe, mit einer solchen Annahme die Grenzen des Rechts der freien Beweiswürdigung verletzt hatte.

4. Die weiteren Angriffe der Revision richten sich gegen die sachrechtliche Auffassung des LSG zu der Frage, welche Merkmale für die Bundesunmittelbarkeit eines sozialen Versicherungsträgers bestimmend sind. Da die Revision nicht statthaft ist, kann das Revisionsgericht diese Rechtsauffassung des LSG - insbesondere dessen Meinung, daß der Begriff des Zuständigkeitsbereichs nach Art. 87 Abs. 2 GG funktionell zu verstehen sei - nicht überprüfen.

Demnach ist die Revision als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 127

NJW 1962, 223

MDR 1962, 82

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