Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 19.08.2020, Az. 8 O 208/19, unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert wird für den Berufungsrechtszug auf die Wertstufe bis 65.000,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrages, der zur Finanzierung eines Fahrzeugkaufs geschlossen wurde.

Am 15.09.2016 unterzeichnete der Kläger einen Darlehensantrag über einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von 51.607,10 Euro zu einem über die gesamte Vertragsdauer gebundenen Sollzinssatz von 1,66 % p. a. über eine Laufzeit von 48 Monaten. Das Darlehen diente der Finanzierung des Kaufpreises für den privatnützigen Erwerb eines Mercedes Benz V 250, wobei die Darlehensvaluta vereinbarungsgemäß an die Verkäuferin ausgezahlt werden sollte und auch wurde.

Wegen der weiteren Einzelheiten, auch hinsichtlich der Darlehensbedingungen, wird auf den Darlehensvertrag (Anlage K 1, Bl. 17 ff. d. A.) Bezug genommen.

Ebenfalls am 15.09.2016 unterzeichnete der Kläger sowie die F... Automobil GmbH, die Verkäuferin des finanzierten Fahrzeugkaufs, eine Vereinbarung über ein sog. "verbrieftes Rückgaberecht". Wegen der Einzelheiten dieser Vereinbarung wird auf Bl. 24 d.A. Bezug genommen.

Nach Auszahlung des Darlehens erklärte der Kläger mit Schreiben vom 30.01.2019 den Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung. Die Beklagte akzeptierte den Widerruf nicht und verwies auf den Ablauf der Widerrufsfrist.

Mit seiner Klage hat der Kläger zunächst beantragt festzustellen, dass er ab seiner Widerrufserklärung aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag weder Zins- noch Tilgungsleistungen schulde (Antrag zu 1). Ferner hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde (Antrag zu 2). Und schließlich hat der Kläger die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten begehrt, hilfsweise die Freistellung des Klägers von diesbezüglichen Forderungen seiner Prozessbevollmächtigten (Antrag zu 3).

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Widerruf sei wirksam. Die Widerrufsfrist habe nicht zu laufen begonnen, weil verschiedene Pflichtangaben nach § 356b Abs. 2 S. 1 BGB a.F. i. V. m. § 492 Abs. 2 BGB a.F., Art. 247 §§ 6 - 13 EGBGB a.F. in der Vertragsurkunde nicht enthalten bzw. - wie insbesondere die Widerrufsinformation - fehlerhaft seien.

Die Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts gerügt und in der Sache im Wesentlichen vorgetragen, der Widerruf sei verfristet, denn sie habe die Widerrufsinformation sowie die anderen erforderlichen Pflichtangaben ordnungsgemäß erteilt. Für den Fall des Erfolgs der Klage hat die Beklagte hilfswiderklagend die Feststellung der Wertersatzpflicht des Klägers sowie die Feststellung der klägerischen Verpflichtung zur Zahlung eines Nutzungsersatzes für den jeweils offenen Darlehenssaldo begehrt.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 19.08.2020, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen nach § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, festgestellt, dass der Kläger nach Widerruf aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag weder Zins- noch Tilgungsleistungen schulde (Tenor zu 1) und die Beklagte zudem zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt (Tenor zu 2). Auf die Hilfswiderklage hat das Landgericht festgestellt, dass der Kläger verpflichtet sei, an die Beklagte Wertersatz zu leisten, soweit der Wertverlust auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und Funktionsweise des Fahrzeugs nicht notwendig war (Tenor zu 4). Im Übrigen hat das Landgericht Klage und Hilfswiderklage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Klage bereits unzulässig sei, soweit Feststellung des Annahmeverzugs begehrt werde, weil der Annahmeverzug kein zulässiger Gegenstand einer isolierten, nicht mit einem Antrag auf Verurteilung zu einer Zug-um-Zug-Leistung verbundenen, Feststellungsklage sei. Im Übrigen sei die Klage zulässig und begründet. Der Kläger habe seine Vertragserklärung noch im Jahre 2019 widerrufen können, weil der Vertrag nicht die nach Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB anzugebende, zutreffende Berechnungsmethode des Anspruchs auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung enthalte. Die hilfsweise für den Fall des Erfolgs der Klage erhobene Hilfswiderklage sei mit dem Antrag zu 1) bei der gebotenen Auslegung, dass sich der Feststellungsantrag allein auf die Feststellung einer dem Grund...

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