Entscheidungsstichwort (Thema)

Verkehrssicherungspflichtverletzung: Schadenersatz- und Schmerzensgeldanspruch wegen eines Sturzes des Teilnehmers eines Stuntworkshops

 

Normenkette

BGB § 253 Abs. 2, §§ 254, 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 26.08.2010; Aktenzeichen 12 O 475/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 26.8.2010 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Potsdam - 12 O 475/09 - teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld i.H.v. 20.000 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 8.1.2010 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 320,42 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 8.1.2010 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche weiteren der Klägerin zukünftig noch entstehenden materiellen und immateriellen Schäden zu tragen, insbesondere auch Kosten von ärztlichen und nichtärztlichen Behandlungen und Medikamenten, soweit diese Folge des Unfalls auf dem Gelände des Filmstudios ... während des von der Beklagten veranstalteten Stuntmen-Workshops vom 30.8.2008 sind und diese nicht auf Dritte übergehen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.419,19 EUR an die Rechtsschutzversicherung der Klägerin, die J ... AG,..., zur Rechtsschutzversicherungsnummer 4.18.200000232 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 58 %, die Beklagte 42 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Ansprüche wegen eines Sturzes der Klägerin von einem fahrenden Pkw, der sich im Rahmen eines von der Beklagten veranstalteten Stuntworkshops am 30.8.2008 im Filmpark ... zugetragen hat.

Die Beklagte betreibt entgeltliche Workshops, um Interessierten einen Einblick in die Arbeitswelt der Stuntmen zu verschaffen. Bei diesen Workshops können Laien Stuntübungen unter professioneller Anleitung von Stuntmen ausführen.

Die 1973 geborene Klägerin wollte aufgrund eines ihr zugewendeten Geschenkgutscheins (Bl. 13 d.A.) an dem Wochenende vom 30. bis zum 31.8.2008 an einem Programm der Beklagten zur Absolvierung von Stuntübungen im Filmpark ... teilnehmen.

Die Klägerin unterzeichnete am 30.8.2008 vor der Kursteilnahme eine mit "Haftungsausschluss" überschriebene Erklärung (Blatt 19 d.A.) folgenden Inhalts:

Die Teilnahme am Stuntworkshop verlangt gute körperliche sowie geistige Voraussetzungen. Die Teilnahme am Warm Up ist obligatorisch. Bitte teilen Sie uns unbedingt vor Antritt des Workshops mit, wenn Sie sich nicht fit fühlen, krank sind oder nicht ausgeheilte, akute bzw. alte Verletzungen haben. Das Gleiche gilt für Platzangst und Höhenangst. Folgen Sie immer den Anweisungen der Coaches. Beachten Sie bitte, dass i.d.R. die Übungen in Kulissen, Spielstätten durchgeführt werden, die nicht beschädigt werden dürfen. Führen Sie bitte keine eigenmächtigen Übungen durch. Melden Sie bitte unverzüglich Verletzungen, Beschädigungen den Coaches. Während des Workshops sind Sie über die (Beklagte) haftpflicht- sowie unfallversichert. Sollte durch Nichtbeachten/Zuwiderhandlungen obiger Bestimmungen Verletzungen/Beschädigungen auftreten, so kann die (Beklagte) dafür keine Haftung übernehmen.

Die einzelnen Übungen bestanden u.a. aus einer simulierten Schlägerei, einem Absprung von einem sog. Kübelwagen sowie dem Tragen eines brennenden Feueranzugs. Die Teilnehmer konnten dabei die Übungen mehrfach durchführen.

Die Übung, bei der die Kursteilnehmer sich auf der Beifahrerseite an einem anfahrenden "Kübelfahrzeug" - das ist ein Pkw, bei dem die Beifahrertür fehlt - festhalten und bei einem abrupten Abbremsen des Fahrzeugs aus der Türöffnung auf einen Mattenstapel springen und dort eine Vorwärtsrolle durchführen sollen, wurde zunächst durch einen Stuntman vorgeführt. Er trug dabei weder einen Helm noch sonstige Sicherheitsbekleidung. Die Klägerin absolvierte die Fahrt, den Absprung und die Landung auf den Matten jedenfalls zwei bis drei Mal ohne Probleme.

Vor einer weiteren Fahrt wies ein Mitarbeiter der Beklagten die Klägerin darauf hin, dass sie sich weiter vorne auf den Rahmen des Kübelfahrzeugs stellen und ihre Hüf...

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