Leitsatz (amtlich)

Hat das Gericht in den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (hier: Kindschaftssache) bereits auf den mangelnden Erfolg der Beschwerde hingewiesen, ist die die Einschaltung eines Rechtsanwalts durch die Gegenseite regelmäßig nicht mehr notwendig i.S.v. § 80 S. 1 FamFG.

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Beschluss vom 16.02.2015; Aktenzeichen 35 F 167/13)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

3. Der Beschwerdewert beträgt bis zu 300 EUR.

 

Gründe

Die gem. §§ 85 FamFG, 104 Abs. 3, 567 ff. ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das AG hat mit zutreffenden Erwägungen von einer Festsetzung zu Lasten des Antragstellers betreffend der in zweiter Instanz entstandenen anwaltlichen Kosten der Antragsgegnerin abgesehen.

Dies folgt aus dem Umstand, dass die Inanspruchnahme des Rechtsanwalts durch die Antragsgegnerin zu dem konkreten Zeitpunkt der Meldung beim Gericht nicht notwendig war. Nach § 80 S. 1 FamFG sind (erstattungsfähige) Kosten aber nur die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Beteiligten, wobei § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO entsprechend gilt, § 80 S. 2 FamFG. Notwendig sind Kosten nur für solche Maßnahmen, die im Zeitpunkt ihrer Vornahme objektiv erforderlich und zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung geeignet erscheinen durften (BGH, BGHR 2007, 739, 740). Auch in den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit wie der vorliegenden Kindschaftssache gilt der allgemeine Grundsatz der Kosten sparenden Verfahrensführung (vgl. BGH WM 2014, 467; OLG Nürnberg FamRZ 2012, 735).

Bei der Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten ist zu berücksichtigen, dass § 80 Satz 2 allein auf die entsprechende Anwendung des § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO verweist. Auf § 91 Abs. 2 ZPO, der eine generelle Erstattungspflicht für die Rechtsanwaltskosten vorsieht, wird nicht verwiesen; die Norm ist daher auch nicht entsprechend anzuwenden (OLG Köln, FGPrax 2011, 205; Horndasch-Viefhues/Götsche, FamFG, 3. Aufl. 2014 § 80 Rz. 20). Notwendig ist die Einschaltung des Rechtsanwalts in den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nur dann, wenn ein verständiger Verfahrensbeteiligter in der gleichen Situation ebenfalls einen Rechtsanwalt beauftragen würde (OLG Oldenburg, FamRZ 2008, 914; Horndasch-Viefhues/Götsche, FamFG, 3. Aufl. 2014 § 80 Rz. 20). Anders als im Zivilprozess ist in den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht zwingend von der Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung auszugehen, weil § 91 Abs. 2 ZPO in den §§ 80 ff. FamFG eben nicht für entsprechend anwendbar erklärt wird. Daher kann im Einzelfall bei (aus der Sicht des Beteiligten) ganz einfach gelagerten oder schon als geklärt anzusehenden Verfahren die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nicht notwendig sein.

Zwar kann der Gegner einer Beschwerde die Kosten eines nach Beschwerdeeinlegung beauftragten Anwalts für das Beschwerdeverfahren grds. erstattet verlangen (BGH, AGS 2003, 219; Horndasch-Viefhues/Götsche, FamFG, 3. Aufl. 2014 § 80 Rz. 27). Jedoch dürfen der Gegner bzw. sein Rechtsanwalt beispielsweise vor Begründung des Rechtsmittels regelmäßig keine weiteren kostenauslösenden Handlungen vornehmen (Horndasch-Viefhues/Götsche, FamFG, 3. Aufl. 2014 § 80 Rz. 27). Vergleichbares gilt, wenn das Gericht bereits auf den mangelnden Erfolg der Beschwerde hingewiesen hat (vgl. auch für die Mutwilligkeit eines in dieser Weise gestellten Verfahrenskostenhilfe-Antrags OLG Celle FamRZ 2011, 1240; Horndasch-Viefhues/Götsche, FamFG, 3. Aufl. 2014 § 76 Rz. 93). Bereits mit Eingang der Hauptsachenbeschwerde bei dem Senat hat die Vorsitzende des Senates mit Verfügung vom 19.12.2013 (Bl. 43) beide Beteiligten darauf hingewiesen, dass das Rechtsmittel unzulässig und daher zu verwerfen sein wird. Insoweit war aus objektiver Sicht auch für die Antragsgegnerin als Laie eine sofortige Inanspruchnahme des Rechtsanwaltes nicht geboten, vielmehr konnte sie zunächst darauf vertrauen, dass entsprechend der Hinweise des Senates verfahren wird.

Sonstige Umstände, die eine spätere Beauftragung geboten erscheinen lassen, sind nicht erkennbar. Darüber hinaus ist auch aufgrund des Umstandes, dass nachfolgend die Rücknahme (Schriftsatz v. 7.1.2014, Bl. 45) entsprechend den erteilten Senatshinweisen erfolgte, keine anderweitige Betrachtung geboten. Dass die Antragsgegnerin von der Rücknahme und der Beendigung des Verfahrens erst nach Beauftragung des Rechtsanwalts erfahren hat, spielt dabei keine Rolle. Denn eine nach Beendigung des Verfahrens erfolgte Beauftragung eines Rechtsanwalts kann nicht mehr zu den erstattungsfähigen Kosten zählen. Dies gilt auch dann, wenn der Beteiligte z. Zt. des Auftrags an seinen Anwalt noch keine Kenntnis von der Beendigung des Verfahrens hatte (OLG Düsseldorf, RVGreport 2009, 22; Horndasch-Viefhues/Götsche, FamFG, 3. Aufl. 2014 § 80 Rz. 26).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die En...

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