Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 25.11.1992; Aktenzeichen L 3 U 16/92)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. November 1992 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der Kläger ist mit seinem Begehren auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen eines am 4. Januar 1989 erlittenen Jagdunfalls ohne Erfolg geblieben (Bescheid vom 25. Februar 1991 und Widerspruchsbescheid vom 9. April 1991; Urteile des Sozialgerichts vom 22. Januar 1992 und des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 25. November 1992). Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der Kläger weder abhängig Beschäftigter (§ 539 Abs 1 Nr 1 der Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫) noch wie ein solcher beschäftigt gewesen sei (§ 539 Abs 2 RVO), sondern den Unfall als Jagdgast erlitten habe und deshalb gemäß § 542 Nr 3 RVO versicherungsfrei gewesen sei.

Mit der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫) geltend. Außerdem rügt er eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG.

Die Beschwerde ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 SGG festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erfordern diese Vorschriften, daß die Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47 und 58; vgl auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 1991, IX RdNrn 177 und 179 mwN). Daran fehlt es der Beschwerde.

1. Eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann ausreichend begründet, wenn erklärt wird, mit welchem genau bestimmten, entscheidungserheblichen Rechtssatz das angegriffene Urteil des LSG von welcher genau bestimmten rechtlichen Aussage des BSG oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 21, 29 und 54). Dazu reicht es nicht aus, daß die Unrichtigkeit der Entscheidung betreffend den Einzelfall dargetan wird; entscheidend ist die Darlegung der Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen, in der abstrakten Aussage (Krasney/Udsching, aaO, IX RdNr 196). Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht hinreichend dargetan. In der von ihm angezogenen Entscheidung vom 27. Juni 1969 (SozR Nr 1 zu § 542 RVO) hat der Senat entschieden, „daß der begehrte Versicherungsschutz nicht daraus herzuleiten sei, daß sich der Unfall auf dem Rückweg des Klägers von einer Jagd auf Schwarzwild ereignet habe, welche der dringend notwendigen Dezimierung eines im Revier stark angewachsenen Schwarzwildbestandes gedient und deshalb für den Kläger keinen Raum zur Betätigung seiner privaten jagdsportlichen Neigung gelassen habe. Das LSG hat zutreffend verneint, daß nach dem vom Kläger selbst geschilderten Verlauf dieser Jagd auf das Schwarzwild irgendwelche Anstalten getroffen worden seien, die sich aus einer iS des § 27 BundesjagdG vom 30. März 1961 (BGBl I 304) bestehenden Notwendigkeit für einen alsbaldigen erhöhten Wildabschuß ergeben hätten. Ohne Rechtsirrtum hat daher das LSG in dieser Jagdausübung, die am Abend des 1. August 1964 vom Hochsitz aus durchgeführt worden ist, lediglich eine Maßnahme erblickt, die eine nach § 21 BundesjagdG zur Wahrung des allgemeinen landwirtschaftlichen Interesses am Abschuß dieser Wildart durchgeführte Jagd darstellte”. Diese Umstände hatten nach Auffassung des Senats in der angezogenen Entscheidung keinen Zweifel daran gelassen, „daß der seit Jahrzehnten als Gastjäger dem Weidwerk nachgehende Kläger aus Freude und Vergnügen auch am Abend des 1. August 1964 an der Schwarzwildjagd teilgenommen hat”. Diesen Ausführungen des Senats ist hingegen der vom Kläger aufgestellte Rechtssatz: „Handelt es sich um die auf § 27 BundesjagdG beruhende Notwendigkeit für einen alsbaldigen erhöhten Wildabschuß, dann kann der Versicherungsschutz nicht versagt werden; § 542 Nr 3 RVO findet keine Anwendung”, von dem das LSG abgewichen sein soll, nicht zu entnehmen.

Soweit den Ausführungen des Klägers auch eine Abweichung von der Entscheidung des BSG vom 30. April 1971 (SozR Nr 3 zu § 542 RVO) zu entnehmen ist, fehlt es an der Bezeichnung eines abweichenden abstrakten Rechtssatzes. Ob das LSG im übrigen die auch in dieser Entscheidung entwickelten Grundsätze unzutreffend angewandt und dadurch den Rechtsstreit – wie der Kläger offensichtlich meint – falsch entschieden hat, eröffnet entgegen seiner Ansicht nicht die Zulassung der Revision (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7; Krasney/Udsching, aaO, IX RdNr 196).

2. Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. In der Beschwerdebegründung muß nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden. Grundsätzliche Bedeutung hat das angestrebte Revisionsverfahren nur, wenn der Rechtsstreit sich in seiner Bedeutung nicht in diesem Einzelfall erschöpft, sondern dazu dienen kann, die Rechtseinheit zu wahren oder die Entwicklung des Rechts zu fördern. Das ist dann der Fall, wenn die für grundsätzlich gehaltene Rechtsfrage klärungsbedürftig ist (Krasney/Udsching, aaO, IX RdNr 63 mwN). Dies hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Nach den auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) diente die Jagdtätigkeit des Klägers in erster Linie der Befriedigung seiner Jagdleidenschaft und gehörte daher in den Bereich seiner Privatsphäre. Nach den weiteren Feststellungen des LSG „durfte” der Kläger die Jagdtätigkeit aufgrund der vom Jagdpächter erteilten Jagderlaubnis ausführen, war hierzu jedoch nicht verpflichtet. Sie war also für den Kläger eine erwünschte Betätigung, auch wenn sie dem Interesse des Jagdpächters an der Erfüllung des Abschußsolls diente. Entsprechend diesen Feststellungen kommt es auf die vom Kläger für grundsätzlich bedeutsam angesehene Frage: „Kann von einer privaten, der Liebhaberei bzw der Freude an der Jagd dienenden Tätigkeit gesprochen werden, wenn der Abschußberechtigte am Unfalltag ausschließlich im Auftrag des Jagdausübungsberechtigten (Jagdpächters) tätig wird, um aufgrund einer besonderen Anordnung der zuständigen Behörde bzw aufgrund eines fristgebundenen Rehabschußplanes den Wildbestand in dem erforderlichen Umfang zu reduzieren? Kann diesem „Abschußbeauftragten” der Versicherungsschutz nach § 539 Abs 2 RVO versagt werden?” nicht an.

Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1173473

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