Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 17.11.2017; Aktenzeichen L 13 VG 28/16)

SG Duisburg (Entscheidung vom 30.03.2016; Aktenzeichen S 51 VG 44/15)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. November 2017 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Klägerin begehrt die Erstattung der Anschaffungskosten für einen Assistenzhund als Teil der ihr zustehenden Leistungen der Opferentschädigung.

Bei der Klägerin sind eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) sowie eine dissoziative Störung als Schädigungsfolgen im Sinne des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) anerkannt. Sie bezieht deshalb vom Beklagten laufende Leistungen der Opferentschädigung, darunter eine Rente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 50.

Dagegen lehnte der Beklagte die von der Klägerin beantragte Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines sog Assistenzhundes mangels Rechtsgrundlage ab (Bescheid vom 29.1.2015, Widerspruchsbescheid vom 3.9.2015).

Die Klägerin machte daraufhin erfolglos beim SG einen Anspruch auf Erstattung der von ihr inzwischen bezahlten Anschaffungskosten für einen Assistenzhund in Höhe von 19 260 Euro geltend (Urteil vom 30.3.2016).

Das LSG hat den Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung ebenfalls verneint. Es sei insbesondere nicht ersichtlich, dass sie einen ausgebildeten Assistenzhund für ihre PTBS benötige, um sich einen gewissen körperlichen und geistigen Freiraum insbesondere durch Mobilität im Nahbereich zu erschließen (Urteil vom 17.11.2017).

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Das Berufungsgericht habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil die allein behauptete grundsätzliche Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich weder tragend entschieden noch präjudiziert ist und die Antwort nicht von vornherein praktisch außer Zweifel steht, so gut wie unbestritten ist oder sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Um die Klärungsbedürftigkeit ordnungsgemäß darzulegen, muss sich der Beschwerdeführer daher ua mit Wortlaut, Kontext und ggf der Entstehungsgeschichte des fraglichen Gesetzes sowie der einschlägigen Rechtsprechung auseinandersetzen (Senatsbeschluss vom 21.8.2017 - B 9 SB 11/17 B - Juris RdNr 9 mwN).

Diese Anforderungen verfehlt die Beschwerdebegründung. Sie hält es für klärungsbedürftig, ob nach den Vorschriften des OEG iVm dem BVG und § 33 SGB V ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anschaffung eines Assistenzhundes besteht. Indes versäumt die Klägerin es darzulegen, warum sich diese Rechtsfrage in ihrem Fall überhaupt stellen sollte. Wie das LSG ausgeführt hat, kann ein Assistenzhund bei der Klägerin aus tatsächlichen Gründen nicht als erforderliches Hilfsmittel gemäß § 33 Abs 1 S 1 SGB V angesehen werden, das die Klägerin als Teil der ihr zustehenden Beschädigtenversorgung beanspruchen könnte. Denn das Berufungsgericht hat nicht feststellen können, dass die Klägerin einen ausgebildeten Assistenzhund wegen ihrer PTBS als Hilfsmittel benötigt, um selbstständig zu wohnen und sich einen gewissen körperlichen und geistigen Freiraum, insbesondere durch Mobilität im Nahbereich, zu erschließen (zu dieser Voraussetzung vgl BSG Urteil vom 25.2.2015 - B 3 KR 13/13 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 44 RdNr 21). Diese tatsächlichen Feststellungen binden den Senat nach § 163 SGG, weil die Klägerin dagegen keine Verfahrensrügen erhoben hat. Mit ihren Einwänden zur Bedeutung des Hundes für ihre Lebensführung, die den Kern ihrer Beschwerde bilden, kann die Klägerin daher nicht durchdringen. Soweit sie sich im Übrigen gegen die Beweiswürdigung des LSG wendet, übersieht sie, dass diese nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG der Beurteilung durch das Revisionsgericht vollständig entzogen ist. Kraft der darin enthaltenen ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung kann die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar angegriffen werden (Senatsbeschluss vom 23.5.2017 - B 9 SB 76/16 B - Juris RdNr 9 mwN). Mit der weiteren ausführlichen rechtlichen Argumentation des LSG gegen einen Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung setzt sich die Beschwerde überhaupt nicht auseinander.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat daher ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI12076544

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