Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenfestsetzung zugunsten einer nicht existenten Partei

 

Normenkette

ZPO §§ 91, 103-104

 

Verfahrensgang

LG Cottbus (Aktenzeichen 4 O 292/00)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Cottbus vom 21.6.2001 – 4 O 292/00 – aufgehoben.

Der Antrag der Verfügungsbeklagten vom 3.1.2001 auf Kostenfestsetzung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Verfügungsbeklagte zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.890 DM festgesetzt.

 

Gründe

I. Das LG Cottbus hat der Verfügungsbeklagten, die – wie sich später herausstellte – keine selbstständige Rechtspersönlichkeit, sondern eine unselbstständige Verkaufsstelle einer im Einzelnen nicht feststehenden Gesellschaft ist, auf Antrag des Verfügungsklägers durch Beschluss vom 11.10.2000 – 4 O 292/00 – im Wege einstweiliger Verfügung untersagt, den Vertrieb einer Telefonnummern-CD vorzunehmen, auf welcher sich auch Anschrift und Nummer des Verfügungsklägers befanden.

Mit Schriftsatz vom 16.11.2000 haben die Rechtsanwälte S. u.a. die Vertretung der Verfügungsbeklagten angezeigt und vorgetragen, diese existiere nicht. Alsdann ist für die Verfügungsbeklagte Widerspruch eingelegt worden. Mit dem am 14.12.2000 verkündeten Urteil hat das LG Cottbus die einstweilige Verfügung wegen Unzulässigkeit des Antrags aufgehoben und dem Verfügungskläger die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Die Verfügungsbeklagte hat unter dem 3.1.2001 Kostenfestsetzung beantragt und zur Begründung ausgeführt, die geltend gemachten Kosten seien tatsächlich entstanden. Die hinter der nicht existenten Verfügungsbeklagten stehende R. e.G. sei zur Zahlung der angefallenen Rechtsanwaltskosten verpflichtet. Für diese sei es dringend erforderlich gewesen, sich gegen die einstweilige Verfügung zur Wehr zu setzen. Die Umsatzsteuer sei zu erstatten, weil die Verfügungsbeklagte als nicht existente Partei nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.

Das LG Cottbus hat die Kosten durch Beschluss vom 21.6.2001 antragsgemäß auf 2.890 DM festgesetzt.

Gegen diesen dem Verfügungskläger am 28.6.2001 zugestellten Beschluss richtet sich seine am selben Tage bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde.

II. Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Cottbus vom 21.6.2001 ist zulässig, §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 577, 567 ZPO.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Die Kostenfestsetzung zugunsten einer nicht existenten Partei verbietet sich im vorliegenden Falle bereits aus der Natur der Sache. Einer solchen „Partei” können keine notwendigen Kosten i.S.v. § 91 ZPO entstehen. Sie kann bereits keinen Rechtsanwalt beauftragen. Dergleichen ist nur dem hinter der „Partei” stehenden Dritten möglich. Eine Kostenfestsetzung würde damit im Ergebnis auf eine Erstreckung der Kostengrundentscheidung zugunsten dieses Dritten hinauslaufen.

Dabei kann es dahinstehen, ob eine solche Erstreckung angezeigt ist, wenn für eine erst im Laufe des Rechtsstreits erloschene juristische Person Kostenfestsetzung begehrt wird (s. dazu BGH v. 29.9.1981 – VI ZR 21/80, GmbHR 1983, 20 = MDR 1982, 220 = NJW 1982, 238) oder wenn die Existenz oder Identität einer Person im Rechtsstreit Gegenstand der Auseinandersetzung gewesen ist. Denn so liegt der Fall hier nicht: Die Verfügungsbeklagte existiert unstreitig nicht und hat auch nie existiert, weswegen der Antrag auf Erlass einer einstweilligen Verfügung nach Durchführung des Rechtfertigungsverfahrens letztlich keinen Erfolg gehabt hat. In einem solchen Fall mag dem hinter der nicht existierenden Partei stehenden Dritten ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Ersatz der ihm entstandenen Kosten zustehen, ein solcher Anspruch ist jedoch der Realisierung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zugänglich. Hierzu müsste der Klageweg beschritten werden, in welchem zuverlässig und erforderlichenfalls unter Anwendung der Mittel des Strengbeweises geklärt werden kann, ob und in welcher Höhe ein Anspruch besteht.

Der Senat folgt nicht der in der Rechtsprechung vertretenen Meinung (z.B. OLG Koblenz, Beschl. v. 15.5.2001 – 14 W 332/01; OLG Köln, Beschl. v. 21.2.2001 – 17 W 69/01), es sei die nicht existente Partei als fiktiver gebührenrechtlicher Auftraggeber anzusehen, die Frage der Notwendigkeit der ausgelösten Kosten habe sich im Ergebnis an der natürlichen, den Rechtsanwalt mandatierenden Person, dem Dritten, zu orientieren. Diese Ansicht ist bereits mit Sinn und Zweck des Kostenfestsetzungsverfahrens nicht in Einklang zu bringen. Dieses sich dem Rechtsstreit gewissermaßen als Appendix anschließende Verfahren ist in der ZPO bewusst einfach ausgestaltet worden; es soll freigehalten werden von umfangreichen materiell-rechtlichen Prüfungen. Dementsprechend wird z.B. die Berücksichtigung vorprozessualer, aus § 118 Abs. 1 BRAGO folgender Kosten in diesem Verfahren abgelehnt, weil dann die Prozessbezogenheit des Kostenansatzes und die materiell-rechtliche Anspruchsgrundla...

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