Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerrufsrecht des Verbrauchers bei einer Dienstleistung

 

Normenkette

BGB § 312d Abs. 3 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 29.05.2008; Aktenzeichen 12 O 414/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 03.12.2009; Aktenzeichen III ZR 73/09)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 29.5.2008 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Potsdam wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragener Verbraucherschutzverein. Die Beklagte, ein Mobilfunk-Service-Provider-Unternehmen, bietet auf ihrer Internetseite Verbrauchern die Möglichkeit, Mobilfunkverträge mit einer Laufzeit von zwei Jahren abzuschließen. In ihrer Widerrufsbelehrung erklärt die Beklagte u.a.: "Ihr Widerrufsrecht erlischt, wenn E. mit der Ausführung der Dienstleistungen mit Ihrer ausdrücklichen Zustimmung vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hat oder Sie selbst diese veranlasst haben (z.B. durch Nutzung der Mobilfunkleistung")".

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs beim Abschluss von Dauerschuldverhältnissen über die Erbringung von Mobilfunkdienstleistungen hinsichtlich des Widerrufsrechts zu erklären, "Ihr Widerrufsrecht erlischt, wenn E. mit der Ausführung der Dienstleistungen mit Ihrer ausdrücklichen Zustimmung vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hat oder Sie diese selbst veranlasst haben (z.B. durch Nutzung der Mobilfunkleistungen)".

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das LG hat durch Urteil vom 29.5.2008 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung stehe im Einklang mit der einschlägigen Vorschrift des § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB; diese Vorschrift sei nicht teleologisch zu reduzieren.

Der Kläger hat gegen das ihm am 5.6.2008 zugestellte Urteil am 24.6.2008 Berufung eingelegt und diese am 4.8.2008 begründet.

Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

II. Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Dem Kläger steht der gem. §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 UKlaG geltend gemacht Anspruch auf Unterlassung, der sich gegen die Verwendung eines Teils der Widerrufsbelehrung der Beklagten richtet, nicht zu. Der beanstandete Teil erweist sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht als fehlerhafte Information des Beklagten.

1. Der Kläger ist nach §§ 1, 2 Abs. 1 und 2, 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG klagebefugt.

2. Soweit der Kläger die Widerrufsbelehrung der Beklagten beanstandet, entspricht diese, wie das LG richtig erkannt hat, den Vorgaben des § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB. Insofern liegt ein Verstoß gegen eine verbraucherschützende Norm nicht vor.

Die Vorschrift des § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB regelt, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei einer Dienstleistung erlischt, wenn der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hat oder der Verbraucher diese selbst veranlasst hat. Der beanstandete Teil der Widerrufsbelehrung der Beklagten geht über den Wortlaut des § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB nicht hinaus.

3. Dem Kläger könnte nur dann ein Unterlassungsanspruch zustehen, wenn ihm in seiner Auffassung zu folgen wäre, die Vorschrift des § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB sei dahin teleologisch zu reduzieren, dass der Ausschluss des Widerrufsrechts nur bei unteilbaren Dienstleistungen zu gelten habe (bejahend: Wendehorst in: MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 312d BGB, Rz. 56; Thüsing in: Staudinger, BGB (2005), § 312d BGB, Rz. 36; verneinend: Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 312d, Rz. 7a).

a) Die Befürworter einer teleogischen Reduktion, die grundsätzlich zulässig ist (Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., Einl. 49), stützen sich auf folgende Erwägungen:

Im Gegensatz zu den Finanzdienstleistungen, bei denen das Widerrufsrecht erst nach vollständiger Erfüllung erlischt, ist dies bei den sonstigen Dienstleistungen schon vor Ablauf der Widerrufsfrist der Fall, wenn der Unternehmer mit Zustimmung oder auf Veranlassung des Verbrauchers mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen hat. Das darin liegende "Alles-oder-nichts-Prinzip" erscheine re...

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