Entscheidungsstichwort (Thema)

Auftraggeber im prozessrechtlichen Sinn und Kostenerstattung für eine nicht existente juristische Person

 

Leitsatz (amtlich)

Auftraggeber im prozessrechtlichen Sinne kann auch eine nicht existente Gesellschaft sein. Wird die Gesellschaft in einem Rechtsstreit in Anspruch genommen, muss der unterliegende Kläger auch die Anwaltskosten der nicht existenten Gesellschaft erstatten.

 

Normenkette

ZPO §§ 50, 91; BGB § 662

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 1 O 519/00)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der (eine Kostenfestsetzung ablehnende) Beschluss des LG Koblenz vom 14.2.2001 geändert und wie folgt neu gefasst:

Nach dem Urteil des LG Koblenz vom 7.12.2000 werden die vom Verfügungskläger an die Verfügungsbeklagte zu erstattenden Kosten auf 2.238,80 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 29.12.2000 festgesetzt.

2. Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens (Wert: 2.238,80 DM) hat der Verfügungskläger zu tragen.

 

Gründe

Der Verfügungskläger hatte die P. Markt GmbH, Industriestr. 24 in H. auf Unterlassung in Anspruch genommen. Die Gesellschaft existiert nicht. Am genannten Ort besteht jedoch eine unselbständige Verkaufsstelle der Firma P. Markt. Dieser wurde der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zugestellt. Der Verkaufsstellenleiter veranlasste die anwaltliche Vertretung der „P. Markt GmbH”.

Das LG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Begründung zurückgewiesen, die in Anspruch genommene Beklagte sei nicht parteifähig.

Die daraufhin beantragte Kostenfestsetzung hat die Rechtspflegerin durch den nunmehr angefochtenen Beschluss mit der Begründung abgelehnt, eine nicht existente Partei sei nicht in der Lage, Anwälte zu beauftragen, weshalb sie auch keinen Kostenerstattungsanspruch erlangen könne. Zur Begründung hat die Rechtspflegerin auf die in JurBüro 2000, 316 (auszugsweise) abgedruckte Senatsentscheidung vom 10.12.1999 (OLG Koblenz v. 10.12.1999 – 14 W 816/99) verwiesen.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde.

Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet. Der Senat hat in einer neueren Entscheidung vom 7.3.2001 (OLG Koblenz v. 7.3.2001 – 14 W 138/01)ausgeführt, dass Auftraggeber im prozessrechtlichen Sinne auch eine nicht existente Gesellschaft sein kann. Existiert eine juristische Person nicht, ist das gegen sie in Gang gebrachte Verfahren nicht ohne weiteres wirkungslos. Vielmehr sind die nach dem Klagevorbringen vertretungsbefugten oder handelnden natürlichen Personen berechtigt, für die in Anspruch genommene juristische Person deren Nichtexistenz mit dem Ziel der Klageabweisung als unzulässig geltend zu machen (OLG Koblenz v. 7.3.2001 – 14 W 138/01 unter Hinweis auf Zöller, ZPO, 22. Aufl., vor § 50 ZPO Rz. 8, 11 m.w.N.).

Ergeht in einem derartigen Fall ein klageabweisendes Urteil und werden darin die Kosten dem Kläger auferlegt, kann eine Kostenerstattung nicht mit der Begründung abgelehnt werden, es fehle an einem Auftraggeber, weil die im Prozess vertretene (Schein-)Partei nicht existent sei.

Auftraggeber im gebührenrechtlichen Sinn ist in solchen Fällen die nicht existente juristische Person, während die natürliche Person, die den Anwalt mandatiert hat, Auftraggeber im materiellrechtlichen Sinne ist (OLG Koblenz v. 7.3.2001 – 14 W 138/01).

Das widerspricht dem von der Rechtspflegerin zitierten Senatsbeschluss vom 10.12.1999 (OLG Koblenz v. 10.12.1999 – 14 W 816/99, JurBüro 2000, 316 = OLGR Koblenz 2000, 344) nur scheinbar. Denn dort hatte eine an dem Prozessrechtsverhältnis nicht beteiligte, jedoch existente Aktiengesellschaft Anwälte beauftragt, die dann namens und in Vollmacht dieser Aktiengesellschaft in dem fremden Rechtsstreit Klageabweisung beantragt hatten (insoweit in JurBüro 2000, 316 nicht abgedruckt!). Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Denn im vorliegenden Fall haben die Prozessbevollmächtigten der nicht existenten GmbH nicht namens und in Vollmacht ihres materiellrechtlichen Auftraggebers gehandelt.

Die Kosten waren daher hier antragsgemäß festzusetzen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Kaltenbach Stein Weller

 

Fundstellen

Haufe-Index 1111408

NJOZ 2002, 631

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge