Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 14. Juni 2019 zum Aktenzeichen 1 O 410/15 wird zurückgewiesen.

2. Die Anschlussberufung der Kläger wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner zu zwei Dritteln und die Beklagte zu einem Drittel.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Potsdam ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 12.204 EUR festgesetzt, von denen 3.560 EUR auf die Berufung der Beklagten entfallen und 8.644 EUR auf die Anschlussberufung der Kläger.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten noch um die Folgen eines - inzwischen unstreitig - wirksamen Widerrufs der auf Abschluss eines grundschuldbesicherten Darlehensvertrages gerichteten klägerischen Willenserklärungen.

Die Kläger schlossen am 31. März 2008 mit der Beklagten im Fernabsatz einen Darlehensvertrag über 100.000 EUR, auszuzahlen am 30. November 2008. Die Laufzeit wurde bis zum Januar 2035 bestimmt, der zu zahlende Zins bis Ende November 2018 auf 4,55 % festgeschrieben. Die dem Vertrag beigegebene Widerrufsbelehrung hat folgenden Inhalt:

((Abbildung))

Die Kläger erklärten am 20. Mai 2018 den Widerruf ihrer Vertragserklärung und lösten das Darlehen am 10. Dezember 2018 durch Zahlung von 74.866,390 EUR ab.

Das Landgericht, auf dessen Urteil im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Beklagte - unter teilweiser Aufhebung des wegen Säumnis der Kläger im Termin vom 4. Oktober 2016 erlassenen Versäumnisurteils - zur Zahlung von 3.562,67 EUR nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen unter Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es weit überwiegend den Klägern auferlegt. Zur Begründung heißt es, soweit hier noch von Interesse: Der Darlehensvertrag sei wirksam und vor allem fristgerecht widerrufen, nachdem die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei und nicht dem gesetzlichen Muster entspreche. In der Folge schulde die Beklagte neben der Herausgabe der durch die Kläger erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen Nutzungsersatz für das ihr so zugeflossene Kapital in Form von Zinsen in Höhe von zweieinhalb Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz. Dem stehe eine richtlinienkonforme Auslegung nicht entgegen, da die Richtlinie 2002/65/EG selbst in Art. 4 Abs. 2 strengere nationale Regelungen ermögliche und damit ersichtlich nicht vollharmonisierend sei. Im Gegenzug schuldeten die Kläger als Darlehensnehmer Herausgabe des überlassenen Kapitals und Wertersatz in Höhe des vereinbarten Zinssatzes, da sie nicht nachgewiesen hätten, dass dieser nicht marktüblich gewesen sei. Diesen Maßstäben entspreche die von der Beklagten als Anlage B40 vorgelegte Abrechnung, nach der die Beklagte den Klägern noch den tenorierten Betrag von 3.562,67 EUR schulde. Die zusätzlich erhobene positive Feststellungsklage der Kläger sei wegen des Vorrangs der Leistungsklage unzulässig gewesen, so dass auch durch die Ablösung des Darlehens keine Erledigung eingetreten sei. Die später erhobene und nach Ablösung für erledigt erklärte negative Feststellungsklage sei zwar zulässig aber unbegründet gewesen; die Berechnung des ihrer Auffassung nach nur noch Geschuldeten sei unrichtig. Die Kosten der übereinstimmend für erledigt erklärten Hilfswiderklage fielen ebenso den Klägern zur Last, da ihre hiervon abweichende Berechnung des wechselseitig Geschuldeten unzutreffend und ihr darauf erklärtes Anerkenntnis kein sofortiges gewesen sei.

Das Urteil ist der Beklagten am 18. Juni 2019 zugestellt worden, die am 20. Juni 2019 Berufung erhoben und diese am 19. Juli 2019 begründet hat. Die Kläger haben innerhalb der ihnen gesetzten Berufungserwiderungsfrist Anschlussberufung mit dem Ziel der weitergehenden Verurteilung der Beklagten erhoben.

Die Beklagte nimmt die Beurteilung hin, der Vertrag sei wirksam widerrufen. Sie ist aber weiterhin der Auffassung, sie schulde lediglich Rückzahlung der an sie erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen, nicht hingegen auch Nutzungsersatz für das ihr so überlassene Kapital. Die solches vorsehende nationale Regelung der §§ 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F., 346 Abs. 1 BGB sei richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass der Darlehensgeber als Anbieter von Finanzdienstleistungen nach Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2002/65/EG nur den Betrag zu erstatten habe, den er von dem Verbraucher vertragsgemäß erhalten hat unter Abzug des nach Absatz 1 der Vorschrift von diesem für die bereits erhaltene Dienstleistung zu Leistenden. Eine andere Leistungspflicht des Anbieters sehe die insoweit - vom nationalen Gesetzgeber anerkannt - vollharmonisierende Richtlinie nicht vor. Der von dem Landgericht angeführte Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie betreffe allein die hier nicht in Rede stehenden Informationsanforderungen. Die richtlinienkonforme Auslegung sei möglich und geboten. In der Folge schulde sie lediglich 2,...

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