Leitsatz (amtlich)
1. Haben die Antragsteller eigenständig ein nicht mir Anwaltszwang belegtes Verfahren eingeleitet und wird erst im bereits deutlich fortgeschrittenen Verfahren von ihnen ein RA beauftragt, scheidet dessen Beiordnung nach § 78 Abs. 2 FamFG aus (Einzelfallentscheidung).
2. Zur Beiordnung eines Rechtsanwaltes reicht der Grundsatz der Waffengleichheit für sich betrachtet nicht aus.
Verfahrensgang
AG Cottbus (Beschluss vom 18.02.2016; Aktenzeichen 52 F 58/15) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das AG hat zutreffend die Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten im Rahmen den Vormündern bewilligten Verfahrenskostenhilfe abgelehnt.
1. Vorliegend handelt es sich bei der Vormundschaftssache um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, für welches kein Anwaltszwang vorgeschrieben ist. In diesem Fall wird dem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint, § 78 Abs. 2 FamFG. Die amtliche Begründung (BT-Drucks. 16/6308, S. 214) weist ausdrücklich darauf hin, dass enge Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts bestehen. Das Erfordernis einer schwierigen Sach- und Rechtslage ist anhand einer einzelfallbezogenen Prüfung (BGH, FamRZ 2010, 1427; FamRZ 2009, 857) zu beurteilen. Dabei sind nicht nur objektive Kriterien, sondern auch subjektive Umstände zu berücksichtigen. Entscheidend für die Erforderlichkeit der Anwaltsbeiordnung ist daher auch i. R. d. § 78 Abs. 2 FamFG, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (st. Rspr. des BGH, zuletzt BGH, Beschluss vom 13.4.2016 - XII ZB 238/15 -, juris; Horndasch-Viefhues/Götsche, FamFG, 3. Aufl. 2014 § 78 Rn. 28 m.w.N.).
2. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die Antragsteller als Vormund selbständig das Verfahren eingeleitet haben. Als das Verfahren schon deutlicher weiter fortgeschritten war, haben sie sie selbstständig einen Rechtsanwalt beauftragt. Hierdurch wird erkennbar, dass sie fähig sind, ihre Belange auszudrücken und mit deutschen Behörden bzw. einem Rechtsanwalt Kontakt aufzunehmen (OLG Köln, Beschluss vom 08.11.2010 - 4 WF 204/10 -, juris). Spätestens hieran zeigt sich, dass sie nicht gänzlich unerfahren waren, da auch aus dem Akteninhalt nicht erkennbar wäre, dass sie insoweit unbedarft an das vorliegende Verfahren herangegangen sind. Ein verständiger, nicht bedürftiger Beteiligter hätte dann nicht noch nachträglich einen Verfahrensbevollmächtigten beauftragt, vielmehr das Verfahren selbständig geführt. Dazu bestand auch angesichts des Verfahrensablaufes keine Veranlassung, weder stellt sich das Verfahren als ausgesprochen umfangreich noch in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht schwierig dar. Dann aber wäre bei dem hier durchschnittlichen Verfahren es den Vormündern zuzumuten, das Verfahren ohne Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zu Ende zu führen.
Zu der Beauftragung des Rechtsanwalts bestand auch nicht deshalb eine Veranlassung, weil die Antragsgegnerin nachfolgend einen Verfahrensbevollmächtigten herangezogen hat. Denn hierdurch sind keine neuen Tatsachen in das Verfahren eingeführt bzw. neue rechtliche oder tatsächliche Aspekte, die nicht bereits zuvor Gegenstand des Verfahrens waren, den Vormündern vorgebracht worden. Allein der Grundsatz der Waffengleichheit kann nicht als einziger entscheidender Gesichtspunkt für die Beiordnung eines Rechtsanwaltes herangezogen werden. Bewusst anders als in § 121 Abs. 2 ZPO hat sich der Gesetzgeber mit der Regelung des § 78 Abs. 2 FamFG nicht für die Beiordnung eines Rechtsanwalts allein aufgrund der anwaltlichen Vertretung eines anderen Beteiligten entschieden. Ist der andere Beteiligte anwaltlich vertreten, kann sich hieraus zwar ein Kriterium für die Erforderlichkeit zur Beiordnung eines Rechtsanwalts wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage ergeben. Maßgeblich bleiben dennoch die konkreten Umstände des Einzelfalles (vgl. BGH FamRZ 2010, 1427). Als alleinige Begründung zur Bestellung eines Rechtsanwaltes reicht der Grundsatz der Waffengleichheit nicht aus, wenn keine weiteren Umstände erkennbar sind, weshalb die Beiordnung eines Rechtsanwalts geboten ist (OLG Köln, FamRZ 2015, 1921, 1922; OLG Köln, Beschluss vom 08.11.2010 - 4 WF 204/10 -, juris). Die Beteiligten können daher bei einfacher Sach- und Rechtslage eine Beiordnung nicht etwa dadurch erzwingen, dass sie sich alle anwaltlicher Hilfe bedienen (Brandenburgisches OLG FamRZ 2015, 1316).
Unter Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände hat das Familiengericht deshalb im Ergebnis zu Recht den Antragstellern zwar Verfahrenskostenhilfe bewilligt, ihnen jedoch keinen Rechtsanwalt beigeordnet.
Fundstellen